Wandern im Glen Affric


Eine grandiose, knapp 60 km lange, Wildniswanderung im Juni 1999       Kartenausschnitt (140kByte)

Es ist wohl der stille Höhepunkt meiner bisherigen Schottland-Erlebnisse.

Die Stille der Natur, das klare Wasser der Bäche, die ürsprünglichen Berge, die totale Abgeschiedenheit und der orginal kaledonische Wald.

Ich startete in Cannich bei wunderschönem Wetter und lief zuerst noch ein Stück Straße entlang dem River Affric bis ein Naturlehrpfad links abzweigt und einen vorbei an den Dog Falls über eine Brücke auf die Südseite des Flußes bringt. Eine vielfältige Flora und Fauna überrascht mich und ich habe viel Freude auf diesem Stück. Der Pfad mündet dann in eine Forststraße, die entlang dem Loch Beinn a' Mheadhoin schöne Ausblicke in die Bergwelt bietet, aber sich ziemlich bis zum Loch Affric hinzieht.

River Affric beim Ausfluß aus dem Loch Affric Ich wechselte auf die Nordseite vom Loch Affric und wollte beim Affric Lodge über die liebliche Brücke wieder auf die Südseite gehen. Doch die Brücke ist privat und soll nicht betreten werden. Also blieb ich auf der Nordseite und betrachtete die Reste des kaledonischen Waldes von dort. Ich tauchte in eine Welt vorheriger Generationen ein und die Zeit scheint hier stehengeblieben zu sein. Ich stehe inmitten eines ökologischen Paradieses und ich vermisse die großen Hinweistafeln und die Kassenhäuschen, es wird einem wirklich geschenkt. Gerührt gehe ich weiter und blicke oft zurück, um ja nichts zu versäumen.
Gegen Ende vom Loch Affric wird es spannend, das Tal wird enger, die Berge rücken näher und ich orientiere mich öfter mit der Karte, um zu sehen, wohin es weiter geht. Am Allt Coulavie beim Loch Coulavie errichte ich mein Zelt um meinen Sinnen noch mehr Zeit zu lassen. Am nächsten Morgen ist es bewölkt und es geht weiter durch den Glenaffric Forest entlang dem River Affric. Die Mäander des Flußes haben ein ausgeprägtes Eigenleben und scheuen sich nicht, auch mal den Weg wegzuspülen. AffricForest beim Loch Affric
Alltbeithe Youth Hostel im Glen Affric Es wird einsamer und der einzige Stützpunkt ist das Alltbeithe Youth Hostel mit kleiner Hängebrücke über den River Affric. Ich schaue in die Selbstversorger-Unterkunft und rede mit der Wirtin, eine wirklich nette Frau, die alles recht gut im Schuß hat. Eine Laß-alles-hinter-dir-Herberge. Von hier gibt es nun drei Möglichkeiten weiter zu gehen. Nach Cluanie im Süden, die kürzeste mit etwa 10 km, nach Morvich durch den Kintail Forest im Süd-Westen oder direkt nach Westen durch das Allt Gleann Gniomhaidh ebenfalls nach Morvich.
Ich entschied mich für Letzteres, auch wenn dies ein sehr nasser Pfad sein soll. Kurz nach dem Hostel wird das Tal gleichmäßiger und die Seitentäler verschwinden mehr und mehr. Die Talform ist fast halbrund und wirkt sehr elegant. Allt Gleann Gniomhaidh
Wurzelstock des ehemaligen Waldes Das Torfmoos wird immer nässer und stückweise bricht es auf bzw. rutscht ab. Dabei weden noch Wurzelstöcke des alten kaledonischen Waldes freigelegt und ich kann mir kaum vorstellen, wie dieses baumlose Tal bewaldet aussehen würde. Es gibt keine sichtbaren Eingriffe mehr von Menschenhand und ich erlebe eine Urlandschaft, die Ihresgeichen sucht. Kurz vor dem Loch a' Bhealaich halte ich inne und blicke in das tiefe Tal zurück und es mutete mich an, als ob die Schöpfung hier noch nicht ganz vollendet ist.
Trotz der vielen Stunden Marsch bin ich noch nicht satt mit all den wunderbaren Eindrücken. Ich habe eine Gänsehaut, und die sollte noch viele Stunden an diesem Tag anhalten. Am Loch a' Bhealaich entscheide ich mich durch das Tal Gleann Gaorsaic zu den Falls of Glomach zu gehen, doch kurz darauf wird das Wetter bedrohlich schlechter. Ohne Pause, vom schlechter werdenden Wetter getrieben und verfolgt, erreiche ich nach vier Stunden den wunderbaren Wasserfall mit reichlich Wasser in den Schuhen. Mir ist es nach einer langen Rast, doch ich werde vom Regen weitergetrieben. Der Weg Richtung Morvich ist vor lauter Matsch nicht einladend und das imposante Tal des Allt a' Ghlomaich, wo ich eigentlich gehen wollte, ist sehr ausgesetzt und bei Nässe wohl auch gefährlich. Falls of Glomach 

Ich versuche es trotzdem und stecke bald mitten drin, so daß ich auch nicht mehr umkehren will. Die vielen Höhenmeter bergab kosten mich viel Kraft und jeder Schritt fordert die volle Aufmerksamkeit. Im Glen Elchaig über zwei Brücken angekommen ist es mir dann wieder wohler, wenn auch der harte Fahrweg mir ziemlich auf die Knochen geht.

Killilan am Ende vom Loch Long In Killilan beim Loch Long stoße ich wieder auf die Zivilisation und es tut mir fast weh, nach 36 Stunden der Ruhe die Geräusche von Autos zu hören.

Welch eine Tour, hätte ich doch bloß nicht wegen des Wetters so schnell machen müssen. Die Tour verdient einen Tag mehr, dann bleibt auch Zeit für eine Bergbesteigung (z.B. Sgurr nan Ceathreamhnan), doch der nächste Tag, sollte der Schlechteste meines ganzen Aufenthalts werden, da ist es dann in einem Bunkhouse doch angenehmer zu Nächtigen.

Ganz am Anfang der Tour könnte man noch die Plodda Falls bei Tomich einbinden, einem der schönsten Wasserfälle Schottlands.

Wanderkarte: Ordnance Survey Landranger 25 Glen Carron & Glen Affric

© Thomas Neher, Erstellt: Juli 1999, Letzte Änderung: 29.01.2001Home     Schottland-Inhalt     Top