Ein Kelly Konzert



by Barby H-a.barbina@planet-interkom.de

Simone, Nadine und Patty kamen an der großen Konzerthalle an. Es war ein kalter Winterabend und ein eisiger Wind verbreitete eine gespenstische Atmosphäre. Der Einlaß in die Halle hatte bereits begonnen, und es standen nicht mehr allzu Fans draußen. Doch die Gesichter von ihnen waren gerötet und ihre Augen wirkten leblos, übermüdet und krank. Patty war sich ziemlich sicher, daß sie alle für mindestens eine Woche im Bett liegen würden, wenn sie nach Hause kamen, und ihre Mütter würden ihnen verbieten, noch einmal mehr in ihrem Leben auf ein Konzert der Kelly Family zu gehen. Doch diese Drohungen wurde nie wahr gemacht, denn keine Mutter konnte sich gegen eine Tochter durchsetzen, die Kelly Fan war.
Man hörte Menschen husten und nießen, fluchen und schimpfen. Es lag an der Jahreszeit, daß die Atmosphäre so bedrückend wirkte und man niemanden lachen, höchstens weinen sah.
Die drei Mädchen warfen einen Blick auf die Eingänge und sahen, daß noch immer heftig geschubst und gedrängelt wurde. Die Ordner rissen den Fans die Taschen aus den Händen und wühlten sie unbamherzig durch, wobei sie alles, was ihnen nicht in den Kram paßte, herausnahmen. Manchen Taschen aber sahen sie nicht einmal an.
"Deren Job möchte ich nicht haben," sagte Simone.
Nadine nickte: "Ich auch nicht."
Plötzlich fing es zu regnen an.
"Wo ist Patty?"
Suchend sahen sich Simone und Nadine nach ihrer Freundin um. Schließlich entdeckten sie Patty. Sie war auf eine Wiese gelaufen und drehte sich im Kreis wobei sie lachte.
"Was zur Hölle macht sie da?"
Simone zuckte die Schultern und ging gemeinsam mit Nadine auf Patty zu.
"Patty, was soll das werden?"
Patty blieb stehen und sah sie strahlend an: "Es regnet, wie schön!"
Simone und Nadine warfen sich einen Blick zu: "Nadine, denkst du, was ich denke?"
"Hm, ich denke, sie ist durchgedreht."
Plötzlich lief Patty lachend auf die beiden zu: "Hey, kommt, wir wollen tanzen!"
Schon hatte Patty die beiden gepackte und wirbelte mit ihnen durch die Gegend, während sie "an angel" sang. Langsam bildete sich ein Lächeln auf den Lippen von Nadine und Simone, und bald lachten auch sie und sangen fröhlich mit.
Die Menschen, welche immer noch darauf warteten, endlich in die Halle gelassen zu werden, warfen den Mädchen ungläubige Blicke zu. Es regnete mittlerweile in Strömen, es war eiskalt... und diese drei Mädchen tanztend fröhlich auf einer Wiese und sangen "an angel". Egal, wie verrückt das manche fanden, es war ein schöner Anblick und alles schien wenigstens nicht mehr ganz so trostlos zu sein wie vorher.
"Hey, Mann, wie lange dauert das denn noch! Sind die mit dem Einlaß nicht langsam mal fertig, es ist nur noch eine halbe Stunde bis zum Konzert!"
"Keine Ahnung. Ich gehe mal schauen."
Simone machte sich auf den Weg und ging an der Schlange - die immerhin schon wesentlich kleiner geworden war - vorbei um sich die Situation anzusehen.
"Heeey, hinten anstellen!!!"
Simone zuckte erschrocken zusammen, als sie eine giftige Stimme in ihr Ohr brüllen hörte. Sie sah in die wütenden Augen einer ca. fünfzehn Jährigen. Ihre Haare waren naß und sie zitterte vor Kälte. Es sah aus, als würde sie jeden Moment zusammen brechen, doch Simone wußte, daß sie noch weitaus genug Kraft besaß, um ihren Platz zu verteidigen.
"Ich wollte doch nur..."
"Stell dich sofort hinten an! Ich stehe schon seit fünf Uhr morgens hier, stell dich hinten an!"
"Ganz ruhig, bleib cool! Ich habe nicht vor, mich überhaupt anzustellen. Ich gehe da erst rein, wenn das Spaktakel vorbei ist, denn ich will, daß meine Knochen heil bleiben, und ich habe auch keinen Bock auf blaue Flecken, 'ne."
Simone machte sich wieder auf den Weg zurück zu ihren Freundinnen. Sie hatte Mitleid mit dem Mädchen.
"Und, wie sieht es aus?" fragte Nadine.
"Dürfte bald durch sein. Da war ein Mädchen, sie steht schon seit fünf Uhr hier und ist nur unter die letzten 100 Leute gekommen."
"Echt hart. Die ersten Fans waren bestimmt wieder zwei Wochen hier."
"Total verrückt. Ich denke, wenn ich zwei Wochen vorher da wäre, ich würde zusammenbrechen, bevor das Konzert anfängt."
Nadine hob die Augenbrauen: "Ich wäre schon reif für die Sanis, wenn ich bei den Wetterbedingungen erst um fünf Uhr morgens käme!"
Simone nickte nachdenklich.

Endlich hatten es die drei in die Halle geschafft. Von dort hinten hatten sie eine gute Sicht auf die gesamte Bühne.
Die Lichter in der Halle gingen aus und ein einheitliches Geschrei erfüllte den ganzen Raum. Patty hielt sich die Ohren zu. Es machte ihr ein wenig Angst, aber sie kannte es, und wußte, daß die wunderbare Musik der Kellys das Gebrüll jeden Augenblick - halbwegs - übertönen würde.
Auf den Gesichtern der drei bildete sich ein breites Grinsen, als sie die Kellys auf der Bühne sahen. Es war einfach zu schön, sie endlich wieder zu sehen! Sie fühlten etwas in ihren Herzen, was sie lange vermißt hatten. Und endlich war es wieder da, wenn auch nur für zweieinhalb Stunden, es würde für immer in ihren Erinnerungen bleiben.
Die Kellys hatten mit "Ares Qui" begonnen und brachten die Halle zum Toben. Auch Nadine, Patty und Simone konnten sich nicht mehr halten. Die Freude, die Kellys wiederzusehen, und die beeindruckende Musik brachten sie innerlich zum kochen. Sie tanzten und sangen laut mit.
Nach einigen Songs verabschiedete sich Patty kurz. Sie wollte einige Fotos machen, auch wenn sie wußte, daß sie nicht gut werden würden, das war ihr egal. Gute Fotos konnte man schließlich überall und von jedem Fan bekommen. Sie ging etwas weiter vor, bis sie nicht mehr weiter kam und blieb dann stehen. Sie war nah genug, um die Gesichter der Kellys nun deutlich zu sehen. Langsam betrachtete sie jeden einzelnen.
Barby lächelte fröhlich und das machte sie sehr glücklich. Die alte Barby war wieder zurück! Sie hatte sie wirklich vermißt, denn früher waren sie und Patrick immer die Entertainer gewesen, und in der Zeit, als Barby sehr zurück gezogen war, hatte etwas wichtiges gefehlt. Patricia legte sich wie immer mächtig ins Zeug und gab ihr bestes. Nicht umsonst war sie bei den Fans beliebt. Maite war natürlich total überdreht und tobte sich aus. Sie hatte sich in all den Jahren wirklich sehr verändert. Jimmy war heute leider wieder nicht dabei, und Patty schmerzte seine Abwesenheit. Er fehlte, und egal, wie viele Leute auf der Bühne standen, ohne Jimmy waren sie nie vollzählig und ein Teil der Band fehlte. Ein leerer Platz war immer da, ohne ihn. Es machte sie sehr traurig, aber sie akzeptierte es. Jimmy war nicht da, aber Adam. Sie wußte nicht, was sie von ihm halten sollte, und es fiel ihr zu schwer, sich eine gerechte Meinung über ihn zu bilden. Deshalb blieb sie bei der objektiven Betrachtung und enthielt sich ihrer Meinung. Sie mochte Adam sehr gerne, doch es war ungewohnt, ihn mit den Kellys on stage zu sehen. Er war ganz plötzlich aufgetaucht, und keiner wußte wieso, und für wie lange. Er war für sie ein Fremder in der Band. Die Kellys, die sie kannte, die Band Kelly Family, die sich alle die Jahre hoch gearbeitet und nun großen Erfolg hatte, mit ihrer unverwechselbaren Musik - und ihrer unverwechselbarer Persönlichkeit... und nun stand plötzlich Adam auf der Bühne, das war ein komischer Gedanke. Allerdings würde sie sich wahrschienlich irgendwann daran gewöhnen. Angelo saß topfit hinter seinen Drums und gab einen exellenten Beat von sich. Er war brilliant geworden, bestimmt einer der besten Schlagzeuger der Welt... er war einfach unglaublich, der liebe Angelo! Kathleen stand hinter dem Keyboard und sah gestreßt aus. Für die meisten Fans war sie die Chefin, weil sie früher immer die Produktionen der Alben geleitet hatten - mittlerweile hatte sie Unterstützung von Patrick und - Respekt - Angelo -, und da sie diejenige war, welche den "härtesten Ton" auf Lager hatte. Und genau das war es, was die Fans an ihr - unter anderem - so liebten, Kathleen war für sie eine starke Persönlickeit mit viel Autorität und hatte gleichzeitig eine liebevollle und fürsorgliche Ausstrahlung. John spielte wie immer Gitarre und sang mit seiner wunderschönen Stimme laut den Refrain mit. Joe hatte seinen Rockerblick aufgesetzt und behandelte seine Gitarre wie eine Harley Davidson. Lächelnd sah Patty einige Plakate für ihn in der Fanmenge vorne aufblitzen. Für einige Fans hatte er eine erotische Ausstrahlung. Patty mußte lächeln, als sie daran dachte, daß Patrick sicherlich eifersüchtig wäre, wenn er das wüßte... sie glaubte, daß Patrick an seinem "Playboy - Body" ( wie er ihn nannte ) hing. Aber das stand ihm schließlich auch zu. Nun blieben ihre Augen auch bei Patrick hängen. Wie immer ging er in seiner Musik auf und wurde ein Teil von ihr. Er sang gerade "fell in love with an alien", auch wieder eines seiner Meisterwerke. Nachdem sie die Fotos gemacht hatte, ging sie zurück zu ihren Freundinnen.
Simone kam auf sie zu: "Und, Fotos gemacht?"
Patty nickte. Nadine stellte sich neben sie: "Pat geht ja heute wieder tierisch ab!"
"Ja, aber Barby ist auch super drauf. Allerdings mache ich mir Sorgen um Patricia, sie sieht ziemlich fertig aus."
"Hoffen wir, daß es ihr gut geht."
Nun begann Kathleen "you' re loosing me" zu singen. Plötzlich fiel Simone ein Mädchen ins Auge, welches einsam und ein wenig traurig aussah. Schließlich ging sie auf das Mädchen zu und fragte sie, ob sie mit ihr tanzen wolle. Ein dankbares und fröhliches Lächeln bildete sich auf deren Gesicht.
Nadine meinte zu Patty gewandt: "Die Kellys sind einfach so super!"
"Ja, absolut. Es gibt nichts schöneres, als Konzerte von ihnen."
Ihre Unterhaltung wurde gestört, als ein Mädchen neben ihr plötzlich hysterisch zum Schreien anfing: "Paaaaaadyyy, Paaaaadyy!!"
Patty war wütend. Als das Mädchen nicht mehr zu schreien aufhörte, war ihre Geduld am Ende: "Hey, hör mal auf zu schreien, ich verstehe ja gar nichts mehr von der Musik!"
Doch es half alles nichts. Das Mädchen schrie sich die Lunge aus dem Leib. Tränen bildeten sich in den Augen von Patty. Es tat ihr weh, wenn sie die Hysterie sah. Das war etwas, was sie wohl niemals verstehen würde. Die Hysterie zerstörte so viel... . Als Patty zu weinen begann, nahm sie Nadine in ihre Arme.

Das Konzert war zu Ende. Nadine, Simone und Patty saßen im Zug auf dem Weg nach Hause. Sie waren müde und erschöpft vom vielen Tanzen, aber sie waren so glücklich wie schon lange nicht mehr. Ihre Augen leuchteten und ihr Herz spürte eine wundervolle Wärme. Die schönen Songs hallten noch immer in ihren Ohren und flossen wie ein warmer Strom sanfter Rosenblätter durch ihren Körper. Wieder einmal hatten die Kellys ihnen etwas wunderbares gegeben, und sie würden es für immer in ihren Erinnerungen behalten.




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