Geschrieben im Januar/Februar 2002

Geändert im April 2002

Lovestory

 

 

 

                       

 

                                                                                                      

 

Liebes Tagebuch!                                        

Ich schreibe dir die wohl schönste Geschichte, die mein Leben mir bringen konnte.

 

Januar 2002:

Es war ein total verregneter Freitagnachmittag in Köln. Ich war auf Shopping-Tour, hatte bisher aber nichts Passendes gefunden. Gegen etwa 16 Uhr beschloss ich, einen Abstecher zum Dom zu machen. Es goss in Strömen und ein kalter Wind fegte über die Domplatte. Ich ging die Mauern entlang zu einem Seiteneingang. Plötzlich stolperte ich über irgendwas. Ich drehte mich genervt um, da kam ein teilnahmsloses „Sorry!“ aus einer Nische. Gerötete Wangen, lange brünette Haare und stumpfe dunkelblaue Augen. Sie gehörten einem jungen Mann, der völlig durchnässt auf dem Boden saß. Zuerst konnte ich es kaum glauben. „Paddy? Bist du das? Mensch Junge, was machste denn für Sachen, du holst dir ja ’ne Lungenentzündung bei dem Wetter!“ „Und wenn schon.“ „Du bist ganz blass. Darf ich mal?“ Ich legte meine Hand auf seine Stirn. „Mensch, du hast Fieber, du kannst unmöglich hier bleiben! Du gehörst ins Bett!“ Paddy zuckte mit den Schultern. „Komm mit zu mir. Da kannst du dich aufwärmen.“ Teilnahmslos ging Paddy mit. Was er wohl hatte?

 

Nach 30 Minuten U-Bahn und S-Bahn fahren kamen wir bei mir an. „Komm rein.“ Ich machte die Tür zu, während Paddy sich umsah. Auf der Fahrt war er sehr still gewesen. Jetzt erhellte ein Lächeln sein Gesicht. „Och, die zwei sind ja niedlich! Wie heißen die denn?“ „Also, der Hase heißt Wuschel und das Meerschweinchen Blacky.“ „Darf ich sie mal nehmen?“ „Klar. Hey, Kleiner komm mal her! Na komm!“ Da mein süßes Häschen ja so gut gehorcht, kam er natürlich nicht her. „Ach Schlappohr, jetzt komm schon!“ Ich holte ihn aus dem Käfig und nahm ihn auf den Arm. „So, guck mal, das ist Paddy, der will dich mal tragen.“ Ich gab Paddy den Hasen. „Wow, ist der schwer!“ „Der hat ziemlich dickes Fell.“ Paddy streichelte Wuschel und redete mit ihm. „Hey, er leckt mein Pulli ab!“ „Ja, das macht er immer, wenn er runter will. Er mag das Rumtragen nicht so.“ „OK, dann lass ich ihn wieder runter.“ Paddy setzte Wuschel zurück in den Käfig. „Du solltest dich hinlegen Paddy, sonst holst du dir eine Lungenentzündung. Du kannst in meinem Bett schlafen. Warte, ich hab noch einen Schlafanzug da, wenn du willst, kannst du den anziehen.“ Er nickte. Ich holte das Teil. „Wenn du dich umgezogen hast, gibst du mir deine nassen Sachen, damit ich sie trocknen kann, ja?“ Wieder nickte er. Ich machte ihm einen heißen Tee, den ich ihm in die Hand drückte, als er mir seine nassen Klamotten gab. Ich wollte mich gerade umdrehen, als er sagte: „Danke!“ und ein kurzes Lächeln huschte über sein Gesicht. „Gern geschehen! Schlaf gut!“ Er nickte und kroch ins Bett. Ich legte seine Sachen auf die Heizung und zog mich um. Dann sah ich nach Paddy. Er schlief fest. Ich holte ein feuchtes Tuch und legte es ihm auf die Stirn. Dann setzte ich mich ans Fußende und passte auf, dass das Tuch nicht runterrutschte.

Ich öffnete die Augen. Ich lag auf etwas Hartem. Langsam richtete ich mich auf – und rutschte vom Bett auf den Boden. „Alles OK mit dir?“ Paddy lehnte sich über die Bettkante und konnte sich das Grinsen nicht verkneifen. „Solange du was zu grinsen hast... jaja, ist noch alles dran.“ „Bin ich froh, dass du endlich wach bist! Du bist nämlich quer über meinen Schienbeinen gelegen, die sind schon ganz taub!“ „Oh, sorry! Warum hast du mich dann nicht geweckt?“ „Das wollte ich nicht, du hast so schön geschlafen.“ „Dafür tut mir jetzt alles weh. Aber wie geht’s dir denn?“ „Och, ganz gut.“ Ich legte die Hand auf seine Stirn. „Ja, das Fieber ist runter. Hast noch mal Glück gehabt. Sag mal, was hast du denn da im Regen gemacht und ganz alleine?“ „Komm, ich werde es dir erklären“, sagte er. Wir setzten uns auf mein Bett und lehnten uns an die Wand, dann fing Paddy an zu erzählen:

 

Es begann vor einem Monat. Ich war in Köln. Als ich aus der U-Bahn stieg, hörte ich eine vertraute Stimme sagen: <Er wird niemals erfahren, dass es nicht sein Kind ist!> Ich drehte mich um und sah meine Freundin, wie sie einen anderen küsste. Ich wusste nicht, dass sie anscheinend schwanger war, sie wollte mir wohl ein Kind anhängen. Jedenfalls war total geschockt und verstand nicht, was ich falsch gemacht habe. Es tut so weh, wenn man merkt, dass man der Frau, die man liebt, nicht gut genug ist. Ich bin dann zum Dom gefahren und hab nachgedacht, ich war so fertig, hab mich immer wieder gefragt, was ich falsch gemacht hatte.

Am Abend kam Nina dann nach Gymnich. Zuerst hat sie alles abgestritten, dann hat sie’s zu gegeben. Ich hab dann Schluss gemacht. Es tat so weh, als sie die Tür schloss und ich wusste, dass sie nie mehr durch diese Tür gehen würde. Ich hab die ganze Nacht geheult. Die nächsten Tage ging’s mir voll mies, ich machte mechanisch mein Zeug, fühlte mich wie ein Roboter. Nach zwei Wochen standen vier Konzerte an. Ich fühlte mich nicht in der Lage, die Bühne zu betreten, die ersten drei hab ich gemacht, beim vierten war alles anders: Es waren sehr viele Kreischies da, das hat mich fertig gemacht und irgendwann bin ich einfach von der Bühne gerannt, ich konnte und wollte nicht mehr. Joey hat mich dann angefahren, was mir überhaupt einfiele, einfach so von der Bühne zu rennen. Auch die anderen machten mir Vorwürfe. Da hab ich sie angeschrieen: <Lasst mich endlich in Ruhe, ihr versteht mich nicht, haut ab aus meinem Leben!> Dann bin ich weggerannt, ich hörte noch Patricia meinen Namen rufen, aber ich wollte nur noch alleine sein. Die Fans, die am BS-Ausgang standen, stürzten sich auf mich, aber ich hab sie noch lauter angebrüllt als meine Geschwister, genau den gleichen Satz. Dann bin ich weiter gerannt, bis ich an einem kleinen Bach ankam. Ich folgte ihm und setzte mich irgendwann ans Ufer und dachte nach, was in den letzten Wochen passiert war. Es tat mir leid, dass ich meine Geschwister angeschrieen habe, ich hab’s nicht so gemeint. Später ging ich zurück und legte mich im Tourbus in eins der Betten und tat, als würde ich schlafen, damit ich nicht mir den anderen reden musste.

Seitdem ist das Verhältnis zwischen den anderen und mir eher kühl gewesen, aber dann heute morgen hat Maite mir kräftig die Meinung gesagt, ich sei egoistisch und würde nur an mich, nur an meine Probleme denken, was meine Geschwister fühlten sei mir völlig egal. Da wurde ich so wütend, dass ich sie beschimpft habe und dabei hab was Schlimmes über ihre Figur gesagt und als sie das hörte, sagte sie: <So denkst du also über mich, das bin ich in Wahrheit für dich.> Ich sah Tränen in ihren Augen schimmern, aber ich verließ die Küche, selbst schockiert, was ich eben gesagt hatte. Ich ging zu meinen Tieren und später auf mein Zimmer. Als ich an Maite’s Zimmer vorbeikam, hörte ich, wie sie <I wanna be loved> sang und es tat mir so unendlich leid. Aber anstatt mich zu entschuldigen bin ich abgehauen nach Köln zum Dom und den Rest kennst du ja. Ich habe es nicht fertiggebracht, mich bei einem meiner Geschwister zu entschuldigen.

 

Tränen glitzerten in seinen Augen und er sah mich an, als wolle er sagen: „Sag doch was!“ Aber ich hatte einen Kloß im Hals. Ich sagte nur leise: „Komm!“ und nahm ihn vorsichtig in die Arme. Er hielt sich an mir fest, so als würde er versuchen, Hoffnung festzuhalten. Es dauerte lange, bis Paddy sich aus der Umarmung löste. „Alles OK“, fragte ich leise. Tränen liefen ihm über die Wangen, aber er lächelte und sagte: „Danke fürs Zuhören!“ „Gern geschehen. Es wird alles wieder gut“, sagte ich leise und strich ihm vorsichtig über die Wange, um seine Tränen weg zu wischen. Plötzlich sah er mich mit einem seltsamen Blick an. Er verwirrte mich und ich zog meine Hand zurück. Wir saßen schweigend nebeneinander. Nach einer Weile fragte ich: „Paddy?“ „Hm?“ „Hattest du schon mal das Gefühl, ganz alleine zu sein, das Gefühl gehabt, dass dich keiner liebt?“ Paddy überlegte eine Weile, bevor er antwortete: „Nein, nicht direkt. Es gab Tage, an denen ich mich einsam fühlte, aber ich wusste immer, dass ich eine Familie habe, die mich liebt. Warum fragst du? Fühlst du dich einsam?“ „Ja, oft. Eigentlich fast jeden Tag. Ich weiß nicht, woran es liegt, vielleicht an meinen Freundinnen Sandra und Nadine. Wenn wir was zusammen machen, komm ich mir immer voll überflüssig vor. Und überhaupt: Die beiden gehen öfters zusammen weg, shoppen oder so. Aber mich fragen sie nie, ob ich Lust habe, mitzukommen. Neulich haben sie sich die gleichen Pullis und Halsketten gekauft. Und auf’m Konzert in Böblingen hat Sandra Tanja kennen gelernt, jetzt redet sie dauernd davon, mit ihr nach Köln zu fahren und nach Irland oder sonst wohin, aber auf die Idee, ob ich mitkommen will, kommt sie nicht. Vielleicht liegt’s daran, dass sie ein Einzelkind ist.

Und dann sind da noch meine Eltern: Sie motzen dauernd an mir rum, ich soll doch mal was für meine Figur tun und so. Ich hab das Gefühl, dass sie mich nicht lieb haben, sie akzeptieren mich nicht so, wie ich bin. Ich hab auch keinen, mit dem ich reden kann, ich hab überhaupt niemanden...“ Ich hatte angefangen zu weinen und Paddy nahm mich wortlos in die Arme und streichelte meinen Rücken. Ich wusste nicht, wie lange ich geweint hatte, als ich fragte: „Glaubst du, dass es an mir liegt?“ „Ich weiß nicht, ich kenn deine Freunde und Familie ja nicht. Ich würde sagen, 60 Prozent deine Familie und Freunde, 40 Prozent du.“ „Danke“, sagte ich leise, „danke für’s Zuhören und für deine Ehrlichkeit.“ „Ist schon gut.“ „Sag mal, wie spät ist es eigentlich?“ „Fast zehn.“ „Wir haben den halben Abend verpennt. Hast du Hunger?“ „Ja, schon.“ „Was hältst du von Spaghetti mit Tomatensoße?“ „Viel!“ „OK, dann koch ich das jetzt. Du kannst ja hier bleiben oder fernsehen.“ „Oder dir beim Kochen helfen“, fügte er hinzu und grinste. Wir gingen in die Küche. „Es gibt nix zu helfen, ich kann das nämlich nur mit Maggi Fix!“ Paddy fing an zu lachen. Ich sah ihn verwundert an. „Soll ich dir was sagen? Ich kann’s auch nur damit“, erklärte er und wir lachten. Eine halbe Stunde später saßen wir am Tisch. „Schmeckt echt toll!“, brachte Paddy zwischen zwei Riesengabeln hervor. „Danke! Aber du hast ja auch geholfen.“ „Trotzdem.“ Zehn Minuten später. „Ich bin total satt! Danke!“ „Kein Problem, hab ich gern gemacht.“ Wir räumten ab. Dann guckten wir „Der Schuh des Manitu“ auf VHS an. Dann saßen wir noch auf der Couch im Wohnzimmer, tranken Cola und redeten viel. „Ich möchte mich noch mal bei dir bedanken“, sagte Paddy plötzlich und sah mir in die Augen. „Dass du mich mitgenommen hast und so lieb zu mir bist. Ich weiß nicht, was getan hätte, wo ich jetzt wäre, wenn ich nicht hier wäre.“ „Ist schon gut. Ich möchte mich auch noch mal bei dir bedanken, dass du mir zugehört hast!“ „Keine Ursache!“ Er sah mich lange an. „Es klingt vielleicht seltsam, aber mein Fieber ist ganz weg. Dafür hab ich jetzt Herzrasen!“ Er lächelte. „Och du Armer, da müssen wir schnell einen Weg finden, um dein Herz zu beruhigen, sonst verlierst du es noch!“ „Das hab ich doch schon“, sagte er leise. Er nahm meine Hand, während er den rechten Arm um mich legte. Er sah mir tief in die Augen, es kam mir vor wie eine Ewigkeit. Schließlich näherten sich unsere Gesichter ganz langsam. Als ich seinen Atem spürte, schloss ich die Augen und kurz darauf spürte ich seine weichen Lippen. Vorsichtig erwiderte ich den Kuss, zuerst küssten wir uns langsam und zärtlich, aber dann wurden unsere Küsse immer leidenschaftlicher. „Ich liebe dich“, sagte Paddy leise und gab mir wieder einen Kuss. „Ich dich auch!“ Paddy nahm meine Hand und legte sie auf sein Herz. „Spürst du, wie es schlägt? Mein ganzes Leben hab ich nie solches Herzklopfen gehabt“, sagte er und strahlte mich an. Ich kuschelte mich an ihn. „Du bist der Erste, der mich geküsst hat!“ „Wirklich? Das wundert mich, hat denn vor mir keiner gemerkt, wie lieb du bist?“ Ich zuckte mit den Schultern. „Ich liebe dich“, flüstere ich und er gab mir einen Kuss auf die Stirn. „Ich dich auch!“

 

Am nächsten Morgen fragte ich beim Frühstück: „Was haste denn jetzt vor, Paddy?“ Er zuckte mit den Schultern. Ich stand auf und umarmte ihn. „Ich finde, du solltest dich bei deinen Geschwistern melden. Vielleicht machen sie sich ja Sorgen!“ „Ich hab Angst, dass sie mich nicht sehen wollen.“ „Geh einfach hin. Wenn du willst, komm ich mit.“ „Das wäre echt lieb von dir!“ „Sollen wir gleich los?“ „Von mir aus.“ Eine halbe Stunde später fuhren wir als erstes zu Angelo. Als ich klingelte, bekam Paddy kalte Füße und wollte abhauen. Ich zog ihn an der Jacke: „Jetzt komm schon!“ In diesem Moment machte Angelo die Tür auf. „Hi Angelo. Hier ist Besuch für dich“, sagte ich und schob Paddy ins Haus. „Du schaffst das schon“, flüsterte ich, während Angelo die Tür wieder zumachte. Paddy wandte sich an seinen Bruder: „Ich wollte mich bei dir entschuldigen. Ich hab mich echt voll daneben benommen. Es tut mir leid!“ „Mit tut’s auch leid, Paddy. Wir hätten dich nicht so anfahren sollen.“ Die beiden umarmten sich. „Ich möchte dir jemanden vorstellen: Das ist J (englisch ausgesprochen), meine Freundin.“ „Hi.“ „Hallo.“ Wir gaben uns die Hand. Angelo stellte mir noch Kira und Gabriel vor, dann ging’s ab zu Joey. Danach fuhren wir zu Patricia, die ihren Bruder sofort in die Arme nahm, als sie die Tür aufgemacht hatte. „Wir haben uns Sorgen um dich gemacht, als du letzte Nacht nicht heimgekommen bist.“ „Ich war bei J.“ „Hallo, Patricia.“ „Hi, J.“ Danach wollten wir zu Jimmy. „Also Paddy, wie soll das mit dir noch enden? Alle vier Wochen ’ne neue Freundin!“ Schien einer von Jimmys Witzen zu sein, denn die beiden fingen lauthals an zu lachen. Als letztes fuhren wir zu Maite. Sie war wohl in ihrem Zimmer. Paddy klopfte an ihre Tür und öffnete sie langsam. Maite las gerade ein Buch. „Hallo Maite“, fing Paddy vorsichtig an. Keine Antwort. „Was ich gestern zu dir gesagt habe, tut mir leid. Ich hab’s nicht so gemeint, es ist mir so rausgerutscht. Und dann war ich zu feige, um mich gleich bei dir zu entschuldigen. Es tut mir leid. Kannst du mir verzeihen?“ Keine Reaktion. Paddy drehte sich mir fragendem Gesicht zu mir um. Ich zuckte mir den Schultern. „Bitte Maite, es tut mir so wahnsinnig leid. Es war nicht OK und ich hab’s begriffen. Du bist meine Schwester und ich hab dich sehr lieb, ich hoffe, du weißt das.“ Jetzt zauberte sich ein Lächeln auf Maites Gesicht. „Klar weiß ich das, großer Bruder.“ Sie stand auf und die beiden umarmten sich fest.

 

Ein paar Wochen später holte Paddy mich von der Schule ab. Es war ein beschissener Tag gewesen, wir hatten Mathe geschrieben und ich hab’s total verbockt. Ich fühlte mich wie ein totaler Versager. Geknickt verließ ich die Schule und ging zum Parkplatz, wo Paddy schon mit Sonnenbrille im Auto auf mich wartete. Ich musste grinsen, einerseits sah er mit Sonnenbrille voll cool aus, andererseits sah er total komisch aus. Ich warf den Rucksack auf den Rücksitz und setzte mich auf den Beifahrersitz. „Hi, mein Engel“, sagte Paddy und gab mir einen Kuss. „Hallo“, antwortete ich leise. „Was ist denn? Hast du was?“ „Ach nichts.“ „Du kannst immer mit mir reden, das weißt du.“ „Ja, ich weiß. Deswegen liebe ich dich ja so sehr.“ „Ich liebe dich auch.“ Er küsste mich wieder. „Kannst du an den Rhein fahren, bitte? Ich brauch jetzt echt mal Ruhe.“ „Klar.“ Dort angekommen, setzten wir uns ans Ufer. Ich betrachtete das Wasser, während ich fragte: „Hast du dich schon mal für einen totalen Versager gehalten?“ „Früher, als der Druck so groß war, schon. Deshalb hatte ich zwei Nervenzusammenbrüche. Ich sag dir jetzt mal was: Für mich wirst du nie eine Versagerin sein!“ „Ich hab doch heute Mathe geschrieben. Ich hab keine Aufgabe kapiert und da ist alles über mich hereingebrochen. Wenn ich zurückdenke, was ich schon alles falsch gemacht habe, wie oft ich schon versagt habe. Du kennst ja meine zwei Kleinen. Vor ihnen hatte ich schon mal ein Hase und ein Meerschweinchen. Irgendwann hab ich mich gefragt, ob Meerschweinchen schwimmen können, weil es ja Meerschweinchen heißt. Dann hab ich’s einfach ausprobiert. Das Tierchen konnte zwar schwimmen, hat aber soviel Wasser geschluckt, dass es gestorben ist. Kapierst du, was ich getan habe, ich hab mein Meerschweinchen getötet, hab es umgebracht, aber ich wollte es nicht.“ Ich schluchzte und wagte es nicht, ihn anzusehen. „Und ein oder zwei Jahre später bin ich mit dem Hase zum Grab des Meerschweinchens gegangen, oben am Feldweg. Ich hab sie ins Gras gesetzt, damit sie fressen konnte. Da kam auf einmal ein Mann vorbei und als er den Hasen sah, hat er gerufen, ich solle ihn auf den Arm nehmen. Hab ich auch versucht, aber sie ist fortgelaufen. Und dann kam ein Husky angelaufen, er war nicht angeleint und als er den Hasen gesehen hat, ist er ihm nachgelaufen. Er hat sie gefressen und ich bin schuld, weil ich nicht gut genug auf sie aufgepasst habe!“ Tränen liefen über meine Wangen. „Du willst jetzt bestimmt nichts mehr mit mir zu tun habe, mit einer, die ihre eigenen Tiere getötet hat!“ „Ach Quatsch! Ich liebe dich so wie du bist!“ Er nahm mich in den Arm. „Was hältst du davon, wenn wir es uns heute Abend so richtig gemütlich machen?“ Ich nickte. „Ok, dann lass uns nach Hause fahren, ich hab Hunger!“ „Paddy? Danke, dass du mir zugehört hast!“ Er lächelte mich an und gab mir einen Kuss.

Zu Hause nach dem Mittagessen erzählte Paddy mir, dass er demnächst wieder zu einer Wallfahrt aufbrechen wollte. „Nach Lourdes geht’s diesmal, es hat mir da so gut gefallen. Willste mitkommen?“ „Muss ich ja wohl, wer weiß, was du da unten ohne mich anstellst!“ „Och, jetzt muss ich all meinen anderen Freundinnen absagen!“ „Jaja, du bist der Allercoolste!“ Wir lachten. „Ich liebe dich“, sagte Paddy und küsste mich. Ich erwiderte seinen Kuss und antwortete: „Ich dich auch!“ Zuerst küssten wir uns langsam und zärtlich, dann immer leidenschaftlicher und Paddy begann, mich zu streicheln. Nach einer Weile zog er den Pulli aus und küsste zärtlich meinen Hals, während ich ihm langsam das Hemd aufknöpfte. Er zog es aus und küsste mich wieder. „Komm“, sagte er leise, nahm meine Hand und zog mich ins Schlafzimmer. Er nahm mich in die Arme und küsste mich. „Ich liebe dich“, flüsterte ich, während ich ihm den Haargummi aus den Haaren zog. „Ich dich auch, Kleine!“ Auf einmal fing er an zu grinsen. „Was grinst du denn so?“ Er zuckte mit den Schultern, dann hob er mich plötzlich hoch, wirbelte mich durch die Luft und ließ sich dann mit mir aufs Bett fallen. Wir lachten uns fast kaputt, bist ich ihm zwei Finger auf den Mund legte. „Scht. Komm her zu mir!“ Das ließ er sich nicht zweimal sagen. Wir küssten uns leidenschaftlich, dann küsste Paddy zärtlich meinen Hals und meine Schulter, dann streifte er meinen BH-Träger runter, kurz darauf den anderen. Er küsste mich lange, während er den BH öffnete. Ich zog Paddy aufs Bett und streichelte ihn. Wir sahen uns tief in die Augen. „Hast du Angst“, fragte er leise. „Nein, nicht mehr.“ Er strahlte und zog mich an sich. Nachdem wir uns aus den restlichen Klamotten befreit hatten, fiel mir ein: „Hast du Gummis besorgt?“ „Na klar!“ Wir küssten uns leidenschaftlich.

Nachdem das Gummi seinen Zweck erfüllt hatte *ggg*...... Paddy hielt mich im Arm und strich durch mein Haar. Er gab mir einen Kuss auf die Wange und sagte leise: „Ich liebe dich, du bist das beste, was mir je passiert ist!“ „Ich liebe dich auch!“ Wir küssten uns zärtlich. „Sag mal, was hältst du davon, wenn wir heute Abend Essen gehen?“ „Gern. Wohin?“ „Das wirst du schon sehen“, sagte Paddy geheimnisvoll und küsste mich zärtlich.

    Gegen 16 Uhr kam Maite vorbei. „Hey, hast du Lust, mit mir shoppen zu gehen?“ „Klar, aber ich hab nicht viel Zeit!“ „Egal. Los!“ Maite schleppte mich durch ihre Stamm-Boutiquen. In einer entdeckte ich ein wunderschönes Kleid. „Wow, ist das schön, schau mal, Maite!“ „Ja, das ist echt toll!“ „Aber ganz schön teuer. 500 Euro!“ „Zieh es mal an“, forderte Maite mich auf. “Du  siehst toll aus. Paddy würde Augen machen, wenn er dich so sehen könnte!“ „Ich kann mir das Teil aber nicht leisten!“ „Komm, lass das meine Sorge sein, ich übernehme das für dich!“ „Aber das kann ich doch nicht annehmen!“ „Doch, kannst du!“ Mit diesen Worten ging Maite zur Kasse und zahlte. „Du kannst es ja nachher anziehen, wenn du mit Paddy ausgehst.“ „OK, und vielen vielen Dank, Maite!“ „Ach...keine Ursache!“, meinte Maite und machte eine ablehnende Handbewegung.

Zu Hause machte mir Maite noch die Haare und schminkte mich ein wenig. „Es reicht, wenn man die Augen betont“, sagte sie. „So“, meinte sie später, „jetzt bin ich mal gespannt, was mein Bruderherz zu deinem Styling sagt. Wahrscheinlich sagt er gar nichts, ich wette mit dir, dass ihm die Worte fehlen und das ist äußerst selten!“ Wir gingen ins Wohnzimmer, aber von Paddy keine Spur. Wir warteten einfach und irgendwann kam er aus’m Schlafzimmer. „Hey, Schatz, wir sollten uns beeilen“, fing er an, aber weiter kam er nicht. Dann schien er nach den richtigen Worten zu suchen. „Ich hab’s dir ja gesagt“, flüsterte Maite triumphierend. Paddy kam zu mir und strahlte mich an. „Du siehst wunderschön aus!“ Als Antwort küsste ich ihn. „Sorry, aber ich muss los. Viel Spaß heute Abend“, meldete sich Maite und war dann auch schon weg. Unser „Tschüs!“ hörte sie schon gar nicht mehr. Paddy hielt meine Hände, sah mich von oben bis unten an und sagte: „Du bist so wunderschön, ich weiß gar nicht...mir fehlen echt die Worte!“ „Paddy? Halt die Klappe“, sagte ich und legte ihm den Finger auf den Mund. „Ich liebe dich“, flüsterte ich. Er küsste mich und antwortete: „Ich dich auch! So, jetzt müssen wir aber echt los!“

„So wir sind da!“ „Aber da ist es ja stockdunkel“, meinte ich. Paddy nahm meine Hand und zog mich zur Tür. Wir gingen hinein. „Würdest du mit mir tanzen“, fragte er leise. „Aber...“, fing ich an, als gedämpftes Licht anging und leise Musik erhallte. Paddy sah mich abwartend an. „OK.“ Er legte seinen Arm um meine Taille und nahm meine Hand. „Warte, sonst flieg ich über das Kleid“, sagte ich und nahm die Schlaufe, die am Kleid befestigt war, ums Handgelenk. „So, jetzt können wir!“ „Jetzt musst du kurz warten!“ „Warum?“ „Darum“, sagte er und küsste mich zärtlich. Dann tanzten wir lange, sehr lange, es kam mir vor wie eine Ewigkeit. Wir sahen uns die ganze Zeit in die Augen und in Paddys Augen stand pures Glück und ich konnte mir vorstellen, dass er in meinen Augen dasselbe fand. Ein langsamer Song wurde gespielt. Paddy zog mich an sich und ich lehnte mich an ihn, während er mich fest umarmte. Als das Lied zu Ende ging, flüsterte er mir ins Ohr: „Ich liebe dich!“ „Ich dich auch“, flüsterte ich zurück. Wir küssten uns leidenschaftlich. „So, jetzt haben wir uns ein gutes Essen verdient, gell?“ Ich nickte und Paddy führte mich an einen hübsch gedeckten Tisch. Da kam auch schon eine Kellnerin und Paddy bestellte irgendwas Spanisches, ich hatte jedenfalls keine Ahnung, was das sein sollte. Ich ließ ihn einfach machen. „Lass dich überraschen“, antwortete er auf meine Frage, was das denn sei. Kurz darauf bekamen wir unsere Getränke. „Danke, Maria“, sagte Paddy zu der Kellnerin und sie sagte, dass das Essen in etwa zehn Minuten fertig sei. „Du bist wohl öfter hier“, meinte ich zu Paddy. „Klar. <La Patata> ist mein Stammlokal.“ „Hätte ich mir eigentlich denken können“, meinte ich. „Aber du bringst mich völlig um den Verstand!“ „Ich weiß“, erwiderte Paddy und grinste. Später kam das Essen. Es war wirklich total lecker. Gegen 23 Uhr verließen wir das <La Patata> und gingen die Rheinpromenade entlang. Ich sah zum Mond hinauf, der sich im Wasser spiegelte. Paddy blieb neben mir stehen. Er nahm mein Gesicht in seine Hände und küsste mich zärtlich. „Ich liebe dich so sehr, dass es schon weh tut. Ich meine, du bist so schön, du bist so lieb, du bist das beste Mädchen, das ich kenne!“ „Ich liebe dich auch! Du bist alles für mich!“ Paddy strahlte mich an, dann nahm er mich fest in die Arme und wir küssten uns leidenschaftlich. Später fuhren wir nach Hause. Es war etwa halb eins. „Sag mal, hast du was dagegen, wenn ich mir die Eröffnungsfeier von den Olympischen Winterspielen in Salt Lake City anschaue? Oder willst du schlafen?“ „Ach, auf die paar Stunden kommt’s jetzt auch nicht mehr an, da können wir auch wach bleiben!“ „Schön!“ Die Feier war toll, wir waren fasziniert von den Eistänzern, den Lichtern und dem Feuerwerk. Als die Flagge, die man in den Trümmern vom World Trade Center gefunden hatte, ins Stadion getragen wurde, stiegen mir Tränen in die Augen und Paddy drückte meine Hand. Als das US-Eishockey-Team von 1980 das Feuer entzündete, jubelte das ganze Stadion. Es war toll. Irgendwann war ich wohl eingeschlafen.

Am Rosenmontag waren Paddy und ich auf’m Kölner Rosenmontagsumzug, war voll witzig.

 

Eine Woche später fing die Schule wieder an *kotz* Es standen vier Klassenarbeiten an in dieser Woche. Am Montagmorgen verabschiedete ich mich von Paddy, der mich gefahren hatte, mit einem langen Kuss. In der großen Pause saß ich mit Sebastian, Natascha, Mara und Nikola zusammen. Ich machte mein Handy an, könnte ja sein, dass ’ne SMS kommt. Stattdessen klingelte das Handy. Musste wichtig sein, denn bisher hatte mich noch keine in der Schule angerufen. Barby war dran. “Es geht um Paddy”, sagte sie leise. „Was ist mit ihm“, fragte ich besorgt. „J, er hatte einen Autounfall. Er liegt im Krankenhaus auf der Intensiv und schwebt in Lebensgefahr.“ „In Lebensgefahr?“, wiederholte ich. „Er ist schwer verletzt. Bitte komm schnell in die Kölner Unfallklinik.“ „Ich komm so schnell ich kann, ja?“ „OK, bis dann!“ „Ciao!“ Wie in Trance packte ich meine Sachen in den Rucksack. “Was ist”, fragte Sebastian. „Mein Freund liegt auf der Intensiv. Lebensgefahr. Autounfall.“ Mehr konnte ich nicht sagen. „Geh nur, wir erklären den Lehrern das“, sagte Mara. „Soll einer von uns mitkommen? Nicht, dass du noch vor ein Auto rennst“, fragte Sebastian. „Ja, das wär lieb, wenn du mitkommst“, meinte ich. Zum Glück war die Klinik nur eine Viertelstunde entfernt. Als wir dort ankamen, sagte ich zu Sebastian. „Danke, dass du mitgekommen bist. Du weißt gar nicht, wie viel mir das bedeutet hat.“ Ich gab ihm einen Kuss auf die Wange. Paddy hatte eh keinen Grund, eifersüchtig zu sein, da Sebastian schwul ist. „Gern geschehen. Ich drück deinem Freund die Daumen!“ „Danke!“ Ich hetzte ins Gebäude, wo Barby schon auf mich wartete. „Wie geht’s ihm?“ „Er hat einige Rippen gebrochen, Schädelbruch, Schleudertrauma, überall Prellungen, Schnittwunden und Verbrennungen. Einer der gebrochenen Rippen hat sich in die Lunge gebohrt und innere Blutungen hat er auch.“ Wir gingen zu seinem Zimmer. Paddy lag wie tot im Bett, mit etlichen Schläuchen und Verbänden. Maite und Papa Kelly waren auch da. „Hallo, ihr zwei“, begrüßte ich sie leise.  „Hallo“, antworteten sie. Ich nahm Paddys Hand. „Es wird alles wieder gut, Paddy, hörst du? Bitte gib nicht auf!“ Ich strich über seine Wange. „Wie ist das überhaupt passiert?“ „Paddy hielt an ’ner roten Ampel an. Ein LKW ist ihm mit voller Power hinten rein gefahren und hat ihn mitten auf die Kreuzung geschoben, wo ihm ein weiteres Auto in die Fahrerseite gekracht ist. So sagt es die Polizei.“, erklärte Maite. „Hat die Presse schon was mitgekriegt?“ „Noch nicht, aber wir werden den Grand Prix absagen müssen, wenn er nicht bald aufwacht. Ich könnte nicht auftreten, wenn ich weiß, dass Paddy in der Klinik um sein Leben kämpft, verstehst du?“ Ich nickte und sah dann wieder zu Paddy. „Wenn ihr euch damals nicht gezofft hättet, hätten wir uns nie kennen gelernt“, sagte ich leise. „Wir haben uns oft verkracht, Paddy und ich“, erzählte Maite und fing an, Erinnerungen auszugraben. Als das Thema beendet war, sahen wir stumm auf Paddy. Wenn einer von uns Zweifel kamen, machte Dan uns Mut und in diesem Moment habe ich ihn wohl am meisten geliebt, dafür, dass er uns gezeigt hat, dass man nie aufgeben darf, dass man nie den Mut verlieren darf.  Etwa zwei Stunden später gingen Maite und Dan. Sie versprachen, am späten Nachmittag mit den anderen wieder zu kommen. Ich betrachtete Paddy. Er sah aus, als wäre er tot. „Barby, was ist wenn er’s nicht schafft, wenn er stirbt?“ „Er wird nicht sterben, er ist ein Kämpfer!“ Sie lächelte zuversichtlich. Nach einer Weile stand sie auf und fragte: „Willste auch was zu trinken?“ „Kaba, wenn’s geht.“ „OK.“ Kaum war die Tür zu, liefen mir Tränen übers Gesicht. Es tat so weh, ihn so zu sehen – die ganzen Schläuche, Kabel, Maschinen und Verbände. Das EKG piepste, aber was, wenn plötzlich nur noch dieser schrecklich laute Ton, wie er in den Arztserien im TV immer zu hören ist, wenn jemand stirbt, kommt? Ich hielt Paddys Hand. „Paddy bitte, du darfst nicht sterben, ich liebe dich doch, ich brauch dich doch, wir brauchen dich doch! Bitte gib nicht auf!“ Ich küsste seine Hand, dann wischte ich mir die Tränen weg. Plötzlich wurde das Piepsen des EKGs immer schneller und lauter. Entsetzt starrte ich auf das Gerät, als schon ein paar Ärzte ins Zimmer stürmten. „Kammerflimmern!“ Ich stand regungslos da, während die Ärzte um Paddy kämpften. Aber das schnelle Piepsen wurde nicht langsamer, es wurde noch schneller und plötzlich wurde der Piepston ganz lang und laut und hatte gar keine Pause mehr. Die Linie auf dem EKG zog sich schnurgerade durch. Die Ärzte versuchten es mit Elektroschocks. Nach drei Versuchen war es vorbei. Die Ärzte standen bedrückt neben Paddys Bett. Einer von ihnen drehte sich zu mir um und schüttelte den Kopf. Ich sank mit Tränen in den Augen auf den Stuhl. Er war wirklich tot? Das konnte doch nicht sein! Ich wollte es nicht glauben. Die Zeit mit ihm lief wie ein Film vor meinem inneren Auge ab. Nein, er konnte nicht tot sein, er durfte nicht tot sein! Ein Leben ohne ihn? Was ist mit seiner Familie, was ist mit der Band? Er konnte doch nicht einfach so gehen! Tränen liefen über meine Wangen. Ich fühlte mich so hilflos, ich konnte ihm nicht helfen, ich konnte nur zusehen. Plötzlich schrak ich hoch. War da nicht gerade ein Piepsen zu hören? Doch, da war es wieder. Auf dem EKG zeigten sich leichte Kurven. Die Ärzte konnten es selber kaum glauben. „Wir haben ihn wieder!“ Die Ärzte versuchten, Paddys Zustand zu stabilisieren, was auch klappte. „Er lebt. Das Schlimmste hat er überstanden!“, meinte einer zu mir und ich sah, dass er es selbst nicht richtig glauben konnte. Dann verließen die Ärzte das Zimmer. Kurz darauf kam Barby wieder. Als sie mein verheultes Gesicht sah, fragte sie: „Was ist mit dir? Du bist so blass.“ Ich heulte nur noch.

„J, alles OK?“ Barby sah mich besorgt an. „Was ist passiert“, fragte ich leise. „Du bist ohnmächtig geworden. „Oh.“ Plötzlich fiel mir alles wieder ein. „Was ist mit Paddy, ist mit ihm alles in Ordnung?“ „Klar, warum?“ „Weißt du’s noch nicht?“ „Was?“ Ich erzählte Barby alles. “Er wäre beinahe gestorben, Barby, er war tot, eine halbe Minute lang!“ Barby sah so aus, als glaubte sie das nicht so richtig. Irritiert sah sie zu Paddy und wieder zu mir. Dann nahm sie mich in den Arm. „Ich sagte doch, er ist ein Kämpfer und er würde es schaffen“, sagte sie mit zitternder Stimme. „Sei froh, dass du nicht dabei warst“, antwortete ich. Sie nickte.

Später kamen alle anderen Kellys vorbei. Auch sie wurden blass, als sie hörten, dass Paddy fast gestorben wäre. Gegen 22 Uhr meinte Patricia: „Lasst uns nach Hause gehen!“ Die anderen stimmten zu. Nur ich blieb sitzen. „Komm, geh nach Hause“, sagte Jimmy zu mir. „Nein, ich will bei ihm bleiben! Brauchst gar nicht versuchen, mich umzustimmen!“ Ich blieb also alleine zurück, redete mit Paddy, strich über seine Wange und hielt seine Hand ganz fest. Es wurde 23 Uhr, 0 Uhr, 1 Uhr...

Als ich erwachte, war es dunkel, aber jemand hielt meine Hand. Langsam richtete ich mich auf, als ich merkte, dass nicht Paddy meine, sondern ich Paddys Hand hielt. Ich machte die kleine Lampe an und setzte mich wieder hin. Plötzlich merkte ich, wie meine Hand gedrückt wurde. Ich sah zu Paddy und merkte erst jetzt, dass er aufgewacht war. Ich konnte gar nichts sagen, nur lachen und weinen. Paddy schien etwas sagen zu wollen und ich nahm ihm die Beatmungsmaske ab. Wieder drückte er meine Hand und sagte leise: „Bitte weine nicht!“ Ich lächelte und fragte: „Wie fühlst du dich?“ „Mir tut einiges weh, aber ansonsten ganz OK.“ „Paddy, hast du das irgendwie mitgekriegt, heute Nachmittag, du warst tot, ich fühlte mich so hilflos.“ „Ich hab dich gesehen, zuerst bist du in der Ecke gestanden und dann auf den Stuhl gesunken. Ich hab mich gesehen, die Ärzte. Dann war ich in einem dunklen Tunnel, am Ende war Licht. Ich wollte hingehen, aber eine Stimme sagte zu mir: <Gehe nicht weiter, Paddy, das Mädchen braucht dich!> <Wer bist du?> hatte ich gefragt. <Ich bin der, an den du so sehr glaubst!> Das nächste, was ich wieder wusste, war, dass ich hier aufgewacht bin. So, und jetzt will ich einen Kuss von dir, dann geht es mir bestimmt wieder viel besser!“ Er grinste. Ich küsste ihn zärtlich und er erwiderte den Kuss. „Du siehst müde aus“, sagte er zu mir. „Schlaf weiter.“ „OK.“ Ich löschte das Licht, aber Paddy war vor mir eingeschlafen.

Gegen 10 Uhr kamen dann die anderen vorbei. Sie waren erleichtert, als sie sahen, dass Paddy aufgewacht war. „Ihr nehmt am Grand Prix teil, ist das klar? Und ich trete mit auf!“ Paddy sah uns trotzig an und hätte bestimmt die Arme vor der Brust verschränkt, wenn er keine Schmerzen gehabt hätte. „Ach Paddy, bei deinen Verletzungen glaub ich, dass du vor nächster Woche nicht mal aufstehen darfst“, sagte Maite. Jetzt sagte Paddy gar nix mehr, aber seine Augen funkelten. „Dann tretet ihr eben ohne mich an“, meinte er, aber ich sah, dass ihm das gar nicht passte. Als wir alleine waren...“Ich will da hin und mir ist egal wie!“ „Paddy, bitte reg dich nicht so auf, sonst kriegst du vielleicht wieder Kammerflimmern oder sonst was!“ „ Ich will aber dahin und wenn die mich im Bett auf die Bühne schieben, das ist mir scheißegal!“ „Paddy, bitte!“, sagte ich und nahm seine Hand. Er begann plötzlich, zu schwitzen, das EKG piepste schneller und fasste sich mit schmerzverzerrtem Gesicht an sein Herz. „Paddy, was ist?“ „Es geht schon, mach dir keine Sorgen“, sagte er, stöhnte dann aber vor Schmerzen auf. Da kam auch schon en Arzt ins Zimmer. Er versorgte Paddy und ermahnte ihn: „Sie brauchen absolute Ruhe!“ „Ist angekommen, Doc!“, murmelte Paddy. „Ich soll mir keine Sorgen machen“, sagte ich bitter, nachdem der Arzt gegangen war. Paddy lächelte unschuldig. „Ich find das überhaupt nicht lustig Paddy, ich will dich nicht noch mal so knapp vorm Tod sehen wie gestern verdammt, ich liebe dich! Ich will dich doch nicht verlieren!“ „Ich dich doch auch nicht. Komm her, ich liebe dich!“ Wir küssten uns zärtlich.

Während Paddys dreiwöchigem Krankenhausaufenthalt besuchte ich ihn jeden Tag, er machte meine Englisch-Hausaufgaben und meckerte oft rum, dass er nicht Gitarre spielen konnte, weil ihm alles wehtat. Den Grand Prix sahen wir uns im TV an und riefen auch ein paar Mal an und Paddy ärgerte sich ganz gewaltig, dass er nur zweimal durchkam. „Hey, das Voting ist gefakt, das sieht ja ’n Blinder mit’m Krückstock!“ „Jetzt warte doch mal ab!“ Als die Top drei bekannt gegeben wurden, waren wir voll sauer. „So ein Mist!“, fluchte ich, aber Paddy meinte: „Siehste, so ist das eben, wenn Paddy Kelly nicht da ist. Dann rufen viele Fans gar nicht an, weil sie nur mich wollen und nicht die anderen.“ „Ach Quatsch, das liegt doch nicht daran! Corinna May hat eben mehr Stimmen bekommen, es ist zwar scheiße, aber was willste machen?“ „Naja, ist ja auch egal. Aber Maite wird’s sehr wehtun. <I wanna be loved> ist ihr intimstes Lied und sie hat alles gegeben, was sie hatte. Hast du gesehen, wie sie gezittert hat? Sie konnte nicht besser singen, sie war total nervös, das hab ich ihr angesehen und gehört. Ach, wenn ich nur wüsste, welchen Platz sie gemacht haben.“

Das bekamen wir zwei Tage später raus. „Scheiße, war das knapp. Aber überleg mal, wenn da alle, die für uns angerufen haben, immer durchgekommen wären, hätten wir gesiegt. So’n Mist!“ Paddy lehnte sich zurück. „Es tut mir echt leid für euch.“ „Ach ist egal. Wir haben unsere Fans!“ „Eine Brieffreundin von meiner Brieffreundin hat es so geschrieben: <Corinna May singt für Deutschland und die Kellys singen für uns!>“ „Stimmt, wir singen für unsere Fans, für die, die uns hören wollen. Mehr brauchen wir nicht.“

Schließlich durfte Paddy aus dem Krankenhaus raus. Zu Hause staunte Paddy nicht schlecht: Ich hatte überall Kerzen und rote Rosen aufgestellt. „Herzlich Willkommen zu Hause!“, sagte ich und wir küssten uns lange. „Komm mit“, sagte ich leise und führte ihn in die Küche, wo ich den Tisch hübsch gedeckt hatte. „Ich hab dein Lieblingsessen gemacht!“ „Du bist echt süß“, sagte er strahlend, dann küssten wir uns leidenschaftlich. 

 

Am Montag in der Schule erfuhren wir, dass wir für TV (Textverarbeitung am PC) einen neuen Lehrer bekommen würden. Unsere Lehrerin war krank und wenn man zu zweit an einem PC sitzt, lernt man nicht soviel, finde ich. Wir waren voll gespannt auf Herrn Schneider. Als er am Dienstag in den Computerraum trat, war nichts mehr, wie es vorher war. Rico (sein Vorname) war groß, hatte kurze schwarze Haare und eine klasse Figur. Nach der Stunde meinte Natascha zu mir: „Der Typ sieht voll geil aus, oder?“ „Aber echt!“, antwortete ich. „Hey, wenn ich nicht mit’m Michi zusammen wäre, den würde ich nehmen!“, mischte sich Katrin ein. „Habt ihr gesehen, wie viele Muskeln der hat? Dieser Body ist einfach perfekt!“, schwärmte Nadine. „Ich dachte, du bist mit Tobi zusammen?!“, sagte Katrin. „Ja, aber wenn ich’s nicht wäre, würde der Typ nicht mehr lange Single sein.“ „Woher willste wissen, dass er Single ist?“ „Er hat kein Ring oder sonstigen Schmuck, nur ein Ohrring.“ „Also, was du wieder alles siehst!“ Wir lachten und gingen in unser Klassenzimmer. Ich blieb die ganze Zeit still. Rico hatte in mir Gefühle geweckt, die ich nicht kannte und nicht deuten konnte. Was war nur los mit mir?

 

In der ersten Schulwoche nach den Osterferien, also in der Woche vom 08.04., bat Herr Schneider mich, kurz zu warten, ich solle bitte das Klassenbuch mitnehmen, das Nadine mal wieder vergessen hatte. Nachdem er eingetragen hatte, gab er mir das Buch. „Hier bitte!“ „Danke!“ Wir sahen uns in die Augen und mir wurde ganz heiß. Ich wusste nicht, wie lange wir uns in die Augen sahen, jedenfalls sagte ich: „Ich muss los. Tschüs!“ Schnell ging ich und lehnte mich auf dem Flur an die Wand. Verdammt, was tat ich hier nur? Ich liebe Paddy und sonst nichts und niemanden, sagte ich mir im Inneren immer wieder. Zu Hause erwartete Paddy mich schon. „Hey, mein Schatz“, sagte er und küsste mich stürmisch. „Was is’n mit dir los?“, fragte ich. „Nichts, ich bin nur gut drauf, reicht das?“ „OK, reicht!“ Wir küssten uns leidenschaftlich und ich zog ihm sein Sweatshirt aus, während er meine Bluse aufknöpfte. „Hey, so stürmisch kenn ich dich ja gar nicht!“ „Tja, Kellys sind immer für eine Überraschung gut“, grinste er und küsste mich wieder, dann zog er mich aufs Bett...

„So leidenschaftlich kenn ich dich gar nicht, hab ich was verpasst?“ „Süße, du musst noch viel lernen!“, sagte er und küsste mich zärtlich.

 

Zwei Tage später, wir hatten mal wieder TV, merkte ich, wie Rico, wie ich ihn heimlich nannte, mich anstarrte. Am Ende der Stunde sagte er noch, dass er am nächsten Tag Prüfungsvorbereitungskurs gäbe, wer Lust hätte, könne gerne kommen. Ich hörte die anderen hinterher reden: „Ich muss arbeiten.“ Oder „Ich muss auf Englisch lernen“. PC-Fans sind die Mädels in meiner Klasse wirklich nicht. Naja, ich beschloss, mir das mal anzugucken. Als ich heimkam, sagte ich Paddy, dass ich morgen später kommen würde, wegen dem PC-Kurs.

Als ich dann am nächsten Tag in den PC-Raum kam, war noch keiner da. Ich grüßte Rico und setzte mich an eine Kiste. Wir warteten noch, bis die Pause vorbei war, da viele von uns sich schnell ’ne Kippe reinziehen. Aber es kam niemand mehr. „Tja, sieht so aus, als wären wir allein hier“, meinte Rico dann. „Dann bringen Sie eben nur mir was bei“, meinte ich. „Gut, wenn du willst.“ Er gab mir ein Aufgabenblatt und überprüfte inzwischen die anderen PCs, ob sie alle in Ordnung wären. „Scheiße, was ist jetzt?“, fluchte ich, als eine Fehlermeldung kam. Rico kam zu mir. Er beugte sich über mich, und tippte auf der Tastatur rum. Sein Gesicht war rechts neben meinem und mir wurde tierisch heiß. „Siehste, das war’s schon“, sagte er. Ich konnte nur nicken und ihn mit großen Augen ansehen. In seinen Augen konnte ich Begierde erkennen. „Sag mal, wir könnten auch was anderes machen“, fing er an. „Was denn?“, fragte ich. Er stand auf, ging zur Tür und schloss ab. Mir wurde bange. Was würde jetzt kommen? Ich stand sicherheitshalber auf. Er kam auf mich zu und sah mich an. Zuerst in meine Augen, dann wanderten seine Blicke über meinen Körper. Dann zog er mich an sich und küsste meinen Hals, sein Atem ging schnell und erregt. Ich stieß ihn weg und machte ihm klar, dass mit mir nichts läuft und er solle die Tür aufschließen. Ich ging zur Tür und wartete. Plötzlich spürte ich seine Hände an meiner Taille, er tastete sich unter mein Top und streichelte meinen Bauch. Ich zitterte, denn ich wusste, dass ich keine Chance gegen ihn hatte. Seine Hände wanderten zu meinen Brüsten und sein schneller Atem strich über meinen Hals. Lange streichelte er mich so, dann zog er mir das Top aus. Ich hatte Angst. Dann küsste er wieder meinen Hals und den Nacken, dann ging er tiefer und küsste meine Brüste, dann meinen Bauch. Er öffnete meine Jeans und zog sie mir runter. Dann stand er wieder auf, sah mich an und begann, mich zu küssen, auf den Mund, mit Zunge, auf den Bauch, die Brüste, überall. Mir wurde ganz heiß und schwindlig, ich wollte das doch gar nicht, aber mein Verstand schien auszusetzen. Ich riss ihm das T-Shirt vom Leib und begann, seinen Oberkörper zu küssen und zu streicheln. Rico drückte mich an die Wand und küsste mich von oben bis unten, öffnete meinen BH und zog mir schließlich den Slip aus, dann öffnete er seine Jeans und zog sie aus und seine Boxershorts gleich mit. Seine Hände uns sein Mund waren überall. Er zog mich auf einen Tisch und drang in mich ein. Es tat sehr weh, aber er war zu geil, um überhaupt denken zu können. Als er fertig war, legte er sich auf den Tisch daneben und hatte seine Hand auf meiner Brust. Er atmete schwer und ich fühlte mich widerlich, beschmutzt und leer. Aber ich hatte keine Zeit, um weiter darüber nach zu denken, denn seine Hand wanderte von meiner Brust nach unten drehte einen Kreis und meinen Bauchnabel und ging dann immer tiefer, bis er sein Ziel gefunden hatte. Ich stand auf und wollte mich anziehen, da sprang er auf und fragte, wohin ich denn wolle, die Stunde sei erst in 15 Minuten vorbei. Er hielt mich fest und drückte mich mit aller Kraft gegen die Wand, was ihn nicht hinderte, mich wieder von oben bis unten zu küssen. Ich wusste nicht, wie er es schaffte, dass mein Körper darauf ansprach, obwohl sich in meinem Kopf alles dagegen sperrte. Mein Verstand hatte wohl nichts mehr zu melden, als ich Rico küsste. Was dann geschah, hatte sich tief in mein Gedächtnis gegraben, obwohl ich immer noch versuche, es zu verdrängen. Rico forderte doch tatsächlich Französisch von mir! Ich machte ihm klar, dass ich keine Hure sei und er alles mit mir tun könne, aber das nicht. Aber das hätte besser nicht sagen sollen, denn er ging zu seiner Tasche und holte zwei Seidentücher heraus. Dann drückte er mich ohne Vorwarnung zu Boden, setzte sich auf mich und fesselte mich an zwei Tischbeinen fest. Ich bekam Angst und er drohte, mich auf den Strich zu schicken, wenn ich nicht tat, was er wollte und ihn verpfeifen würde. Dann küsste er mich wieder von oben bis unten und ich tat mein Bestes, um mir meine Angst nicht anmerken zu lassen. Irgendwie schaffte er es wieder, dass ich es plötzlich doch wollte, dass ich ihn wieder spüren wollte. Das war doch nicht mehr normal! Als er fertig war, meinte er: „Na also, Kleine, geht doch! Zick nächstes Mal bloß nicht so rum!“ Ich nickte nur. Wieso nächstes Mal? Rico band mich los und ich zog mich an. „Wenn du auch nur ein falsches Wort zu der falschen Person sagst, passiert was, hast du mich verstanden!?“ Ich nickte eingeschüchtert. Dann ertönte die Klingel. Diese 45 Minuten kamen mir vor wie eine Ewigkeit. Wie sollte ich das Paddy bloß erklären oder nicht erklären?

Als ich nach Hause kam, fand ich nur einen Zettel vor: „Ich bin grad in ’ner Besprechung, bin gegen 17 Uhr wieder da. Ich liebe dich! Paddy“ Tränen liefen über mein Gesicht, es tat mir alles so leid, dass ich das getan hatte, anderseits hatte ich auch furchtbare Angst vor Ricos Drohungen. Ich fühlte mich so schmutzig und legte mich in die Badewanne, aber jetzt erschien mir alles noch viel klarer als vorhin in der Schule. Hoffentlich hatte das niemand mitbekommen. Der PC-Raum war im zweiten Stock, dort waren in der 7. Stunde keine anderen Klassen mehr, aber vielleicht im Ersten? Bloß nicht! Irgendwann stieg ich aus der Wanne und zog mir frische Sachen an.

Als Paddy endlich nach Hause kam, begrüßte er mich mit einem zärtlichen Kuss. „Hallo, meine Süße!“ „Hi, Schatz! Na, was ist bei der Besprechung rausgekommen?“ „Ach nur, ob wir die Playlist für die Frühjahrs- und Sommertour noch mal ändern, werden wir wahrscheinlich auch machen.“ Ich lächelte matt. „Hey, Engel, was hast du denn?“ Er setzte sich besorgt neben mich und nahm mich fest in die Arme. „Ich muss dir was sagen, Paddy“, fing ich mit zitternder Stimme an. „Ich war heute Nachmittag mit ’nem anderen in der Kiste!“ Sofort ließ er mich los und sah mich ungläubig an. „Das ändert aber nichts daran, dass ich dich liebe, Paddy!“ „Weißt du überhaupt, wie weh das tut“, fragte er leise. „Paddy, ich liebe wirklich nur dich, für Rico empfinde ich gar nichts, ehrlich!“ Im nächsten Moment brannte meine Wange wie Feuer. „Du hast es mit deinem Lehrer getrieben?!“, rief Paddy völlig außer sich. „Was konntest du denn bei ihm lernen? Wie oft habt ihr’s denn getrieben, dein geiler Lehrer und du?“  „Zweimal“, sagte ich leise. „Ich glaub das einfach nicht! Ich hab dir vertraut und du? Springst mit deinem Lehrer ins Bett!“ Völlig aufgelöst saß Paddy neben mir. Er tat mir so leid. Nach einer Weile strich ich ihm vorsichtig über den Rücken. „Lass das bitte“, sagte er. „Ich hab dich geliebt, ich wollte dich fragen, ob du mich heiraten willst, ob du mit mir Kinder haben willst. Du hast alles kaputt gemacht!“ „Ich hätte <ja> gesagt, ich will <ja> sagen, ich will Kinder mit dir! Paddy, du bist meine erste Liebe, ich hab doch nicht die Erfahrung, ich wollte dir nicht wehtun, ich wollte das alles doch gar nicht...“ Paddy sah mich nicht mal an. „Sag doch was, bitte!“ „Was soll ich denn sagen, was willst du denn hören?“, fuhr er mich an. „Sorry, ich wollte dich nicht anschreien. Sorry auch wegen der Ohrfeige.“ „Ist schon okay, ich hab’s ja auch verdient. Mit tut’s leid, ich hab das echt nicht gewollt, ich war mir über die Konsequenzen nicht im Klaren. Ich wollte unsere Liebe nicht aufs Spiel setzten. Ich liebe dich noch mehr als am Anfang und auch dieser Fehltritt ändert das nicht!“ Gelähmtes Schweigen. „Weißt du noch, im Krankenhaus, was für Sorgen ich mir um dich gemacht habe? Jeden Tag bin ich neben deinem Bett gesessen, nur um bei dir zu sein, und es war schwer, für dich und für mich. Als du dieses Kammerflimmern gehabt hast und fast gestorben wärst, war ich da, ich war hinterher total mit den Nerven am Ende, Barby sagte, ich sei ’ne Viertelstunde ohnmächtig gewesen. Ich hab mich so schuldig gefühlt, dem Menschen nicht helfen zu können, den ich am meisten liebe. Weißt du überhaupt, wie schlimm diese Zeit für mich war? Ich hab alles ertragen, wegen dir, weil ich dich mehr liebe als mein Leben, kapierst du?“ Paddy machte ein Pokerface. „Lass mich mal in Ruhe nachdenken, okay?“ „Okay.“ Paddy nahm seine Jacke und seinen Schlüssel. „Bin bald wieder da.“ „Tschüs.“

Ich rief Maite an. Zuerst war sie ein bisschen sauer auf mich, aber ich erzählte ihr alles, komplett alles, auch von den Drohungen und da verstand sie mich.

Paddy kam erst spät abends gegen 23 Uhr wieder zurück. Ich sah ihn abwartend an. Er setzte sich neben mich und sah mich nur an. Er hatte immer noch Pokerface, aber in seinen Augen war etwas, was vorhin noch nicht da war. „Sag mal, was ist? Du hast so’n komisches Glitzern in den Augen.“ Als Antwort umarmte er mich fest. „Ich tu so was garantiert nie mehr, versprochen!“ „Scht! Lass mich dich einfach nur halten.“, sagte er leise und drückte mich noch fester an sich.

Aber unsere Beziehung war nicht mehr dasselbe. Paddy war sehr misstrauisch, wenn ich wegging. Wir küssten uns nur noch selten, er verweigerte jegliche Zärtlichkeiten. Paddy vertraute mir nicht mehr und ich konnte es ihm eigentlich nicht verübeln, aber er wusste doch nur die halbe Wahrheit. Seine Liebe fehlte mir sehr, deswegen hörte ich immer <I wanna be loved>, in der Hoffnung, dass Paddy es merkte, denn ich traute mich nicht, mit ihm zu reden, in der Angst, er würde mir nicht glauben. Ich hörte mal wieder <I wanna be loved>, als Paddy von ’nem Interview zurückkam. „Hi!“, sagte er. „Hallo.“ „Du siehst so bedrückt aus. Was ist los?“ Als Antwort drehte ich die Stereoanlage noch lauter, wo Maite gerade den Refrain sang. Er sah mich komisch an, als wüsste er nicht, worum es ging. Das konnte doch nicht sein! Jetzt brach alles aus mir heraus, ich schrie ihm alles ins Gesicht und sank dann weinend aufs Sofa. „Oh Gott, J, warum hast du mir das nicht gesagt?“ „Ich dachte, du würdest mir nicht glauben“, sagte ich leise. Paddy umarmte mich fest. „Ich hab Angst, Paddy.“ „Ich weiß. Ich hab auch Angst. Aber gemeinsam schaffen wir das schon, hörst du?“ Er nahm mein Gesicht in seine Hände und küsste mich zärtlich. „Ich liebe dich, J, ich hab dich immer geliebt!“ „Ich liebe dich auch!“ Wir küssten uns leidenschaftlich. „Wenn du wüsstest, wie sehr ich das vermisst habe“, flüsterte er. „Aber ich dachte...“ „Was?“ „Ich dachte, du wolltest nicht, du hast dich immer zurück gezogen, wenn ich dich küssen wollte.“ „Und wenn ich wollte, hast du die Schotten dicht gemacht!“ „Komisch, was?“ Wir lachten uns an und umarmten uns fest.

Einige Wochen später kam Paddy von der Firma zurück. „Hi!“, sagte er und gab mir einen Kuss. Dann zog er die Kapuze von seinem Kopf. Ich bekam fast einen Schreikrampf: „Oh Gott, was hast du mit deinen Haaren gemacht?!“ „Gefällt’s dir nicht?“ „Naja, etwas gewöhnungsbedürftig ist es schon, dich mit so kurzen Haaren zu sehen. Warum hast du das gemacht?“ „Ich wolle halt mal was Neues machen, mein Outfit verändern.“ „Hättest mich ja wenigsten warnen können. Ich wäre vor Schreck beinahe tot umgefallen!“ Paddy grinste und ich strich ihm über die kurzen Haare. Dann holte er einen Zettel aus der Jackentasche. „Was ist das?“ „Ein Fax von Stern TV. Die haben doch wieder eine Tourreportage über uns gedreht und mir jetzt den Ausstrahlungstermin geschickt. Sie wollen mich einladen, aber nicht nur wegen der Tour, sondern auch wegen dem Unfall, den ich damals hatte.“ „Und? Gehste hin?“ „Naja, von dem Unfall hab ich ja nicht viel mitbekommen. Aber...ach nee, vergiss es!“ „Was denn?“ „Nee, nee, hat sich erledigt!“ „Jetzt sag schon!“ „Du könntest mitkommen“, meinte er zögernd. „Ich? Und was ist mit den Fans?“ „Das ist ja das Problem.“ „Und wenn wir erst an dem Tag bekannt geben, dass wir kommen? Das ist ja live, oder?“ „Ja. OK, ich ruf mal an und frage, ob das geht.“ Nach dem Telefonat... „Es klappt.“ „Wann ist das denn?“ „In drei Wochen, also Anfang August.“ „Und du meinst wirklich, ich soll mit?“ „Vom Kammerflimmern hast du mehr mitgekriegt als ich...“ „Naja, OK, weil du’s bist!“ „Danke! Ich liebe dich!“ „Ich dich auch!“

 

Am Tag von Stern TV fuhren wir am Nachmittag schon ins Studio. Uns wurde alles gezeigt und um kurz vor 22 Uhr wurden wir in die Maske gebeten und geschminkt, d. h. ich schon, Paddy bekam nur Puder ins Gesicht. Ich war total aufgeregt, Paddy nicht, er war das ja gewohnt. Kurz bevor wir dran waren, nahm Paddy meine Hand, küsste mich und sagte: „Das klappt schon, keine Angst!“ Ich nickte und dann wurden wir auch schon ins Studio gebeten. Günther Jauch begrüßte uns und wir setzten uns auf unsere Plätze. Zuerst quatschte Günther mit Paddy über die Tour, dann kam er auf den Unfall zu sprechen. Paddy begann zu erzählen: „Also, ich hab meine Freundin in die Schule gefahren, weil ich sowieso in die Stadt musste. Nach meinem Termin bin ich nach Hause gefahren. An einer roten Ampel hab ich angehalten und dann merkte ich plötzlich, wie mein Auto mit einem Ruck nach vorne geschoben wurde. Im Rückspiegel sah ich den LKW. Das Letzte, was ich wusste, waren quietschende Reifen. Dann war nichts mehr.“ Günther wandte sich an mich: „Wie haben Sie von dem Unfall erfahren?“ „Bitte duzen, sonst  komm ich mir so erwachsen vor.“ „OK, also, wie hast du davon erfahren?“ „Paddys Schwester Barby hat mich in der großen Pause in der Schule angerufen. Ich bin sofort mit Sebastian aus meiner Klasse in die Klinik gerannt. Er meinte, ich solle nicht allein gehen, sonst würde ich vor Aufregung noch vor ein Auto laufen oder so. Danke noch mal Sebi, gell?! Also, falls du zufällig zukuckst! Ok, in der Klinik hat Barby schon auf mich gewartet, wir sind sofort zu Paddys Zimmer gerannt. Auf dem Weg dorthin hat sie mir alle Verletzungen aufgezählt. Als ich das Zimmer betreten habe, dachte ich zuerst, ich hab mich in der Tür geirrt, weil ich ihn vor lauter Maschinen, Schläuchen, Verbänden und Kabeln gar nicht gesehen habe. Er sah aus, als wäre er tot. Dan und Maite waren auch da. Wir haben mit Paddy geredet und uns gegenseitig Mut gemacht. Dan war echt toll, er hatte keine Sekunde daran gedacht, dass Paddy sterben könnte, er hat uns immer wieder aufgebaut und Mut gemacht! Später sind Maite und er dann gegangen. Barby hat uns später was zu Trinken geholt und als ich dann alleine im Zimmer saß und ihn angesehen habe...ich weiß nicht, irgendwie bekam ich Angst, dass er’s nicht schafft. Kurz darauf hat er Kammerflimmern gehabt, die Ärzte haben alles versucht, aber es hat nicht funktioniert...“ Ich atmete tief durch und Paddy drückte meine Hand. „Die Ärzte haben dann gesagt, er wäre tot. Ich bin dann erst mal in den Stuhl gesunken, hab immer nur gedacht <Das konnte nicht sein, er durfte nicht tot sein>, geweint... Und dann, piepste das EKG auf einmal wieder. Ich dachte zuerst, ich bilde mir das nur ein, aber dann hörte ich die Ärzte reden und einer sagte mir, Paddy wäre über’n Berg. Dann hab ich nur noch geheult. Ich meine, er war tot, er war eine halbe Minute lang tot...“ „Ich hab davon nur soviel mitgekriegt, dass ich das ganze Zimmer von oben gesehen habe, J, die Ärzte mich... dann war ich plötzlich in einem dunklen Tunnel, an dessen Ende war Licht. Ich wollte schon hingehen, da hat irgendeine Stimme gemeint, ich soll da nicht hingehen, J würde mich brauchen. Das nächste, was ich dann wusste war, wie ich aufgewacht bin, es war dunkel und sie hielt meine Hand.“ „Es war mitten in der Nacht, aber ich war nur so froh, dass er’s geschafft hatte. Am nächsten Tag hat er dann mit seinen Geschwistern rumdiskutiert, von wegen er wolle unbedingt in Kiel auftreten und so. Er hat sich den ganzen Nachmittag darüber aufgeregt, bis er so’ne Art Herzanfall bekommen hat. Dann hat er’s begriffen.“ „Krankenhäuser sind langweilig, vor allem wenn ich nicht Gitarre spielen kann. Mit tat ja alles weh.“ „Wie habt ihr euch eigentlich kennen gelernt?“ „Erzähl du“, meinte ich, aber er erwiderte: „Nee, fang du an.“ „OK, also das war irgendwann im Januar. Ich war in Köln shoppen und bin noch zum Dom gegangen. Ich geh also die Mauern entlang, bis ich über irgendwas stolpere. Das war Paddys Fuß. Naja, er saß da, völlig durchnässt, hatte Fieber, war völlig teilnahmslos. Ich hab ihm gesagt, er gehöre ins Bett, sonst würde er sich eine Lungenentzündung holen. Er hat bloß mit den Schultern gezuckt, da hab ich ihn einfach mit zu mir genommen, hab ihn ins Bett gepackt und versucht, das Fieber runter zu kriegen.“ „Ich konnte damals nicht nach Hause, ich hatte Krach mit den anderen, weil ich mich so blöd benommen habe. Aber das haben wir wieder in die Reihe gekriegt.“ „Und wie ging’s weiter“, fragte Günther neugierig. „Paddy hat ein paar Stunden gepennt, dann ging’s ihm wieder besser.“ „J hat dann Spaghetti mit Tomatensoße gekocht, ich bin total verrückt danach, da hatte sie dann schon ein Stein im Brett bei mir.“ Paddy und ich mussten lachen. „Jedenfalls haben wir viel geredet, noch ein Video geguckt und Tee zusammen getrunken und irgendwann, spät abends, muss nach Mitternacht gewesen sein, sind wir uns dann näher gekommen.“ „Können wir das mal sehen?“, fragte Günther mit Dackelblick und -Ton. Die Zuschauer lachten herzlich. Paddy wurde etwas verlegen, aber ich sah ihn nur an und dann küssten wir uns zärtlich. Einige Zuschauer pfiffen. Wir lösten uns voneinander. Paddy kramte in seiner Hosentasche rum und holte irgendwas raus, ich konnte nicht sehen was. Dann sah er mir tief in die Augen, drückte meine Hand ganz fest und fragte: „Willst du mich heiraten???“ Im Studio wurde es ganz still, während mir die Tränen kamen. Paddy sah mich erwartungsvoll an. Ich musste mich erst mal beruhigen. Als ich mich wieder eingekriegt hatte, fragte Paddy leise: „Und??? Willst du???“ „Ja, klar, was denkst du denn?“ Ich sah Erleichterung in Paddys Gesicht, bevor er mich fest in den Arm nahm. „Ich liebe dich!“ „Ich dich auch!“ Jetzt sah ich, was Paddy vorhin aus der Tasche zog: Einen silbernen Ring mit einem klitzekleinen blauen Saphirsplitter. Er steckte mir den Ring an den rechten Ringfinger, während das Studiopublikum pfiff und klatschte. „So, dann hab ich die Ehre, als Erster zu gratulieren. Herzlichen Glückwunsch euch beiden! Ihr lasst euch aber noch Zeit, oder?“ „Wir haben alle Zeit der Welt, J ist auch erst 17 und wir brauchen uns nicht zu beeilen.“ „OK, dann wünschen wir euch beruflich und privat alles Gute für die Zukunft!“ „Danke!“ Günther gab uns beiden die Hand. „Das waren Paddy Kelly und seine Verlobte, meine Damen und Herren!“ Während des nächsten Beitrags verließen wir das Studio. „Das Wort ist noch total ungewohnt, nicht?“ „Ja, du bist jetzt nicht mehr meine Freundin, sondern meine Verlobte, diejenige die ich heiraten will und mit der ich zusammen sein will, bis ich sterbe!“ „Du bist echt süß“, sagte ich und küsste ihn.

 

Einige Tage später war ich mit Maite shoppen. Es war schon dunkel, als wir uns verabschiedeten. Ich fuhr weiter mit der Straßenbahn und hatte es von der Haltestelle nicht mehr weit bis nach Hause. Plötzlich wurde ich von hinten gepackt und mir wurden Mund und Nase zugehalten, bis mir ganz schwindlig wurde.

Ich erwachte. Es war dunkel und ich spürte, dass ich mit Handschellen irgendwo gefesselt war. Ich tastete um mich herum und stellte fest, dass ich auf einer Matratze auf dem Boden lag. Wo war ich hier bloß? Ich suchte mein Handy, aber es war weg. Wie spät es wohl war? Paddy machte sich bestimmt schon Sorgen. Plötzlich ging eine Tür auf und ein Lichtschein fiel in den Raum. Schien ein Keller zu sein. „Na, Kleine? Du wirst mir noch viel Kohle einbringen!“ Diese Stimme kannte ich doch... aber woher? „Dein Freund, ‚tschuldigung, dein Verlobter tauscht seine Kohle bestimmt gerne gegen dich!“ „Und was mach ich hier so lange?“ „Du hast Glück, Kleine, wir haben sogar einen Job für dich!“ Mit diesen Worten befreite er mich von den Handschellen und zog mich hoch. „Du erscheinst mit zu neugierig, Kleine!“ Er verband mir die Augen und hielt mir ein Messer an den Hals. „Zick bloß nicht rum!“ In einem stilvoll eingerichteten Zimmer nahm er mir die Augenbinde ab. Ein Schreibtisch mit Stuhl stand da, ein kleiner runder Tisch mit zwei Stühlen, ein paar Schränke, ein großes Bett und im Bad gab’s sogar einen Whirlpool. Was sollte das alles?? Als ich mich umdrehte, stand neben dem Sonnenbrillentyp, der mich bedroht hatte, noch ein anderer, ich schätzte ihn auf Mitte 40. Er gab dem Sonnenbrillentyp mehrere große Scheine und dieser meinte: „Du kannst mit ihr machen, was du willst! Sie gehört dir!“ „Was?“ rief ich, aber der Sonnenbrillentyp war schon weg. Jetzt stand ich alleine mit diesem alten Sack da. „Keine Angst, Kleine, ich tu dir nichts!“, fing er an und begann, mich zu befummeln. „Hey, lass diese Scheiße!“, sagte ich und wehrte mich so sehr ich konnte. Aber er holte sich trotzdem, was er wollte, dann ging er und ich blieb weinend zurück. Ich vermisste Paddy so sehr. „Hey, Kleine, heul nicht!“ Der Typ mit der Sonnenbrille war wieder da. Er verband mir die Augen und verlangte dann Paddys Handynummer. „Du darfst kurz mit ihm reden“, sagte und drückte mir sein Handy in die Hand. Als Paddy sich meldete... „Paddy, ich bin’s!“ „Na endlich, wo bist du denn, ich mach mir Riesensorgen!“ Tränen stiegen mir in die Augen. „Ich liebe dich, Paddy!“, schluchzte ich. Da nahm mir der Typ das Handy weg. „Drei Millionen Euro und du kannst sie wieder haben!“ Er teilte Paddy Übergabeort und alles mit. „Keine Bullen! Sonst ist sie tot!“ Dann sperrte er mich wieder in den Keller. Irgendwann, ich hatte geschlafen, holte er mich wieder in dieses Zimmer, aber diesmal nahm er mir die Augenbinde nicht ab. Ich hörte zwei Stimmen, dann merkte ich, wie die Tür wieder geschlossen wurde. Plötzlich spürte ich zwei Hände an meiner Taille, sie tasteten sich unter mein Top und streichelten zuerst meinen Bauch und dann meine Brüste und schneller, erregter Atem blies über meinen Nacken. Jetzt wusste ich, wer das war, es war Rico, wegen dem damals beinahe meine Beziehung zu Paddy kaputtgegangen wäre. Scheiße, was sollte ich jetzt machen? Jedenfalls tat ich so, als würde ich ihn nicht kennen und wehrte mich, wie bei den anderen drei Typen vor ihm auch. Irgendwann war er dann so genervt, dass er mich aufs Bett stieß, sich auf mich warf und meine Handgelenke festhielt. „Wenn du jetzt nicht aufhörst Zicken zu machen, kannst du was erleben!“ Also tat ich gar nichts mehr. Diesmal war er voll brutal, lag wohl daran, dass er glaubte, ich wüsste nicht, wer er war. Als er fertig war, ging er wohl raus. Eine Weile später kam wieder jemand rein. „Hey, Kleine, was ist, komm, du bist noch nicht fertig für heute!“ Ich musste an diesem Tag noch dreimal ran. Als ich an diesem Abend auf meine Matratze im Keller fiel, hoffte ich nur, dass ich bald hier rauskäme. Irgendwann schief ich ein. Ein Geräusch weckte mich. Dann leuchteten mir mehrere Taschenlampen ins Gesicht. „Keine Angst, wir sind von der Polizei!“ Mir fiel ein Stein vom Herzen. Die Polizisten machten mich los und einer trug mich nach draußen. Es war dunkel. „J?“ „Paddy? Wo bist du?“ „Hier!“ Der Polizist ließ mich runter und dann stand Paddy auch schon vor mir und nahm mich in die Arme. „Bin ich froh, dass ich dich wieder habe!“ „Ich hatte solche Angst!“ „Scht, es wird alles gut! Ich bin ja bei dir!“ Er gab mir einen Kuss auf die Stirn, dann brachte er mich zu dem Krankenwagen, der da stand. Der Arzt meinte, ich solle gerade die Nacht im Krankenhaus verbringen. Paddy blieb bei mir. Am Morgen kam eine junge Polizistin, um mich zu befragen. Paddy hielt die ganze Zeit meine Hand, obwohl er selber erschüttert war. Als die Polizistin wieder gegangen war, liefen mir Tränen übers Gesicht. „Es tut mir so leid, Paddy, es tut mir so leid!“ Paddy nahm mich in die Arme. „Was denn?“, fragte er sanft. „Na dass ich mit diesen vielen Typen im Bett war.“ „Na hör mal, du hattest keine Wahl! Ich bin doch nicht sauer auf dich, sondern auf die!“ Am Nachmittag durfte ich nach Hause. Paddy war total lieb zu mir, las mir jeden Wunsch von den Augen ab. „Paddy, ich bin weder krank noch schwanger! Ich kann mir auch selber Gläser aus der Küche holen oder den Fernseher einschalten! Ich weiß, du hast es ja nur lieb gemeint. Aber du musst das wirklich nicht tun, ich möchte das nicht!“ „OK“, sagte er und begann, mich zärtlich zu küssen und zu streicheln. „Paddy, nicht! Ich kann das nicht! Nicht nach allem, was passiert ist, verstehst du?“ Er nickte, aber ich sah, dass er doch enttäuscht war.

Zwei Tage später rief der Arzt an, der mich im Krankenhaus untersucht hatte. Ich solle zu ihm kommen. „Was ist denn“, fragte ich, als ich ihm gegenüber saß. „Es tut mir leid, ihnen das sagen zu müssen. In Ihrem Blut wurden HIV-Viren entdeckt. Das hat aber nichts zu bedeuten. Deswegen möchte ich gern einen zweiten Test machen.“ Ich fühlte mich, als würde ich in ein tiefes Loch fallen. Der Arzt nahm eine zweite Blutprobe. Ich rufe Sie in zwei Tagen wieder an. Bitte machen Sie sich keine Sorgen!“ Ich nickte und ging. Paddy war nicht da, als ich kam, ich fand nur einen Zettel, er musste Angelo etwas helfen. Ich beschloss, ihm nichts zu sagen, vielleicht war ich doch nicht infiziert. Aber was, wenn doch? Würden wir nie Kinder bekommen dürfen, weil sie sonst mitinfiziert sind? Wie würde Paddy das verkraften? Würde er sich von mir trennen? Würde er mich überhaupt noch lieben?

Als Paddy später nach Hause kam, bemerkte er sofort, dass etwas nicht stimmte, aber ich wimmelte ihn ab. „Es ist wirklich nichts, ehrlich!“ „Na gut!“ Er nahm mich fest in die Arme und küsste mich zärtlich. Ich erwiderte seinen Kuss. „Ich liebe dich“, flüsterte er. „Ich dich auch!“ Wir küssten uns leidenschaftlich und sanken knutschend und eng umschlungen aufs Sofa.

Zwei Tage später saß ich im Büro des Arztes. „Und? Bin ich infiziert?“ „Es tut mir leid, das bestätigen zu müssen.“ Ich war voll schockiert. Tränen liefen über mein Gesicht. „Hören Sie“, fing der Arzt an. „Ich kann mir vorstellen, wie sie sich fühlen, aber glauben sie mir, nur weil Sie mit HIV infiziert sind, heißt das noch lange nicht, dass Sie an AIDS erkranken. Ihr Freund weiß es noch nicht, oder?“ Ich schüttelte den Kopf. „Wenn ich schwanger werden würde, wäre das Baby gleich mitinfiziert, nicht?“ „Ja, leider. Haben Sie sonst noch irgendwelche Fragen?“ Ich schüttelte den Kopf und verabschiedete mich. „Wenn Sie Fragen haben, rufen Sie mich einfach an.“ „Danke!“

Als ich zu Hause ankam, wunderte ich mich, warum es so still war. Da entdeckte ich auf dem Boden Papier-Hufeisen, die in die Küche führten. Der Tisch war schön gedeckt, in der Mitte stand ein dreiarmiger Kerzenständer. Paddy saß mit dem Rücken zu mir, am Stuhl links neben ihm lehnte seine Gitarre. Ich ging hin und umarmte ihn. Hey, Süße!“ Er küsste mich. “Setz dich, ich hab schon alles vorbereitet!“ Ich tat ihm den Gefallen. Wir aßen und dann spielte Paddy mir ein neues Lied vor, es hieß „You’re my one and only love“ Ich musste weinen, er sang da dieses wunderschöne Lied für mich und würde gleich erfahren, dass ich HIV-positiv bin. „Das war total schön! Danke!“ Ich küsste ihn lange. „Paddy, ich... ich muss dir was gestehen...“ Ich nahm seine Hand, während er mich etwas ängstlich ansah. „Paddy, ich bin HIV-positiv. Ich bin infiziert.“ Paddys Gesicht wurde blass, er war wie versteinert. „Du hast AIDS?“ „Es tut mir so leid. Muss bei der Entführung passiert sein.“ „Wenn wir Kinder bekommen, sind sie automatisch mitinfiziert, nicht?“ Er tat mir unendlich leid, er wollte doch so viele Kinder haben. Mir stiegen Tränen in die Augen. „Paddy, ich... es tut mir leid, aber ich weiß nicht, wie’s jetzt weitergehen soll...“ „Hey.“ Er umarmte mich fest. „Bitte wein nicht.“ „Was soll ich denn sonst machen? Mich freuen? Wir wollten doch Kinder haben und das geht jetzt nicht mehr. Ich hab Angst, dass du irgendwann nicht mehr damit klarkommst und mich nicht mehr liebst!“ „Wie kannst du so was nur von mir denken?“ Er schien enttäuscht zu sein. „Es tut mir leid, aber es erscheint alles so aussichtslos.“ „Hey, hey, damit fangen wir gar nicht erst an. Wenn du ans Aufgeben denkst, hast du schon aufgegeben, sagt Joey immer. Bitte, lass dich nicht hängen!“ Er sah mich bittend an. Ich nickte. Paddy wischte mir die Tränen weg und küsste mich. „Ich liebe dich, egal was passiert!“ „Ich dich auch“, antwortete ich leise. „So, und jetzt gehen wir ins Internet und gucken, was wir über HIV und AIDS finden, ja?“ „OK.“ Die Suchmaschine fand so viele Treffer, dass es unmöglich war, alle an einem Tag durchzusehen. Also dehnte sich das auf die nächsten Tage aus. Ich lernte andere Infizierte kennen, unter ihnen auch Anna-Maria. Sie war 16 und infiziert, seit sie als 11jährige von einem Kumpel ihres älteren Bruders vergewaltigt wurde. Sie kam gut damit klar und machte mir Mut.

Als Paddy an diesem Abend von ’ner Bandbesprechung zurückkam... „Du weißt ja, dass wir bald auf Tour gehen, hm?“ „Ja, leider.“ „Hey, sieh’s nicht so schwarz. Wir können doch telefonieren und Angelo nimmt sein Laptop mit, dann können wir uns auch mailen.“ „Klar.“ „Komm her“, sagte er leise und küsste mich. „Ich liebe dich!“, sagte er und küsste mich leidenschaftlich. „Ich liebe dich auch!“ „Ich bin halt ’n liebes Kerlchen, gell?“ „Jaja, ganz bestimmt!“ Wir lachten. Paddy sah mir tief in die Augen und küsste mich wieder. „Komm“, sagte er leise und zog mich ins Schlafzimmer.

 

Einige Tage später surfte ich wieder auf einer meiner Stamm-AIDS-Seiten, wo ich las, dass man in Atlanta, USA, ein Medikament entwickelt hatte, das die Viren abtötet. Man suchte noch junge Freiwillige aus Europa als Testpersonen. Kurzerhand schickte eine Mail an die genannte Adresse. Wenn dieses zeug wirklich helfen würde, wäre wieder alles wie früher und Paddy und ich könnten Kinder haben. Paddy fand meine Idee allerdings nicht so gut. „Und wenn das Zeug irgendwelche Nebenwirkungen hat? Du willst wirklich deine Gesundheit aufs Spiel setzen?“ „Welche Gesundheit? Paddy, bitte, einen Versuch ist es doch wert! Außerdem bist du eh auf Tour.“ „Na gut, dann flieg eben nach Atlanta. Aber sei bitte nicht enttäuscht, wenn es nicht klappt!“ „Bestimmt nicht!“

 

Zuerst schlugen die Medikamente gar nicht an. Aber nach drei Wochen schien es zu funktionieren, der Prozentsatz der Viren im Blut war bei allen Patienten niedriger geworden, teilweise sogar bis zu 20 Prozent. Die nächsten zwei Wochen klappte das auch, aber dann eine Woche vor Ende der Tests, waren plötzlich alle Viren wieder da. Ich unterhielt mich mit Jenny, meiner Zimmernachbarin. „Scheiße, dass das Zeug doch nicht hilft!“ „Ja, stell dir vor, wie vielen Menschen man hätte helfen können“, erwiderte Jenny. „Dieses Virus scheint echt unbesiegbar zu sein.“ „Was soll’s, wir können es nicht ändern! Für uns hat sich ja nicht viel verändert. Mir tun Menschen, die im Rollstuhl sitzen müssen, mehr leid als AIDS-Kranke!“ „Ja, da hast du recht, Jenny.“

Die letzten Blutproben waren genauso ernüchternd wie die eine zuvor. Der Arzt meinte dann noch zu mir: „In Ihrem Blut wurde noch etwas anderes gefunden. Sie sind in der 9. Woche schwanger.“ „Oh Gott...das Kind...wie wird sein Leben aussehen?“ „So, wie Ihres im Moment aussieht. Es kann sein, dass das Kind gesund bleibt, es kann sein, dass die Krankheit ausbricht.“ „Mal sehen, was Paddy dazu sagt.“

 

Paddy holte mich vom Flughafen ab. „Hey, Süße!“ „Hi, mein Schatz!“ Wir küssten uns lange. Zu Hause wartete ein gedeckter Tisch auf mich. „Du hast doch bestimmt Hunger.“ Hatte ich eigentlich nicht, weil ich nicht wusste, wie ich ihm die Schwangerschaft erklären sollte. Außerdem musste das Kondom gerissen sein, sonst hätte ich nicht schwanger werden können. Könnte es sein, dass er jetzt auch infiziert war? „Paddy, du weißt ja, dass das Zeug nicht geholfen hat.“ „Leider.“ „Die haben noch was anderes in meinem Blut festgestellt.“ „Was denn? Hast du noch was anderes? Krebs oder so?“ „Nein. Paddy, ich bin in der 9. Woche schwanger. Du wirst Daddy!“ Paddy schien mir das nicht richtig zu glauben. Dann nahm er mich in die Arme. „Das ist ja super!“ Nach einer Pause fragte er dann leise: „Und jetzt ist es auch infiziert?“ „Mhm. Lass es uns behalten.“ „Klar, natürlich.“ „Du, ich glaub, du solltest zum Arzt gehen, es könnte sein, dass du dich jetzt auch noch angesteckt hast. Das Kondom muss ein Riss gehabt haben oder so, sonst hätte ich ja nicht schwanger werden können.“ „Ok, ich geh gleich morgen hin.“ „Es tut mir leid...“ Die Vorstellung, dass ich ihn angesteckt haben könnte, war unerträglich. „Was tut dir leid? Bitte, wein doch nicht!“ Er nahm mich in den Arm. „Hör zu: Selbst wenn ich jetzt auch AIDS hab, du kannst nichts dafür, hör sofort auf, dir das einzureden, bitte!“ „Ja aber wenn du krank wirst und stirbst, dann bin ich schuld, weil ich dieses scheiß HIV habe!“ „Du kannst doch nichts dafür. Keine Angst, ich werde nicht sterben und ich werde auch kein AIDS kriegen.“ Paddy klang zwar zuversichtlich, aber in seinen Augen konnte ich die Angst sehen, die er hatte.

Die vier Tage Ungewissheit waren unerträglich und Paddy tat mir so leid, als es immer ans Telefon stürmte und „nur“ einer seiner Geschwister dran war. Dann, schließlich kam der erlösende Anruf. Paddy war nicht infiziert. Mir fiel ein Stein vom Herzen, als er mir strahlend die gute Nachricht verkündete. Ich wüsste nicht, was ich getan hätte, wenn er auch infiziert gewesen wäre. Glücklich umarmten wir uns fest. „Lass uns heiraten“, sagte er leise. „OK.“

 

Wir feierten wie Patricia und Denis im Ausland. Die gesamte Verwandtschaft von Paddy und mir war da, unsere Freunde und Bekannte. Dan ging es wieder viel besser nach seinem Schlaganfall und er freute sich richtig für uns.

 

Die Schwangerschaft verlief ohne Probleme. Wir machten sogar noch einen Segeltörn mit der Santa Barbara Anna. Wir konnten sogar einige Wale beobachten, es war wirklich toll.

 

Im Mai kam dann unsere Tochter zur Welt und Paddy strahlte wie ein Honigkuchenpferd, als er sie als Erster im Arm hielt. „Paddy, ich würde sie gern Nanami nennen. Das ist japanisch und bedeutet <Sieben Weltmeere>.“ „Okay, aber nur wenn wir noch Ann dranhängen.“ „Klar. Nanami Ann Kelly. Klingt gut, gell?“ „Ja.“ Wir küssten uns zärtlich. „Ich liebe dich“, sagte Paddy. „Ich dich auch!“

 

Heute ist Nanami fünf Jahre alt und keiner merkt ihr das HIV-Virus an. Auch ihr kleiner Bruder Danny (3) ist wohl auf. Paddy ist total glücklich mit den beiden, er ist gerade mit ihnen im Garten und setzt Blumen. Ich bin wieder schwanger und Paddy freut sich total auf das Baby. Wenn ich zurückblicke, merke ich, dass uns alle Krisen noch enger zusammengeschweißt haben. Mit der Band läuft auch alles super. „Hey, Schatz, komm doch raus“, ruft Paddy mir zu. Er kommt rein und wir küssen uns, er streichelt zärtlich über meinen Bauch. Dann holt Paddy seine Gitarre und wir setzen uns mit den Kindern ins Gras. Paddy singt neue und alte Songs und in seinen Augen sehe ich das Glück das er fühlt.

 

So, liebes Tagebuch, das war sie, die Geschichte unserer Liebe, einer Liebe für die Ewigkeit, über die Paddy ein Lied geschrieben hat, das er <Love for Ertenity> genannt hat.

 





byFlying Star