"Sauberes Licht,
Weck mich auf!
Und gib mir neue Kraft
Noch einmal
Dein Gesicht ist eine Ikone.
Deine Stimme ist ein Lied.
Dein Körper ist ein Talisman
Und ich nehme dich mit mir.
…
Du, steinhartes Gedicht!
Hilf mir am Leben bleiben
Du wahres, sauberes Licht"
(Ákos)

Es ist Oktober um Mitternacht. Kalte Winde wehen zwischen den Bäumen, die gefallenen Blätter rascheln auf dem Boden. Als wäre diese Nacht "die Nacht der Geister".
In dieser Nacht ist Schloss Gymnich fast leer. Nur Vater Dan Kelly, seine Krankenschwester und sein Sohn Paddy Kelly tun sich im Schloss aufhalten. Papa Dan schläft schon sehr tief, das ganze Gebäude wirkt ruhig und kühl.

Paddy bedeckt sich gründlich mit der Decke, aber er kann einfach nicht einschlafen. Seine Gedanken lassen ihn nicht in Ruhe. Er dreht sich nur herum, aber es hilft nichts. Er hat schon Schlafmittel eingenommen, aber der Traum kommt nicht. Plötzlich hört er ein lautes Krachen. Er springt nervös aus dem Bett. Er kann das Geräusch nicht erkennen.
"Was ist das?" - fragt er sich. Seine Nerven sind voll kaputt. Er denkt an das Schlechteste. "Vielleicht ein Räuber oder...nee, das kann nicht sein, dass ein Fan hier reinkommen konnte...". Er horcht. Jedes kleine Geräusch ist zu laut für ihn. Alles, egal ob es draussen ist oder drinnen, alles war ein Lärm für ihn.
"Vielleicht hat der Papa Probleme, ich schaue nach, ob alles in Ordnung bei ihm ist..." - entscheidet Patrick. Er kann in dem tiefen Dunkel kaum etwas sehen. Er tappt herum, aber er findet garnichts. Das Dunkel war gefährlich - so schwarz wie nie. Er hörte bald ein neues Geräusch, aber es ist schon ziemlich nahe. Es kommt aus dem Badezimmer neben Paddys Raum. Aus dem Badezimmer dringt Licht.
"Räuber, es ist sicher ein Räuber oder ein Mörder...." - denkt er wieder, und nimmt eine kleine Pistole in seine Hand. Seine Hände zittern vor Angst. Er geht ganz ganz langsam ins Badezimmer.

- Jetzt erwische ich dich!! - ruft Paddy und stürzt ins Zimmer hinein. Er steht genau dem Spiegel gegenüber. Sein Spiegelbild schaut zurück zu ihm. Paddy dreht seinen Kopf mal nach rechts, mal nach links. Im Zimmer gibt es keinen, nur er ist da. Er versteht nichts. Plötzlich hört er eine Stimme.
- Hi, Paddy. Ich bin das, erkennst du mich nicht? - sagt die Stimme.
Paddy sieht gleich 8 Spiegel nebeneinander im Badezimmer. In allen Spiegel sind seine Spiegelbilder. Paddy hält die Pistole immer noch in seiner Hand, und setzt die Pistole an die Spiegelbilder. Er geht zu dem ersten Spiegelbild.

- Paddy, ich bin das! Wie gehts dir? Hey, erkennst du mich immer noch nicht?? - fragte das Spiegelbild Paddy. Das Spiegelbild sieht genauso wie Paddy aus. Es hat dieses weite lila Hemd an, wie damals bei den ersten Erfolgen. Dazu trägt er eine Lederhose. Sein Gesicht ist jung, hoffnungsvoll und lustig.
- Ich bin Paddy Kelly, - sagt das Bild - der grosse Star von Deutschland!! Die Leute lieben mich, und die Mädchen, oh diese wunderschönen, hübschen Mädchen wollen nur mich!!! Das ganze Publikum ist verrückt nach mir. Sie kreischen, sie respektieren mich, sie singen mit... wie schön ist das Leben eines Stars! Ich hab endlich genug Geld, ich kann mir schon viel leisten. Wie wunderbar ist das Leben eines Stars! - erzählt das Spiegelbild begeistert - Alle sind stolz auf mich. Ich habe so viele Songs geschrieben, ich bin berühmt. Ich hab meine Aufgabe erfüllt: wir sind endlich bekannte Menschen!! Wir können jetzt zeigen, dass wir nicht zum Unglücklichsein verurteilt sind - das Gesicht des Bildes strahlt vor Freude. Lacht und lächelt immer und immer wieder.
Paddy steht nervös vor dem Spiegel.
- Nein, hör auf!! - ruft Paddy dem Bild - Das bin nicht ich!!! NICHT ich!!! Ich bin kein Held, kein Star, den die Mädchen vergöttern. Ich bin kein Gott, ich fühle mich nicht so, verdammt - schreit er und schiesst in den Spiegel mit der Pistole. Der erste Spiegel zerbricht laut.

Das Bild des zweiten Spiegels sagt ganz still zu Paddy :
- Oh, Paddy. Ich will nur sagen, dass wir zusammen gehören. Ja. Ich möchte aber etwas fragen... ähm.... ich hab Probleme mit Girls. Ich bin zu schüchtern. Ich hatte noch nie eine Freundin und ich möchte mich gerne in ein schönes Mädel verlieben. Ich mag die Liebe, aber ich hab noch keine Erfahrungen. Es gibt so viele Mädchen um mich herum,aber sie stören mich. Sie wollen nur mit mir, mit einem Star schlafen, ich will aber Liebe, richtige Gefühle.- dieses Spiegelbild hat melancholische himmelblaue Augen. Das Bild sah nur in die Ferne. Das Gesicht ist unschuldig, jeder Blick seiner Augen braucht Hilfe. Ein wahrer Engel, der auf der Erde lebt.
- Es gibt keine Engel, ich bin kein unschuldiger Junge!!! Nee, sowas gibts nicht. Ich habe schon die Liebe erfahren, ich habe eine nette Freundin... verschwinde, du Geist! - schreit Paddy wieder und schiesst auch in diesen Spiegel. Der zweite Spiegel war zerbrochen.

- Paddy oder Patrick, das ist die grosse Frage - erklärt das dritte Spiegelbild. Er ist in einem schwarzen Anzug, dazu hat er ein schwarzes Hemd an. Seine Haare sind im Zopf. Er macht ein ernstes Gesicht - Normalerweise stört es mich nicht, dass alle mich Paddy nennen. Aber wenn diese Kreischweiber beginnen nur "Pääääädddiiiieee" zu schreien, das macht mich fertig. Ich weiß nicht, ob man seinen Namen hassen kann. Patrick ist aber zu amtlich für mich. Patrick, oh wie in einem Steueramt. Paddy oder Patrick, Patrick oder Paddy. Sie kreischen auch das "Don't forget Street life, stay Patrick!!" Obwohl ich schon nicht weiss, wer ich bin... Was denkst du? Paddy oder Patrick?
Paddy schaut überrascht dem Bild zu.
- Ich... ich weiss nicht.... ich bin die beiden... also, es ist ganz egal, ob ich "Paddy" oder "Patrick" bin. Ich bin die gleiche Person. "Paddy" kann genauso singen, Gitarrespielen, wie "Patrick"....
- Nein, nein! - setzt das Bild fort - Und was ist los mit deinen Erinnerungen? Woran denkst du, wenn jemand dich "Patrick" nennt, und woran denkst du, wenn jemand dich "Paddy" nennt??
- "Patrick" - Kindheit, Ruhe, Freizeit... "Paddy" - Mädchenschwarm, kreischen, Erfolg, schreien,..... weg damit!!!! Man kann dadurch verrückt werden.... Ich werde verrückt.... Paddy, Paddy, Patrick - Paddy nimmt seinen Kopf in die Hände.
- Paddy, Paddy, Patrick, Patrick, Paddy - wiederholt das Dritte.
- RUHE!!! - schiesst Paddy das Dritte auch mit der Pistole. Das dritte Spiegelbild wurde auch vernichtet.

- Hey, buddy!! Hallo, ich bin du, und du bin ich - sagte der Vierte "SpiegelPaddy" - du lachst nicht, oh, Paddy, be cool a little bit!!! Siehst du? Ich habe jetzt eine Menge Geld, hmm - beginnt das Vierte und nimmt einen Haufen Geld in seine Hand - Heute gehe ich nur auf Partys, heute ist mein Tag - lachte der Spiegelkerl - Viele von den Girls warten schon ungeduldig auf mich. Hey, listen, buddy...sorry, das ist mein Song, hehe - grinste er wieder - ich habe jede Nacht eine andere Freundin!! Du glaubst es nicht, oder?? Es ist aber wahr, du kannst es bestimmt glauben. Die Girls lieben mich einfach... ich kann einfach nichts dafür.- flüsterte das Bild. Er hat merkwürdige Kleidungstücke an: buntes Hawaii Hemd, dazu eine bunte Krawatte (passt nicht zum Hemd), und noch ein Boxershort.- Jede Nacht in anderem Bett, jeden Tag mit einem anderen Mädchen, in einem anderen Pub... yuhuu, ich bin echter Bohem!! Oder? Du auch,ich weiss. Du bist ich und ich bin du...
Paddy schüttelt seinen Kopf und schiesst auf den Spiegel.
- Das ist nicht wahr! Ich bin kein Schürzenjäger, oder sowas!! - sagte Paddy verzweifelt. - Ich bin kein Bohem, ich bin ein normaler Mensch...

- Wirklich?? Ne, ne, ne Paddy. Für die Fans bist du ein merkwürdiger Mensch. - sagte der fünfte Spiegel zu Paddy. - Sie beachten dich immer, was du gerade machts...usw. und sofort. Du musst immer in guter Laune sein, und wenn es nicht geht, sie fühlen sich verletzt und es beginnt der Klatsch. Oh, ich hab so viel Schlimmes erlebt. Zum Beispiel: Sie haben zu mir vor Gymnich gesagt (weil ich nur mit ihnen sprechen wollte) dass ich eingebildet bin!! Ich!! Eingebildet??!! Na schön! Sie sollten sich darüber freuen, wenn ich mich mit ihnen ein bisschen unterhalten will. Sie wollen aber immer mehr. Wenn ich sprechen will, wollen sie Autogramme. Wenn ich Autogramme geben will, sie möchten ein Foto machen!! Ich verstehe sie nicht mehr... Manchmal sagen sie "du lügst uns an. Es geht dir schlecht.." oder "du lügst, du warst nicht in Gymnich sondern in Irland.." Immer das gleiche.
- Ich kann dich nicht mehr hören!! - wieder ein Schiessen.

- Der Fünfte hat recht!!! - ruft der Sechste. - Sie sagen, ich habe schlechten Umgang. Sie tun untereinander behaupten, dass sie meine Freundin sind!! Sie lügen untereinander, und ich kann sie nicht stoppen. Immer wieder kommen viele und noch mehr Mädchen zu mir, und fragen "Oh Paddy, ist X oder Y deine neue Freundin??" "Oh, ich kenne sie nicht" antworte ich. Ich kann nichts gegen diesen Klatsch machen. Manche Fans sagen ich lüge, und ich glaube an diese Lügen. Ich verurteile andere Menschen, die ich überhaupt nicht kenne. Dann geben diese Menschen mir die Schuld. Ich trage die Schuld....ich trage die Schuld, alles...
- Nein, das ist nicht meine Schuld!!!!!! NICHT MEINE - schreit Paddy Kelly, er ist schon ausser sich.Auch in diesem Spiegel blieben wieder nur noch kleine Glasstücke.

- Du bist bescheuert! - sagt eine heisere gefährliche Stimme. Der Siebte steht vor Paddy. Der Siebte sieht am schrecklichsten aus. Seine Augen sind eingefallen und müde. Sein Gesicht ist böse, ist voll von Wut und Hass. Er hat einen Bart, er trägt ein weisses T-shirt, dazu blaue Jeans. Er lehnt sich an den Spiegel. Er grinst ironisch. - Du bist ein grosser Niemand. Du hast keine Zukunft, du hast keine Familie, und du hast keine Fans mehr. Du tröstest dich mit Alkohol, Drogen. Dein Leben ist nicht mehr wertvoll. Die Musik bedeutet dir nichts mehr. Siehst du es nicht? Ich bin dein wahres Gesicht, Paddy. Du willst es aber nicht bemerken. Du bist am Boden, und es gibt keinen, der dich retten kann. Es tut mir leid - sagt die harte Stimme. - Dein Schicksal erreicht dich bald..........................
Für Paddy ist das Mass voll.
- ICH MACHE WEITER, ICH SINGE WEITER, ICH LEBE WEITER!!! Du bist der Spinner!! - und das schlechteste Bild war im nächsten Augenblick auch zwischen den anderen Glasstücken verschwunden.

Paddys Nerven sind voll angespannt. Es ist ihm schwindelig, er sieht nur die zerbrochenen Spiegelstücke vor sich. Er schwitzt und zittert. Es ist Stille. Eine unheimliche laute Stille.
Plötzlich erklingt eine neue Stimme, die letzte. Der achte Spiegel steht noch!!!
- Mann, du wurdest total zerrissen. - sagt der Achte leise. Er ist das echte Spiegelbild von Paddy. Er trägt die gleichen Kleidungstücke, wie unser Paddy jetzt. Nur die Pistole fehlt in seiner Hand. Er betrachtet Paddy neugierig. - Das ist so nicht gut. Ich zeige dir etwas... - er steigt aus dem Spiegel heraus, und geht zu Paddy. Paddy ist erstaunt und geschockt. - Heyoo, diese Pistole brauchst du nicht.... - das Spiegelbild nimmt die Waffe aus Paddys Hand und legt sie auf den Tisch.
- Du bist jetzt ganz verwirrt, wie ich sehe. Ich möchte dich beruhigen.
- Wer bist du?
- Ich bin du selbst.
- Alle anderen sagten es vor dir.....
- Du musst selbst entscheiden, wer du bist: der Heilige, der Schüchterne, der Philosoph, der Schürzenjäger, der Lügner, der Ungerechte, oder der Verdorbene??? Ich glaub nicht..... Oder, bist du ganz einfach du selbst?? Was sagst du dazu?
Paddy stiess einen grossen Seufzer aus.
- Ich verstehe dich. Du kannst kaum wählen zwischen den vielen Gesichtern. Das Leben ist ein Theaterspiel! Man benimmt sich in jeder Situation anders: vor den Fans bist du ein Star, im Büro bist du ein guter Geschäftsmann, im Studio ein professioneller Musiker.... aber wer bist du zu Hause? Ein ganz normaler Mensch, oder? Hast du eine richtige eigene Wohnung, wo du einfach selbst sein kannst? Hier im Schloss sind auch so viele fremde Leute ausser deiner Familie. Du musst dann auch zu Hause schauspielern. Schauspielerst den Hausherr. Es ist so mühsam! Und es hat nur Nachteile. Du kannst schon keinen Unterschied zwischen ihnen sehen. Du fällst ins Gefängnis, in DEIN EIGENES Gefängnis. Dein Kopf beginnt zu summen, du bist nervös. Deine Persönlichkeit verschwindet, und bleibt ein müder und desillusionierter Typ. Diese verschiedenen "Gesichter" von dir verschmelzen in sich. Und deine echte Persönlichkeit kommt nie wieder zurück...

- der Achte denkt ein bisschen nach und setzt fort - Und ihr!! Ja ja, ich spreche über euch, ihr seid die Leser! Besonders die Fans, die diese Geschichte lesen. Ihr glaubt vielleicht, dass ihr diese Person Paddy Kelly kennt. Ihr irrt euch!! Egal, ob ihr ihn schon mehrmals getroffen habt, das bedeutet gar nichts! Ihr seht einen Mensch, aber nicht den privaten Mensch Paddy Kelly. Ihr verurteilt auf den ersten Blick, dann macht ihr eine falsche Geschichte daraus, aber euer Urteil ist vielleicht nicht wahr. Ihr seid keine Seher und keine Psychiater! Ihr benehmt euch aber so. Ihr schreibt Geschichten, Gedichte, Umfragen.. usw.... als würdet ihr ihn kennen! Ich weiss, dass ihr eure Träume und Phantasie niederschreibt, wenn ihr aber immer dieses - eure Phantasie - schreibt, dann beginnt es plötzlich wahr zu sein. Der Grund? Das ist ganz einfach! Ich sage ein einfaches Beispiel: Wenn ihr immer traurige und unglückliche Geschichten schreibt, glauben die anderen, "Hey, sie ist schon der 101. Fan, der wieder sowas ähnliches schreibt, wie die, welche es 2 Pages vorher geschrieben hat. Dann ist es bestimmt wahr!" Das ist so, wie ein schlechtes Gewissen oder schlechter Geist, der uns immer verfolgt. Versucht mal nicht nur eure Wahrheiten, sondern die wirkliche Wahrheit zu schreiben!!
Ihr werdet sie nie kennen! Ihr seid zu " weit " von ihm. Die Wand bleibt immer zwischen euch und ihm. Ihr müsst das verstehen.

- Was soll ich jetzt machen? - fragte der echte Paddy.
- Be yourself!! - sagte das achte Gesicht und steigt zurück in den Spiegel.- Leg deine Maske ab!
Paddy betrachtet lange sein Gesicht im Spiegel. Er nimmt die Pistole in seine Hand und schiesst.

* * *

"Diese Geschichte widme ich Paddy Kelly.
Ich möchte noch etwas zum Nachdenken hinzufügen :
Wir sind schon daran gewöhnt, dass wir uns vor den anderen entlarven. Wir entlarven uns aber auch vor uns selbst."
(Hope)