Happy Holidays

by Wiebke   tiger-patrick@gmx.de

 

Eigentlich hatte ich nur vor, kurz bei Paddy anzurufen, denn ich wollte ihn dringend fragen, was ich mitbringen sollte, weil wir ja alle zusammen in Urlaub fahren wollten. Also ließ ich mich nicht aufhalten und rief ihn an.
"Kelly." "Oh, hey, Trish. Wie gehtīs?" "Gut, und dir?" "Ach, die Schule!" "Wie immer!?" "Natürlich." "Freust du dich schon auf nächste Woche?" "Aber hallo!" "Ich nehm an, du willst Paddy sprechen!?" "Hatte ich eigentlich vor, ja!" "Der muss sich nur noch eben die Haare fertig machen. Er hat vor īnen paar Minuten geduscht." "OK, soll ich gleich noch mal anrufen?" "Nein, er kommt schon. Einen Moment!"
Ich bekam mit, das Paddy plötzlich sagte: "Was will die denn schon wieder? Das nervt langsam!"
Dann ging er ans Handy, das Patricia ihm unter die Nase hielt. "Ja?" "..." "Hallo!?" "Patrick?" "Oh, hi, Schatz. Warum rufst du an?" "...Ich nerve dich also?" "Was?" "Du hast gerade selber gesagt, dass ich dich nerve." "Das hab ich nie gesagt! Wann soll ich das gesagt haben?" "Jetzt lüg mich nicht an!" "Ich kann doch nichts bestätigen, was ich nicht gehört habe. Hast du dich vielleicht verhört und es war jemand anders?" "Ich bin doch nicht doof!" "Ich hab mich gefreut, dass du dran warst!" "Du hast gesagt: Was will die denn schon wieder? Das nervt langsam!" "Ach, das hast du falsch verstanden." "Warum?" "Johnny meinte, dass die Tussi von der BILD-Zeitung angerufen hat und das war das fünfte mal in zwei Tagen. Ich sollte sie zurück rufen, deshalb hab ich das gesagt." "Du meintest gar nicht mich?" "Nein, Unsinn!" "OK, sorry." "Schon gut. Was wolltest du denn?" "Fragen, was ich am Freitag mitbringen soll." "Oh, viel! Klamotten für fünf Wochen. Aber mehr warme Sachen! Dann deine Gitarre, īn paar gute Spiele, CDs, Sachen, die du brauchst, wenn du mal Ruhe von mir haben willst, Waschzeug, aber keine Handtücher, die haben wir im Überschuß, und ganz wichtig: gute Laune!!!" "Die werde ich schon nicht vergessen!" "Mir fällt sonst nichts ein, wenn noch was ist, dann ruf ich dich an!" "OK, danke." "Wie war dein Tag?" "Ach, scheiße. Der dumme Knappertz hat mir īne extra Aufgabe verpasst!" "Was denn?" "Zehn Verben auf Französisch durch konjugieren." "Kannst du das?" "Nö." "Ist es egal welche das sind?" "Ja, aber alles ganz ausführlich. Und wehe eine Form fehlt." "Gut, ich fax dir das Zeug gleich zu." "Das musst du nicht, ich schaffe das schon." "Warum soll ich nicht helfen? Ich muss mein Französisch auch hin und wieder auffrischen!" "Na gut, danke." "Das ist gern geschehen!" "Dafür revanchiere ich mich bald mal." "Nicht nötig, aber wenn du mich mal ärgerst, dann lass ich das beim Knappi auffliegen!" "Das machst du nicht!" "Stimmt. Du, tut mir schrecklich leid, aber ich muss jetzt echt mal diese Nervensäge anrufen." "Darf ich noch kurz fragen, was die will?" "Sicher, die möchte hier īnen ganzen Tag rumspuken und in allen Räumen rumwuseln, um eine tolle Story zu bekommen." "Und was wirst du ihr sagen?" "Tut uns furchtbar leid, aber einige von uns haben eine sehr ansteckende Krankheit." "Aha, du Schlawiner. Also dann bis Freitag!?" "Ja, bye. Ich hab dich lieb!" "Dito!"

Die Woche bis Freitag verging im Schneckentempo, doch irgendwie überstand ich sie dann doch und wir waren nun kurz davor in Urlaub nach Irland zu fahren. Alle waren total aufgeregt und jeder wuselte in den Sachen anderer herum. Die Stimmung war einfach grandios. Fast alle Sachen waren schon im Bus verstaut und jeder hatte seine Arbeit getan; außer Paddy. Er saß im Zimmer und hatte einen riesigen Papierstapel vor sich liegen. Ich wollte ihn etwas fragen und nahm mir die Freiheit ihn in seiner Arbeit zu stören. "Ehm, Pad, kann ich dich mal was fragen?" "Hm?..." "Kann ich dich mal was fragen?" "Keine Zeit." "Das ist wichtig." "Ich sagte doch schon, ich habe keine Zeit!" "Vielen Dank, ich werde dich weiterempfehlen." "Hör zu, ich habe im Moment besseres zu tun, als mich mit deinen Problemen rumzuschlagen." "Noch besser!" "Weißt du was, lass mich in Ruhe!" "Sehr gerne, aber erwarte nicht, dass ich dir noch mal was sagen werde." "Prima, dann hab ich endlich mal Ruhe!" "Nein, warte, das muss noch raus: Du kotz mich im Moment regelrecht an! Wenn ich dich um was bitte, dann heißt es "Gleich, Schatz." und wenn einer von deinen Geschwistern mit dem Finger schnippt, dann stehst du sofort zur Stelle." "Es gibt wichtigeres als Liebesgelaber und der Job hat Vorrang!" "Vor mir?" "...Ja." "Dann weiß ich, was ich zu tun habe. Zum Glück sind meine Sachen schon eingepackt, denn ich werde jetzt gehen! Machīs gut." "Sicher, jetzt drohst du mir wieder. Du verläßt mich nicht, nein, niemals! Ohne mich bist du ein Nichts!" "Besser ein Nichts als eine Machotussi!" "Ich, ein Macho?" "Und zwar ein ganz schleimiger; ein Ekel!" "Das glaubst du doch selber nicht! Ich war es, der dir in den letzten Jahren alles ermöglicht hat." "Ja, alles außer ein schönes Leben mit dir. Wenn ich mich bedanken müsste, dann wäre das für das Handy, die CDs, die Uhr, und allen anderen Sachkram. Einmal hast du mir etwas geschenkt, das dich nicht die Bohne gekostet hat." "Und was war das?" "Weißt du das nicht mehr?" "Nö." "Natürlich nicht. Dich könnte man fragen, wann du dieses und jenes für wieviel gekauft hast, aber wann haben wir zum ersten mal zusammen geschlafen?" "Ehm, Frühling..." "Falsch, es war Winter. Wie teuer war die Jacke dort?" "149 DM." "Fühlst du eigentlich noch etwas, wenn wir zusammen sind?" "Schon, aber ich muss jetzt echt weitermachen." "Gut, ich bin dann weg. Ich verabschiede mich nur noch von den anderen." "OK, tschau!" "Du glaubst mir nicht!?" "Nein, du brauchst mich." "Wofür? Dafür, dass ich manchmal mit dir schlafe oder dafür, dass du mich benutzt?" "Nein, du hast eine ganze Menge Freunde verloren. Mit wem willst du reden?" "Ich habe mehr Freunde, als du jemals haben wirst. Deine Freunde sind scharf auf deine Kohle, meine nicht." "Du wirst viele durch das heutige Geschehen verlieren." "Aber nicht meine besten Freunde!" "Dann geh!" "Gerne."

Ich ging runter und meinte zu Maite:
"Könntest du mir helfen meine Sachen aus dem Wagen zu holen?" "Warum?" "Ich werde gehen." "Moment mal, weißt du, was du da sagst?" "Sicher. Ich habe keine Lust weiterhin mit Paddy unter einem Dach zu sein!" "Oh weh, was war denn?" "Nichts, ich will nur weg." "Dabei werde ich dir aber nicht helfen. Du wirst morgen schön mit uns in Urlaub fahren." "Aber nicht mit Paddy." "Doch, ihr fahrt beide mit." "Nein, ich nicht. Anscheinend kommt er prima ohne mich zurecht." "Das ist doch Quatsch." "Das ist sein Ernst." "Soll ich mit ihm reden?" "Bloß nicht! Ich werde jetzt gehen und ihr fahrt in Urlaub." "Aber ich möchte, dass du mitkommst!" "Nein, das würde nur Streß geben." "Vielleicht braucht ihr einfach nur etwas Ruhe!?" "Es ist zu spät, ich lege keinen Wert auf eine weitere Freundschaft mit diesem Egoist!" "Was kann nur vorgefallen sein, dass du so sauer bist?" "Wärst du froh, wenn dir dein Freund sagen würde, dass der Job ihm wichtiger ist, als du?" "Hat er das gesagt?" "Ja."

Patricia kam trällernd ins Zimmer.
"Hallo, ihr Ferienfreunde!...Sagt mal, ist euch īne Laus über die Leber gelaufen? Ihr seht aus wie sieben Tage Regenwetter. Was ist los?" "Wiebke und Paddy haben Streit und sie will nicht mitfahren." "Oh, steht das fest?" "Nein, nicht so richtig." "Doch, Maite, ich fahre nicht mit." "Das fänden wir aber nicht schön, schließlich gehörst du zur Familie." "Das glaubst du doch selber nicht!?" "Komm schon, jeder Streit geht mal vorbei. Gönnt euch einfach mal etwas Ruhe. Es war in letzter Zeit wirklich stressig." "Wenn ich mitkommen würde, dann hätten wir nur noch mehr Streß." "Also, du willst jetzt gehen?" "Ja." "Schlechte Idee. OK, du kannst nach Hause fahren, aber ich glaube nicht, dass Paddy sich dann noch mal meldet. Schau, er hat in letzter Zeit viel um die Ohren, aber er ist auch nur ein Mensch und jeder Mensch sagt manchmal Dinge, die er eigentlich nicht so meint. Und es ist im Moment nicht sehr verwunderlich, dass er gerade wegen dem ganzen Streß sehr geladen ist. Gut, ich gebe zu, er sollte den Ärger nicht an dir auslassen, aber er meint es nicht so." "Ich werde trotzdem gehen. In den letzten drei Wochen haben wir uns ca. fünf mal wegen den dümmsten Sachen in der Wolle gehabt, das wird auf Dauer nicht gutgehen, glaubt mir." "Ach, Wiebke, dieser Urlaub steht schon seit einem halben Jahr fest, jetzt werfe die Planung ganz um, bitte." "Ich, nein, wir werden euch den Urlaub zur Hölle machen." "Hauptsache, ihr kommt mit. Vielleicht könnt ihr euch mal richtig aussprechen und ein bißchen Sozialleben hinkriegen." "OK, überredet, aber erwartet nicht, dass ich Paddy alles verzeihe, zumindest jetzt noch nicht." "Das hat keiner verlangt." "In Ordnung." "Super."

Paddy kam rein.
"Na, lästert ihr schön über mich?" "Hast du alles gepackt?" "Ja, aber kommt unsere Gymmitante mit?" "Patrick! Du hast kein Recht so mit ihr zu reden, schließlich hat sie dir nichts getan. Ja, sie kommt mit. Und weißt du was, sie liebt dich." Ich meinte todernst: "Bist du sicher, Trish?" "Ja, sehr sogar. Also, ihr kommt beide mit und ich erwarte Disziplin!" "Sicher doch."

Abends, als wir im Bett lagen meinte er:
"Hast dich mal wieder richtig schön eingeschleimt, oder?" "Ich wollte gehen, sie waren es, die mich dabehalten haben, obwohl ich mich frage, warum sie das getan haben. Hab ich dir irgend etwas getan?" "Ja, du bist in mein Leben gekommen." "Jetzt beschwerst du dich über mich, aber sonst bin ich dir zum, na du weißt schon was, gerade richtig oder wie sehe ich das?" "WOW, du verstehen, was ich meinen, haben du benutzt dein haselnussgroßes Gehirn?" "Ja, und red mit mir nicht, als ob ich einen an der Klatsche habe. Ich bin mit Sicherheit gebildeter als du!" "Wieviel ist 230 * 180?" "Ehm, 41400. Aber wieviel ist 11*11*12?" "1400." "Falsch, 1452." "Ich war aber nah dran!" "Nicht nah genug."
Das war das einzige, worüber wir an diesem abend redeten.

Am nächsten Morgen herrschte noch immer Krieg zwischen uns. Selbst die Fahrt, die sonst immer so witzig gewesen war, verbrachten wir ohne uns nur einmal anzusehen.

Am ersten abend in Irland beschlossen wir mit den Pferden auszureiten.
Paddy versuchte vergeblich einem Pferd die Hufe auszukratzen, deshalb nahm ich mir ein Herz und ging zu ihm in die Box. Ich packte Paddy an der Taille und schob ihn etwas zur Seite. Schweigend kratzte ich die Hufe aus und meinte dann: "Du musst dich dabei gegen das Pferd lehnen. Probierīs mal aus!"
Er versuchte es, doch ich musste ihm etwas helfen. Als wir gleichzeitig aufschauten, stießen wir mit den Köpfen leicht zusammen. Als ich aus der Box ging, pfiff er mich an.
"Was ist?" "Danke!" "Schon gut."
WOW, er hatte mir etwas nettes gesagt, das musste man sich eigentlich schon rot im Kalender anstreichen. Ich war noch mehr verwundert, als er plötzlich hinter mir stand und mir beim auftrensen meines Pferdes helfen wollte.
Er war in dieser Sache wirklich geschickt, denn einem Stück Zucker konnte wahrscheinlich kein Pferd widerstehen.
"Danke, Pad." "Gern geschehen. Kommst du mit dem Sattel zurecht?" "Ja." "Gut, wir treffen uns dann vorm Stall." "Sicher."

Nach 10 Minuten trafen wir uns alle vor dem Stallgebäude und ritten kurz darauf los. Die anderen waren etwas weiter vor Paddy und mir. Er wusste genauso wenig wie ich, was er sagen sollte. Schließlich meinte er: "Ich glaube, es ist an der Zeit, dass ich mich entschuldigen muss. Es tut mir leid, dass ich so gemeine Sachen zu dir gesagt habe." "Und mir tut es leid, dass ich deine Arbeit nicht akzeptiert habe. Ich weiß, dass es viel Arbeit ist und da sind solche Reaktionen vorprogrammiert." "Ich hätte ruhiger bleiben müssen, sorry." "Ist OK, aber bitte sag mir nicht noch mal solche Sprüche, du hast mir sehr wehgetan." "Ich weiß..." "Komm, lass uns die anderen einholen!?" "Gut."
Wir preschten los, an den anderen vorbei, in den Wald. Plötzlich hielt er an. "Du, ist wieder alles in Ordnung?" "Das hoffe ich."
Er stieg ab, kam zu mir, zog mich vom Pferd aus in seine Arme und küsste mich. Endlich wieder, nach 24 Stunden. Seine Nähe hatte mir sehr gefehlt, und ihm die meinige auch. Deshalb war es nicht weiter verwunderlich, dass es Leidenschaft total war, was da zwischen den beiden Pferden, mitten im Wald geschah. Nun war ich doch froh, dass die anderen mich überredet hatten, mitzukommen.
Nach zwei Minuten kamen sie alle zu uns. "Na, ihr scheint euch ja wieder zu mögen!?" Paddy zwinkerte mir zu. "Was, wir? Nein, ich wollte ihr nur mal sagen, dass sie sich nicht so bei euch einschleimen soll." "Aber Patrick!" "Ja, bitte? Ich darf sagen was ich will, denn ich bin erwachsen. Und warum ich mich in den letzten Jahren mit dieser dummen Tussi abgegeben habe, weiß ich selber nicht."
Ich spielte sein Spiel mit.
"Aber, Pad, wie kannst du mir das so sagen? Bedeute ich dir nichts mehr?" "Du hast mir noch nie was richtiges bedeutet. Fürīs Bett warst du gut, aber sonst..." "Wie kannst du mir das antun? Ich hasse dich!" "Dann kannst du ja auch gehen!" "Werde ich auch."
Ich stieg wieder auf das Pferd, deutete ihm ein Zeichen; kleine Höhle - Wasser, und ritt davon, nachdem er unauffällig genickt hatte.

Das war so eine Art Versteck von uns und immer, wenn wir über etwas unangenehmes reden mussten oder ein Geheimnis hatten, waren wir hier gewesen.
Nach einer halben Stunde kam er zu mir.
"Und?" "Die haben natürlich alles geglaubt und sind jetzt leider etwas sauer auf mich." "Hast du etwa nicht gesagt, dass es nur ein Spaß war?" "Ich habīs versucht, aber keiner hat mich zu Wort kommen lassen." "Ups, dann lass uns die Sache am besten sofort aufklären!" "Ich brauche erst eine Stärkung nach diesen Standpauken!" "Ihr habt bestimmt noch was im Kühlschrank." "Das meine ich nicht!" "Was dann?"
Er küsste mich.
"Ach, das meinst du. Na, eigentlich hast du das ja nicht verdient, aber OK."

Wir gingen Hand in Hand ins Wohnzimmer. Patricia fuhr auf.
"Lasst euch los!" "Warum das denn?" "Paddy, hast du ihr wieder was vorgeheult, oder warum seid ihr so "verliebt"?" "Das ganze eben war ein großes Mißverständnis." "Sicher, und du glaubst, dass ich dir das abnehme?" "Wir hoffen es. Das war nur eine Verarschung, mehr nicht." "Echt?" "Ja, wir haben uns ausgesprochen und wollten euch nur ein bißchen verarschen; war übrigens nicht böse gemeint." "Und ich dachte, jetzt wäre es endgültig aus zwischen euch." "Nein, es fängt gerade erst an!" "Dann hoffe ich nur, dass du ein stabiles Bett hast!" "Waru... Du bist eine dumme Kuh, Trish! Wenn ich sage, dass es gerade erst anfängt, dann meine ich..." "Dass du Wiebke so schnell wie möglich flachlegen willst und auch wirst, richtig?!" "Falsch!" "Ach, mach mir nicht vor, ich kenne dich und deine Sprüche." Er sagte nichts mehr, es hätte wahrscheinlich auch keinen Sinn gemacht, denn Patricia hatte Recht mit ihrer Vermutung.

Am Morgen stichelten die anderen wieder rum:
"Und, wie warīs heut Nacht?" "Was soll gewesen sein? Wir haben schöne Träume gehabt." "Und vorher?" "Erzählt!" "Dann hört euch das mal an!"
Patricia zeigte uns eine Kassette. Kurz bevor sie die Kassette eingelegt hatte, meinte er: "Das ist ja wohl die Höhe! Einfach andere Leute aufnehmen. Das ist nicht nett. Es ist ja wohl unsere Sache, was wir in meinem Zimmer machen!!!" "Willst du damit sagen, dass ihrīs gemacht habt?" "...Ja, ich gebīs zu." "Ich möchte es mir trotzdem mal anhören!" "Spinnst du, Sean ist doch hier!" "Ach, der kennt die Kassette auch schon." "Was?" "Tja, Schicksal." Als sie die Kassette anmachte, hörten wir so gut es ging weg. Paddy und mir war das schrecklich peinlich.
Dann kam der Ton:
"Töööörröööö, Benjamin, du lieber Elefant..."
Paddy bewarf Patricia mit einem Brötchen.
"Ihr seid alle gemein und ihr wollt meine Geschwister sein?!" "Wie ihr uns, so wir euch!!!" Damit hatten sie eigentlich Recht, aber es war trotzdem nicht sehr nett, uns so zu veräppeln.

Später saßen wir zusammen und diskutierten darüber, was wir jetzt machen sollten. Die einen wollten ins Kino, die anderen nur in die Stadt. Deshalb entschieden wir uns so, dass wir alle in die Stadt fuhren und einige später noch ins Kino gehen konnten. Das war das erste mal, dass ich mit allen zusammen in der City war. Wir hatten vorher schon ausgemacht, dass jede/r eine/n Partner hatte und man sich immer in der Nähe aufhalten sollte, damit nicht einer nachher ganz alleine da stand, wie es früher schon öfters passiert war. Wir trennten uns dann nach einiger Zeit; die Kinogänger und wir Bummler, wie Angelo uns betitelte. Also gingen Angelo, Jimmy, Joey, Johnny, Kathy und Barby ins Kino und Paddy, Patricia, Maite, Sean und ich machten erst mal in einem Café halt. Nach einem gemütlichen Schwätzchen machten wir uns auf zum nächsten CD-Laden. Paddy meinte: "Wie wäre es mit der neuen BSB-CD?" "Ich bitte dich! Du weißt, dass ich mit dieser bescheidenen Gruppe nicht anfangen kann." "Das stimmt."
Maite unterbrach uns: "Wo ist die neue CD?" "In meiner Hand, wieso?" "Weil ich die haben will!" "Oh, bitte nicht!" "Doch, gib her!" "Dafür willst du Geld ausgeben? Für so einen Schund!?" "Ich wollte mir erst das Video holen, ..." "Nein, so was kommt nicht in unseren Videorecorder!" "Ich hol mir die CD und damit basta!"
Vollbepackt trafen wir uns mit den anderen nach zweieinhalb Stunden wieder an den Autos. Johnny fiel fast vom Glauben ab. "Wie können fünf Leute, in so kurzer Zeit, so viel kaufen?" "Tja, wir können es." "Die Hälfte ist bestimmt Schwachsinn!" "Nein, das sind CDs, und ehm, CDs und das warīs." "Wie viele sind das?" "Elf." "Ja, seid ihr denn des Wahnsinns?" "Nein, es war so lustig." "Dann hoffe ich, für mich ist das passende dabei!?"
Dabei beließen wir das Gespräch.

Abends lagen Paddy und ich nebeneinander im Bett und hörten eine der CDs; "Time For Love 4" Er fragte plötzlich: "Was würdest du tun, wenn du nur noch einen Tag zu leben hättest?" "Alle netten Leute anrufen und so viel Zeit wie möglich mit dir zusammensein. Und du?" "Ich glaube, ich würde auch erst mal die nahestehenden Leute anrufen, dich etwas fragen und dann, ach schon gut." "Was?" "Ich möchte, dass du bei mir bist, wenn die Zeit abgelaufen ist." "Und du glaubst, dass ich das toll fände?" "Nein, bestimmt nicht." "Was würdest du fragen?" "Was du denkst, wenn du das Wort "alleine" hörst." "Ich habe Angst, später mal ganz alleine zu sein." "Dann hör mir zu! Ich weiß nicht, was jenseits der Wolken liegt, aber ich weiß, dass wenn du mit erhobenem Haupt und klaren Gedanken so weiterleben würdest wie bisher, dann könntest du erkennen, dass du die Heldin bist, für die ich dich halte. Und du darfst nie, niemals vor schwierigen Aufgaben scheuen. Du musst immer weitergehen; mit Hoffnung in deinem Herz, dann wirst du nie alleine sein!" "Hast du das auswendig gelernt?" "Nein, das kam so." "Hast du noch īne Frage?" "Was ist für dich Liebe?" "Ein Gefühl!?" "Liebe ist nicht nur ein Wort, es ist ein Gefühl, das ganz tief in dir drin ist, und das gibt es schon seit vielen tausend Jahren. Es ist das komplizierteste und einfachste zugleich." "Woher nimmst du all das, was du sagst?" "Das kommt vom Herzen. Das Leben ist ein Kommen und Gehen. Jede Sekunde wird ein Kind geboren und im gleichen Moment stirbt irgendwo ein Mensch, das ist der Lauf des Lebens und ich weiß, oder hoffe vielmehr, dass du weißt, dass ich dich ganz doll liebe, auch wenn ich manchmal zu sehr über die Strenge schlage und ein Ego bin. Gib mir eine Chance, damit ich mich als guten Freund beweisen kann." "Du glaubst doch nicht, dass ich dir īne Chance gebe!? Du bist all den Streß wert, den ich seit drei Jahren habe und es war unfair, dass ich vorgestern so ausgerastet bin." "Es war OK, denn manchmal brauche ich jemanden, der mich auf den Boden der Tatsachen zurückholt, denn in dem Job hebst du ziemlich schnell vom Boden ab und vergißt, dass es Menschen gibt, die nicht den Musiker in dir sehen, oder tust du das auch?" "Manchmal, wenn wir auf Tour sind oder in so Situationen wie vorgestern." "Ja, dann kann ich echt zum Ekel werden..." "Das bist du auch so!" "Danke sehr!"

Es klopfte und Sean kam rein.
"Hey, was ist los?"
Er kam betrübt rein und setzte sich vor seinen Onkel.
"Habt ihr auch schon mal was gewusst und keiner wollte euch glauben?" "Ja, einmal. Was ist denn?" "Die anderen wollen mir nicht glauben, dass da eben zwei Pferde aus dem Wasser in den Wald gelaufen sind." "Unsere?" "Nein." "Aus dem Wasser, in den Wald!?" "Ja!" "Sean, hör zu!" "Du glaubst mir also auch nicht, klar, wie hätte es auch anders sein können!?" "Sean, Pferde können nicht einfach aus dem Wasser kommen!" "Sind sie aber." "Wärst du zufrieden, wenn wir zusammen mal nachgucken?" "Ja." "Dann zieh dir die Jacke an, es ist kalt draußen." "Ist gut."

Als er draußen war, meinte Paddy:
"Das waren bestimmt Seepferdchen!" "Wer weiß..."
Wir gingen zu dritt in den Wald und suchten die Pferde.
"Sean, und du bist ganz sicher?" "Ja, ehrlich." "Kannst du dich noch an die Hunde erinnern, die zuletzt in Gymnich waren?" "Ja, da waren nämlich keine, aber dieses mal habe ich es echt gesehen!" "Schon gut. Aber in einer halben Stunde gehen wir wieder, wenn wir nicht gesehen haben!"
Zehn Minuten stapften wir durch den Wald ohne etwas gesehen zu haben. Plötzlich hielt Paddy Sean und mich fest.
"Hey, guckt mal da!" "Stimmt, da sind zwei Pferde, aber Sean, das sind unsere, keine Außerirdischen!" "Hab Ich das etwa gesagt?" "Nicht direkt. Egal, kommt, lasst uns die Ausreißer einfangen!"
Zum Glück waren die Pferde zahm und kamen ziemlich schnell zu uns.
"Was haltet ihr von reiten?" "Was, ohne Zügel?" "Halt dich an der Mähne fest, das klappt prima!" "Na gut." "OK, Sean, komm her, du kommst mit zu mir aufīs Pferd."
Als wir alle einigermaßen sicher saßen, ließen wir die Pferde ruhig vor sich hin trotten. Es sah so niedlich aus, wie Paddy seinen kleinen Neffen vor sich auf dem Pferderücken sitzen hatte. Er stoppte, kurz nachdem er Sean etwas ins Ohr geflüstert hatte, und sie tauschten die Plätze. Sean umklammerte Paddy und der meinte dann nur noch: "Zeig mal, was du kannst!" Er galoppierte los und das liebe Pferdchen, auf dem ich saß, machte den Unsinn mit. Na toll, weder Trense noch Sattel, aber im Galopp durch den Wald. Paddy guckte doch etwas stutzig, als ich ihn überholte.
"Hey, warte mal, Sean will nicht mehr!"
Ich blieb stehen und musste dann leider feststellen, dass er mich verarscht hatte. Schwups; und vorbei war er wieder.
Das Haus erreichten wir dann fast gleichzeitig.
Wir brachten die Pferde in den Stall und versorgten sie direkt alle.
"Ach ja, Sean, gut, dass du so klasse aufgepaßt hast, sonst wären sie die ganze Nacht draußen gewesen." "Schon gut."
Ich stand einige Boxen weiter und meinte: "Ehm, kommt mal schnell!" "Was ist denn?...Och, wie süß!"

Whitey hatte gefohlt und das kleine Fohlen lag neben der Araberstute im Stroh. "Herzlich." "Ich gehe die anderen holen." "Gut, Sean."
Paddy ging vorsichtig zu der Stute und brachte sie zum Aufstehen. Es war alles OK. Er kniete sich wieder neben mich und fragte leise: "Warst du schon mal so nah dabei?" "Nein." "Jetzt braucht das kleine īnen Namen." "Macht ihr das so, dass der Name mit dem Buchstaben beginnen muss wie der Name des Vaters anfängt?" "Nein, muss man das?" "Nö, aber ich kenne Leute, die das so machen." "Hast du īne Idee?" "Nun, im Moment ist es noch so dunkel wie die Nacht und der Vollmond leuchtet in den Stall; Moonlight." "Coole Ableitung, schöner Name. Lass uns die anderen fragen!"
Die kamen auch alle in den Stall gestürzt und betrachteten jetzt das Geschehen. "Habt ihr schon īnen Namen?" "Moonlight." "Klingt gut und man weiß immer, wie die Nacht war, in der es geboren ist; der Vollmond stand am Himmel." "Das war der Grund für diese Idee." Lange Rede kurzer Sinn, der Name wurde dem kleinen Hengst gegeben.
Paddy und ich hatten beschlossen die Nacht im Stall zu verbringen, denn falls was passieren sollte, waren wir stets bereit.

Wir schleppten zwei Schlafsäcke, etwas zu essen und zu trinken in eine leerstehende Box und versuchten es uns wenigstens ein bißchen gemütlich zu machen.
"Wie sind die zwei Pferde eigentlich aus dem Stall gekommen?" "Wahrscheinlich hat jemand vergessen die Tür richtig zu schließen, mehr nicht." "Das wirdīs gewesen sein."
Morgens wachte ich nach Paddy auf. Er stand an der Box und schaute dem Fohlen beim trinken zu.
"Morgen!" "Oh, hey! Gut geschlafen?" "Ach ja, geht so." "Guck dir das an!"
Ich stellte mich neben ihn und guckte mir das kleine Wesen an, das gerade belustigt zu uns guckte.
"Es ist echt süß." "Ja, ich finde sie am schönsten, wenn sie noch klein sind, dann sind sie so verschmust!" "Woher kannst du eigentlich so gut mir Pferden umgehen?" "Ach, kann ich das? Das kam wahrscheinlich daher, als ich für den Clip zu "When the boys..." reiten lernen musste. Ab da fand ich Pferde total süß und jetzt haben wir sogar schon īnen ganzen Stall voll." "Ihr habt dreizehn, oder?" "Ja, nur leider fehlt oft die Zeit um jedes Pferd auszugleichen. Aber die haben ja auch noch die Pfleger. Früher haben wir es so gemacht, dass jeder gerade das Pferd geritten hat, was er am liebsten mochte, aber dadurch waren einige der Tiere vernachlässigt und deshalb hat jeder sein Pferd, obwohl ich nicht nur mit Candlelight ausreite." "Ihr habt viele so Namen mit "light" am Ende. Hat das īnen tieferen Sinn?" "Nein, die Namen entstehen einfach spontan. Die meisten der Pferde hier haben wir gekauft, als sie schon īnen Namen hatten. Einmal da war was ganz witziges. Wir haben ja īnen Wallach; Paddington und zuletzt stand ich mal in der Boxengasse und jemand meinte: "Los, Paddy, geh in die Box!"
Da bin ich reingegangen, bis ich merkte, dass das Pferd gemeint war." "Das sieht dir ähnlich." "Ach, wenn wir gerade von Pferden reden, du bekommst natürlich auch so īne Art Privatpferd." "Danke, aber welches?" "Entweder Sunrise oder Pigeon, das sind beides Hengste." "Gut, dann nehme ich Pigeon."
Den Nachmittag verbrachten wir zusammen mit Sean im Stall.

Der Rest der Ferien war einfach genial. Maite und Patricia hatten Recht gehabt, als sie meinten, dass Paddy und ich einfach mal Ruhe brauchten. Im Urlaub war von der Spannung, die zu Hause gewesen war, nichts mehr zu spüren. Am lustigsten waren die Abende, denn dann wurde nicht nur Musiziert sondern auch Geschichten erzählt, oder selbsterfundene Spiele gemacht. Bei einer Art Flaschendrehen musste Joey Maite ein Liebesgeständnis machen und das bestand aus einer Tafel Schokolade. Es machte auch Spaß, andere anhand von betasten zu erraten.
Wenn uns jemand erwischt hätte, als wir Gruselgeschichten erzählten, dann hätte er dieses Bild vorgefunden: runtergezogene Rolladen, ein paar Kerzen und alle Kellys auf dem Boden liegend.

Nach zwei Wochen fuhren wir dann wieder nach Germany zurück und kamen wieder in den alten Trott; Streß, Konzerte, Termine und auch wieder Meinungsverschiedenheiten zwischen Paddy und mir. Aber bevor die Beschimpfungen zu sehr unter die Gürtellinie gingen, meinte einer von uns beiden immer:
"Weīll take it easy. Think of the holidays in Cobh / Ireland!"
Das half dann zum Glück immer; na ja, fast immer. Aber, wie hatte Kathy mal so schön gesagt: "Streiten gehört zu einer Liebe genauso dazu, wie die romantischen Abende."


© Wiebke