I'm sure we'll meet again

by Wiebke   tiger-patrick@gmx.de

 

Es war Ende November 2002. Ich hockte in meiner Wohnung in Köln und starrte hinaus in den Regen. Seit Tagen das selbe schlechte Wetter und kein Anzeichen von Besserung. Es entsprach aber auch meinem Inneren...
Vor einer Woche hatte mein Freund überraschend mit mir Schluss gemacht, weil er sich eine andere geschnappt hatte. Ich hatte die ganze Woche die Wohnung nicht mehr verlassen und nur geheult. Ich konnte nicht verstehen, wie er so etwas tun konnte. Fast zwei Jahre waren wir zusammen gewesen und dann von heute auf morgen so was... Ich setzte mich wieder auf die Couch und sah mich um. Seit September wohnte ich nun schon hier; seit ich 18 geworden war. Ich ging zwar noch in Mönchengladbach auf die Schule, aber ich wollte endlich mal was vom Leben mitbekommen... Oh ja, wie spannend es doch sein kann...vor allem, wenn man nur rumheult und alle Welt verflucht.
Mein Blick blieb auf einem großen Karton hängen, den ich noch nicht ausgeräumt hatte: KELLY FAMILY
Seit Mitte 2000 hatte man nie wieder was von ihnen gehört. Sie wollten eigentlich nur Pause machen, aber dann? Keiner weiß es außer ihnen. Es wurde mal erzählt, dass Patricia mit Dennis in Russland lebte, Patrick mit seiner Freundin in Irland usw., aber was richtig offizielles wusste keiner. Damals war ich sehr traurig darüber, aber mit der Zeit geriet immer mehr in Vergessenheit; ich lernte dann Daniel kennen und alles schien wie der Himmel auf Erden.
Jetzt saß ich da; alte Erinnerungen rings um mich rum und draußen regnete es in Strömen. Was hatte das Leben eigentlich für einen Sinn? Wahrscheinlich keinen...
Ich stand auf, nahm mir eine Jacke und ging nach draußen. Dort waren nur sehr wenige Menschen zu sehen; verständlich, aber ich wollte nur noch raus! Ich lief quer durch die Strassen. Es war nicht nur naß, sondern auch bitter kalt... Und? Sollte ich halt erfrieren – es wäre auch egal!
In Gedanken vertieft merkte ich nicht, dass ich über eine rote Ampel ging und plötzlich fuhr irgendwas gegen mich. Was es auch war, ich war sicher, ich würde sterben...

Als ich aufwachte, lag ich in einem Bett in einem weißen Raum. Krankenhaus? Bitte nicht! Ich dachte einen Moment nach und mir fiel wieder ein, was passiert war. Mein Kopf brummte und mein Arm tat auch weh.
Eine Schwester kam rein:
"Ah, guten Morgen! Wie geht es ihnen?" "Eigentlich ganz gut, aber wieso bin ich hier?" "Sie wurden angefahren und sind dann eingeliefert worden. Ein Mann hat sie gebracht. Der arme Kerl war völlig fertig. Sie haben ein Schleudertrauma und eine starke Prellung am Arm. Sie haben Glück gehabt!" "Hat der Mann seine Adresse hinterlassen?" "Nein, aber er sitzt schon die ganze Nacht im Warteraum. Soll ich ihn reinschicken?" "Bitte."
Ich machte mich gefasst auf einen alten Knacker mit fettigen Haaren und faulen Zähnen. Was sich mir dann bot, war das komplette Gegenteil.
"Guten Tag. Mein Name ist Patrick. Wie gehtīs?" "Ehm...jetzt schon viel besser... Bist du es wirklich?" "Sorry, kennen wir uns?" "Wohl weniger...aber, Paddy?"
Er senkte den Kopf:
"Ja, genau der..." "Sorry, ich wollte nicht -." "Schon gut. Es tut mir wahnsinnig leid, aber du bist einfach auf die Strasse gelaufen und ich konnte nicht mehr bremsen...sorry..." "War meine Schuld. Hast du also endlich deinen Führerschein!?" "Ja, seit einem Jahr. Sag mal, kennen wir uns nicht vielleicht doch? Deine Augen..." "Wir haben uns mal auf der Autobahn gesehen, aber nur für ein paar Sekunden..." "Ja...genau! Loreley 2000!?" "Du erinnerst dich?" "Ihr wart da zu dritt und habt so dumm geguckt, das werde ich nie vergessen!! Ein Bild für die Götter!" "Es war mir so peinlich..." "Hab ich nicht lieb gewunken?" "Doch, echt, wir waren aus dem Häuschen..." "Tja...Wegen dem Unfall, ich trage alle Kosten usw. ja?" "Nein, meine Sachen die kaputt gegangen sein könnten wären eh nur meine Klamotten...Es ist OK." "Kann ich sonst was tun?" "Eigentlich nicht, aber sag mir eins: Wo warst du die beiden Jahre?" "Oh no...Kelly Fan?" "Nicht mehr wirklich, es ist alles so lange her." "Wir hatten keine Power mehr und sind alle weg gezogen. Ich hab mir mit īnem Kumpel īne Bude in Dublin geteilt, aber es war nicht so toll und da bin ich alleine wo eingezogen. Ich habe dann ein Mädel kennengelernt, aber es gab irgendwann nur noch Streit und wir haben uns getrennt. Wir waren anderthalb Jahre zusammen... Wir haben mehrmals drüber nachgedacht noch mal aufzutreten, aber es hatten immer nur zwei oder drei Lust und Zeit... Sie hatten jetzt ihre eigenen Leben. Ich lungerte also alleine durch die Gegend. Ich war für einen Monat in den Saaten, dann wieder in Irland und nun wollte ich ein paar alte Freunde besuchen, aber die sind wohl auch alle verzogen...Ich stehe ziemlich alleine da. Aber was sollīs?" "Dabei warst du immer so ein Herdentier." "Hab ich auch gedacht. Jetzt ist es ganz still um uns geworden und endlich werde ich nicht mehr jeden Meter angesprochen. Und wie sieht dein Leben aus?" "Nicht sehr toll. Ich bin seit September 18 und wohne hier in Köln, gehe noch zur Schule, wurde vor einer Woche von meinem Freund abserviert und jetzt liege ich hier...ist das nicht toll?" "Doch, echt..." "Naja, sie entlassen mich übermorgen schon wieder. Halb so wild." "Na dann. Gibt es diese kleine Pension im Zentrum noch?" "Nee, die hat vor einem halben Jahr geschlossen." "Dann muss ich ins Hotel – wie früher..." "Wie lange willst du bleiben?" "Wie ich Lust habe." "Ich hätte noch eine unbequeme Schlafcouch bei mir. Ich würde sie dir überlassen..." "Das kann ich nun echt nicht annehmen. Ich werde schon was finden hier..." "Wieso? Es macht mir keine Mühe. Ich wäre froh mal Gesellschaft zu haben..." "Wenn es keine Umstände macht, dann gerne...danke." "Schon gut."
Wir unterhielten uns noch etwas und dann schlief ich ein.
Nach zwei Tagen kam Patrick an und meinte:
"Bist du fertig?" "Sicher! Nichts wie weg hier!!" "Dann komm."
Wir fuhren zu meiner Wohnung und Patrick grinste:
"Zwei Häuser nebenan hat Patricia mal gewohnt." "Echt? Klasse." "Du wusstest es nicht?" "Nee, ich war nie da..."
Er lächelte nur.
Als wir in meine Wohnung kamen, sah er sich um und meinte:
"Schön hier..." "Was nützt mir das, wenn ich hier Tag ein Tag aus rumhocke?" "Musst du ja nicht." "Hab ich aber eine Woche lang getan. Dann bin ich spazieren gegangen und du hast mich angefahren...kam mir eigentlich ganz gelegen, aber ich lebe noch immer; leider macht mein Schutzengel nie eine Pause..." "Willst du denn überhaupt sterben?" "Was soll ich denn hier?" "Jaja, die Frage hab ich mir auch so oft gestellt und ich lebe noch immer und bin einigermaßen happy... Den Sinn des Lebens wirst du nie finden, aber wenn du erst mal wieder einen Freund hast, dann ist dir das auch scheiß egal!" "WENN ich erst mal einen finde." "Wieso? Du siehst gut aus, bist sympathisch..." "Erzähl das mal den Jungen." "Was für Typen kennst du? Naja, egal...das ist also die unbequeme Bettcouch?" "Ja...ich kann aber auch drauf schlafen, dann kriegst du mein Bett." "Ich will gar nicht auffallen. Ich werde wahrscheinlich eh viel unterwegs sein. OK?" "Sicher." "Was ist denn das?" "Oh, mein altes Kelly Material..." "Darf ich?" "Sicher."
Er holte ein paar Ordner und Fotoalben aus dem Karton und setzte sich neben mich.

Er schlug das erste Album auf und sah sich das Bild an:

1. Bild

"Oh mann, an dem Tag, das weiß ich noch, da war ich super scheiße drauf! Ich war bei Patricia und als ich aus ihrer Wohnung kam, fingen ca. 15 Mädels zu kreischen an und stürmten auf mich zu. Ein Foto hier, ein Foto da, dann eine Steckbrief ausfüllen, Autogramme, ein paar liebe Worte...Und mindestens die Hälfte davon meinte mir sagen zu müssen "Äh...dein Bart sieht aber scheiße aus! Mach den wieder weg! Der macht dich so alt!" Dabei war ich so stolz, dass endlich was spross. Schon verrückt, oder? Das war so ein Tag, wo ich abends heulend im Bett lag mir nur eins wünschte – Gebt mir meine Mama zurück!!!"
Er blätterte weiter und sah sich alles sprachlos an. Hin und wieder meinte er: "WOW; sah ich da scheiße aus!" oder "Man, daran kann ich mich ja gar nicht mehr erinnern.


2. Bild

Irgendwann stockte er und sah auf das Bild:
"An dem Tag...oh mann..."
Er schluckte und zögerte. Ich meinte:
"Du musst es nicht erzählen, es tut mir leid, dass ich es in dem Album habe, aber ich hab es irgendwann mal von einem Fan bekommen. Ich -." "Ist schon OK. An diesem Tag war ich in Köln unterwegs und es hatte sich wohl rumgesprochen. Als ich irgendwann am Dom ankam, standen dort 30 Fans, die auf mich zu kamen, mich umringten, mir an den Haaren zogen und alles. Es war schrecklich. Irgendwann bin ich ausgerastet und habe geschrieben! Eine habe ich geschlagen. Das war der schlimmste Tag mit Fans in meinem Leben. An diesem Abend wollte ich mich umbringen, aber dank Barby... Naja...es ist vorbei!!"


3. Bild

Er lächelte mich an und blätterte weiter:
"Meine Güte! Was ist das?" "Ich findīs ganz witzig." "Doch, ja...kann ich mir denken. Hast du das gemacht?" "Nein." "Ey, das ist genial! Haben das viele Fans?" "Keine Ahnung...im Internet war es oft zu sehen." "So eine Scheiße! Ich wusste echt nicht, dass ich mich so auf der Bühne bewege, dass man so viel sehen kann..." "So viel...naja, solang man nicht alles sieht!" "Du hast recht! Das wäre ja furchtbar! Fotoverschwendung!" "Wieso?" "Vielleicht ein anderes mal. War doch sehr interessant mal wieder ein paar alte Sachen zu sehen..." "Joo."

"Wie sieht das hier eigentlich mit kochen aus?" "Ich lasse meistens die Frittenbude um die Ecke kochen." "Das ist auch eine Möglichkeit. Heute koch ich! So als Willkommensgeschenk." "Willst dich wohl direkt unbeliebt machen!?" "Nee, aber wenn ich schlecht koche, muss ich das nicht so oft machen!" "Du bist gut!" "Was willst du?" "Erst mal, einen Salat, danach eine Suppe, dann Sauerbraten mit Knödeln und zum Nachtisch...Vanille Pudding." "Ja super! Wenn es sonst nichts ist!? Ich dachte jetzt mehr so an...Spaghetti oder Bratkartoffeln mit irgendīnem Scheiß dazu." "Ist auch OK!" "Hey, danke!!" "Ich stell deine Sachen in mein Schlafzimmer, ja? Sonst stehen sie nur im Weg rum." "Ist gut, danke. Ach, guck mal in meiner Jackentasche, da ist ein Brief drin für dich." "Gut."
Ich ging ins Schlafzimmer und las den Brief:

Liebe Wiebke!
Ich bin irgendwie froh, dass ich dich angefahren habe, denn sonst hätte ich wahrscheinlich nur halb so wenig Spaß am Aufenthalt hier in Köln. Ich verspreche mich an allem zu beteiligen und so schnell wie möglich das Feld zu räumen. Sag mir, wenn ich nerve, dann hau ich ab. Ich wollte einfach danke sagen; auch weil du mir nicht böse warst!
Dein Patrick

Ich legte ihn in meinen Nachttisch und ging zu ihm:
"Danke! Ist lieb von dir. Aber ich denke nerven wirst du nicht." "Denk ich schon...meine Gitarre ist noch in Auto." "Du spielst noch?" "Natürlich!! Ich werde meine Gitarre mit ins Grab nehmen!" "Ich spiele auch..." "Wunderbar! Dann weiß ich schon, was wir heute Abend machen!" "Ist nicht dein ernst!? So gut spiel ich auch nicht..." "Das sagen dann alle!" "Was gibt es denn jetzt?" "Spaghetti..." "Aha...gut!" "Warte ab! Ich hab da ein Spezialrezept." "Von Maite?" "Nein, von mir selber." "Oh, oh!" "Du wirst schon sehen." "Kann ich dir helfen?" "Tisch kannst du decken; wenn du willst." "Warum nicht?" "Ich sitze gerne gegenüber!" "Wie?" "Damit ich denjenigen, mit dem ich esse gut ansehen kann." "Macken haben manche Leute...tz..."
Ich deckte also den Tisch und irgendwann konnten wir dann essen.
"Patrick, das schmeckt wirklich gut!" "Hab ich doch gesagt. Und bitte, nenn mich Pad, ja?" "Gut. Paddy wirst du gar nicht mehr genannt oder?" "Zum Glück! Ich wollte endlich als erwachsen gelten und wenn dich dann jeder beim Spitznamen Paddy ruft..." "Aber Pad ist doch auch ein Spitzname..." "Schon, aber ich bin nicht mehr der Paddy Kelly von damals...ich bin jetzt Patrick Kelly; erwachsen und unabhängig." "OK. Kannst du mir das Rezept mal geben?" "No way! Das bleibt bei mir!" "Menno!" "Pech gehabt!"
Nach dem Essen setzten wir uns wieder auf die Couch und ich gab ihm meine Gitarre.
"Die hast du aber noch nicht lange!?" "Seit ich 12 oder so bin..." "Warum ist die noch so gut in Schuss?" "Weil ich damit vorsichtig umgegangen bin!! Ich habe oft gespielt." "Soso...Was soll ich spielen?" "Kannst du "Thanking blessed Mary" noch?" "Oh, ich denke schon..."
Er fing an zu spielen und es hörte sich so wunderschön an. Als er fertig war, sah er mich an und lachte:
"War es so grausam oder wieso weinst du jetzt?" "Es war so schön! Es passt in meine momentane Gefühlslage." "Ach, hör schon auf! Spiel du was!" "Was denn? Ich kann nichts auswendig. Oder...doch..."
Ich stimmte "An Angel" an und Patrick grinste.
"Das hat sich gut angehört, aber ich kann dieses Lied nicht mehr hören! Oh man..."
Wir redeten bis zwei Uhr nachts. Dann war ich so müde, dass ich ihm nur noch half die Couch zu beziehen und dann in mein Bett ging.
Morgens wurde ich wach und trottete in die Küche. Patrick saß am Tisch und las die Zeitung.
"Morgen." "Morgen. Ich hab schon Frühstück gemacht...Kaffee??" "Das ist lieb, danke...Seit wann bist du wach?" "Seit neun." "Aha..."
Ich setzte mich hin und trank an der Tasse. Patrick grinste.
"Was?" "Wiebke, in der Tasse ist noch nichts drin!" "Oh..." "Werde erst mal richtig wach!" "Geht schon...Irgendwas neues in der wilden Welt?" "Nee...nichts besonderes."
Wir aßen zusammen und dann meinte er:
"Ich fahre gleich mal in die City. OK?" "Kann ich mitkommen? Ich mein, wenn es nicht stört...?" "Ganz und gar nicht."
Es war Samstag und somit ziemlich voll. Wir hielten uns die meiste Zeit in irgendwelchen Musikläden auf und später lud er mich in ein Cafe ein. Gegen 17.00h kamen wir nach Hause und fielen auf die Couch.
"Das war ein Tag!" "Aber hallo!"
Patrick bot mir an mich zu massieren – wer hätte da nein gesagt?
Ich legte mich also hin und er legte vorher noch eine ruhige CD ein und fing dann ein. Er summte leise mit und ich genoss es in vollen Zügen. Ich war froh wieder einen Kumpel zu haben, der für mich da war. Irgendwann war ich eingeschlafen...
Als ich wach wurde, war es draußen schon dunkel und 1.36h. Ich ging ins Wohnzimmer. Patrick lag auf der Couch und schlief. Ich beobachtete ihn eine Weile. Seine Decke war auf den Boden gefallen. Ich deckte ihn wieder zu und ging dann wieder schlafen.
Morgens als ich aufwachte, fand ich nur einen Zettel:

Guten Morgen Sonnenschein!
Frühstück steht auf dem Tisch. Ich bin bei einem Freund in Düsseldorf. Komme heute Abend um ca. 19.00h wieder. Bringe direkt was zu essen mit. Mach dir einen schönen Tag! Falls was ist, das ist meine Nummer:
0173/7512937
HDL Pad

Ich lächelte und frühstückte etwas. Danach betrieb ich Schnellreinigung und dann räumte ich seine Klamotten in eine leere Hälfte des Schrankes ein. Plötzlich fiel mir ein Buch in die Hand; es sah nach seinem Tagebuch aus. Ich legte es zu seinen Sachen und beachtete es nicht weiter.
Im Bad legte ich frische Handtücher hin und nach drei Stunden sah es in der Wohnung richtig aufgeräumt aus.
Abends kam er dann auch wieder und meinte:
"Hi! Ich hoffe Pizza war OK?" "Klar! Danke." "Ich hab deine Sachen übrigens mit in den Schrank geräumt." "Oh...war da so ein Buch bei?" "Ja, wieso?" "Du hast doch nicht drin gelesen oder?" "Nein; ich dachte es ist dein Tagebuch oder so." "Richtig." "War es schön bei deinem Kumpel?" "Es geht. Wir haben uns wohl beide sehr verändert. Oder wir haben uns zu lange nicht gesehen."
Wir aßen auf der Couch und ich meinte:
"Morgen muss ich um 5.15h mit dem Zug nach Gladbach. Ich hab wieder Schule." "Oh, du arme! Soll ich dich fahren?" "Nee, schlaf du dich ruhig richtig aus!" "Würd dich aber gerne fahren!" "Mal sehen. Ich gebī dir meinen zweiten Schlüssel, aber pass bitte gut drauf auf, ja?" "Klar! Danke. Heute Abend kommt īn guter Film." "Was denn?" "So īn Psycho-Thriller." "Können wir ja gucken." "Schön."
Wir zogen uns den Film rein und er war super gruselig und spannend. Ich ging dann auch ins Bett, da ich ja früh raus musste.
Plötzlich ging die Tür auf und ich erschrak. Patrick stand im Rahmen:
"Sorry...ich brauch noch frische Schlafklamotten." "Schon gut; ich hab mich nur erschreckt." "Ach, wegen dem Film?" "Wie kommst du denn darauf?" "Maite hat danach bei mir im Bett geschlafen." "Hatte die īn Glück!" "Soll ich bei dir pennen?" "Ich will dich zu nichts zwingen." "Das geht schon klar. Also, willst du?" "...Ja..." "Ich hol meine Sachen rüber."
Er kam mit seinem Kissen und seiner Decke an und legte sich neben mich:
"Wann musst du aufstehen?" "Um 4.15h." "Vergiß es! Ich fahr dich! Dann müssen wir erst um 5.00h aufstehen." "Das musst du doch nicht!" "Möchte ich aber!!" "Danke; du bist wahnsinnig lieb." "Manchmal zu lieb...Schlaf gut; und falls du Albträume hast, weck mich ruhig." "So schlimm wirdīs schon nicht." "Nacht; träum was Süßes!"
Er gab mir einen Kuss auf die Wange und legte sich hin.
Ich blieb noch länger wach liegen und beobachtete ihn. Er lag auf dem Bauch und war nur bis zu den Hüften zugedeckt. Ich hätte ihn so gerne berührt; ihm über den Rücken gestrichen, aber was wäre, wenn er aufwachen würde? Ich wollte es nicht glauben, aber ich hatte mich in ihn verliebt. Aber was, wenn er mich auch lieben würde? Würde ich Ja sagen zu einer Beziehung? Was wenn er mich auch enttäuschen würde?
Er räkelte sich und seine Hand kam an meinen Arm. Mich durchlief ein wohliges Gefühl und ich bekam Gänsehaut. Nein, das durfte ich nicht zulassen!!
Ich schlief irgendwann ein und Patrick weckte mich morgens, indem er mir über den Kopf strich und leise meinte:
"Hey, Sonnenschein, aufwachen! Schule!" "Hm..." "Komm schon! Aufstehen!"
Ich stand auf und machte mich fertig. Nachdem ich meine Sachen hatte und wir gefrühstückt hatten, fuhren wir los. Er wollte mich nach der Schule abholen kommen.
Meine Freundinnen konnten es nicht glauben, als ich ihnen erzählte, was passiert war. Sie fanden das ganz toll...Wenn so was war, konnten sie sich dafür begeistern, aber als ich im Krankenhaus lag kam nicht ein Anruf...Daran hatte ich mich aber schon längst gewöhnt.
Nach der Schule wartete Patrick schon am Parkplatz und wir begrüßten uns mit einer Umarmung.
"So, Lady, was machen wir jetzt?" "Ist mir gleich. Am liebsten wär mir jetzt meine Dusche und danach eine schöne Massage." "Und noch ein drei Gänge Menü??" "Nein, īne Massage reicht." "Wird sich sicher arrangieren lassen!" "Danke." "Schon gut."
Wir fuhren nach Köln und ich duschte ausgiebig. Als ich gerade fertig war, klopfte er an:
"Ehm, zieh nur das nötigste an...dann geht das besser und bring ein Handtuch und Creme mit." "Gut."
Ich freute mich schon auf das, was mir bevor stand. Ich zog mir eine Short und ein Bikini Oberteil an.
Ich ging ins Wohnzimmer. Patrick hatte Kerzen hingestellt, ruhige Musik angemacht und sah mich an:
"Wieder sauber?" "Sicher! Das sieht toll aus..." "Nichts besonderes. So was lernt man mit der Zeit...machīs dir bequem!"
Ich legte mich hin und er fragte:
"Darf ich den Verschluss aufmachen?" "Tu dir keinen Zwang an."
Er öffnete ihn vorsichtig und mir lief ein Schauer über den Rücken.
"Hey, was hast du? Du hast ja Gänsehaut." "Schon gut."
Er fing an und ich weiß nicht, wie lang es war, es war nur wunderschön. Irgendwann fragte ich:
"Hast du das irgendwo gelernt?" "Ich hatte schon mal īne Freundin, stell dir vor! Frauen stehen auf so was." "Du bekommst damit wahrscheinlich direkt jede rum..." "Übertreib mal nicht!" "Darf ich dich was persönliches fragen?" "Nur zu." "Bist du verliebt?" "Vielleicht." "Sag mal." "Ich hab īne bessere Idee! Ich lass dich mein Buch lesen und dann sehen wir weiter!?" "Da steht doch bestimmt so viel privates drin..." "Und? Ich vertraue dir!" "Gut. Danke." "Schon OK."
Als er aufhörte, ging er es holen und ich zog mich erst mal wieder richtig an.
Er wollte, dass ich es alleine lese, also ging ich in mein Schlafzimmer und fing an zu lesen:


14. Juli 2002

Michelle ist gerade nach Hause gefahren. Sie muss morgen arbeiten; leider. Ich hätte den Abend so gerne mit ihr verbracht. Ich glaube die Beziehung ist für immer. Sie gibt mir so viel Liebe und Wärme.
Schon komisch...jahrelang ist man auf der Suche nach so etwas und dann, wenn man gar nicht mehr dran denkt, weil es einem wieder besser geht, da trifft man auf so einen Menschen...oder eher gesagt auf einen Engel. Ich hätte nie mehr damit gerechnet, aber es ist so! Ich bin mir sicher, wenn wir noch ein halbes Jahr zusammenbleiben, dann werde ich sie fragen, ob sie mich heiraten will. Ich möchte die zwei Jahre aber erst voll machen. Wann hatte ich meine letzte zweijährige Beziehung? Mal waren es drei, dann sechs oder acht Monate, aber wie jetzt 1 ž Jahr?? Ich kann mich nicht erinnern...
Von meinen Geschwistern hab ich gestern mal wieder was gehört. Sie planen mal wieder ein Treffen; es ist dann das sechste, was ins Wasser fällt. Es macht mir aber nicht viel aus...wieso auch? Ich war noch nie glücklicher als heute und in dem letzten Jahr! Ich werde jetzt noch was mit īnem Kumpel unternehmen und dann...mal sehen...
Patrick


1. August 2002

Irgendwas stimmt nicht mit Michelle. Sie ist so komisch und still geworden. Sie hat mir heute nicht einmal richtig in die Augen gesehen und sagen was los ist wollte sie auch nicht. Und das geht jetzt seit einer Woche so! Ich habe Angst, dass es auseinander geht. Ich liebe sie doch so sehr... Was kann bloß der Grund dafür sein? Ich wollte eben auch noch mit ihr telefonieren, aber sie meinte, sie müsste dringend etwas erledigen. Was kann dringender sein als mir von ihren Sorgen zu erzählen? Wahrscheinlich gar nichts!! Ich glaube, ich fahre jetzt noch mal zu ihr... So kann es doch nicht weitergehen!! Ich fahre! Sofort!!
Patrick


2. August 2002

Es ist aus! Sie hat einen anderen! Toll!!! Super!!! Ich Trottel! Ich hätte es doch merken müssen!! Wie kann sie mir das antun??? Ich habe ALLES für sie getan! ALLES! Und der Dank? "Patrick, ich muss dir was sagen...ich habe einen anderen Mann kennen gelernt und mich in ihn verliebt. Ich fühle mehr für ihn als für dich! Es tut mir so leid! Die Zeit mit dir war wunderschön, aber jetzt kann ich nicht mehr...bitte sei mir nicht böse! Wir können gerne Freunde bleiben." Das; genau DAS hat sie mir gesagt! Freunde?? Niemals! Ich hab ihr gesagt, dass ich sie nie wieder sehen will! Ich will überhaupt gar nichts mehr außer sterben...es hat alles keinen Sinn mehr in diesem SCHEIß LEBEN!!! Aber den Gefallen werde ich ihr nicht machen und mich aus Liebe umbringen...nein, das hätte sie wohl gerne! NIEMALS!!!

Ich muss mich ablenken... Ich habe innerhalb von drei Stunden einen komplett neuen Satz Gitarrensaiten zum reißen gebracht... Ich werde Maite und Jo in den USA besuchen; genau! Das mache ich!! Nur ablenken... mehr nicht.

Patrick


23 August 2002

Ich sitze gerade auf der Veranda von Maite und Jo. Die beiden haben es hier total schön! Aber es war nicht gerade die beste Entscheidung! Die beiden turteln den ganzen Tag rum und das geht mir so an meine Nerven. Ich liebe Michelle noch immer! Von ganzem Herzen... Aber gut, ich bin alt genug, ich muss versuchen stark zu sein!! Ich war heute fast den ganzen Tag unterwegs. Und als ich "nach Hause" kam... Nach Hause? Wo ist das? Wo ist mein zu Hause? Eigentlich bin ich wie ein Blatt im Wind... Ich treibe herum und nirgendwo will man mich so richtig haben. Ich bin heimatlos! Das hätte ich damals nie gesagt. Damals, in der großen verfickten Zeit "KELLY FAMILY". Mein zu Hause ist da, wo meine Familie ist...super...wo ist meine Familie? Überall nur nicht bei mir!! Ich bin alleine in dieser Gott-verdammten Welt. Wenn ich damals nicht immer so groß rumgeredet hätte, vielleicht wäre mir dann auch klar gewesen, dass ich später mal alleine bin. Aber wer konnte wissen, dass ich von Michelle so abserviert werde? Keiner...
Naja... ich werde jetzt mal sehen was ich mache...

Patrick


19 September 2002

Ich sitze in Irland in meiner kleinen Wohnung. Ich war jetzt einen ganzen Monat bei Maite und Jo. Es war ganz schön, aber Maite hat sich so sehr verändert! Sie ist so ernst geworden! Klar, ich bin auch ernster geworden... wir alle...
Ich habe heute mit Barby telefoniert. Sie lebt mit ihrem Freund Spanien; in der Nähe von Johnny und seiner Frau Maite...
Alle sind mittlerweile vergeben, verheiratet oder was weiß ich. Ich bin noch übrig und werde es wohl auch noch eine Zeit bleiben. Jimmy kam eben mal vorbei und hat mir seinen Hund "Cuba" angedreht. Er wollte mal mit Melanie ein paar Tage alleine in den Bergen verbringen. Und ich hocke hier und Cuba sabbert auf meine Schuhe... So ein Hund hat sogar ein schöneres Leben als ich! Er ist nie lange alleine! Entweder kümmert sich Jimmy um ihn oder Melanie oder der verrückte Pad. Ich hab ja sonst nichts zu tun...
Naja, was soll man machen??

Patrick


12. Oktober 2002

Angelo und Kira waren da!! Die beiden wollten mich überraschen und sind einfach mal vorbei gekommen. Es war so schön! Aber Lino hat gemerkt, dass es mir nicht so super geht... Recht hat er! Wir beiden haben länger geredet und er konnte mich verstehen; er hat es zumindest gesagt...
Kira ist im 4. Monat schwanger! Na das wird ja ein überaus hübsches Kind... Allein beim Gedanken daran...oh mann. Ich glaub ich schenke zur Geburt direkt eine Schönheits OP! Dann wären die beiden bestimmt leicht sauer...hihi.
Michelle hab ich langsam überwunden. Lino hat mir ein paar Takte dazu gesagt und ich glaube, das war gut so!! Ich habe mir vorgenommen bald noch mal nach Deutschland zu fahren!! Dort hatte ich so viele Freunde...mal sehen, was aus ihnen geworden ist!!
Ich plane es für Mitte November, dann flieg ich vorher kurz nach Moskau um Patricia zum Geburtstag zu gratulieren und dann geht es ab nach Köln, etc.


25. November 2002

Patricia ist Mutter! Ich dachte ich fall um, als sie mir öffnet und ein Baby im Arm hat!! Sie hat sich wahnsinnig gefreut!! Dennis auch! Wir haben den ganzen Tag gequatscht und es war so schön! Ihr Kind, Maja, ist echt goldig! Ganz wie die Mami!! Sie hatte wohl versucht mich zu erreichen, aber ich war wohl nicht zu erreichen, als ich bei Maite und Jo war...naja, jetzt habe ich es ja mitbekommen!!
Im Moment sitze ich im Flugzeug über Brandenburg. Bald landen wir in Düsseldorf. Ich freu mich irgendwie auf Deutschland, obwohl hier (bis auf Polen) die schlimmsten Fangeschichten passiert sind. Es wird gut, das spüre ich!!

Patrick


27. November 2002

Ich sitze im Krankenhaus. Ich habe eben ein Mädchen angefahren...meine Güte!!! Ich habe sie zu spät gesehen. Die Ärztin meinte, es wäre nichts ernstes, ich solle doch nach Hause gehen. Ich werde solange bleiben, bis ich zu ihr kann. Sie soll wenigstens wissen, welcher Loser das war!! Ich mache mir so riesige Vorwürfe!! Ich hoffe, es wird alles gut!!!

Tja, Köln...die meisten meiner Kumpels sind umgezogen, nur wohin?? Wenige sind geblieben. Es hat sich so viel getan! Naja... ich hab eigentlich nur einen Wunsch: Lass dieses Mädchen schnell gesund werden!!

Patrick


28. November 2002

Ihr geht es gut!!! DANKE GOTT! Sie ist tierisch lieb! Wir haben uns sogar schon mal gesehen; auf der Autobahn am 26.8.2000 nach der Loreley – ich hatte schon drüber geschrieben.
Sie hat mich zu sich eingeladen! Ich finde das super lieb von ihr! Sie ist mir noch nicht mal böse!! Irgendwie geht es ihr wie mir; verlassen, alleine,... mal sehen... was sich so entwickelt....

Patrick


30. November 2002

Ich liege bei ihr auf der Couch. Sie hat eine kleine Wohnung in Köln. Es ist richtig schön hier und ich fühle mich hier wie zu Hause – jawohl, zu Hause!! Aber das wird eh nichts! Ich kann ja nicht für immer bleiben!! Irgendwann muss ich gehen – schon weil ich nicht stören will...
Wenn sie wüsste, dass mein Geheimrezept bei den Spaghetti nur eine Kräutermischung von "Knorr" ist...oh mann...
Ich bin richtig glücklich!!

Patrick


1. Dezember 2002

Es ist alles so wunderbar! Ich könnte die ganze Welt umarmen!!! Zum ersten Mal seit so langem fühle ich mich rundherum wohl und zu Hause! Aber... ich habe mich in sie verliebt! Ich habe aber Angst – was wenn alles wieder so ist wie mit Michelle?? Stehe ich dann wieder so alleine da? Das wäre mein Tod! Noch mal halte ich das alles nicht mehr durch!!! Sie weiß von diesem Buch... Ich weiß nicht, ob ich es sie lesen lassen soll oder nicht... Vielleicht ist das aber ein guter Weg ihr meine Gefühle und Ängste zu vermitteln...

Wiebke, wenn du das hier liest, bitte nimm es dir zu Herzen. Wenn du nicht so empfindest wie ich, ist es auch gut, aber ich wollte es dir nur sagen!! Ich liebe dich! Dein Patrick


Ich war ziemlich ergriffen und ging zu ihm:
"Pad?" "Ja..." "Komm her!"
Ich nahm ihn in den Arm und meinte:
"Ich liebe dich! Ich hatte auch Angst es zu sagen..." "Du weißt gar nicht, wie glücklich mich das macht!"
Wir sahen uns an und dann küssten wir uns. Ich sah ihn an und meinte:
"Du ziehst doch jetzt mit ins Schlafzimmer oder??" "Was für eine Frage!"
Ich drückte ihn feste an mich. Von jetzt auf nu war ich der wahrscheinlich glücklichste Mensch auf Erden! Patrick hatte Recht; wenn man einen Freund hatte, war einem der Sinn des Lebens scheiß egal!!

Wir hatten nun beide was wir brauchten; einen Menschen, der einen liebte und Patrick hatte endlich sein zu Hause gefunden!


© Wiebke