Lange Zeit lag ich zu Hause wach und dachte über Patricks Worte nach. Ich verstand sie nicht. Ich hatte doch nichts getan. Ich war doch die gewesen, die ihm alle meine Probleme erzählt hatte. Seine Worte verwirrten mich und raubten mir den Schlaf. Fast die halbe Nacht lag ich wach, wälzte mich hin und her und versuchte einzuschlafen.
Als ich am Morgen todmüde aufwachte, wunderte ich mich, dass ich überhaupt eingeschlafen war. Eine kalte Dusche machte mich wacher und nach einem Glas Orangensaft war ich vollends wach. Lustlos setzte ich mich an meinen Schreibtisch, denn ich musste noch Hausaufgaben machen. Ich hatte beschlossen, sie vor dem Treffen mit Patrick zu machen. Nur für den Fall, dass er mich wieder so verwirren sollte...
Pünktlich zur verabredeten Zeit stiess ich die Hoteltür auf. Der Portier beachtete mich nicht, als ich geradewegs zum Lift lief und nach oben fuhr. Vor Patricks Zimmertür blieb ich stehen und klopfte kurz. Ein schwaches "Herein" liess mich eintreten. Patrick stand, mit dem Rücken zur Tür, am Fenster und rührte sich nicht. "Hallo Patrick.", rief ich leise. Er drehte sich nicht um und einen kurzen Moment befürchtete ich, dass es gar nicht Patrick sei. Doch die langen, zu einem Zopf gebundenen Haare widersprachen meiner Befürchtung.
Leise schloss ich die Tür hinter mir. "Ich will nicht mehr nach Hause. Nie mehr will ich dorthin zurück!", sagte Patrick tonlos. Er drehte sich um. Sein Gesicht voller Verzweiflung und seine Augen voller Angst. "Ich habe Barby angerufen." Ein heiserer Schluchzer stieg in seiner Brust auf. Er kam auf mich zu und legte seinen Kopf auf meine Schulter. "Barby, sie ist...heute...zum Tor," Patrick stockte und seine einst so fröhlichen Augen füllten sich mit Tränen. Seine Schultern bebten und mein Hals wurde nass von seinen Tränen. Tröstend strich ich ihm über den Rücken und hörte einfach zu.
"Barby ist heute zum Tor gegangen. Es waren viele Fans dort und sie wollte ihnen eine Freude machen. Autogramme geben und so. Doch sie wollten keine Autogramme. Sie haben meine Schwester angeschrien und gefragt, wo ich sei. Sie wollte es nicht sagen und da wurden die Fans böse. Barby hatte Angst, doch sie wollte mich nicht verraten. Sie haben ihr weh getan, wegen MIR! Ich hasse sie!!!" Patrick heulte und auch mir standen die Tränen in den Augen. "Ich will nicht zurück, ich habe Angst, Mimi!" Ich drückte einfach ihn an mich. Er tat mir so leid! Patrick löste sich von mir und ich drückte ihm ein Tempo in die Hand. "Was willst du jetzt tun?", fragte ich ihn leise. "Keine Ahnung." Patrick drehte sich wieder zum Fenster und als er weiter sprach, klang seine Stimme wieder fester.
"Ich habe oft den selben Traum. Es ist eine Halle und sie ist voller Fans. Ich gehe hinein, ohne Bodyguard, einfach alleine. Dabei denke ich, ach nehmt euch doch, was ihr wollt. Die Fans kommen, immer näher sie bedrängen mich, tun mir weh. Doch plötzlich kommt ein Mädchen, ich kenne sie nicht. Sie steht vor mir und nimmt meine Hand. Ganz lieb und sanft. Dann sagt sie: Danke Patrick! Und ich weiss, dass sie es ehrlich meint, dass es von Herzen kommt und nicht erlogen ist wie sonst. Dann verschwindet sie und ich schwebe plötzlich hoch. Ich fühle mich frei wie ein Vogel, niemand tut mir weh und ich fühle mich so glücklich wie schon lange nicht mehr. Unten sehe ich meinen Körper, den die Fans immer noch bedrängen, doch ich fühle nichts. Nur dieses Glücksgefühl. Plötzlich bin ich in der freien Natur und ich fliege weiter, und wenn ich so schön am Fliegen bin, dann wache ich auf. Jedesmal an der selben Stelle. Und gestern, als du in mich gerannt bist. Da kam mir dieser Traum in den Sinn und ich hatte das Gefühl, dem Mädchen aus dem Traum begegnet zu sein." Patrick schwieg.
In meinen Augen schimmerten Tränen der Rührung. Ich ging zu Patrick hin, nahm seine Hand, drückte sie kurz und liess sie dann los. Dann lief ich zur Tür, schloss sie hinter mir und verliess das Hotel. Ich wollte alleine sein, über Patrick nachdenken und über alles ins Klare kommen. Ich hoffte, Patrick würde meinen Abgang nicht übel nehmen und verstehen, was in mir vorging. Ich setzte mich ans Flussufer und beobachtete den Strom. Es ist schon komisch im Leben. Wochenlang passiert gar nichts und dann kommt alles aufeinmal. Ich hörte das Stimmengewirr und das Lachen des Freibads und das Rauschen des Flusses. Auf einmal hörte ich Schritte hinter mir. Ich drehte mich um und da stand Patrick.
By Mimi (Fortsetzung folgt)