Memorys II

by Honeygirl   honeygirl@kellys.com

 

Hallo erinnert Ihr Euch noch an mich?
Einige von euch bestimmt, andere kennen mich aber auch noch nicht, denn ich sehe eine Menge neuer Gesichter hier...
Nun gut, dann will ich mich kurz vorstellen: Vor etwa einem Jahr erzählte ich hier an dieser Stelle meine Geschichte - oder vielmehr die von meinem Menschen, seiner Familie und mir.
Von Beruf bin ich eine Gitarre, eine akustische und stamme aus sehr einfachen Verhältnissen, denn die Menschen bei denen ich lebe, waren früher recht einfache Menschen...
Inzwischen hat sich viel geändert und meinen Menschen ist es anscheinend nicht mehr erlaubt, ein normales Leben zu leben... aber das ist eine andere Geschichte, die mit dem, was geschah, nichts zu tun hat! Oder vielleicht doch?
Ich weiß es nicht...
Damals endete ich meine Erzählung mit dem Verschwinden meines Lieblingsmenschen: Jimmy - der verrückte Clown, der aber auch gleichzeitig ein sehr nachdenklicher, manchmal auch aufbrausender junger Mann sein konnte - schien von einem Tag auf den Nächsten alles, was er liebte, im Stich gelassen zu haben. Seine Geschwister, seinen Vater, seine Fans... und auch mich, seine Gitarre.
Für mich brach damals eine Welt zusammen. Meine Saiten drohten zu zerreißen, was bei euch Menschen wohl soviel heißt, wie: Mein Herz wollte zerspringen!
Ich vermisste diesen Mann so sehr! Seine Hände, wie sie sanft die schönsten Töne aus mir hervor zauberten. Seine Stimme, seine Augen, sein Lachen, sein langes Haar... oh ich glaube ich schweife ab... sorry!
Ich denke, Ihr kennt dieses Gefühl alle - wie nennt Ihr es noch gleich? Liebe? Kann sein... nur war es eine Liebe, die nie erfüllt werden konnte - zumindest nicht so, wie ich es mir in den vielen stillen Stunden, die nun folgten, erträumte.
Lange Zeit stand ich in Jimmys Zimmer, dort im irischen Schloss. Mit jedem Tag wurde die Trauer in mir größer. Nicht einmal Joey vermochte mich zu trösten! Seine Versuche, mich neu zu stimmen, schlugen allesamt fehl! Nicht etwa, weil er dazu nicht im Stande gewesen wäre... oh nein! Es lag einzig und allein an mir - ohne Jimmy wollte ich nicht mehr klingen!!! Für einige von euch sicher schwer nachzuvollziehen, wo es doch so viele gute Musiker in dieser Familie gibt... aber ich bin halt manchmal etwas stur...
Eines Tages nun ging die Tür zu Jimmys Zimmer auf - ich achtete nicht darauf, sicher war es nur die alte Frau, die abstauben wollte... Erst als mich eine Hand am Hals packte - auf so lange vermisste Art packte - erwachte ich aus meiner Lethargie!
Erfreut wollte ich aufjauchzen - die Hand war die meines Menschen! Jimmy war zurückgekehrt!!!
Wie sehr erschrak ich aber, als ich in seine Augen sah... Ich mag mich irren, denn ich bin ja nicht so besonders erfahren in menschlichen Gefühlen, aber seine Augen wirkten stumpf und leer... Der Glanz war verschwunden.
Kaum hatte ich mich von diesem Anblick erholt, kam der nächste Schock - die lange, seidig glänzende Mähne - sie war weg!!! Einfach abgeschnitten!! Fast kahl war sein Schädel... Was war mit ihm geschehen???
Eine Antwort bekam ich nicht von Jimmy. Statt dessen packte er mich in eine Tasche und verfrachtete mich in ein Flugzeug. Immer noch fragte ich mich, was ich davon halten sollte - aber wenigstens war er wieder zurück! Dieser Trost blieb mir... Haare konnten nachwachsen, sagte ich mir und meine Instrumentenkollegen, die ich nach scheinbar ewigen Zeiten auf der Bühne wieder traf, bestärkten mich darin.
Tatsächlich - als ich Jimmy das nächste Mal sah - am Tag danach, auf der Bühne im gleißenden Scheinwerferlicht - hatte er wieder lange Haare!!! Viele kleine Zöpfe waren es! Ich war baff und konnte gar nicht glauben, dass er solch starken Haarwuchs hatte... Der Bass war es schließlich, der mich aufklärte: Die Zöpfe waren sicherlich nur angeschweißt, meinte er...
Schnief - lassen wir dieses Thema! Auch wenn diese beiden Konzerte, die wir gemeinsam durchstanden, für die Fans sicher großartig waren, für mich waren sie schlimm. Jimmy kümmerte sich kaum um mich, sein Kopf schien voll mit anderen Dingen zu sein. Früher hatte ich ja schon mal Probleme mit der Eifersucht - sein Handy, wisst Ihr? Es klingelte dauernd und dann... na ja... Aber das, was ich nun fühlte, war keine Eifersucht - es war Angst! Angst vor dem, was nach diesen beiden Konzerten passieren würde... würde er mich wieder alleine lassen???
Meine Befürchtungen wurden zur Gewissheit! Die letzten Zugaberufe waren kaum verklungen, da nahm Jimmy mich, streichelte noch einmal kurz über meine Saiten und drückte mich schließlich in Joeys Hände! Wieder hätte ich brüllen können - aber diese Art von Artikulation ist mir ja leider nicht möglich.
"Pass gut auf sie auf!", waren seine letzten Worte zu seinem Bruder, dann verschwand er wieder für lange Zeit...

Joey behandelte mich gut - wenn er auch nur wenig Zeit für mich hatte. Sein Handy klingelte noch öfter, als das von Jimmy! Und dann war da ja auch noch sein Hobby... Es musste etwas mit sehr großen Anstrengungen zu tun haben, denn oft kam er total erschöpft nach Hause. Anfangs tat er mir leid, aber dann wurde mir klar: Das alles tat er aus freiem Willen!

Das Leben ging weiter - auch ohne Jimmy! Ich bemühte mich, Joey ein gutes Instrument zu sein, doch tief in meinem hölzernen Herzen brannte eine unerfüllte Sehnsucht nach den längst vergangenen Zeiten...

Zu Joeys Geburtstag tauchte Jimmy wieder auf. Er machte bei einer TV Gala mit... Ich hatte kaum Gelegenheit, ihn zu sehen. Er sang mit Kathy dieses wunderschöne Duett über Liebe und Vertrauen und ich schmolz dahin! Seine Haare hatten wieder eine annehmbare Länge erreicht - ich muss zugeben, seine neue Frisur gefiel mir gut!
Was mir weniger gefiel, war die Tatsache, dass er wieder wegging!
Hatte er eine neue große Liebe gefunden?
War es nicht mehr die Musik, die früher sein Leben gewesen war? Fast schien es so...
Hin und wieder kam er für 1-2 Termine und machte sich danach wieder aus dem Staub... als wäre das alles nur noch eine lästige Pflicht für ihn.
Etwa um diese Zeit hörte ich immer öfter, wie seine Geschwister sich über "Jimmys Film" unterhielten.
Was war ein "Film"? Ich hatte keinen Durchblick - war es etwas, dass traurig machte? Einen krank aussehen ließ? Wieder gab es keine Antworten für mich.

Ein Cousin der Family - Adam - stand jetzt immer an Jimmys Platz auf der Bühne... Ich hatte nichts gegen ihn persönlich, denn er war ein netter Kerl, aber musste er unbedingt DA stehen???? Sollte er Jim etwa ersetzen??? Das konnte doch nicht sein! Diese Platzwahl machte es ihm jedenfalls nicht gerade leicht...

Im Sommer kam der nächste Schock für mich - wieder war Jimmys Schädel fast kahl geschoren! Hatte das alles mit jenem - für mich immer noch so geheimnisvollen - "Film" zu tun? Es musste wohl so sein, denn eine andere Erklärung bekam ich nicht. Weder von Jimmy selber, noch von Joey, oder einem der anderen Familienmitglieder.
Nur Joeys immer wieder, während der Show, laut vorgebrachter Ausruf "Pray for my brother!" sagte mir, dass solch ein "Film" eine ganz schreckliche Sache sein musste!

Wieder vergingen Monate! Inzwischen fehlte Jimmy schon ein Jahr!
Die Family packte ihre Koffer und nicht nur die! Dieses Mal war es keine Tour, sondern ein Umzug. So richtig verstanden habe ich das bis heute nicht - damals waren sie nach Irland gezogen, der Presse und des Fanrummels wegen. Nun hatte Vater Dan sich ein neues Schloss gekauft! Wieder mitten in Deutschland!
Innerhalb kürzester Zeit sah es dort vor dem eisernen Tor wieder genauso aus, wie vor dem Hausboot - nur gebrüllt wurde nicht mehr. Vielleicht hatten die Fans sich geändert? Älter waren sie geworden... aber ob auch vernünftiger???
Pünktlich zum Einzug stellte auch Jimmy sich ein: Nun waren seine Haare hellblond!!! Fand ich persönlich ganz schön grauenhaft - aber Gitarre ansich ist ja schon froh, wenn sie ihren Menschen alle paar Monate mal zu Gesicht bekommt!!!
Gleichzeitig stand ein großes Konzert in Köln an - also praktisch ein Heimspiel... Ich hoffte auf Jimmys Anwesenheit - und nicht nur ich! Warum er letztlich durch Abwesenheit glänzte, blieb sein Geheimnis. Deutlich konnte ich die Enttäuschung in den Gesichtern mancher Fans sehen. Schließlich hatte es sich herumgesprochen, dass er im Lande war!

Dann verschwand Joey auch noch!!!! Aus einigen Gesprächsfetzen zwischen John und Patrick erfuhr ich, dass Joey irgend etwas mit einem "ultra-eisernen Mann" auf Hawaii zu tun hatte und Jimmy ihn dabei filmen würde... Mir wurde Angst und bange! Wieder dieses seltsame Wort, mit dem ich nichts anfangen konnte!
Würde sich nun auch Joey so verändern???
Zum Glück kehrte er nach einigen Tagen ins Schloss zurück - ganz und gar nicht unglücklich übrigens! Mir fiel ein Stein vom Herzen, wenigstens Joey würde mir also bleiben...
Zu diesem Zeitpunkt hatte ich alle Hoffnung auf Jimmys endgültige Rückkehr aufgegeben.

Wieder ging es auf Weihnachten und somit auch auf Joeys Geburtstag zu. Als hätte ich es geahnt, stand Jim wieder auf der Matte! Immer noch blond! Nur schimmerte die ursprüngliche Haarfarbe schon leicht durch... Das gefiel mir! Mein Herz, das ich schon fast vollständig Joey überlassen hatte, schlug Purzelbäume! Auf den ersten Blick wirkte er auch auf der Bühne wieder so agil wie früher - nur wer ihn intensiver beobachtete, dem fiel auf, dass er sich öfter nachdenklich in den hinteren Bereich verzog. Auch seine Texte hatte er scheinbar vergessen... Meine Euphorie verflog mit jedem Augenblick mehr - sie wich den altbekannten Fragen...
Um `s mit Joeys Worten zu sagen: Why, why, why?
Noch vor Weihnachten war Jimmy wieder weg...

Mitte Januar standen gleich mehrere Clipdrehs an, die ganze Family wurde eingespannt, weil fast ausschließlich auf dem Schlossgelände gedreht werden sollte. Es herrschte wieder das altbekannte Chaos, welches mich schon zu Straßenzeiten so fasziniert hatte. Alles ging drunter und drüber und so wunderte ich mich nicht, als Joey mich im allgemeinen Trubel einem alten Mann mit grauem Haar in die Hände drückte. Erst als der Typ begann, wie selbstverständlich, auf mir zu spielen, wurde ich stutzig - sehr stutzig sogar! Das war doch nicht etwa? Doch!!! ER war wieder erschienen - und die grauen Haare (Jimmy bestand darauf, sie seien silbern!) waren nur gefärbt! Wie glücklich ich war, ihn wieder lächeln zusehen. Der alte Glanz war in seine Augen zurück gekehrt. Vor Freude überschlugen sich die Töne, die ich von mir gab, gleich mehrmals! Das musste sich ziemlich grausam angehört haben, denn Joey verzog gequält das Gesicht!
"Bin lange nicht mehr zu Üben gekommen...", entschuldigte Jimmy sich auch sogleich und wollte mich wieder zurück geben.
Joey jedoch winkte ab: " Dann wird ´s Zeit, dass du es wieder tust!"
Vielleicht hatte er gehofft - genau wie ich - sein Bruder würde bleiben. Ich weiß es nicht. Wenn es so war, dann wurde unser beider Hoffnung auch dieses Mal enttäuscht... Dieses ewige Hoffen und dann doch wieder enttäuscht werden, zermürbte mich. Warum verhielt Jimmy sich so?

Keine vier Wochen später saß ich frühmorgens mit fast allen Familienmitgliedern vor der Flimmerkiste und traute meinen Augen nicht. In diesem komischen Gerät, dem ich bisher kaum etwas abgewinnen konnte, saß Jimmy im grünen Schlafanzug und erzählte über seinen Film, der nun endlich fertig war! Das heißt, er wollte wohl davon erzählen, aber Frau ließ ihn nicht!!! Wie sehr ihm das auf den Zeiger ging, war deutlich zu merken. Er versuchte seine Nervosität mit Coolness zu überspielen, aber das ging voll in die Hose! Nicht nur mir fiel das auf - der Rest der Family fieberte nun dem Abend entgegen, an dem ein weiteres Interview geplant war...
Ich zitterte still vor mich hin. Jimmy hatte zwar, trotz seines seltsamen Outfits, so gut ausgesehen, wie selten in den letzten Monaten, aber er war nicht er selber gewesen!
Wie erfreut war ich dann später, als ein bescheidener und freundlicher Jimmy auf der Mattscheibe zu sehen war!!! Das war "mein" Jimmy - der Mann, den ich kennen und lieben gelernt hatte, der seine schönsten Songs auf mir komponiert hatte. Würde er je wieder Lieder schreiben???
Schon zwei Tage später hielt er mich in den Armen... nur für kurze Zeit, doch ich genoss es zum ersten mal wieder richtig! Kaum war die Bravo-Show allerdings vorbei, war auch Jimmy wieder weg...

Von nun an häuften sich seine Besuche wieder - es waren nur Stippvisiten, bei denen er hin und wieder etwas mit den Geschwistern unternahm, aber mir reichte es, wenn er mich dabei regelmäßig streichelte. Das war besser als nichts!
War er abwesend hörte ich, wie sich die Anderen über ihn unterhielten, nie fiel ein böses Wort... was mich verwunderte! Ich werde die Menschen wohl nie so ganz begreifen - und die Kellys erst recht nicht!
Trotzdem liebe ich sie mit all ihren Macken! Und auch Jimmy wird immer den angestammten Platz in meinem Herzen behalten, denn ich weiß, er hat mich und die Musik nicht ganz vergessen...

Woher ich das weiß?

Da war dieses Konzert in Berlin... Ja richtig - ER war dabei und er sang ein neues Lied. Es klang melancholisch, aber es machte mich auf eine gewisse Weise auch glücklich, denn solange Jimmy noch singt, werde ich die Hoffnung nie ganz aufgeben, dass er vielleicht eines Tages ganz zurück kommt - zu seiner Family, zu seinen Fans und auch zu mir!!!


PS : Etwaige Ähnlichkeiten mit bekannten Personen und Begebenheiten sind gewollt...
Trotzdem - diese Geschichte ist reine Phantasie! Wer weiß schon, was wirklich los ist???

© 07.1999 by honeygirl@kellys.com


© Honeygirl