Lang lang ist es her, als es mal einen kleinen Jungen gab, der viel zu
viel arbeitete. Und warum? Weil sein Vater es so wollte. Was er tat? Er
arbeitete eben, und das macht doch bei kleinen Kindern keinen
Unterschied.
Als er gerade mal 5 Jahre alt war, starb seine Mutter. Der
einzige Mensch, der ihn vor dieser Arbeit beschützt hatte. Die einzige
Person, die er wirklich liebte. Dann kam sein Vater an die Macht. Und
machte ihn zu dem, was er jetzt ist.
Arbeit, immer nur Arbeit. Wie ein kleiner Stern, der immer nur leuchten
musste. Allein konnte er es nicht, also rannte er hinter der Sonne her und
flog durch das Universum. Er kam viel rum, traf viele andere Sterne, die
es vielleicht viel leichter hatte, viel leichter leuchten konnte. Aber er
war noch so klein, und musste sich durchbringen. Unter dem Druck seines
Vaters flog er immer wieder der Sonne hinterher. Mehrmals durchflog er das
Universum, hatte aber doch nichts gesehen, zu viel Stress und Hektik in
seinem Leben.
Sobald er sich auch nur umdrehte, wendete sich die Sonne
und der helle Schein ließ nach. Das durfte nicht sein. Der kleine Stern
wusste das, und setzte alles in Bewegung um ihr hinterher zu kommen. Und
warum? Weil er es niemals anders gelernt hatte. Sterne müssen strahlen,
also strahlte er. Er lachte und war glücklich, denn er kannte es nicht
anders. Wusste nicht, wie sein leben sonst hätte verlaufen können.
Als er älter wurde, da sah er plötzlich die anderen kleinen Sterne. Und
sie strahlten nicht. Sie saßen im Schatten der Eltern und wurden behütet.
Natürlich hatten diese Sterne niemals das weite Universum gesehen, aber so
sollte es auch sein.
Unser Stern jedoch, war alt geworden. Noch nicht
so alt, wie viele andere, die immer noch strahlen, aber der Stress und der
weite, niemals endende Weg hatte ihn müde gemacht. Schon lange hatte die
Menschen auf der Erde diesen ewig strahlenden Stern gesehen, in
eingezeichnet, überall vermerkt und waren fasziniert von solch einem
Wesen. Es war ein perfekter Stern, schön anzusehen und immer unterwegs.
Unberechenbar in seiner Laufbahn. Den Menschen gefiel das. Also sahen sie
Nachts zum Himmel herauf, und unser Stern musste weiter fliegen. Man
erwartete es von ihm, er durfte nicht enttäuschen. Immer weiter und
weiter, bis er eines Tages so schwach war, das er vom Himmel fiel...
Nehmen wir einmal an, dieser Stern war gar kein Stern, sondern ein
Mensch. Was würden sie sagen? Kein Stern der durch das Universum fliegt,
sondern ein kleiner Junge, der durch die Welt reist. Viel erlebt, aber
dennoch nicht die einfachsten Dinge. Eier kochen lernt er nie, dafür aber
jedes Instrument und unendlich viele Sprachen.
Ein Traum denken sie?
Nein, es ist kein Traum, es ist die Geschichte eines jungen Mannes, der
niemals enttäuschen durfte. Von seinem Vater in eine Rolle gedrängt, dann
schon bald die Kontrolle verloren. Im Nu waren die Menschen so fasziniert,
dass sie diesen Jungen nie wieder außer Sicht lassen wollten. Eine
Faszination, so was hatte es noch nie gegeben und so etwas wird es auch
nie wieder geben. Er schien perfekt, konnte so viele Dinge, die er auf
seinem Höllenflug durch diese Welt immer weiter lernte. Immer tiefer wurde
das Bild, immer weiter trieb man ihn.
Noch ist er nicht gefallen, aber
es wird bald soweit sein. Man muss ihm verzeihen, wenn er langsamer wird.
Lebensmüde, in seinen jungen Jahren. Alles gesehen und alles gehört, er
ist doch noch so jung. Verzeihen sie ihm, das er nicht immer scheinen
kann. Verzeihen sie ihm, wenn er ihren Anforderungen nicht mehr
entspricht. Denn er ist kein Stern, er ist nur ein Mensch. Und seine
unglaubliche Begabung, sein unerschütterliches Talent, all das ist
unglaublich, aber endlich.
Alles hat ein Ende, so auch die Geschichte
von diesem Mann. Der Mann, der starb, noch bevor er richtig zu leben
begann.
Wer immer nur für andere scheint, der wird selber bald kein Licht mehr
sehen.
Für P. (Februar 1998)