Visionen

by Doro   doro-violet@gmx.de

"Foul! Foul! Ach Scheiße!" Paddy ließ die Hände sinken, die er eben noch so heftig in die Höhe geworfen hatte. Doch schon war der Ball wieder im Rennen, und Paddy sprang in die Luft. "Ja! Jetzt! Du hast den Ball, mach' was draus! Na hopp! Ja! Los! Und jetzt...... ja, ja! TOOOOOOOOOOOR!"
"Mann, du Arsch, brüll' doch net so!" giftete Joey ihn an und trank einen großen Schluck von seiner Cola. "Wie soll man denn da pennen?"
Paddy klappte den Mund wieder zu und wurde rot. Seine Aufregung war ihm leicht peinlich. Schließlich saß er nicht in der ersten Reihe eines großen Fußballspiels, sondern nur zuhause vor der Glotze. Und John und Joey waren längst nicht so aufgeregt wie er. John war sogar eingeschlafen. Mit offenem Mund schnarchte er vor sich hin und hatte seine Füße in Joeys Schoß ausgestreckt. Joey schnüffelte an seinen Socken und verzog das Gesicht.
Patricia kam mit Luke auf dem Arm ins Wohnzimmer. "Joey, dein Sohn schläft schon den ganzen Tag. Er scheint zu spüren, dass seine Eltern heute keine Zeit für ihn haben!" Joey bewies Patricias These, indem er weiter auf den Bildschirm starrte. Dafür begann Luke plötzlich zu brüllen, und zwar so laut, dass John erschrocken vom Sofa sprang, Joey ärgerlich knurrte, Patricia das Kind fast hätte fallen lassen und Paddy genervt die Augen verdrehte.
"Sagt mal, könnt ihr das Kind mal abstellen?" tönte Angelos Stimme aus dem Garten. "Ich schreibe gerade einen Song und will nicht gestört werden!"
"Ein Kind kann man nicht abstellen, wie willst du das denn machen?" giftete Maite, die auch im Garten war, zurück. Angelo entgegnete etwas Wütendes, Maite schrie zurück und innerhalb von Sekunden waren die beiden draußen viel lauter als Luke. Darüber war auch der kleine Luke so überrascht, dass er aufhörte zu brüllen. Doch dann erschien ein Spieler in Großaufnahme auf dem Bildschirm, und er begann wieder grell zu weinen.
"Er steht auf meine Mannschaft!" stellte Paddy befriedigt fest.
"Könnt ihr jetzt bitte mal wirklich aufhören mit dem Lärm?" bat John. "Ich bin müde und möchte schlafen." "Wenn du schlafen willst, warum legst du dich denn dann nicht ins Bett?" fragte Patty angesäuert. "Aber du hast Recht, hier sollte Luke nicht bleiben. Bringst du ihn nach oben, Joey?" Joey winkte ab. "Mich stört es nicht, wenn er hier ist, er soll machen was er will!" Da wurde Tricia aber sauer und schrie: "Du bist ein verantwortungsloser Vater - ganz frech bist du!" "Seid doch mal leise!" brüllte Paddy.
John sprang mit schuldbewusstem Gesicht auf, obwohl er mit dem ganzen Streit doch eigentlich nichts zu tun hatte. "Ist schon okay, Joey, Patricia. Ich bringe Luke nach oben und lege ihn wieder hin - und mich auch." "Dabei kannst du auch gleich die Socken wechseln!" sagte Joey böse. Johnny drehte sich mit Luke auf dem Arm um und giftete Joey an, Luke fing wieder an zu brüllen und Tricia flüchtete in den Garten zu Maite und Angelo, die sich immer noch ankreischten. Im Haus und im Garten schrien alle durcheinander, und auf dem Bildschirm wurde ein Tor geschossen. "Toor!" jubelte Paddy.

Paddys Mannschaft gewann 5: 2, und Paddy war hochzufrieden. Nach dem Spiel schaltete er den Fernseher aus und war in einer guten Stimmung. Jetzt hatte er so richtig Lust auf spazierengehen in frischer Luft. Vielleicht würde ja Barby mitgehen? Doch Barby lag mit ihrem Discman in der Badewanne und hörte HISTORY von Michael Jackson. Da das ja eine Doppel-CD war, verwarf Paddy den Gedanken, auf sie zu warten. Ob Johnny vielleicht Lust hatte? Doch der lag auf seinem Bett und pennte immer noch. Er wachte nicht einmal auf, als Paddy ihm die Socken auszog und auf seine Nase legte.
Gut, dann musste er jemand anderen finden. Er fragte alle, die ihm über den Weg liefen, aber Trish war in die Stadt gegangen, Jimmy hing am Telefon, Kathy schnitt gerade Sean die Haare (was der aber mit lautem Gebrüll quittierte), Joey saß in der Küche und machte sich was in der Mikrowelle warm, Angelo arbeitete immer noch mit höchst verbissenem Gesicht an seinem Song und Tanja war auch nicht da. Vater brauchte er gar nicht erst zu fragen. Paddy war ratlos. Schließlich fragte er sogar Maite, ob sie mit ihm spazierengehen wollte, obwohl er eigentlich Streit mit ihr hatte. Wie er es erwartet hatte, fing Maite auch sofort an zu lachen und zeigte ihm einen Vogel. "Spazieren? Das ist doch nur was für Opas!"
"Wir können ja auch das Rad nehmen?"
"Och nee, du, ich helfe lieber Angelo bei seiner Schnulze."
Nun gut, beschloss Paddy, gehe ich halt allein. Aber eine Radtour erschien ihm jetzt doch entspannender als ein Spaziergang. Also nervte er Joey, er solle ihm helfen, sein Rad aus dem Keller zu holen. Joey stöhnte. "Du bist ein elender Sargnagel, weißt du das?" "Biiiitteeeee, Joey!" Schließlich half Joey ihm, das gelbe Rad aus dem Keller zu schleppen. Paddy sprang drauf und raste durchs Tor. "Pääääddiiiieeeeyyyy!" kreischten die Fans aufgeregt. Paddy grinste und legte noch einen Gang zu.
Bald war er weit weg vom Schloss. Die Sonne schien, kaum eine Wolke war am blauen Himmel zu sehen. Ohne ein festes Ziel strampelte Paddy einfach weiter. An der Häuserblocks vorbei, durch eine Siedlung, an Schrebergärten vorbei, unter einer Eisenbahnbrücke durch. Die Sonne lachte noch immer vom Himmel, wie früher in Spanien. Es war Sommer. Jetzt wäre doch die beste Zeit, um sich zu verlieben.

Paddy bremste haarscharf. Fast wäre sein Fahrrad gekippt. Nein, das konnte doch nicht sein. Das war doch irgendwie nicht so recht möglich. Aber doch. Da vorne im Gras saß Tanja.
Aber sie war doch in die Stadt gegangen, hatte sie heute Morgen gesagt! Paddy runzelte die Stirn. Was machte Tanja hier ganz allein auf dieser einsamen Wiese, so weit weg von der Stadt? Warum war sie nicht bei Luke und Joey? Was sollte das Ganze?
Aber na ja, vielleicht rege ich mich ja unnötig auf, dachte Paddy im Näherkommen. Tanja hat ja wohl das Recht dazu, auf 'ner Wiese zu sitzen, ohne dass ich mir Gedanken machen muss. Und immerhin ist ja kein anderer Mann dabei oder so. Und eigentlich geht mich das ja gar nichts an.
Tanja bemerkte ihn erst, als er direkt vor ihr stand. "Paddy, was machst du denn hier?" Verwirrt sah sie auf. Paddy bemerkte, dass ihre Augen leicht gerötet waren. Hatte sie geweint? Aber das muss nicht sein, dachte Paddy, das muss nicht der Grund sein, sie hat ja auch immer Probleme mit ihren Kontaktlinsen.
"Tanja, was machst du denn so allein hier?" fragte Paddy und ließ sich neben ihr ins Gras fallen. "Warum bist du nicht in der Stadt oder bei Joey und Luke?"
"Ach..." Tanjas Gesicht verdunkelte sich. Sie sah Paddy nicht an. "Manchmal brauche ich eben meine Ruhe. Du glaubst gar nicht, wie anstrengend es ist, ein Kind zu haben. Und dann auch noch ein so lebhaftes und lautes wie Luke! Ständig schreit er und hat Hunger und Durst oder die Windeln voll, ständig müssen Joey und ich rennen! Und unsere Beziehung bleibt dabei völlig auf der Strecke."
"Aber indem du hier allein sitzt, wird's doch auch nicht besser," warf Paddy vorsichtig ein.
Tanja streifte ihn kurz mit ihren Blicken. "Du hast ja Recht, Paddy... und doch, du kannst dir bestimmt nicht so gut vorstellen, wie das alles ist. Joey und ich hatten noch nie viel Zeit füreinander... wegen seinem Sport oder er war mit euch unterwegs, und ich war ja auch viel mit meiner Karriere beschäftigt. Und dann bin ich so schnell schwanger geworden. Seit Luke da ist, ist alles noch viel stressiger geworden." Eine Träne lief ihr über die Wange. "Wir haben nie Zeit für uns. Ich liebe mein Kind, aber manchmal bin ich echt k.o.! Und Joey ist auch nur noch fertig, wir sind beide nur noch genervt, und wir können ja auch nicht ständig Kathy oder Patricia oder sonst jemanden von euch bitten, uns mal Luke abzunehmen, dass wir mal zusammen ins Theater oder ins Kino gehen oder einfach mal einen Abend für uns haben. Kannst du das verstehen, Paddy?"
"Ja, ich glaube schon," sagte Paddy.
"Meine Nerven liegen blank. Ich weiß, so kann es nicht weitergehen. Aber manchmal habe ich auch das Gefühl, dass Joey überhaupt nicht zu seinem Kind steht und das Luke und ich ihm völlig egal sind. Sein Sport ist ihm sowieso wichtiger, und vielleicht ist Joey auch noch gar nicht reif für ein Kind..." Tanja brach ab.
Paddy schwieg. Er musste daran denken, wie uninteressiert Joey heute gewesen war und einfach John und Patricia die ganze Arbeit mit Luke überlassen hatten. Tanja schien recht zu haben. Oder hatte Joey heute einfach nur einen schlechten Tag?
"Vielleicht, äh, vielleicht wird das ja aber auch wieder besser."
Tanja schnaubte. "An Wunder glaube ich schon lange nicht mehr. Joey und ich müssen uns dringend aussprechen, sonst hat das bald keinen Sinn mehr. Ich möchte wissen, was er denkt, ob er wirklich zu Luke steht und zu mir..." Sie drehte sich zur Seite und presste die Hände an den Mund. Paddy sah, dass ihre Augen wieder rot waren.
Etwas unbeholfen legte er ihr die Hand auf die Schulter. "Tanja, warum machst du dir denn nicht einfach die Kontaktlinsen raus, wenn du damit immer Probleme hast?"
"Mann, du Idiot, ich heule!" schluchzte Tanja.

Schon über zwei Stunden saßen Paddy und Tanja auf der Wiese. Inzwischen waren einige weiße Wolken am Himmel aufgezogen. Paddy wunderte sich, wie schnell die wanderten.
Tanjas Augen waren nicht mehr gerötet. Sie weinte auch nicht mehr, saß ganz ruhig im Schneidersitz da. "Manchmal habe ich eine Vision," begann Tanja leise. "Ich denke an mich und Luke und Joey. Wir sind eine glückliche Familie. Wir wohnen zusammen in einem kleinen Haus, gerade groß genug für uns drei. Joey hat... nun, einen normalen Beruf. Er treibt Sport, aber nicht so viel. Wir sind einfach ganz normale, glückliche Eltern und Luke wächst glücklich und zufrieden auf, nicht als Starkind, ohne Ruhm, einfach ganz normal. Das ist meine Vision, Paddy. Ich glaube ganz fest daran. Ich weiß, eines Tages wird es so kommen."
"Aber Tanja, äh, das geht doch gar nicht, ohne Ruhm..."
"Visionen sind keine Träume. Sie werden wahr," sagte Tanja fest.

Zehn Minuten später verabschiedete Paddy sich. Er wollte nach Hause, denn er hatte Hunger. Tanja blieb noch. Sie versprach Paddy, bald nachzukommen. Aber sie hatte ja sowieso kein Fahrrad, also brachte es nichts, wenn Paddy auf sie wartete. "Mach' dir mal keine Sorgen, Tanja," sagte Paddy zum Abschied. "Das mit Joey und Luke und dir, das wird schon wieder. Vielleicht könnt ihr ja heute Abend noch ausgehen, Joey und du. Patricia passt sicher gerne auf Luke auf. Und morgen machen wir die Fotosession mit der POPCORN eben ohne Joey, dann könnt ihr zu dritt in den Zoo gehen oder so."
"Du bist echt lieb, Paddy," sagte Tanja getröstet. Dabei sah sie ganz verträumt in die Wolken. Vielleicht sah sie ja wieder ihre Vision. Sie sah sehr gelöst dabei aus. Ich könnte mich ja fast in sie verlieben, dachte Paddy kurz. Doch diesen Gedanken verwarf er schnell wieder. Erstens war sie viel zu alt für ihn, zweitens war sie eine Frau mit Kind, drittens war sie nicht in ihn verknallt und viertens war sie die Freundin seines Bruders. Also gut. Paddy beschloss, nicht mehr daran zu denken. Er wollte lieber darüber nachdenken, wie er Tanja helfen konnte. Erst mal nach Hause radeln und was essen, klar. Und dann konnte er ja vielleicht mit Joey reden. Möglicherweise verstand der ja gar nicht, warum Tanja sich solche Sorgen machte. Er würde seinem Bruder von Tanjas Vision erzählen. Vielleicht hatte Joey ja die gleiche Vorstellung. War doch möglich, oder? Er würde auf jeden Fall mit Joey reden.

Doch Paddy vergaß sofort alles, als er den Krankenwagen vor dem Schloss erspähte. Vor Schreck sprang Paddy vom Rad und warf es auf den Boden. Vielleicht war etwas mit Vater! Oh Gott, oh Gott, oh Gott. "Wisst ihr, ob etwas mit meinem Vater ist?" fragte Paddy die wartenden Fans aufgeregt. Doch die kreischten nur: "Päääddiiiieeeeeyy!" und griffen nach dem Rad. Da ging Paddy schnell rein.
Patricia und Barby standen im Flur und schrien sich aufgeregt irgendwas zu. "Um Himmels Willen, was ist denn nur geschehen?" empfing Paddy sie nervös. "Ist etwas mit Vater?"
Barby sah ihn müde aus. "Gut, dass du kommst, Paddy," sagte sie, ohne auf seine Frage einzugehen. "Wir mussten einen Krankenwagen holen. Johnny geht es sehr schlecht.
"Johnny? Warum das??"
"Irgendein Idiot hat ihm eine Socke auf die Nase gelegt! Da bekam der Arme natürlich keine Luft mehr... zum Glück hat Jimmy ihn rechtzeitig gefunden... also, wenn ich diesen Scherzkeks, der das mit der Socke war, erwische, mache ich den aber einen Kopf kürzer!" drohte Patricia aufgebracht.
Paddy wurde ganz schwindelig. Das hatte er doch nicht gewollt! Gerade wollte er vor Patricia seinen Fehler zugeben, da kamen zwei Typen in weißen Kitteln die Treppe herunter und trugen John auf einer Bahre, gefolgt von Jimmy und Joe. John war total blass und hatte Schläuche aus seiner Nase hängen. Seine Augen waren geschlossen und er sah nicht mehr besonders lebendig aus. Barbarina fing an zu weinen, als sie ihn sah, und Paddy musste schnell die Arme um seine Schwester legen und sie trösten.
Patricia, Barby und Paddy traten hinter den vieren nach draußen. Die kreischenden Fans ignorierend luden Joey, Jimmy und die beiden Weißkittel John in den Krankenwagen. "Wollen Sie mit ins Krankenhaus
kommen?" fragte einer der beiden Männer, während Jimmy und Joey schon längst in den Krankenwagen geklettert waren. Patricia, Paddy und Barby nickten gleichzeitig. "Wenn wir gehen, dann gehen wir alle!" sagte Patricia, und schon waren sie und Barby davongestürmt, um Kathy, Sean und Angelo zu holen. "Hol' Maite aus der Küche!" rief Patricia Paddy noch über die Schulter zu.
Paddy eilte in die Küche, wo Maite nervös und der Dinge harrend am Tisch saß. Während er ihr erklärte, dass sie jetzt alle ins Krankenhaus fuhren, griff Paddy noch schnell mit einer Hand in die Keksdose. Das kam ihm wie ein fürchterlicher Vertrauensbruch an Johnny vor, aber verdammt, er hatte doch so Hunger!

"Ich glaube, er kommt zu sich," sagte Angelo aufgeregt.
Paddy war erleichtert und rückte näher zu Johnny, um auch seine Hand zu halten, die schon Patty und Maite fest umklammerten. Im selben Moment schlug Johnny die Augen auf.
"Na halleluja!" sagte Jim.
Johns Augen wurden ganz groß. Offenbar konnte er nicht so recht verstehen, warum er hier in einem Krankenhausbett lag und Joey, Barby, Patricia, Jimmy, Sean, Maite, Paddy, Angelo und Kathy um ihn herumsaßen. "Wo bin ich und was ist mit mir passiert?" fragte er mit schleppender Stimme.
"Du bist im Krankenhaus. Du hast keine Luft mehr bekommen, aber jetzt ist alles wieder in Ordnung," klärte Angelo ihn sachlich auf.
"Und warum habe ich keine Luft bekommen?" Johnny war verwundert.
"Irgendein Idiot hat dir eine stinkende Socke auf die Nase gelegt," erklärte Jimmy mit gerunzelter Stirn. "Ich möchte wissen, wem so ein Käse einfällt."
Paddy errötete. "Ääääääh Leute, da kann ich was erklären. Das war nämlich... ich."
"Was?" schrie Kathy.
"Wie kommst du denn auf die Idee?" rief Barbarina.
"Ich glaub', du spinnst!" rief Maite.
"Es war ja keine Absicht!" fiepte Paddy. "Ich habe einfach nicht nachgedacht... ich hoffe, Johnny ist mir nicht böse..."
"Nicht böse? Vermöbeln sollte man dich!" rief Joey laut.
"Na super, wir sind ja schon im Krankenhaus!" sagte Angelo.
Nach einem allgemeinen Tumult erklärte John, er wäre Paddy nicht böse. Paddy war erleichtert, alle beruhigten sich und Kathy rief schnell Vater an, um zu erklären, dass mit John alles in Ordnung war.
Während ihrem Gespräch starrte Babsy plötzlich total erschrocken auf Sean. Das irritierte Kathy, sie beendete das Gespräch und fauchte ihre Schwester an: "Was guckst du so auf meinen Sohn, was passt dir nicht??"
"Nichts, es ist nichts," stotterte Barby, "ich musste nur gerade daran denken, dass wir Luke allein zuhause gelassen haben!"
"Oh nein!" riefen Joey, Angelo, Maite und Jimmy im Chor. "Wir müssen sofort nach Hause!" "Ja, wir kommen auch mit," sagte Patricia und griff nach ihrer Handtasche. "Und mich lasst ihr ganz allein?" protestierte Johnny. "Ich bleibe bei dir," versprach Kathy. "Ihr anderen, nehmt ihr Sean mit heim?" "Aber natürlich," sagte Jimmy.

Im Schloss kamen sie gerade zur Tür herein, da klingelte Patricias Handy. "Es war Kathy," erklärte sie Angelo, Maite, Barby, Paddy und Jimmy, als sie aufgelegt hatte. "Der Arzt war eben da. John muss nur noch über Nacht im Krankenhaus bleiben, morgen darf er schon wieder nach Hause. Kathy bleibt heute Nacht bei ihm."
"Super, dann hole ich die beiden morgen ab," sagte Jimmy und gähnte.
"Wo ist eigentlich Joey?" fragte Angelo.
"Na ja, bei Luke, nehme ich an," sagte Maite.
Angelo, Paddy, Barby, Patricia, Jimmy und Maite blieben dann noch einige Minuten plaudernd im Flur stehen. Plötzlich kam Joey mit misstrauischem Gesicht die Treppe herunter. "Wer von euch hat meinen Sohn?" fragte er.
"Was? Natürlich keiner! Wir stehen hier und quatschen!" sagte Angelo ärgerlich.
"Aber Luke ist weg."
"WAS??"
Alle stürmten nach oben, ins Schlafzimmer von Joey und Tanja. Tatsächlich, Lukes Gitterbettchen war leer und nirgendwo war eine Spur von ihm. Alle wurden ganz nervös. "Habt ihr ihn nicht in euer Bett gelegt?" fragte Patricia und hob die Decke an. "Lass' es sein, es hat doch keinen Sinn," sagte Joey.
"Vielleicht hat Vater ihn ja zu sich geholt," meinte Jimmy und ging einige Zimmer weiter. Doch er kam unverrichteter Dinge zurück, Vater telefonierte mit Henry und Luke war nicht zu sehen.
Spätestens jetzt waren die Kellys fertig mit den Nerven. Joey stand nur da und rang die Hände, Jimmy guckte sogar unter dem Bett und in den Schränken nach und Patricia schrie Zeter und Mordio. Paddy stand da und hatte Angst. Irgendwie fühlte er sich schuldig, aber er wusste nicht warum. Das waren wohl nur noch die Nachwirkungen von der Sache mit Johnny.
"Luke ist entführt worden, buhuu!" klagte Patricia. Angelo schauderte. "Sag' doch nicht so schreckliche Sachen! - Vielleicht hat Tanja ihn abgeholt, ruuf' sie doch mal an!" Joey wählte mit zitternden Fingern, doch er traf immer nur die falschen Tasten. Angelo nahm ihm seufzend das Handy aus der Hand und wählte selbst. Doch Tanjas Handy schien abgeschaltet zu sein. Paddys Angst wuchs.
"Gehen wir systematisch vor! Wer hat Luke denn zuletzt gesehen?" fragte Jim in die Runde. Alle überlegten. "Johnny, als er ihn schlafen gelegt hat, nach dem Fußball," sagte Joey schließlich. Angelo rief gleich im Krankenhaus an, legte aber ziemlich schnell und missmutig wieder auf. "John sagt, er hat Luke ganz normal schlafen gelegt und ist dann auch pennen gegangen und das war alles."
"Und sonst, hat ihn keiner mehr gesehen?" fragte Jimmy eindringlich. Patricia schüttelte den Kopf. "Nein, denn dann war ja schon die Sache mit John. Und wir sind alle ins Krankenhaus gestürmt." "Und du, Paddy, du hast ihn auch nicht mehr gesehen, nicht wahr?" sagte Jimmy. Maite antwortete für ihn. "Quatsch, der war doch radeln! Stimmt's, Pad?" Paddy nickte...
Verzweifelt traten sie wieder nach unten in den Flur. "Erst die Sache mit Johnny und jetzt das mit Luke, ich kann nicht mehr!" klagte Maite. Barby legte den Arm um Joey - schwierig, weil er viel größer als sie war. "Joe, mach' dir nicht so viele Sorgen, vielleicht gibt es ja eine plausible Erklärung für Lukes Verschwinden!"
"Ha!" stieß Joey hervor. "Das glaubt ihr doch selbst nicht! Was, wenn ich ihn nie wiedersehe? Das überlebe ich nicht! Wenn Luke etwas zugestoßen ist... das darf nicht sein! Ich liebe meinen Sohn!"
"Das glaube ich nicht!" erklang eine Stimme von der Tür her. Alle drehten die Köpfe. An der Tür zum Wohnzimmer stand Tanja. Ihre Gesichtszüge waren hart. Paddy wurde ganz kalt.
"Tanja! Weißt du, wo Luke ist?" bellte Joey.
"Jedenfalls nicht hier. Und hier wird er auch nicht mehr sein."
"Lass' den Quark, Tanja!" befahl Angelo. "Du weißt, wo Luke ist, nicht wahr! Sag' es uns!"
"Nein!" schrie Tanja. Sie klang nicht kalt, fand Paddy, eher völlig verzweifelt. "Warum sollte Joey das erfahren? Sein Kind ist ihm doch egal! Da komme ich heute nach Hause und höre meinen Sohn brüllen, und keiner von euch ist da! Joey kann keine Verantwortung übernehmen! Er wird Luke nie wieder sehen, wenn er sich nicht ändert!"
"Tanja! Wie kannst du nur! Luke ist auch Joeys Kind, sag' uns sofort, wo du ihn hingebracht hast!" schrie Jimmy. "Joey ist ein guter Vater, du hast kein Recht, ihm das Kind wegzunehmen nur wegen einem Fehler!"
"Denkt ihr, ich mache das aus Spaß?" schluchzte Tanja und rannte aus dem Schloss. Die Türen flogen hinter ihr zu. Jimmy wollte ihr hinterher, aber Patsy hielt ihn zurück. "Lass' es, es hat doch keinen Sinn."
Paddy war wie betäubt von den Ereignissen. Joey brach schluchzend auf dem Boden zusammen. Noch nie hatte Paddy ihn weinen sehen. "Wie kann sie das tun? Ich liebe sie, und ich liebe Luke erst recht! Wie kann sie ihn mir einfach wegnehmen? Ich will doch ein guter Vater sein!"
"Nun reg' dich mal nicht auf, Joey, immerhin wurde Luke ja nicht entführt oder so," versuchte Patricia ihn zu trösten. Aber dann kamen auch ihr die Tränen. "... ach scheiße, verdammt!" Auch Barby und Maite fingen an zu plärren. Jimmy und Angelo versuchten erst noch, ganz cool zu gucken, doch dann wurden auch ihre Augen feucht. Und als Paddy an Tanjas Vision dachte, musste auch er weinen.

Das Haus war leer ohne Luke. Paddy ertappte sich dabei, wie er den kleinen Schreihals vermisste. Es hatte ihn immer genervt, wenn Luke schrie, während er einen Song schreiben wollte, wenn er die Windeln vollhatte und danach duftete oder wenn er immer dann versorgt werden musste, wenn Paddy gerade etwas mit Tanja oder Joey machte. Aber jetzt, da er weg war... Joey lief sowieso nur noch wie ein Zombie herum, und auch die anderen waren verzweifelt. Da half es auch nicht viel, dass Kathy und John wieder aus dem Krankenhaus zurück waren. Die beiden regten sich nur noch mehr auf.
Inzwischen wussten sie auch, wo Tanja Luke hingebracht hatte: zu ihren Eltern nach Augsburg. Sie hatte selbst angerufen und es Joey gesagt. Joey konnte aber mit dieser Information nicht viel anfangen, er war wie eine leblose Puppe. Nachts hatte er Albträume, er ging nicht mehr zum Sport und noch nie hatten ihn die anderen so oft weinen sehen wie in diesen Tagen.
Vater sagten sie nichts von der ganzen Sache mit Tanja und Luke, der würde sich nur ganz fürchterlich aufregen und das wäre nicht gut für seine Gesundheit. Patricia erklärte ihm, Tanja und Luke würden Urlaub in Augsburg machen.
Alle bedrängten Joey, er solle nach Augsburg fahren und seinen Sohn zurückholen. "Das, was Tanja da macht, ist Kindesentführung! Sie darf deinen Sohn nicht behalten, nimm' ihn dir wieder!" drängte Maite. "Fahr' einfach nach Augsburg und fordere Luke zurück!" sagte John, und Babsy sagte: "Wir haben doch noch eine Pistole, vielleicht kannst du Tanja damit einschüchtern!" "Sag' mal, spinnst du?" fragte Kathy.
"Ach, ihr habt doch alle keine Ahnung! Meine Nerven liegen blank, ich kann nicht mehr!" schluchzte Joey und rannte weg.

Einige Tage später saß Paddy wieder gemeinsam mit Angelo und John vor dem Fernseher. Ein Fußballspiel lief, aber Paddy guckte gar nicht richtig hin. Er hatte keine Ahnung, wie es um seine Lieblingsmannschaft stand. War ihm auch egal. Was kümmerte ihn das dumme Fußballspiel! Wenn doch nur Luke wieder hier wäre!
Plötzlich betrat Joey das Wohnzimmer - in einer schicken Lederjacke und mit Sonnenbrille. Er sah richtig fröhlich und cool aus, und Paddy, Lino und Johnny blieb der Mund offen stehen. Eine solche Kombination hatte Joey schon lange nicht mehr getragen. "Was ist los, Joe, gehst du zu einem Date?" rief Lino.
Joeys Gesicht verfinsterte sich. "Blödsinn! Ich fahre jetzt nach Augsburg, um meinen Sohn zurückzuholen!" Er sah sehr siegessicher aus.
"Darf ich mit?" fragte Paddy.
"Na logo."
Kurz darauf saßen die beiden in Joeys Cabrio, und Joey nahm Kurs auf Augsburg. Er wirkte ungemein fröhlich, drehte das Radio laut auf und pfiff mit. "Bist du dir sicher, dass du Luke zurückbekommen wirst?" fragte Paddy vorsichtig. "Total sicher!" Joey lachte. "Ich werde mich als verantwortungsvoller Vater zeigen..."
Paddy musste an Barbys Vorschlag denken. "Aber Joey, du willst Tanja und ihre Eltern doch nicht wirklich so einschüchtern, dass sie Luke rausrücken, oder?" fragte er ängstlich und spähte ins Handschuhfach, ob da vielleicht die Pistole lag.
"Ach Quatsch! Sehe ich in dem Outfit nicht spitze aus? Tanja wird sich wieder richtig in mich verlieben, und dann wird sie mit Luke zurückkommen und wir werden eine glückliche kleine Familie sein! Das war schon immer meine Vision..." Paddy riss die Augen auf.
Doch je näher sie Augsburg kamen, desto nervöser würde Joey. Er stellte das Radio leiser und pfiff nicht mehr mit, dafür rauchte er hektisch eine Zigarette nach der anderen. Als sie schließlich in einem kleinen Vorort von Augsburg vor Tanjas Elternhaus hielten, wollte Joey nicht aussteigen. Paddy war verwirrt. "Aber Joey, du musst jetzt aussteigen, sonst haben wir ja die ganze Reise umsonst gemacht!"
"Weiß ich doch, Paddy! Es ist nur so... ich habe schreckliche Angst!"
"Na super!" seufzte Paddy. "Das ist ja der beste Anfang!"

Tanjas Eltern waren nette, sympathische Menschen. Paddy fand, dass sie Tanja sehr ähnlich sahen, und somit auch Luke. Die beiden baten Paddy und Joey ins Haus. In der Küche war der Kaffeetisch gedeckt. Tanja war nicht zu sehen.
Die Eltern wollten alles Mögliche über die Karriere der Kelly Family wissen. Paddy erzählte ihnen alles, wonach sie fragten. Joey saß nur mit ungläubigem Gesicht daneben und sprach kaum ein Wort. Irgendwann wurde er gefragt, ob er seinen Sohn sehen wolle. Natürlich!
Die vier stiegen eine knarrende Treppe hinauf. Im Schlafzimmer von Tanjas Eltern stand ein Gitterbett - womöglich war es schon Tanjas Bettchen gewesen? Luke lag darin und schlummerte. Joeys Augen wurden feucht, als er sein Kind sah. Er nahm Luke aus dem Bett und hielt ihn auf dem Arm. Paddy strich mit dem Finger sanft über Lukes warme Wange. Luke wachte auf, sah seinen Papa aus großen Augen an und gähnte. Paddy schluckte.
"Ich will meinen Sohn zurück!" schluchzte Joey.
"Es tut uns schrecklich Leid, Herr Kelly, aber das können wir nicht erlauben," sagte Herr Niethen.
"Aber warum denn nicht?"
"Weil Sie mit der Vaterrolle offenbar sehr überfordert sind, das ist der Grund."
"Aber ich..."
"Bitte verstehen Sie uns nicht falsch, Herr Kelly. Wir sind uns sicher, dass Sie Ihr Kind und auch Tanja von ganzem Herzen lieben," setzte Frau Niethen hinzu. "Aber Sie sind zu jung, um ein verantwortungsvoller Vater zu sein. Sie müssen sich noch austoben, Ihren Hobbys nachgehen, sich Ihrem Sport widmen. Das verstehen wir doch völlig. Luke war nicht geplant?"
"Nein," musste Joey zugeben, warf einen Blick auf Luke und setzte heftig hinzu: "Aber ich würde ihn um nichts in der Welt wieder hergeben!"
"Das glauben wir Ihnen, Herr Kelly!" versicherte Herr Niethen. "Aber Sie sehen, dass Tanja und Sie beide mit der Situation überfordert waren. Sie haben sich ja beide kaum gekannt, und schon war das Kind da. Es ging zu schnell, nicht wahr? Tanja und Sie, ihr beide hättet mehr Zeit gebraucht, einander kennenzulernen. Du bist schließlich nun der Vater ihres Kindes, und eigentlich kennt ihr euch ja kaum." Paddy stellte überrascht fest, dass Tanjas Vater Joey plötzlich duzte. "Wer weiß, wie sich eure Beziehung entwickelt hätte, wenn ihr Luke nicht bekommen hättet? Vielleicht hättet ihr euch getrennt? Bitte versteh' mich nicht falsch - wir haben nichts gegen dich, und Tanja war mit dir auch immer recht glücklich, hat sie uns oft erzählt. Vielleicht seid ihr das absolute Traumpaar, heiratet, bekommt noch drei Kinder und seid für immer glücklich. Aber vielleicht stellt ihr auch in ein bis zwei Jahren fest, dass euch gar nichts verbindet. Dass es andere gibt, die besser zu euch passen. Und dann wird das Ganze auf dem Rücken von Luke ausgetragen. Eben das wollen wir alle doch verhindern, oder?"
Obwohl er gar nicht angesprochen war, nickte Paddy eifrig. Tanjas Vater hatte Recht. Er hatte wirklich Recht. Man konnte ja nie wissen! Joey guckte ihn böse an, und sofort kam Paddy sein Nicken wie Verrat vor.
"Sie... Sie wollen Luke also... behalten?" flüsterte Joey.
"Es ist zu Ihrem Besten, Herr Kelly, glauben Sie uns!" sagte Tanjas Mutter.
"Aber das ist nicht fair!" weinte Joey. "Tanja soll unser Kind nicht allein erziehen!"
"Das tut Tanja nicht."
"Aber es ist doch hier, bei Ihnen..."
"Aber Tanja wohnt nicht bei uns. Verstehen Sie denn nicht, Joey?" Paddy stellte noch überraschter fest, dass Tanjas Mutter Joey nun auch bei seinem Vornamen nannte. "Tanja ist ebenso wie Sie von der Situation überfordert. Auch sie kann Luke nicht erziehen. Tanja kommt ihren Sohn oft besuchen, aber sie sorgt nicht für ihn. Das übernehmen wir. Wir haben Tanja und ihre Geschwister großgezogen. Verstehen Sie, wir möchten Tanja und Ihnen die Chance geben, einander ohne die Belastung durch die Erziehung eines Kindes richtig kennenzulernen. Wenn Sie beide wieder gefestigt sind, können Sie Luke sofort zurückbekommen. Aber im Moment ist es so das Beste."
Joey nickte unwillig, er schien das Ganze zu begreifen, aber nicht nachfühlen zu können. Paddy ging es ähnlich. Es war natürlich gut, wenn Tanja und Joey ihre Beziehung entwickeln konnten, ohne auf das Kind Rücksicht nehmen zu müssen. Aber wenn die beiden nun feststellten, dass sie nicht zueinander passten und sich trennen würden - was wurde denn dann aus Luke?
"Sie können Ihren Sohn ja so oft besuchen wie Sie möchten," setzte Frau Niethen hinzu.
"Na supi, sind ja nur immer 100 Stunden zu fahren!" sagte Joey frustriert.
Schließlich verabschiedeten sie sich von Tanjas Eltern, die ja eigentlich sehr verständnisvoll und nett waren, und von Luke. Schweigend fuhren Paddy und Joey wieder weg. Einige Straßen weiter mussten sie anhalten, weil Joeys Augen so feucht waren, dass er nichts mehr sehen und nicht mehr fahren konnte.
"Aber Joey, ich bin mir sicher, sie meinen es gut," sagte Paddy zaghaft.
"Natürlich meinen sie es gut. Ich bin ihnen ja auch dankbar. Aber es ist so schwer. Luke ist doch mein Kind, verdammt!" Joey warf die Sonnenbrille und seine Lederjacke nach hinten in den Kofferraum. Jetzt sah er nicht mehr cool aus, sondern nur noch sehr verzweifelt und schwach. Er steckte sich eine Zigarette an und bot Paddy auch eine an. Paddy hatte noch nie geraucht. Er setzte die Zigarette an den Mund. Er atmete den Rauch ein und musste kräftig husten.
Joey rauchte hastig. "Mit Tanja und mir ging wirklich alles zu schnell. Wir haben uns kaum kennengelernt, da wurde sie schon schwanger. Und während der Schwangerschaft hatten wir beide mit unserer Karriere so viel zu tun, und dann war Luke auch schon da, und alles drehte sich nur um ihn. Verstehst du Paddy, eigentlich weiß ich gar nicht, wer Tanja wirklich ist. Es ging alles viel zu schnell. Woher will ich wissen, dass sie wirklich die Liebe meines Lebens ist, mit der ich immer zusammenbleiben will? Aber verflucht, wir werden irgendwie immer zusammenbleiben müssen, wir sind durch Luke aneinandergekettet. Es ist zu spät. Ich werde Luke immer lieben, aber Tanja? Wir hatten nie viel Zeit füreinander. Ach verflucht. Weißt du, was ich wirklich
will? Ich will Tanja, und ich will Luke. Ich will, dass wir drei eine glückliche Familie sind. Aber was werde ich in ein paar Jahren wollen? Ich weiß es nicht. Verdammt, ich weiß es wirklich nicht. Ich kann nicht mehr, Paddy, ich kann nicht mehr." Erschöpft warf Joey seine brennende Zigarette aus dem Auto und sagte: "Es ist zu spät."

Nachts hatte Paddy Tanjas Vision. Vor seinem inneren Auge sah er Tanja, Joey und Luke im Garten eines kleinen Reihenhauses stehen. Joey stand im Garten und hackte Holz, der Schweiß lief ihm über die Stirn, aber er lachte und sang fröhlich. Tanja kam aus dem Haus, mit Luke an der Hand. Luke konnte kaum auf seinen wackligen Beinchen stehen. Er hatte Joeys Haare und Tanjas Augen, und natürlich sah er auch ihren Eltern ähnlich. In den Händen hielt er ein kleines Spielzeugauto. Tanja brachte Joey einen Teller Suppe. Ihr Bauch war leicht gewölbt, ein Geschwisterchen für Luke kündigte sich an. Joey nahm den Teller aus Tanjas Händen und gab ihr einen Kuss. Und von nirgendwo hörte man das Geschrei der Fans. Paddy wachte auf und sprach ein Gebet für Joey, Tanja und Luke.
Visionen sind keine Träume. Sie werden wahr, hatte Tanja gesagt.
Aber wann?


Diese Geschichte ist jemandem gewidmet, der auch vor wenigen Tagen zum ersten Mal Vater wurde und dem ich ein besseres Schicksal als Joey wünsche. Das ist meine ehrliche Meinung, auch wenn er mir das nie glauben wird. ~ df ~


© Doro