Without you I cannot live

by Anna   Patricia553@gmx.de

 

Wieder einmal so ein Tag. Ich hatte überhaupt keine Lust, zu arbeiten.
Lustlos schloss ich mein Fahrradschloss auf und radelte durch den strömenden Regen zur Klinik. Ich machte zu der Zeit eine Ausbildung zur Krankenschwester in Münster und hatte seit 2 Wochen den Intensiv – Einsatz. Als ich ankam, war ich klatschnass und es war auch schon kurz vor sechs. Ich zog mich ganz schnell um und ging ins Schwesternzimmer zur Übergabe. Wieder einmal hing ich meinen Gedanken nach...
"Anna?"
"Was?"
"Hey, wo bist du bloß immer mit deinen Gedanken in letzter Zeit?"
"Ich weiß auch nicht. Was wolltest du denn?"
"Geh mal zu dem Patienten auf Zimmer 12 und guck mal, ob die Infusion schon durch ist."
Hätte ich bei der Übergabe besser aufgepasst, wäre ich etwas darauf vorbereitet gewesen, aber so wusste ich gar nicht, was auf mich zukam.
Ich ging also ins Zimmer rein und mir stockte der Atem. Ich konnte nicht glauben, was ich sah. Da lag meine große Liebe Paddy Kelly!
Er lag im Bett wie tot, den Kopf tief im Kissen vergraben. Um die Stirn war ein Verband, der begann, sich mit Blut zu tränken. Er hatte am Oberkörper nichts an, lag aber in einem Korsett und je ein Arm und ein Bein waren in Gips. Angelo und Patricia saßen davor. Ich sah wieder rüber zu Paddy, mit der Beatmungsmaske und alle möglichen Geräte an ihm angeschlossen, die es gab. Er war leichenblass und die Augen waren geschlossen. Ich bekam einen Schock, als ich es realisierte, und schrie nur:
"Paddy!! Nein!!!"
Ich rannte raus. Raus aus der Klinik und in den Park. Dort sackte ich auf einer Bank zusammen und weinte. Tausend Fragen und Gedanken jagten mir durch den Kopf:
Wieso lag er hier? Was war passiert? Wird er sterben? Oh Gott!
Und ich schrie auch noch vor Angelo und Patricia!
Da hörte ich Schritte hinter mir. Meine Anleiterin Sandra kam auf mich zu und nahm mich in den Arm:
"Warum habt ihr mir nicht gesagt, dass Paddy das ist???"
"Ich wusste es selbst nicht. Als du rausgerannt bist, bin ich ins Zimmer und sah seine Geschwister und wusste, wer sie waren. Sie fragten mich, wer du warst und warum du geschrieen hast. Daraufhin bin ich raus, um dich zu suchen. Ich wusste ja nicht, dass du so einen Schock kriegen würdest. War es, weil es Paddy Kelly war oder generell?"
"Beides glaub ich. Ich habe noch nie einen Patienten so nah am Tod gesehen. Und wenn dann noch der Patient Paddy Kelly heißt, ist es zuviel. Sandra, du weißt, dass ich ihn über alles liebe. Und ich habe mich auch noch so dumm aufgeführt! Aber Sandra, sag mir die Wahrheit: Wird er sterben?"
"Ich weiß es nicht. Es sieht sehr schlecht aus zur Zeit. Er hatte einen Unfall mit einem LKW. Es ist ein Wunder, dass er da überhaupt lebend rausgekommen ist. Er hat mehrere Wirbel gebrochen, Rippenprellungen, Arm - und Beinbruch."
"Glaubst du, dass er es schafft?"
"Ich bin ehrlich zu dir: Ich glaube nicht, dass er es schafft. Die Verletzungen und gerade die inneren, sind so schwer."
Ich hatte alle Mühe, meine Fassung zu bewahren.
"Okay, danke. Ich glaub, wir gehen mal wieder hoch, oder?"
"Willst du nicht lieber nach hause?"
"Nein, auf keinen Fall! Wie kann ich zu hause sitzen, während er vielleicht grade stirbt? Nein, das kann ich nicht. Ich will bei ihm sein. Lass uns gehen."
Ich lief ein paar Schritte, doch Sandra hielt mich am Arm fest.
"Du liebst ich wirklich, was?"
"Ja. Mehr als alles andere auf der Welt...!"
"Dann komm. Geh zu ihm. Aber erkläre seinen Geschwistern noch vorher, was los war, okay?"
"Okay."
Wir gingen wieder hoch und ich ging direkt zu Patricia und Angelo.
"Hey, geht's dir wieder besser? Was war denn los vorhin? Bist du ein Fan???"
"Ja ich bin ein Fan. Ich weiß nicht, ich habe noch nie eine Patienten gesehen, um den es so ernst stand. Und dann auch noch Paddy..."
Ich sah in ihre geröteten Gesichter, die vom weinen etwas geschwollen waren.
"Es tut mir leid, ich habe euch wohl sehr erschreckt. Wenn ihr nicht wollt, dass ich zu ihm gehe, dann lass ich es. Ich will nur, dass es ihm sobald wie möglich wieder besser geht und werde alles, was ich kann, dafür tun."
"Wir auch. Okay, auch wenn du ein Fan bist, du darfst zu ihm."
"Danke!!"
Damit war das Gespräch beendet. Ich versuchte, den Rest des Tages so weiterzuarbeiten, wie sonst auch. Aber es gelang mir nicht. Immer wieder dachte ich an Paddy und weinte öfters etwas. Irgendwann meinte Sandra:
"Das ist ja nicht mehr zum aushalten mit dir. Das kann ich nicht länger mitansehen. Geh zu ihm hin und bleib bei ihm. Für heute ist Schluss und du kommst erst wieder, wenn du meinst, es geht."
"Echt? Danke!"
Ich zog mich um und betrat kurz darauf das Zimmer. Ich bat Kira, Angelo's Frau, die jetzt da war, kurz rauszugehen. Anscheinend hatte Angelo es ihr erzählt, denn als sie ging, sagte sie zu mir:
"Anna, Paddy schafft das. Er ist stark, er schafft das."
Doch so richtig glaubte sie es wohl auch nicht, denn nach ein paar Schritten drehte sie sich um und fiel mir um den Hals und weinte.
Wir weinten gemeinsam etwas. Dann löste sie sich und ging raus.
Jetzt war ich mit Paddy allein. Ich setzte mich an sein Bett, nahm seine Hand und sagte:
"Hi Paddy! Hier ist Anna. Du kennst mich zwar nicht, aber ich möchte dir etwas sagen. Es ist ein Wunder, dass du diesen Unfall überlebt hast..."
Ich konnte nicht weitersprechen, denn meine Augen füllten sich mit Tränen und meine Stimme versagte. Dann ging es wieder:
"Du bist stark, du schaffst das. Du hast schon so viel in deinem Leben gemeistert, das schaffst du auch jetzt. Ich glaube ganz fest an dich!
Und deine Geschwister auch. Sie brauchen dich. Und ich brauche dich auch, mehr als alles andere auf der Welt. Du weißt gar nicht, wie sehr ich dich liebe. Seit 7 Jahren denke ich nur an dich. Du bist mein ein und alles. Du kannst deine Familie jetzt nicht im Stich lassen. Deine Mama würde es sicher auch nicht wollen, dass du jetzt schon zu ihr gehst und deine Familie verlässt. Patrick, ich liebe dich mehr als meine eigenes Leben! Bitte bitte verlass mich nicht!!!"
Jetzt weinte ich richtig. Und irgendwann schlief ich an seinem Bett ein. Ich wachte am anderen Tag auf, als ich einen leichten Druck an meiner Hand verspürte und als ich mich aufrichtete, sah ich direkt in Patrick's dunkelblaue Augen, die mit zärtlichem Blicke auf mich gerichtet waren...
Er deutete mir, dass ich die Sauerstoffmaske abnehmen solle, was ich aber nicht tat. Doch ich lockerte sie etwas, sodass er sprechen konnte.
Und wirklich, es ging.
"Hi!" kam es zaghaft und leise von ihm.
"Hi! Endlich bist du wach! Geht es dir gut, hast du Schmerzen?"
"Ja mir geht es gut und ich habe keine Schmerzen."
Ich merkte, dass ihm das Reden schwer fiel.
"Streng dich nicht zu sehr an, okay?"
Er nickte. Mir kullerte eine Träne die Wange runter, die er sanft mit seiner Hand wegwischte.
"Don't cry, Baby...!"
"I'll try, Patrick."
"Kannst du mir was zu trinken geben?"
"Ja klar."
Ich half ihm, sich im Bett etwas aufzurichten, hielt ihm den Becher an den Mund, dass er trinken konnte. Dann fiel er erschöpft ins Kissen zurück und schlief sofort ein und ich auch. Am nächsten Tag wurde ich früh wach und fuhr ins Wohnheim, um mich richtig auszuschlafen.
Als ich am Nachmittag wach wurde, war ich fit und duschte erst mal ausgiebig, dann fuhr ich wieder in die Klinik, wo ich einen gutgelaunten, wesentlich fitteren Patrick vorfand als gestern.
Er saß aufrecht im Bett und strahlte mich an, als ich den Kopf zur Tür hereinsteckte. Ich lächelte zurück, da ich sah, dass es ihm sehr viel besser ging als gestern. Er hatte auch keine Sauerstoffmaske mehr, sondern es hing neben dem Bett eine Sauerstoffbrille, die nur zum Bedarf da war. Ich setzte mich zu ihm ans Bett und wir redeten den ganzen Nachmittag. Ich erklärte ihm, dass man als Fan sehr wohl einen Star lieben könne und bemerkte, dass ich ja wohl der Beweis dafür wäre, da ich ihn liebte, aber nicht verfolgen würde. Er sagte daraufhin nur, dass er darüber sehr glücklich wäre, dass es auch noch Fans wie mich gäbe... Zum Abend hin fuhr ich dann wider ins Wohnheim.
Mitten in der Nacht wurde ich jedoch vom Telefon geweckt.
"Burdinski?"
"Anna, hier ist Christina, die Nachtwache. Du musst ganz schnell kommen. Bei Hr. Kelly hat sich der Zustand rapide verschlechtert und es sind Komplikationen aufgetreten. Ich glaube, er überlebt diese Nacht nicht. Zwischendurch ist er bewusstlos, doch wenn er wach ist, schreit er unaufhörlich nach dir. Komm bitte schnell!"
Blitzschnell war ich wach, zog mich an und raste zur Klinik. Als ich das Zimmer betrat, sah ich Maite vor dem Bett weinen. Maite sah mich an und fiel mir in die Arme.
"Es... Der Herzbeutel ist voll Blut...Er wird sterben!!!"
Und sie lief weinend an mir vorbei und aus dem Zimmer raus.
Christina erklärte mir alles und ich nahm irgendwie alles nur wie durch einen Schleier wahr.
"Es sind innere Blutungen aufgetreten und der ganze Herzbeutel ist mit Blut gefüllt. Es ist ganz langsam, tröpfchenweise, hineingelaufen. Wenn er voll ist, wird er mit dem Gewicht den Herzmuskel erdrücken. Er wird sterben, Anna..."
"Nein..."
Ich ging zu seinem Bett hin und nahm ihn vorsichtig in den Arm. Langsam schlug er die Augen auf.
"Anna!", kam es über seine Lippen.
"Ja, Patrick, ich bin da!"
"Jetzt kann ich beruhigt sterben, da ich dich noch einmal gesehen habe..."
Er erhob sich und küsste mir sanft eine Träne weg.
"Anna, weine nicht um mich. Ich gehe jetzt zu meiner Mama. Aber ich will dir noch etwas sagen, bevor ich gehe..."
Seine Stimme wurde immer leiser und er atmete schwer.
Ich hielt ihn nur noch fester im Arm.
"Ich... Ich... Ich liebe dich!"
Nach diesen Worten machte er die Augen zu und starb in meinen Armen...
"Nein, das darf nicht sein! Patrick??? Patrick!!! Nein!!!"
Ich hielt seinen toten Körper in meinen Armen, bis ich erschöpft in einen tiefen Schlaf fiel. Als ich aufwachte, war Patricia bei mir.
"Patricia, bitte sag mir, dass ich das alles nur geträumt habe!"
Sie sagte aber gar nichts, sondern wischet sich die Tränen weg.
Da war er Gewissheit. Patrick war tot. Innerlich schrie alles in mir. Irgendetwas war mit ihm gestorben, das fühlte ich. Ich stand auf und sagte zu ihr:
"Wie lange lag ich hier? Wo ist Patrick?"
"3 Tage. Patrick ist in der Leichenhalle..."
"Kann ich zu ihm?"
"Das geht nicht."
"Warum nicht?"
"Weil du es nicht verkraftest."
"Und ob ich das verkrafte! Ich will ihn sehen..."
Ich ging raus und zum Arzt hin:
"Ich will hier raus."
"Das geht nicht."
"Entweder gehe ich mit oder ohne Ihre Erlaubnis!!"
"Sie bleiben hier, das ist zu anstrengend für Sie."
"Ist es nicht! Ihr könnt mir nicht verbieten, Patrick ein letztes Mal zu sehen!! Ich liebe ihn und er hat mich auch geliebt! Ich will zu ihm!"
Ich trommelte mit meinen Fäusten auf den Arzt ein, bis ich nur noch schluchzte:
"Ich will ihn doch nur ein letztes Mal sehen...!"
In Begleitung ging ich am nächsten Tag vor der Beerdigung zur Leichenhalle. Ohne Beruhigungsspritzen hätte ich das alles nicht überstanden. Langsam betrat ich den Raum, wo mein Patrick lag. Da war er. Seine Haut so blass wie in der Klinik, seine dunkelblauen Augen, für immer geschlossen. Nie wieder würde ich in seinen Augen versinken können, nie wieder seine Stimme hören, nie wieder sein Lächeln sehen...
"Patrick!!!" schrie ich und weinte lange...
Die Beerdigung war der Horror. Es wurde "An angel" gespielt und Patricia sang unter Tränen das "Ave Maria". Als der Sarg runtergelassen wurde, konnte ich nicht mehr. Ich bekam einen Weinkrampf und fiel auf die Knie und weinte und schrie immer wieder:
"Patrick, komm zu mir zurück!!"
Das nächste, was ich weiß, ist, dass ich in Patricia's Wohnung aufgewacht bin und Dennis da war.
"Dennis, was ist los?"
Doch im nächsten Augenblick fiel es mir wieder ein...
Patrick war tot. Mein Patrick lebte nicht mehr...
"Wie lange ist das her?"
"Eine Woche."
"Was?! So lange??!! Was ist denn in der Zwischenzeit passiert?"
"Du hast auf der Beerdigung einen totalen Zusammenbruch gehabt und hast vier Tage im Krankenhaus gelegen und standest unter starken Beruhigungsmitteln. Seit drei Tagen bist du hier, aber du schläfst die meiste Zeit. Manchmal warst du wach. Dann hast du geschrieen und um dich geschlagen und geweint, weil du zu Patrick wolltest..."
"Wo ist Patricia?"
"Sie ist mit Alexander bei Angelo, Kira und den Kindern."
"Ich will zu Patrick, kannst du mich hinfahren?"
"Meinst du, dass du das schaffst? Patricia wird mich umbringen!"
"Ja, ich glaube schon. Wird sie nicht, ich bin ja auch noch da."
Wir steigen also ins Auto ein und fuhren schweigend zum Friedhof.
Als wir an seinem Grab ankamen, stand da ein schöner Grabstein mit der Mutter Gottes. Darunter stand:
"HIER RUHT UNSER GELIEBTER SOHN, BRUDER, COUSIN, ONKEL UND FREUND
MICHAEL PATRICK KELLY
* 05.12.1977
t 10.09.2002"
Und darunter:
"ALL MEINE LEIDEN ALS OPFER FÜR IHN. I LOVE YOU WITH ALL MY HEART AND SOUL! ICH WERDE DICH NIE VERGESSEN! IN UNENDLICHER LIEBE, DEINE ANNA"
Lautlos weinte ich und stumm gingen wir zum Auto zurück.
Ich wohnte noch zwei Wochen bei ihnen, doch dann ging es mir soweit besser, dass ich in Patrick's alte Wohnung einziehen konnte. Die Familie wollte es so und Patrick hätte es auch so gewollt.
Ich lebte normal weiter und langsam kehrte der Alltag zurück.
So schien es zumindest. Doch ich konnte ohne ihn nicht mehr leben und wollte es auch nicht mehr. So kommt es, dass ich jetzt hier sitze mit einer Flasche Rotwein und einer Überdosis Tabletten. Ich nahm gerade mehrere und schrieb vor einer Minute den Abschiedsbrief:
"Liebe Familie, liebe Freunde!
Ich bin über Patrick's Tod nicht hinweggekommen... Ich habe immer gesagt, dass wenn er stirbt, ich auch nicht mehr leben will und ich kann es auch nicht. Er fehlt mir einfach bei allem, was ich tue. Es vergeht keine Minute, in der ich nicht an ihn denke und daran erinnert werde. Deswegen habe ich beschlossen, dass ich zu ihm gehe. Es tut mir leid, ich liebe euch.
Eure Anna"

Dann schlief sie ein, mit einem Lächeln auf den Lippen.
Gerade geht die Sonne auf. Leicht, wie auf Wolken, schwebt sie der Sonne entgegen, in dessen Licht sie ihren Patrick sieht. Sie sieht in seine strahlenden dunkelblauen Augen und ist glücklich. Er ist kein Star mehr und sie kein Fan. Sie liegen beide neben seiner Mutter in Belascoin...


ENDE


Diese Geschichte ist frei erfunden!!! Jegliche Ähnlichkeit zu irgendwelchen Geschehnissen ist rein zufällig!! Die Handlung entspricht keinerlei irgendeiner Begebenheit!!


(c) by Anna-Christin Burdinski, geschrieben am 12.06.2002


© Anna