Zoo Gymnich

by Joana   Joana.K@t-online.de

 

 

Wieder einmal waren die Kellys in Gymnich und ruhten sich von ihrer Tour aus.
Es war ein ganz gewöhnlicher Morgen im Dezember und noch ziemlich früh. Draußen war es eiskalt, es wollte nicht aufhören zu schneien und der ganze Schlossgarten war von einer weißen Decke aus Schnee bedeckt.

Es war so ein Morgen, an dem man am liebsten im Bett geblieben wäre. Den Kellys ging es auch nicht anders.
Nur die arme Kathy wurde mal wieder von Sean geweckt, der keine Lust hatte, so lange zu schlafen. Verschlafen ging sie nach unten und machte sich Frühstück. Sean war in seinem Zimmer und spielte.

Kathy wollte ganz leise sein, um die anderen nicht auch noch zu wecken, denn die lagen alle noch in ihren warmen Betten und schliefen gemütlich.

Müde setzte Kathy sich an den Tisch und biss genüsslich in ihr Brötchen, das sie sich gerade geschmiert hatte. Ihr Blick glitt durch das große Küchenfenster nach draußen und verfolgte die vielen Schneeflocken, die langsam herunterrieselten. Plötzlich sah sie ganz undeutlich, wie durch eine weiße Wand aus Schnee, einige dunkle Umrisse aus dem großen Garten herausragen.
Was konnte das sein? Da hinten stand doch nichts, außer ein paar kahlen Bäumen. Aber das, was sie sah, war nicht so hoch wie die Bäume und außerdem war es eckig, wie kleine Häuschen, oder so etwas ähnliches.

Nein, sie hielt es nicht aus, sie musste einfach draußen nachschauen gehen. Sie ließ ihr Brötchen liegen und ging in den Flur. Langsam zog sie sich eine warme Jacke und dicke Schuhe an.
Dann öffnete sie leise die schwere Haustür und trat nach draußen. Kalter Wind wehte ihr ins Gesicht. Am liebsten wäre sie wieder umgekehrt. Aber nein, sie wollte unbedingt sehen, was da los war.
Sie kämpfte sich langsam durch den Schnee und die dunklen Umrisse weiter hinten wurden immer deutlicher. Aber sie konnte sich noch immer nicht vorstellen, was es sein konnte.
Plötzlich blieb sie wie angewurzelt stehen. Sie hatte ein merkwürdiges Geräusch gehört! Aufgeregt lauschte sie in die Richtung der Umrisse, aus der es gekommen war.

Da war es wieder! Was war das nur? Es hatte so angehört wie ein Tier, oder so.
Sollte sie lieber schnell wieder zurück ins warme Schloss laufen und ihr Brötchen weiter essen? Nein, jetzt musste sie es sehen! Sie gab sich einen Ruck und ging vorsichtig weiter.
Sie hörte noch ein paar andere, ähnliche Geräusche aus der Richtung, aber sie ging immer weiter.
Es tauchten auch immer mehr von diesen großen, viereckigen Umrissen auf. Langsam ging sie auf sie zu.

Endlich stand sie vor einem. Es sah aus wie ein großer Käfig. Doch es war sehr groß. Vorsichtig sah sie hinein...

Sie konnte sich nicht vom Fleck rühren. Sie starrte nur auf die zwei großen  Augen, die sie ganz verängstigt ansahen.
Dann rannte sie los. So schnell sie konnte rannte sie zurück zum Schloss. Sie machte sich jetzt keine Mühe mehr, leise zu sein. Laut schreiend rannte sie die alte Treppe hoch:
"Paaaaaaaaaaddddddyyyyyyy!!!!!!!!!! Was fällt dir ein???????" Da stand sie auch schon in seinem Zimmer.

Paddy war gerade erst aufgewacht und blinzelte sie verschlafen an. "Was ist denn los, warum schreist du so?"

"Was los ist? Da fragst du noch?! Ich meine den Zoo draußen im Garten!"

"Was? Ist etwas passiert? Ist wieder eine Ziege in das Eis von dem Bach eingebrochen, oder will der arme Pumba rein?"

"Paddy!! Tu nur nicht so unschuldig! Ich meine nicht deine paar gewöhnlichen Tiere, ich meine den Zoo, der bei uns im Garten versammelt ist. Oder wie willst du mir bitte erklären, dass ich gerade einem riesigen NASHORN in die Augen geschaut habe?!"

"Nashorn? Bist du sicher, das du nicht irgendwie krank bist, Kathy? Oder das du es nur geträumt hast?"

"Ja, bin ich!" Langsam wurde sie richtig wütend. Glaubte Paddy etwa, sie würde seinen neuen ZOO nicht bemerken? Oder dass sie ihn gar erlauben würde???

"Entschuldigung, Kathy, aber ich weiß wirklich nicht, wovon du redest!" sagte Paddy verzweifelt.

"Na gut, vielleicht weißt du ja wirklich nichts davon. Zieh dir was Warmes an und komm runter, wir machen einen kleinen Spaziergang durch den Park!" Und schon war sie wieder aus dem Zimmer.
Auf dem Flur traf sie auf Barby und John, die wohl aufgewacht waren und sie jetzt nur verständnislos ansahen.

"Was ist denn los, Kathy?" erkundigte sich John schließlich.

"Wir haben einen neuen Zoo! Wartet, Paddy ist gleich fertig, ich zeige es euch."

Auch Jimmy und Patricia kamen müde aus ihren Zimmern und stellten sich zu ihnen.
Gähnend kam auch Joey dazu und fragte verärgert: "Warum schreist du denn so? Wer soll denn da schlafen?!"

"Entschuldigung, aber wir haben ein Nashorn im Garten." erklärte Kathy ihm knapp.
Bevor Joey ihr etwas antworten konnte, kam Paddy aus seinem Zimmer und meinte ungläubig: "So Kathy, jetzt zeig mir mal deine Nashörner!"

Alle folgten der aufgebrachten Kathy nach draußen in den Schlosspark. Es schneite immer noch unaufhörlich.

"Seht ihr diese schwarzen Umrisse da hinten? Das sind alles große Käfige. Ich habe nur in einen reingeguckt, in den ersten. Und darin war ein NASHORN! Habt ihr etwas davon gewusst?" fragte Kathy und zeigte auf die Umrisse. Keiner hatte etwas gewusst. Begeistert lief Paddy voraus.

"Da ist ja wirklich ein Nashorn drin!" rief er aufgeregt. "Guckt doch mal, wie niedlich!"
Als nächstes hatte John den ersten Käfig erreicht. Doch der fand das dicke graue Nashorn, das ohne sich zu bewegen in Sägespäne auf dem Käfigboden lag und ihn nur mit seinen riesigen braunen Augen ansah,  gar nicht niedlich.
Endlich waren auch die anderen da und sahen sich das Nashorn an. Paddy war ganz hingerissen. "Was soll das?" fragte Patricia und ging kopfschüttelnd zum nächsten Käfig.
"Guck mal Jimmy, die hier sind dir wenigstens ähnlich!" stellte sie dann fest. Jimmy kam zu ihr und sah in den Käfig.

"Aber das sind ja Affen."

"Was hattest du denn gedacht, Warzenschweine?" fragte Patricia und lachte. Jimmy warf einen Schneeball nach ihr und sofort entstand eine wilde Schneeball-schlacht zwischen den beiden.
Joey sah sich in der Zeit etwas skeptisch den alten Esel an.

"Schaut doch alle mal, wie schön!" Barby stand bewundernd vor einem noch viel größeren Käfig mit zwei noch ziemlich jungen Giraffen.

Endlich riss sich Paddy von dem Nashorn los und sah sich die anderen Käfige an. Er fand es einfach wunderbar! Er stellte sich schon vor, wie die alle im ganzen Schlosspark freudig umherlaufen würden und mit ihm spielen würden. Ein kleiner Affe würde auf seiner Schulter sitzen, während er auf dem gehorsamen Esel um das Schloss reiten und sein treues Nashorn immer hinterher laufen würde. Und wenn er zum Beispiel einen schönen Apfel von einem zu hohen Baum haben wollte, brauchte er nur an seiner zahmen Giraffe hochklettern...

Kathy würde es zuviel. "Seid ihr denn alle verrückt? Wo kommen diese ganzen Tiere her? Und was sollen wir jetzt mit ihnen machen, die können doch nicht hier in der Kälte bleiben!"
Oder wie wäre es, wenn er nicht mehr die langen Treppen gehen müsste, sondern über die Giraffe ganz leicht nach oben gelangt? Und wenn ihn jemand ärgert, hetzt er sein dressiertes Stachelschwein auf ihn. Das Nashorn würde auf dem großen, blauen Sofa unten im Flur Wache halten. Wenn er seinen lieben Esel ruft, bringt der ihm etwas zu Trinken oder was er gerade braucht nach oben in sein Zimmer...

"Paddy, was haben diese Tiere hier zu suchen?" fragte Kathy ihn, in der Hoffnung, dass er weiter weiß.

"Was?"

"Ich habe dich gefragt, was wir mit den Tieren machen sollen."

"Vielleicht können wir sie an einen Wagen hängen, oder so."

"An einen Wagen? Und wohin dann?"

"Na rein, ins Warme. Keine Sorge, sie werden in meinem Zimmer schlafen."

"Ins Haus? Hast du sie nicht mehr alle? Die machen doch alles dreckig und kaputt! Und in den Park können wir sie auch nicht lassen, sie würden alles verwüsten!"

Paddy schaute betreten. Daran hatte er ja noch gar nicht gedacht.

"Maite, was meinst du..." suchend sah er sich nach seiner Schwester um, die er fragen wollte, ob sie nicht eine gute Idee hatte. Sie hatte manchmal so verrückte, ausgefallene Ideen, die trotzdem, vor allem in solchen in Notfällen, oft ganz brauchbar waren.

Da fiel ihm ein, dass er sie heute noch gar nicht gesehen hatte.

"Kathy, wo ist denn Maite?" "Was weiß ich, ist sie nicht dabei?" "Nein. Und Angelo habe ich heute auch noch nicht gesehen. Komisch, warum sind die bei deinem Geschrei nicht aufgewacht?" "Vielleicht haben sie so tief geschlafen, dass sie es nicht gehört haben. Ist ja auch egal, wir können es ihnen ja nachher erzählen. Lass uns jetzt ins Haus gehen und drinnen im Warmen entscheiden, was wir machen."

Jimmy hielt diese Idee für sehr gut, da er sich keine Jacke angezogen hatte und außerdem von Patricicas Schneebällen schon völlig durchnässt war. Er rannte auf das Schloss zu, um sich möglichst schnell aufwärmen zu können. Die ebenfalls ziemlich durchnässte, frierende Patricia war ihm dicht auf den Fersen.
Als Jimmy um die Ecke kam, stolperte er plötzlich über etwas, das am Boden lag und fiel der Länge nach in den knirschenden Schnee. Patricia, die nicht mehr rechtzeitig abbremsen konnte, fiel auch hin.

Plötzlich lachte jemand laut und jemand anders fing auch an, laut zu lachen.
Angelo und Maite! Wo kamen die denn plötzlich her, die lagen doch noch friedlich in ihren Betten und schliefen?

Jimmy rappelte sich langsam wieder hoch und klopfte sich den Schnee von den Klamotten. Er war gerade über Angelo gefallen, der im dicken Schneeanzug auf dem Boden lag und sich vor Lachen kugelte. Daneben lag kugelnderweise auch Maite.

Inzwischen waren auch die anderen dazu gekommen.

"Was ist denn hier los?" fragte Joey etwas verwirrt und betrachtete verwundert seine Geschwister, die im Schnee saßen, beziehungsweise lagen.

"Was ist los, warum lacht ihr denn so? Guten Morgen übrigens." meinte Barby  und ergriff Patricias kalte Hand, um sie hoch zu ziehen.

"Ich habe keine Ahnung, was los ist," erklärte Jimmy verdrießlich, "wir sind über Maite und Angelo gefallen, weil sie hier am Boden lagen und lachten!"

Mühsam richteten sich auch Maite und Angelo wieder auf und Maite begann zu erzählen, während sie vor Lachen nach Luft schnappte: "Wir sind euch vorhin gefolgt und haben euch gesehen, wie ihr so ratlos vor den ganzen Käfigen gestanden habt. Das sah so lustig aus!"

"Wusstet ihr etwa was davon? Woher kommen die Käfige?" fragte Kathy schnell. Diesmal hatte Angelo genug Luft, um reden zu können, denn Maite wurde schon wieder von einem Lachanfall geschüttelt.

"Ja, sie kommen aus dem Zoo, aber so war das eigentlich nicht geplant gewesen..." prustete er.
"Geplant...wieso...was sollen wir denn mit Tieren aus dem Zoo?" Joey konnte sich einfach keinen Reim darauf machen.

Jetzt konnte keiner von beiden mehr reden, so sehr mussten sie lachen.

"Erzählt doch endlich, ich will es wissen!" drängte Barby ungeduldig.

Aber sie konnten nichts Vernünftiges mehr sagen und Patricia, die zwar neugierig war, der aber auch eiskalt war, schlug vor: "Lasst uns doch endlich erstmal reingehen, hier draußen ist es so kalt. Wir werden alle krank. Sie können auch noch drinnen erklären, was das soll!"
"Patricia hat recht, lasst uns reingehen." stimmte Kathy ihr zu und zog die lachende Maite einfach mit sich. "Ja." sagte Joey nur und zog Angelo.
Drinnen kochte Barby allen erstmal einen heißen Tee, während sich Patricia und Jimmy trockene Sachen anzogen. Die anderen setzten sich um den großen Tisch. Maite und Angelo lachten immer noch.

Als Jimmy und Patricia trocken, aber noch frierend wiederkamen und sich zu den anderen an den Tisch setzten, holte Barby den Tee.

"So, jetzt erzählt aber mal!" forderte Kathy, nachdem alle sich Tee genommen hatten.

"OK," sagte Angelo, "aber bitte versprich uns, dass du nicht böse sein wirst!"

"Gut, versprochen."

Alle warteten gespannt darauf, dass sie endlich erzählten, was die Tiere aus dem Zoo bei ihnen im Schlosspark zu suchen hatten.

"Also," begann Maite, "wir haben uns gedacht, dass wir übermorgen, zu Paddys Geburtstag, mal eine ganz tolle Überraschung für ihn machen wollen. Da haben wir so einen Geistesblitz gehabt und beim Zoo gefragt, ob wir uns für einen Tag mal ein paar Tiere leihen könnten. Wir haben ihnen erklärt, worum es geht und sie fanden die Idee gut und haben es erlaubt. Das ist auch schon alles, sie haben die Tiere nur aus Versehen zwei Tage zu früh gebracht. Das ist nicht so schlimm, wir haben heute morgen schon mit ihnen telefoniert, nachher holen sie ihre Tiere wieder ab. Bis dahin können sie draußen bleiben, haben sie gesagt. Tut uns wirklich leid, wir wollten eigentlich nur Paddy so überraschen."

Jetzt lachten sie wieder und die anderen lachten erleichtert mit.

"Dann wollen wir mal wieder raus in den Garten gehen und uns von unseren  Gästen verabschieden." entschied Patricia lachend.

"Ja, aber diesmal ziehe ich mir etwas Wärmeres an!" meinte Jimmy und nieste laut.

Alle waren mit Patricias Vorschlag einverstanden und gingen wieder raus zu 'ihren' Tieren, aber erst nachdem sie sich alle schön warm angezogen hatten.

Paddy war ein bisschen traurig, dass die Tiere wieder weg mussten, doch er wusste auch, dass es wohl nicht ging, einen Zoo aus Schloss Gymnich zu machen und so war er froh, dass sie wenigstens einmal da gewesen waren.


© Joana