Zweiter Tag

""Nein-nein, da hast du 'was falsch verstanden - das MÄDCHEN war Heidi, die ZIEGEN hiessen anders!"

"Paddy schaute nachsichtig auf mich: "Das weiss ich auch genau, Andrea. Wechsle nicht ständig das Thema."

"Oh, nein, jetzt kommt's wieder...:

""Du musst deutsch lernen."

"Ich war am vorigen Tag aus England angekommen, um bei KelLife zu arbeiten. Meine Freundin Caroline hatte mich dazu überredet, dass ich alleine in einem fremden Land arbeiten soll, bei einer angeblich erfolgreichen Popband, deren Namen ich noch nie gehört hatte. Seitdem ich angekommen war, sah ich nur Chaos, Chaos und nochmal Chaos. Bis Abend hatte ich alle tausend Bandmitglieder getroffen, und fand es eine echte Herausforderung, mir all die Namen zu merken. Und jetzt noch dies:

""Du musst deutsch lernen."

""Aber wieso... das stand nicht im Vertrag... ich habe 19 Jahre lang ganz glücklich OHNE Deutschkenntnisse überlebt..."

""Jammer-jammer-jammer... es ist sehr einfach: in Deutschland spricht man deutsch, und du brauchst es zu deiner Arbeit."

""Aber hier können sicher alle englisch..."

""Viele, aber nicht alle. Und was wirst du machen mit den Leuten, die kein Englisch sprechen?"

""Die sollen sich verpissen..." sagte ich, und bereute es sofort.

"Paddy wurde plötzlich ganz streng. "Hör' zu, Andrea. Ich hab' wirklich keine Zeit und keine Lust, mit dir zu streiten. Ich gebe zu, die Situation ist ein bisschen blöd, das ist Johnny zu verdanken, es war seine abgefahrene Idee, jemanden aus England zu importieren........"

""Importieren?!?! Was bin ich denn, eine Ware, ein Gegenstand???"

"".........jemanden aus England anzustellen. Wir brauchten ein junges Mädchen, keine besondere Ausbildung nötig, aber hier in Deutschland sind junge Leute entweder Kelly-Fans oder Anti-Kelly-Fans, und als Mitarbeiter gelten beide als unfähig. Nur damit haben wir nicht gerechnet, dass die Engländer nicht gerade für ihre Sprachkenntnisse berühmt sind. Ja, es stimmt, 2 Milliarden Menschen aus der Welt sprechen mehr oder weniger englisch, aber was ist mit den restlichen 4 Milliarden? Wir können auf deine Arbeit noch 2 Wochen lang verzichten, erst dann geht die Tour los, also schreibe dich noch heute in einen intensiven Sprachkurs ein. Verstanden? Alles klar?

""Ja." sagte ich leise.

""Gut." seufzte Paddy. "Tschuldigung, dass ich dich so angeschreien hab'. Komm, ich rufe eine Sprachschule an."

"Das machte er dann, während ich immer noch ein bisschen gedemütigt neben ihm sass.

""Wunderbar. 4 Stunden täglich, ab 14 Uhr. Der Kurs fängt heute an."

""Super..." Ich ging ins Wohnzimmer, um ein bisschen zu schmollen.

"Plötzlich betritt Angelo den Raum. "Hallo Andrea, wie geht's dir?" sagte er auf deutsch.

""Was hast du gesagt?" fragte ich, da ich ausser "Andrea" kein Wort verstanden hatte. Angelo antwortete zum Glück auf englisch.

""Ich fragte nur, wie es dir gehe... Paddy hat gesagt, das wir zu dir nur deutsch sprechen sollen... kannst du denn kein deutsch?"

""Natürlich nicht. Oh.... Mann, könnte nicht jemand diesen Paddy irgendwie entfernen?!" murrte ich.

""Ich hab' dich gehört!!!" ertönte Paddys Stimme aus nirgendwo. Ich schaute erschrocken herum, erblickte ihn aber nicht.

""Wo bist du?"

""Überall! Big Brother is watching you!"

""Hahaha..." Ich ging in der Richtung seiner Stimme, und fand ihn, Gitarre in der Hand, in einer Ecke des nächsten Zimmers. Er lächelte mich an, was mich ziemlich überraschte - so sehr, dass ich selber anfing zu lächeln. Er nahm dann seine Sachen zusammen und verliess das Zimmer.

""Ich fahre nach Köln, möchtest du vielleicht mitkommen?" fragte Angelo. "Du könntest ein bisschen bummeln, die Stadt kennenlernen... und deine Ruhe von Paddy haben. Ich finde es übrigens bewunderswert, dass du es schon am 2ten Tag schaffst, mit Paddy einen Streit zu haben... er ist einer der friedlichsten Menschen auf dieser Erde..."

""Na ja, ich bin kein einfacher Fall..." gab ich zu. "Ich würde gerne mitfahren!"

""Mitfahren? Wohin?" fragte Maite, als sie zu uns kam. "Und Angelo, wo ist Kira?"

""Wir fahren nach Köln. Und Kira... wartet schon seit..." - er schaute auf seine Uhr - "ungefähr 10 Minuten auf mich vor dem Dom..."

""Und was machst du dann noch hier?"

""Ich fahre gleich los... ich finde aber keinen Chauffeur..."

""Schau' nicht auf mich, ich fahre zwar mit, aber ich habe meine Führerscheinprüfung schon wieder vermasselt..." meinte Maite.

""ICH hab' einen Führerschein!" sagte ich, froh, vielleicht nützlich sein zu können.

""Wirklich? Und du hast ihn dabei?"

""Jo."

""Und gilt das auch für Deutschland?" fragte Maite, skeptisch.

""Ich glaub' schon..." sagte ich.

"Angelo warf wieder einen Blick auf seine Uhr, und meinte: "Sicherlich gilt es auch für Deutschland. Gehen wir! Nehmen wir den Mercedes."

""Nein, lieber den Golf!" sagte Maite. "Es wäre ziemlich blöd, den Mercedes sofort schrottzufahren." flüsterte sie zu Angelo, der nickte.

"***

"Ich stieg in dem Auto ein und griff nach dem Lenkrad. Erster Schock: es war nicht da. Langsam merkte ich, dass an der falschen Seite sass - ach ja, hier ist alles umgekehrt. Die Kels stiegen auch ein, und schnallten sich sofort an. Ich dachte nach, ob sie immer so brav seien, oder nur Angst vor meinen Fahrkenntnissen hätten...

"Ich fuhr die Allee vorsichtig entlang, bremste anständig vor der Schranke - und wurde plötzlich geblendet - ein allgemeines Geschrei, Millionen von Fotoschüsse...

""Fahr' einfach weiter, es ist okay." beruhigte mich Angelo.

"Ich bog ein, und fuhr die Strasse entlang. Alles ging glatt, bis ein schnelles Auto aus der anderen Richtung erschien. Ich hätte damit keine Probleme gehabt, das andere Auto irgendwie schon. Warum hupt es wie verrückt?! Dann hörte ich die Schreie von hinten:

""Andrea, fahre auf der rechten Seite der Strasse!!! Der rechten Seite... DER RECHTEN SEITE!!!!!" kreischten beide Kellys zusammen. Das Auto, immer noch hupend, sauste an uns vorbei, und ich bremste erschrocken.

""Gott... tschuldigung..." stotterte ich. "In England ist alles..."

""...Umgekehrt. Jaaa... kein Problem..." stöhnten die Kellys.

"Wir erholten uns ein bisschen von dem Schock, und waren gerade bereit, weiterzufahren, als eine Menge Autos plötzlich hinter uns erschienen, und neben uns anhielten.

""Ist das die Polizei?" fragte ich besorgt.

""Nur die Fans." erklärte Angelo. "Einige fahren uns immer nach. Lass dich nicht stören, fahren wir einfach weiter."

""Aber das ist total beschissen, wenn man immer so verfolgt wird.."

""Viele Dinge sind beschissen, aber leider ist es auch gefährlich..."

""Huh. Wir sollten sie irgendwie loswerden." meinte ich.

""Schön wär's, aber wie?"

"Anstatt zu antworten, trat ich auf das Gaspedal, und wir rasten los.

""Was machst du?!" fragte Maite, erschrocken, als ich ganz unerwartet nach links einbog. Dann nach rechts, dann wieder nach links. Hauptsache war, die StVO einzuhalten - klar, man darf hier nur mit 80 Stundenkilometer fahren. Aber das darf man auch in den Kurven...

"Nach 5 Minuten folgten uns keine Autos mehr. Ich bremste, und schaute stolz nach hinten. Ich sah 2 zum Tode erschrockene Kellys, die einander spontan umarmt hatten... Maite wimmerte leise: "Oh... Gott... wir sind verrückt..."

""Und wo sind wir jetzt?" erkundigte sich Angelo.

""Mitten im Kornfeld." sagte ich.

""Das sehe ich auch..."

"***

"Nach einer halben Stunde fanden wir endlich den Weg nach Köln. Vor dem Dom wartete eine ziemlich genervte Kira auf uns.

""Hallo Kira, das ist Andrea... und... tschuldigung, dass ich so spät gekommen bin... es tut mir leid." begann Angelo.

""Oh, macht ja nix, du hast ja erst anderthalb Stunden Verspätung..." murmelte Kira.

"Dieses Mädchen hat einen Sinn für Ironie, dachte ich. Sie war mir irgendwie sympatisch.

"Angelo und Kira verliessen uns, und Maite, der es wieder ganz gut ging, fragte: "Wie wär's mit Shoppen?"

""Super!"

"Wir amüsierten uns köstlich. Maite ist wirklich so humorvoll - man konnte uns nicht mehr bremsen. Ab und zu wurden wir von Fans unterbrochen, die aber alle total nett schienen - obwohl ich kein Wort verstand, was sie sagten.

"Alles war Friede-Freude-Eierkuchen, bis Maite plötzlich in einem Geschäft einen Bekannten erblickte.

""Oh, Hilfe... das ist Daniel..."

""Wer ist..." begann ich, aber Maite hielt mir den Mund zu, und wir schlichen in ein Probezimmer. Leider hatte uns Daniel schon gesehen. er kam zum Vorhang, und fragte:

""Bist du da, Maite?"

""Scheisse... Andrea, sag' schön laut 'Nein'." flüsterte Maite.

""Was?"

"" 'Nein'."

""NEIN!" rief ich brav.

""Oh, entschuldigung, Ma'am." sagte Daniel, und wir hörten seine Schritte als er wegging.

""Super Andrea... okay, jetzt müssen wir von hier irgendwie raus... JETZT!"

"Wir rannten aus dem Geschäft, wurden aber wieder von Daniel erwischt. Maite zog mich die Strasse entlang, und bog plötzlich in eine enge Gasse ein.

""Komm, in diese Richtung!"

"Wir hielten neben einigen Mülltonnen an, und stellten fest, dass unsere Gasse eine Sackgasse war.

""So ein Scheiss..." murmelte Maite, als wir Daniels Schritten hörten. "Was machen wir jetzt?"

""Über die Mauer. Komm, dort können wir nach ober klettern." schlug ich vor, und wir kletterten schnell auf eine Mülltonne, und sprangen im gleichen Moment nach unten, als Daniel an der Ecke erschien.

"PLATSCH!!!!!

"Wir hatten uns so beeilt, dass wir nicht geguckt hatten, wohin wir sprangen... An der anderen Seite des Mauers floss ein kleiner Bach - wir wurden beide klatschnass und total dreckig.

"Daniel ging an der Mauer vorbei. "Maite? Hey, meine süsse Maiti-girl? Wo steckst du?"

"Als er weg war, schaute ich vorwurfsvoll auf die "süsse Maiti-girl". "Also, wer ist dieser Mistkerl?"

""Äh, niemand..."

""Jemand muss er sein, es gibt relativ wenige Leute, für die ich in einen Bach springen würde."

""Na ja... es ist ziemlich peinlich... Also, auf einer Party war ich zum ersten Mal in meinem Leben so richtig betrunken..."

""Ts-ts, immer nur saufen, also MAITE..."

"Wir lachten...

""Nein, es war wirklich der erste Fall... ich trinke normalerweise nicht so viel..."

""Okay."

""Und ich habe Daniel einfach... so... ohne Grund... geküsst..."

""RICHTIG geküsst?"

""Ja... das haben mir jedenfalls alle erzählt. Und jetzt glaubt er, dass ich verrückt nach ihm bin."

""Peinlich, peinlich..."

""Du kannst dir ja vorstellen, was mein Freund dazu sagt..."

""Oops... Du solltest Daniel aber einfach sagen, dass es ein Versehen war."

""Das kann ich nicht."

""Soll ICH es ihm sagen?"

""Ähm, ich weiss nit..."

""DANIEL!!! DANIEL!!!" schrie ich über die Mauer.

""Oh, nein, mach das nicht!" rief Maite, erschrocken.

""Zu spät." sagte ich. "Er kommt schon."

""Scheisse... dann laufen wir weg... komm mit!" - Sie zog mich durch den kleinen Wald, hinter den Bach. Plötzlich hörten wir einen Schrei, und dann: PLATSCH!!!!!

""Hihi, so viel über Daniel!" kicherte Maite, und wir lachten uns fast kaputt.

"Nachdem wir uns beruhigt hatten, sagte sie: "Wir sehen zum kotzen aus... unsere Kleider... die Schuhe... Was brauchen wir zuerst?"

"Ich blickte auf meine Uhr, und erwiderte: "Eine Zeitmaschine, ganz dringend! Meine Deutschstunde begann um 14 Uhr..."

""Gott, und jetzt ist es schon Viertel nach! In welcher Sprachschule denn?"

""Ich weiss nit. Paddy hat's organisiert."

""Wir müssen ihn anrufen" - und sie nahm ihr Handy hervor - es war total nass.

""Ähm, ich würde an deiner Stelle das Gerät nicht einschalten..."

""Du meinst, ich würde einen elektrischen Schock bekommen?"

""Ja, so was ähnliches."

""Dann brauchen wir eine Telephonkarte, oder so... ich habe aber nur meine Kreditkarte dabei..."

"***

""Nein, verstehen Sie es bitte, es ist lebenswichtig! Bitte... bitte-bitte-büdde-büdde-büdde..."

""Na okay, ist schon gut..." meinte der Fremde, und überliess Maite sein Handy. Sie rief Paddy an, und fand heraus, wohin wir gehen sollten.

""Danke vielmals." lächelte Maite, und gab das Handy zurück. Der Fremde nahm es zwischen zwei Fingern, und versuchte den Dreck abzuwischen. Maite wandte sich an mich:

""Wir müssen uns beeilen... du brauchst noch trockene Klamotten." Das erste Geschäft, das Maite erblickte, war leider Gucci. Wir gingen, obwohl ich laut protestierte, hinein, und Maite griff nach dem ersten Stück, das sie ins Sicht bekam - ein megaschickes, langes, bordeauxrotes Kleid. Sie fand auch schnell ein Paar Sandalen und fragte mich:

""Passen sie dir?"

""Wahrscheinlich, aber... Maite, das ist ein Abendkleid! Und es kostet... oh, Gott..."

""Wir haben keine Zeit für solche Kleinigkeiten!" sagte Maite entschieden. "Wir kaufen die Sachen! Gehe, zieh' sie an!"

""Aber..."

""Geh' schon!"

"Während der Verkäufer ein Vermögen von Maites Kreditkarte herabnahm, zog ich mich um.

""Du siehst umwerfend aus." sagte Maite, als ich wieder erschien.

""Ja - meine Füsse sind total dreckig, aber ich trage ein Gucci Abendkleid..."

""Mach' dir keine Sorgen, niemand wird es merken!" meinte Sunshine-Maite, optimistisch.

"***

"Am Abend, wieder im Schloss angekommen, setzte ich mich auf die Treppen, und versuchte mein Selbstmitleid zu unterdrücken. Ich hatte Kopfschmerzen, mich wahrscheinlich erkältet, war 3 Stunden lang von zahlreichen 'Mitschüler' und besonders dem Lehrer kritisch betrachtet worden, und hatte auf den Heimweg mehrmals wegen den Sandalen gestolpert. Wunderbar... Was fehlte mir noch?

"Die Antwort erfuhr ich gleich, als Paddy die Treppen runterkam, und sich neben mich setzte. Natürlich - ohne Paddy ist das Leiden kein echtes Leiden.

""Hallo, Andi..."

""Andrea."

""Andrea - entschuldigung."

""Mmmh."

""Du siehst umwerfend aus."

""Weisst du, ich bin grad nicht sehr scharf auf deine Witze."

""Das war kein Witz... Und - wie war deine Stunde? Was hast du gelernt?"

"Ich seufzte. "Ich - heisse - Andrea. Ich - wohne - auf - Schloss - Gymnich. Ich - bin - 19 - Jahre - alt." stotterte ich mit einem herrlichen englischen Akzent. Paddy lächelte, und sagte genauso deutlich und langsam: "Und ich - bin - stolz - auf - dich."

"Er verliess mich, und ich ging hinauf zu meinem Zimmer, um in dem Wörterbuch nachzuschauen, was dieses komische Wort "stolz" bedeuten könnte. Ich fand den Eintrag, las die Bedeutung, und lächelte - vielleicht ist es doch nicht so schlimm hier...

*T*H*E* *E*N*D*

Ich freue mich wahnsinnig auf Feedback! Mailt mir Eure Meinungen über die Story! Alice. hypercolor99@hotmail.com