I.Kapitel: Der leidende Mensch
In diesem ersten Kapitel geht es zunächst um eine Bestandsaufnahme.
Wo stehe ich, wie fühle ich, wodurch wurde meine Persönlichkeit
geprägt? Da kommen sehr viele sowohl positive als auch negative Faktoren
zusammen, von denen einige mehr und andere weniger Einfluss hatten.
Sexueller Kindesmissbrauch hat meine Persönlichkeitsstruktur
auf ganz besonders schlimme Art und Weise beeinflusst. Allgemein für
weibliche Missbrauchsopfer schreibt Max Friedrich [Fn], dass zu ihren Belastungen
im späteren Leben oftmals Lebensängste, Vertrauensverlust und
eine fundamentale Unsicherheit bezüglich des eigenen Selbstwertgefühls
gehören. Sie haben Angst, nicht mehr liebens- oder begehrenswert zu
sein. Wo Selbstvertrauen sein sollte, findet sich ein Gefühl von Leere,
Hoffnungslosigkeit und Abgeschnittensein von der eigenen Lebendigkeit. Das
Verhältnis zum eigenen Körper und zur Sexualität ist meist
tief gestört. Waren die Umstände als Kind unerträglich, werden
die Erlebnisse und Begleitumstände häufig zum Schutz verdrängt,
um sich dann aber aus dem Unbewussten ein Leben lang für die Betroffenen
negativ auszuwirken. Viel später erst wird den Betroffenen vielleicht
qualvoll bewusst werden, was einst geschehen ist und seither ihre Lebensqualität
in vielen Bereichen so massiv eingeschränkt hat.
Für die Heilung von traumatischen Erlebnissen
ist es meiner Erfahrung [Fn] nach notwendig, zurückzugehen und die
Traumata aus der Kindheit noch einmal zu erleben. Die damals verdrängten
Gefühle müssen ganz gefühlt werden, damit sie sich verändern
können und so Kummer und Schmerz schließlich überwunden
werden. Andernfalls bleiben sie mit all ihren negativen Auswirkungen weiterhin
gespeichert. Wobei Erinnerungen und Gefühle ganz konkret im Körper
gespeichert werden, so dass sie wieder abrufbar sind und auch körperlich
aufgearbeitet werden können. Das ist zugleich eine wirksame Absicherung
gegen den Vorwurf, alles sei nur Einbildung oder wäre durch Dritte eingeredet
worden, denn oft empfinden Familienmitglieder Missbrauchsenthüllungen
als so bedrohlich, dass sie die Tat abstreiten.[Fn]
Kommt Ihnen dieser Einstieg in schlimmstes
Leiden nüchtern und sachlich vor? Mir auch. Doch anders als mit größter
sachlicher Distanz konnte ich meine furchtbaren Erfahrungen gar nicht ertragen.
Sie waren so schrecklich, dass ich meine Erinnerungen und Gefühle
vollständig verdrängt hatte und mein Leben intellektuellsachlich
führte. Das funktionierte sogar ziemlich gut, obwohl ich Schwierigkeiten
hatte, andere Menschen zu verstehen. Ich konnte ihre gefühlsgeprägten
Verhaltensweisen nicht nachvollziehen. Auch fiel mir irgendwann erstaunt
auf, dass die anderen von früheren Erlebnissen erzählten, während
ich an die ersten etwa fünfzehn Jahre meines Lebens so gut wie keine
Erinnerungen hatte. Meine Vergangenheit bestand aus dem, was mir meine
Mutter über meine Kindheit erzählte.
Im folgenden ersten Abschnitt nähere
ich mich nun meiner tatsächlich erlebten Vergangenheit über Bilder
und Gedichte. Rückblickend bin ich fasziniert davon, wie genau zutreffend
die Bilder und Gedichte bereits meine psychisch-emotionale Situation wiedergaben,
wo ich sie doch in noch weitgehend unbewusstem Entwicklungszustand gemalt
und gedichtet hatte. Im zweiten Abschnitt zeigen meine Bilder dann schon
gleich den Weg zur Heilung. Sie fassen meine im Weiteren beschriebene
Entwicklung regelrecht vorwegnehmend zusammen. Doch dürften sie durchaus
auch über meine Person hinausgehende allgemeinere Bedeutung haben.
An erster Stelle steht da „Göttin/Gott
ins Herz lassen“. Das ist in der Tat die Kernaussage für meine gesamte
weitere spirituelle Entwicklung, welche die Heilung des ganzen Menschen
beinhaltet. Alles andere ergibt sich aus dieser zentralen Aufforderung:
Göttin/Gott ins Herz lassen.
Im dritten Abschnitt ergänze ich dann speziell spirituelle Schwierigkeiten,
wie sie durch Kindesmissbrauch verursacht werden.
Die Ausgangssituation
Zunächst einmal möchte ich Ihnen meine Familien vorstellen.
Meine Herkunftsfamilie ...
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