Erste Erfahrungen mit der
Afrikanischen Zwergmaus, Mus minutoides

Copyright © 1998 by Jörg Eberbeck. - Letzte Änderung: 06. August 1988



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Ich habe meine Tiere erst seit kurzem, aber da ich im Internet bisher wenig über diese Tiere fand, möchte ich das wenige, das ich bisher erfahren und beobachtet habe, anderen Interessenten zugänglich machen.

Kampf in der neu erworbenen Gruppe

Der Anfang war gleich schwierig: Ich hatte 3 Männchen und 3 Weibchen aus einer augenscheinlich stabilen Gruppe erworben, die beim Umsetzen in die kleine Transportbox auch gesund aussahen. Zu Hause setzte ich die Tiere nach längerer Autofahrt vorübergehend in eine größere Box (30 x 20 cm). Am nächsten Abend entdeckte ich, daß das jüngste Männchen, das deutlich kleiner (jünger?) als die beiden anderen war, ziemlich zerbissen war: Ein Ohr war ganz abgefressen und neben kleineren Bißwunden unter dem Fell war eine große Wunde an einer Seite zu erkennen. Die beiden größeren Männchen jagten es, sobald es ihnen in den Weg kam, teilweise gab es auch Kämpfe. Es war ein mitleiderregender Anblick, wie das Tier, buchstäblich mit einem (erstaunlich lauten) Schreckensschrei aus seinem Versteck floh, wenn sein Angreifer es dort aufgestöbert hatte. Wenn man das gesehen hat, kann man kaum daran zweifeln, daß auch so kleine Tiere mit einem winzigen Gehirn sehr viel Leid empfinden können, was ja von manchen bezweifelt wird.

Ich setzte die Tiere daraufhin sofort in ein größeres Terrarium (60 x 30 cm²) um und beobachtete die Situation. Es trat eine deutliche Beruhigung ein, auch die Interaktionen der anderen Tiere wirkten friedlicher und das jüngere Tier wurde nicht mehr gebissen, aber immer verjagt (insbesondere vom Futter), wenn es einem der beiden anderen Männchen in den Weg kam. Momentweise saß es zitternd in einem Winkel, dann wurde es auch dort wieder verjagt. Es sah nun so aus, als ob es zwar nicht mehr zerbissen, aber über kurz oder lang an Streß oder Hunger sterben würde. Deshalb nahm ich es heraus und halte es nun vorläufig einzeln.

Aus diesen Beobachtungen ließ sich schon etwas ableiten: Die Tiere müssen sich aus dem Weg gehen können, wenn es Konflikte in der Gruppe gibt. Wenn der Angegriffene nicht weit genug ausweichen kann, wird er verletzt. Kann er weiter ausweichen, läßt die Aggression nach. Mehr Verstecke nützen nicht, es muß Distanz geschaffen werden können. Es wäre interessant zu wissen, ob die Situation sich in einem noch größeren Terrarium soweit entspannt hätte, daß die Gruppe sich wieder stabilisiert hätte. Ich vermute eher, daß das Tier endgültig aus dem Revier vertrieben werden sollte.

Die verbleibende Gruppe erwies sich bis heute als stabil, und das einzelne Tier hat sich entgegen meinen Befürchtungen sehr gut erholt. Es ist am Tag aktiver als die in der Gruppe lebenden Tiere, was auf erhöhten Streß durch das Alleinleben hinweisen könnte.

Unklar bleibt, warum es überhaupt zu der Auseinandersetzung gekommen ist. Anscheinend kamen die Tiere innerhalb ihrer alten Gruppe gut miteinander aus, ein Platzproblem war es also wohl nicht. Da es das kleinste Tier war, das - nur von Gleichgeschlechtlichen - angegriffen wurde, sieht es nach einem Rangkampf aus. Trotzdem finde ich es auch in diesem Fall verwunderlich, daß der Konflikt nicht zwischen den beiden stärksten Männchen ausbrach. Wenn Sie also Tiere kaufen, sollten Sie gleich ein größeres Terrarium bereitstehen haben und die Tiere eine Zeitlang öfter kontrollieren.

An einem der Weibchen fand ich später übrigens auch weniger schlimme, ältere Bißspuren. Es scheint also in der Zuchtgruppe, aus der es stammt, auch schon Kämpfe gegeben zu haben. Ich war beim Kauf gewarnt worden, daß die Tiere bei Eiweiß- oder Nahrungsmangel zu Kannibalismus neigen, und habe angefressene Ohren damit in Verbindung gebracht. Die Ohren scheinen aber auch das erste zu sein, das bei Revierkämpfen dran glauben muß: Das größte und anscheinend stärkste Männchen hat völlig intakte Ohren, das zerbissene Tier hatte ein Ohr völlig abgefressen (frische Wunde), bei den anderen Tieren in der Gruppe fehlt nichts oder nur kleinere Stellen.

Nahrung

Als Nahrung mögen die Tiere in der Hauptsache feine Sämereien, größere Körner und Flocken werden nicht gerne gefressen. Als Hauptfutter verwende ich Wellensittichfutter, das gerne genommen wird. Es besteht größtenteils aus Hirse. Manche Sorten enthalten auch andere, größere Körner, die bleiben bei mir liegen. Leinsamen werden gerne gefressen, Haferflocken bei mir nur wenig. Zusätzlich soll tierisches Eiweiß nötig sein, ich gebe getrocknete Bachflohkrebse (Gammarus, Wasserschildkrötenfutter, laut Packungsaufschrift auch mineralreich). Manche empfehlen auch einen Mineralienblock.

Die hohlen Spelzen des feinen Körnerfutters sind nicht gut von vollen Körnern zu unterscheiden. Es hat sich bewährt, die Reste einfach in die Einstreu auszugießen: Damit ist eine Futterreserve geschaffen, wenn man einmal nicht rechtzeitig nachfüttert. Diese Reserve nutzen auch junge Tiere, die sich oft nicht recht trauen, neben älteren Tieren zu fressen. Außerdem tragen die feinen, leeren Spelzen gut zur Einstreu bei.

Zur Wasserversorgung kann man sich für kurze Zeit (z. B. beim Transport) mit einem kleinen Stück Gurke behelfen, aber reines Wasser ist auf Dauer notwendig. Die Tiere können wie ein Hund aus einem flachen Tellerchen trinken (in das sie auch hineinsteigen und -urinieren) oder aus einer kleinen Trinkflasche. Ich verwende behelfsweise zur Zeit Einweg-Injektionsspritzen (10 ml), von denen ich den Ansatz für die Kanüle abgeschnitten und die Öffnung etwas erweitert habe. Die Spritze wird - bis auf 1 ml Luft, um den Druckausgleich zu erleichtern - mit Wasser gefüllt und leicht schräg in einen Teller gelegt. Ich wechsle das Wasser täglich. Die Trinkflaschen, die ich bisher probiert habe, verdienten eher den Namen Tropfflaschen, so daß ich beim Provisorium der Einwegspritzen geblieben bin.

Grünfutter: Gurke wird regelmäßig und, relativ zur Größe der Tiere, relativ viel gefressen, auch wenn Trinkwasser vorhanden ist. Apfel wurde kaum und nur sehr langsam gefressen, Möhre, Chicorée und verschiedene grüne Blätter blieben unberührt liegen.

Wenn Vitamine in der Nahrung fehlen, kann es zu schweren Störungen kommen. Es wurde berichtet von kahlen Stellen im Fell und Störungen der Bewegungskoordination, die verschwanden, als ein Vitaminpräparat (und Mineralblock?) gegeben wurde (die Nahrung wurde damit beträufelt). Sogar der Verlust des Schwanzes könnte bei einem Tier damit zusammengehangen haben. Also: Wenn Sie herausgefunden haben, welches Grünfutter Ihre Zwergmäuse mögen, sollten Sie es ihnen unbedingt regelmäßig geben, auch wenn nicht viel davon gefressen werden sollte.

Einrichtung

Die Tiere nagen kaum etwas an und verunreinigen auch nicht viel durch Graben. Inzwischen mache ich gute Erfahrungen mit einer Einrichtung mit mehreren Ebenen und vielen Gängen und Verstecken. Aus Pappkarton habe ich vier Ebenen etwa von der Größe des Terrariums zurechtgeschnitten und diese auf Abstandhaltern aus verschieden gefalteten Streifen aus Pappe aufeinander geschichtet. Das ergibt ein "mehrstöckiges Haus" mit vielen Gängen und Verstecken. Zum Wechsel zwischen den Ebenen habe ich in die Böden an verschiedenen Stellen mehrere Löcher gebohrt. Seitdem sie diese neue Einrichtung mit zugleich viel Deckung und Bewegungsmöglichkeiten haben, sind meine Tiere viel aktiver geworden. Auch als Beobachter hat man so mehr von den Tieren. Wichtig ist, daß in so einem Bau auch einige enge Pappröhren als Nistplatz liegen.

Ich verwende die übliche Holzhobelspan-Einstreu für Kleintiere, außerdem etwas Heu und feines, in einzelne Lagen getrenntes und in Streifen zerrissenes Toilettenpapier. Nach und nach werden Späne der Einstreu, Grashalme aus dem Heu und Papier als Nistmaterial zum Bau getragen, der dadurch ausgepolstert wird und langsam wächst. Weil auch ins Wohnröhrchen uriniert wird, sollte dieses zur Belüftung ebenfalls auf einer Schicht Streu und nicht direkt auf dem Boden des Terrariums stehen.

Ein Sandbad, wie für Rennmäuse, ist nicht sinnvoll.

Der Urin scheint bei diesen Tieren eine besondere Funktion zu haben, er bildet auf glatten Flächen leicht große, gut ausgebildete Kristalle. Mir fiel gleich zu Anfang auf, daß die Tiere sogar ins Nest urinierten, was mir (außer bei kleinen Mengen zum Markieren) ungewöhnlich schien. Inzwischen habe ich den Eindruck, daß der Urin als Härter und Klebstoff dient: Die damit imprägnierten Gräser, Späne und Toilettenpapierstreifen am Eingang der Wohnröhre kleben steif zusammen, so daß sie die Form behalten und zur Verlängerung der Höhle dienen. Auch scheint der Urin nicht viel Fäulnis oder Schimmel aufkommen zu lassen: Selbst eine damit dauernd durchnäßte Stelle schimmelt nicht. Das feuchte Klima, das dadurch im Nest herrscht, macht die Tiere eventuell unempfindlicher gegen trockene Raumluft.

Handhabung der Tiere

Eine Überraschung für mich war, wie zahm die Tiere anfangs waren, sie kletterten mir sogar sehr bald auf die Hand und den Arm hinauf. Das legte sich aber, - anscheinend nachdem sie sich in ihre neue Umgebung eingewöhnt hatten. Sie sind nachtaktiv, lassen sich aber durch gedämpftes Licht nicht stören. Wenn man keine schnellen Bewegungen macht, kommen sie langsam aus der Deckung und sind dann gut zu beobachten.

Sehr erschreckt reagierten die Tiere auf das Geräusch oder den Blitz beim Photographieren, so daß ich pro Tag nur ein Bild machen konnte.

Ich wurde auch gewarnt, daß die Tiere sehr leicht innere Verletzungen erleiden können, wenn man sie am Körper anfaßt, aber das ist bei so flinken, zarten Tierchen ohnehin nicht einfach. Bisher sind sie immer mehr oder weniger freiwillig den Weg zurückgegangen, den sie aus dem Terrarium herausgekommen waren, oder ich hielt sie zwischen den hohlen Händen. Wichtig ist es, immer ruhig zu bleiben. Auslauf hätten die Tiere sicher gerne, aber nach meinen jetzigen Erfahrungen kann ich es wegen des schwierigen Einfangens nicht empfehlen.

In einem Fall wurde jemand gebissen, als er ein Tier bei der Terrarienreinigung am Schwanz hochhob.

Verhalten

Ich konnte einige Verhaltensweisen beobachten, die auch von Mongolischen Rennmäusen bekannt sind:

Die Ohren sind sehr beweglich und werden oft unabhängig von einander bewegt.

Die stärksten Männchen scheinen die ranghöchsten Tiere in der Gruppe zu sein und beim Fressen auch den ersten Zugang zum Futter für sich zu beanspruchen. Oder sie erscheinen als erste, weil sie die Mutigsten sind, die auch bei Störungen nicht so leicht flüchten.

Meine Tiere hatten schon mehrere Würfe Nachwuchs. Sie scheinen untereinander weniger friedlich zu sein als Rennmäuse (in stabilen Gruppen), aber schwere, blutige Auseinandersetzungen habe ich bisher nicht beobachtet. Ein guter Indikator dafür sind die Ohren der Tiere, die keine neuen Bißstellen haben.

Ranghohe Tiere verjagen andere manchmal recht aggressiv, wenn sie ihnen begegnen. Das Verjagte reagiert dann ziemlich ängstlich und flüchtet sofort. Im Unterschied zu der Kampfsituation nach dem Kauf der Gruppe eskalieren diese Auseinandersetzungen aber bisher nicht. Das verjagte Tier versteckt sich irgendwo, später sieht man sogar alle wieder zusammen fressen. Es fällt auf, daß die Tiere - anders als Rennmäuse - am Futterplatz oft möglichst großen Abstand zueinander halten, auch wenn kein Streit herrscht. Neben genügend Raum und zahlreichen Verstecken sind also vieleicht auch mehrere, voneinander getrennte Futterplätze für die Stabilität der Gruppe günstig. Körperkontakt außerhalb des Nests scheint eher gemieden zu werden.

Es wird, wie gesagt, wenig benagt. Während Rennmäuse auf Dauer alles zernagen, was ihnen nicht zu großen Widerstand entgegensetzt, scheinen Afrikanische Zwergmäuse nur zu nagen, wenn es "nützlich" ist.

Die Futterkörner werden am Fundort geschält und die Kerne dann in den Backentaschen gesammelt und eventuell an anderer Stelle gefressen. Es sieht manchmal wie Wiederkäuen aus. Die dicken, gefüllten Backentaschen sind auf einigen meiner Photos gut zu erkennen.

Getrunken wird am liebsten durch Auflecken von Tropfen. Wenn ich die Spritze neu gefüllt und abgespült ins Terrarium lege, werden zuerst außen die kleinen Tropfen abgeleckt, erst danach wird aus der Spritze getrunken.

Es heißt, daß die Tiere sich am besten in Gruppen fortpflanzen. Meine Fünfergruppe scheint dafür schon groß genug gewesen zu sein, ich hörte aber auch schon von einem einzelnen Pärchen, das sich fortpflanzte. In einem anderen Fall war ein reines gleichgeschlechtliches Zweierpärchen (Weibchen?) auf Dauer sehr harmonisch.

Namen

Für die Afrikanischen Zwergmäuse habe ich bisher folgende Namen gefunden: Neben Mus minutoides auch Mus musculoides und im Englischen (African) Pygmy Mouse, im Niederländischen Afrikaanse dwergmuis.

Einige Daten

die bis jetzt nur auf Hörensagen beruhen:

Ich danke Vera Brückmann und Karin van Veen für die Informationen, die mit in diese Seite eingeflossen sind.

Neue Erfahrungen und Mitteilungen

Ich möchte an dieser Stelle neue, eigene Erfahrungen und interessante Mitteilungen anderer Zwergmaushalter auflisten.

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