Sexuelle Gewalt, insbesondere am Arbeitsplatz, ihre Ursachen und Konsequenzen



Wie für andere Formen sexueller Gewalt gilt auch für sexuelle Gewalt am Arbeitsplatz, daß diese nicht eine gewaltsame Form von Sexualität, sondern eine sexuelle Form von Gewalt ist. Dabei machen sich die Täter in der Regel in offener oder subtiler Weise die in der jeweiligen Arbeitsumgebung bestehenden Hierarchien, ihre eigene institutionelle Macht, sofern sie über solche verfügen (wie zum Beispiel Hochschullehrer!), die - trotz der Leistungen der ersten und zweiten Frauenbewegung - noch immer fortbestehende ungleiche Machtverteilung zwischen Frauen und Männern in der Gesamtgesellschaft sowie das in der Werbung und den entsprechenden "Branchen", d.h. Porno-Industrie und Prostitution, immer noch gezielt oder gedankenlos veröffentlichte erniedrigende und entwürdigende Frauenbild von der sexuellen Verfügbarkeit der Frau, die damit zur Ware degradiert wird, zunutze.

Gerade dieses Frauenbild und die Ungleichverteilung der Macht zugunsten der Männer machen Männer bzw. männliche Jugendliche zu Tätern.

Die Täter haben dieses Frauenbild verinnerlicht und versuchen daher, ihre eigenen Obsessionen von Macht und Kontrolle in rücksichtslosester und brutalster Weise auszuleben - dies besonders angesichts der gesellschaftlichen Wandlungen, namentlich in Richtung größerer Unabhängigkeit der Frauen und der zunehmenden Sensibilisierung der Öffentlichkeit für die Rechte von Kindern und Jugendlichen. Die Täter können oder wollen diese gesellschaftlichen Veränderungen nicht akzeptieren. Und leider: So wünschenswert es wäre, alle Täter zu fassen und sie zum Schutz der Gesellschaft in psychiatrischen Einrichtungen bzw. Gefängnissen befristet oder gegebenenfalls für die Dauer ihres restlichen Lebens zu verwahren, erscheint dieses angesichts der Häufigkeit dieser Straftaten (s. dazu z.B. der Link "Wir sind viele!" auf meiner Hauptseite) leider kaum realistisch. Wer ernsthaft gegen sexuelle Gewalt ist, muß sich daher auch Gedanken darüber machen, wie die Gesamtsituation und die Rechte der Betroffenen, in der Regel also die von Frauen, Jugendlichen und Kindern, und ihre Chancen der physischen und psychischen Abwehr von Gewalt verbessert werden können, und wie ihr Selbstbewußtsein gestärkt werden kann - es ist ein (Männer-)Märchen, daß Prävention nichts bewirkt!

Wer ernsthaft gegen sexuelle Gewalt ist, ist immer auch

" Am schlimmsten war die vollkommene Isolation..."


Das ist die Erfahrung vieler Frauen, die mit sexueller Gewalt am Arbeitsplatz konfrontiert werden oder wurden. Die Täter machen sich die Angst der Frauen, auch die um ihren Arbeitsplatz oder ihre beruflichen Chancen, zunutze. Angst, Ratlosigkeit und Unsicherheit der Betroffenen führen dazu, daß sie es oft zu spät oder gar nicht wagen, sich zu wehren oder auch nur über ihre Situation zu sprechen. Tatsächlich sollte die Betroffene die Menschen, die sie ins Vertrauen ziehen möchte, sorgfältig auswählen: Falls nämlich der Täter durch eine Indiskretion erfährt, daß die Betroffene ihn gegenüber Dritten (ausgenommen Polizei und Justiz) belastet, ist leider damit zu rechnen, daß er seinerseits gegen die Betroffene Strafanzeige wegen übler Nachrede erstattet, oder daß er bei der gegenwärtigen Rechtslage mittels anonymer Zeugenaussagen eine einstweilige Verfügung gegen die Betroffene erwirken kann. Hier bedarf die Rechtslage noch deutlicher Korrekturen: Einstweilige Verfügungen oder Strafanzeigen wegen einer Aussage, die eine strafbare Handlung gegen diejenige betrifft, der die Wiederholung dieser Aussage untersagt werden soll, sollten nicht ohne ihre vorherige Anhörung erfolgen, und sie sollte ihrerseits im Rahmen dieser Anhörung auf die Möglichkeit einer Strafanzeige wegen der strafbaren Handlung gegen sie hingewiesen werden (frühere aus solchen Gründen ungerechtfertigterweise erlassenen einstweiligen Verfügungen sollten ersatzlos aufgehoben werden - insbesondere darf es nicht möglich sein, sie in einem späteren, von der betroffenen Frau angestrengten Prozeß gegen deren Glaubwürdigkeit zu verwenden). Dies würde die Rechtslage von sexueller Gewalt am Arbeitsplatz betroffener Frauen, insbesondere von Auszubildenden, Studentinnen und sonstigen Berufsanfängerinnen, die nicht selbst über juristische Kenntnisse verfügen (oder verfügten), erheblich verbessern.

Trotz der (möglichen) Drohungen oder Repressalien des T*t*rs: Meine Erfahrung ist, dass Totschweigen oder Verdrängen der Erfahrungen keine Lösung ist, und daß frau besser baldmöglichst die Initiative ergreift, um sich ihrerseits Unterstützung zu sichern, um (noch) Schlimmeres zu verhindern und um Hilfe zu suchen (mehr dazu findest Du/finden Sie unter "Hier geht es weiter" ganz unten auf dieser Seite oder von der Hauptseite aus unter "Möglichkeiten der Gegenwehr", und unter meinen "Links und Adressen", z.B. von der Hauptseite aus).


Vorsicht - das Untenstehende kann auf Betroffene sehr deprimierend wirken, da es um unsere negative Publizität geht... daher der Spoiler vor dem folgendem Text...und für alle, die gerade jetzt darüber nicht weiterlesen möchten, geht es hier weiter.
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Gerade habe ich in verschiedenen Diskussionen wieder erfahren, welche enormen Vorurteile gegen Frauen, die an ihrem Arbeitsplatz mit sexueller Gewalt konfrontiert werden oder wurden, leider immer noch bestehen. Unter anderem wird über uns gesagt,
  1. wir hätten "das alles" nur erfunden - besonders, wenn der Chef der Täter ist, ist es für die Kollegen (und leider auch manche Kolleginnen) so bequem, das zu behaupten.
  2. wir seien psychiatrische Fälle, "nicht richtig im Kopf", paranoid, wir (und nicht etwa die Täter!) bräuchten eine Therapie.
  3. wir seien Berufsversagerinnen oder "schlicht zu blöd für unseren Beruf" und suchten nur nach Entschuldigungen für unser Versagen; daher behaupteten wir, gewissermaßen zu unserer Entschuldigung für unser berufliches Versagen fälschlich, wir seien am Arbeitsplatz belästigt worden. Diese Variante wird besonders gern von Straftätern im Chefsessel gegen Frauen in technischen Berufen oder sonstigen ungewöhnlichen Karrieren gespielt. Eine Mehrheit der Männer - und leider auch viele Frauen in traditionellen Rollen und Berufen - reagiert auf Frauen, die trotz der vielen Widerstände, die sich ihnen entgegenstellen, in einem gewissen Umfang "Karriere machen", mit mühsam verbrämtem oder unverhohlenem Neid und Mißtrauen. Manche gehen selbst so weit, zu behaupten, wir könnten unsere Stellen eigentlich nicht auf redliche Weise "verdient" haben, weil wir ja schließlich "nur Frauen" seien. Von dieser Behauptung ist es nur ein kleiner Schritt zu der nächsten, noch beleidigenderen: wir hätten unsere Stellen durch Gewähren sexueller Gunst bei unseren Vorgesetzten "erschlichen". Bei Konflikten mit dem Vorgesetzten gingen wir dann zu der "unwahren Tatsachenbehauptung" über, er habe uns belästigt.
  4. wir seien "Männerhasserinnen", die ohne jeden Anlaß und ohne jedes Motiv wahllos und pauschal auf die armen gebeutelten selbsternannten Herren der Schöpfung "einprügelten".
  5. wir seien verbal und (potentiell) auch physisch gewalttätig - dies nur, weil wir einen vollkommen gerechten Zorn auf die Täter und ihre Sympathisanten empfinden. Das ist wohl der schwerste, unsinnigste und ungeheuerlichste Vorwurf, weil er uns quasi als Täterinnen stempelt.

Zu alledem sage ich: Glaub'/Glauben Sie ihnen kein Wort!!! Laß/lassen Sie nicht zu, daß diese Leute Dein/Ihr Selbstvertrauen und Selbstwertgefühl weiter verletzen - besonders nicht dann, wenn es gerade aus anderen Gründen nicht stabil ist. Versuch'/versuchen Sie nicht in allen Fällen, sie zu überzeugen - an purer Böswilligkeit und/oder Dummheit scheitert jede noch so vernünftige Argumentation.

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