Kapitel "V. Kritik des Terrorismus" aus "Zur Kritik der Arbeiterbewegung, des Marxismus und der Linken"

Der Terrorismus hat stets nicht die Verhältnisse, sondern einzelne Vertreter des Systems angegriffen. Er ist nicht dazu geeignet, den Mut und das Vertrauen der Massen in ihr eigenes Handeln zu steigern und die Selbsttätigkeit der Massen zu fördern - im Gegenteil: Der Terrorismus handelt stellvertretend für die "passive" und "untätige" Masse, ist Ausdruck der kleinbürgerlichen Ungeduld, die nicht länger warten will und kann und eben selbst handelt, wenn es schon die Massen nicht tun. Im Endeffekt wurde der Terrorismus immer ausgenutzt, um Gesetze und Repression gegen die Arbeiter und ihre Kämpfe zu rechtfertigen. In diesem Sinne hat der Terrorismus nicht dem System geschadet, sondern ihm genutzt, und ist bestimmt kein Weg das System zu überwinden. Die Terroristen der Rote Armee Fraktion (RAF) waren nichts anderes als Leninisten, die statt eines Parteibuches Knarren in den Händen hielten. Ihr Verhältnis zur Klasse ist das gleiche. So war das Theorie-Praxis-Verständnis der RAF identisch mit dem der Leninisten. Ihr Vorgehen rechtfertigten sie damit, daß es keine selbständige Arbeiterbewegung geben könne, das politische Bewußtsein in die Arbeiterklasse hineingetragen werden müsse usw. usf. Die Theorie ist bei ihnen bloße Rechtfertigungsideologie ihres Terrors. Ihre Sache war die der "Unterdrückten". Statt darauf zu warten, bis die betroffenen Menschen in allen Bereichen beginnen ihre eigenen Interessen und Bedürfnisse kämpferisch durchzusetzen oder diesen Kampf, das Bewußtsein bzw. den Selbstbewußtwerdungsprozeß der Betroffenen zu fördern, an den vorhandenen Brüchen und Widersprüchen anzusetzen und diese zu verschärfen, machten sich die RAFler daran, die Interessen ihrer vermeintlichen "Klientel" mit der Knarre in der Hand, also militärisch und terroristisch, zu vertreten wie dies die Parteikommunisten und andere Politiker im Parlament und auf politischem Wege tun. Die Distanz sowohl der Terroristen als auch der heutigen Parteikommunisten zu dem wirklichen Kämpfen ist auch die Erklärung für die Verselbständigung, Isolation und das Sektendasein dieser Gruppen, das sich nur um ihre individuellen und Gruppenprobleme dreht. "Der Kampf der Arbeiter von Pirelli z.B., die sich der von der Unternehmensleitung diktierten Arbeitsgeschwindigkeit widersetzten und kämpferisch und solidarisch eigene Zeiten praktizierten, den Produktionsprozeß selbst organisierten, ist für das kapitalistische System viel gewalttätiger als anonyme Bomben gegen Banken, weil die Arbeiter von Pirelli in ihrem Kampf zum Ausdruck brachten, wie das kapitalistische System heute zerschlagen werden kann: durch die gemeinsame Aktion der Produzenten an ihren Produktionsstätten. Dieser Kampf hängt von den konkreten objektiven Bedingungen der Klassengesellschaft ab. Ebenso von den Vorstellungen, die die Produzenten von der neuen Gesellschaft haben." ("Rote Armee Fraktion: Leninisten mit Knarre" in Die Aktion, Heft 201, S. 16)

Nationale Befreiungsbewegungen kämpfen mitunter auch militärisch und terroristisch gegen die bestehenden Nationalstaaten. Oft haben sie, sobald sie ihr "Ziel", den eigenen Nationalstaat, erreicht haben, die Bomben und Maschinengewehre abgegeben, um sich der Polizei, der Gesetze und Gefängnisse zu bedienen. Der illegale Terrorismus wandelte sich in einen illegalen (Staats)Terrorismus. So sind die Terroristen embryonal vorhandene herrschende Klasse im Wartestand.

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