Ornithologischer Reisebericht

 

Bundesstaat Ceará, Nordosten Brasiliens, Mai / Juni  2004

 

von Z. J. Grabowski

 

Erläuterungen

 

In blau sind die endemischen Arten bzw. Unterarten hervorgehoben. Wissenschaftliche Namen entsprechen der Nomenklatur der American Ornithologists’ Union.  Deutsche Namen nach einer Checkliste für Brasilien von Avibase-Bird Studies Canada http://www.bsc-eoc.org/avibase.  Bei den Arten, die keinen offiziellen deutschen Namen haben, habe ich mir erlaubt sie selbst zu „taufen“. Diese Namen sind immer mit einem Sternchen (*) gekennzeichnet.  

 

Einführung

 

Während meiner zweiwöchigen Reise nach Brasilien hatte ich leider nur wenig Zeit für ornithologische Aktivitäten. Somit konnte ich nur eine 4-tägige richtige Birding-Tour in die ornithologisch interessanten Gebiete des Bundesstaates Ceará (Serra de Baturité und Chapada do Araripe) unternehmen. Ansonsten konnte ich nur gelegentlich, stundenweise  in der Umgebung von Fortaleza in ornithologisch eher wenig interessanten Gebieten  beobachten. Während einer eintägigen Exkursion ins Landesinnere (Tururu)  boten  sich ebenfalls einige  Möglichkeiten  an Vögel zu beobachten. Mein Hauptziel war nicht eine möglichst lange Artenliste zusammenzustellen sondern die Erfahrungen zu sammeln, die eine Grundlage für weitere ornithologische Arbeit in dieser Region bilden sollten, die Ökosysteme kennen zu lernen  und vor allem einen der seltensten Vögel der Welt – Antilophia bokermanni – zu sehen.

Die Artenliste ist wegen sehr  kurzer Zeit, die für Birding bestimmt war, verhältnismäßig kurz (144 Arten) beinhaltet jedoch einige seltene, endemische Arten. Ende Mai scheint nicht die beste Zeit für Birding in NO-Brasiliens zu sein. Die Brutzeit ist längst vorbei und nur wenige Vögel zeigen Revierverhalten, sprich reagieren gut auf  Klangattrappen. Trotz der bescheidenen Länge der Artenliste bin ich mit meinen Beobachtungen sehr zufrieden, schließlich konnte ich die meisten „Wunschvögel“  sehr schön beobachten und vor allem den Einstieg in die wunderbare Welt der neotropischen Vögel geschafft. 

                                                                                                  

Ceará liegt in Nordosten Brasiliens zwischen 3°-8° südlicher Breite also in den Tropen.  Die Fläche beträgt 146.348 km², die Bevölkerung 7.653.000. Die Bevölkerungsdichte ist für Brasilien relativ hoch und beträgt 52 Einwohner pro km².  Die Landschaft im Landesinneren ist dominiert durch Caatinga, einen offenen, lichten und laubwerfenden Trockenwald von Typ der Dornbaumsavanne, wobei mehrere Typen dieser Formation zu unterscheiden sind. Der unzerstörte, feuchte, teilweise immergrüne, tropische Wald ist nur in Serras,  den Erhebungen, die bis 1100 m ü.M. reichen, anzutreffen. Auf den Hängen der Chapadas (Hochebenen) wachsen halbfeuchte tropische Wälder. Auf diesen Plateaus sind sehr interessante dichte, laubwerfende, trockene Wälder anzutreffen. Der Küstenstreifen hat einige Mangroven , Sanddünen, Lagunen sowie ziemlich degradierte Bestände von Restinga.

 

 

Praktische Tipps

 

Eine Erforschung „auf eigene Faust“ ist den Südamerika-Anfängern auf keinem Fall zu empfehlen. Erfahrene Südamerika-Fahrer  dürfen auch dort zurechtkommen J.  Es gibt  gefährliche Gebiete (vor allem in der Nähe der Städte)  und welche Gebiete sicher oder gefährlich sind, wissen wirklich nur die Einheimischen. Auf meinen kurzen Abstechern in der Umgebung von Fortaleza wurde ich immer durch Einheimische begleitet. Auf der Reise nach Serra de Baturité  und Chapada do Araripe wurde ich von Paulo, einen Biologen geführt.

Viele der Beobachtungsgebiete befinden sich auf Privatgelände beziehungsweise in Schutzgebieten und man braucht eine Erlaubnis für den Eintritt.

Ohne Führung ist die Entdeckung der interessantesten Arten sehr schwierig, für unerfahrene praktisch unmöglich. In vielen Fällen war die Benutzung der Klangattrappen notwendig. Die brasilianischen Birdguides haben immer einen kleinen Recorder und Mikrophon dabei. Oft wird ein rufender Vogel aufgenommen um dann mit dem Playback seiner eigenen Stimme angelockt zu werden. Viele Stimmen der neotropischen Vögel sind noch nicht gut bekannt und oft anhand der Rufe lässt sich nur die Gattung aber nicht die Art bestimmen.

Darüber hinaus werden oft  Rufe der Brasilsperlingskauz Glaucidium brasilianum (vom Band oder nachgepfiffen – habe ich übrigens selbst mit Erfolg ausprobiert...) benutzt um die Vögel zum Erscheinen zu animieren. 

 

 

Autofahren ist insbesondere im Landesinneren nicht ganz einfach. Auf vielen Strecken gibt es keine Wegweiser, ohne Portugiesisch-Kenntnisse kommt man nicht weiter... die oft metertiefen Schlaglöcher tauchen unvermittelt auf, die Entfernungen sind wirklich gewaltig... 

 

Ich habe mich sehr intensiv auf die Reise durch Studium der Literatur, Tonaufnahmen und Fotographien vorbereitet. Obwohl es meine erste Reise in die Neotropische Region war, konnte ich deswegen viele Arten bei visuellem Kontakt und manche nach ihren Stimmen  selbst bestimmen.

 

Die von mir besuchten Gebiete sind keineswegs ein „Vogelparadies“. Wer möglichst viele Arten in kürzester Zeit sehen will soll eher nach Pantanal, nach Amazonien oder in den Atlantischen Regenwald im Südosten Brasiliens  reisen. Birding in Nordosten ist ziemlich hart und zeitaufwendig. Dafür gibt es wirkliche „Spezialitäten“, die nur in dieser Region zu finden sind. In dieser Region gibt es noch viel zu entdecken. Es gibt zur Zeit nur drei aktive Ornithologen für eine Fläche von über 140.000 km² !   Da ich kein waschechter  „Twitcher“ bin, sondern auch harte Pionierarbeit im schwierigen Gelände über alles liebe (die alten Zeiten aus Polen lassen grüßen J ) bin ich von diesem wenig bekannten und teilweise unerforschten Teil Brasiliens wirklich begeistert!

 

 

 

 

endemische Weißnacken-Blaurabe Cyanocorax cyanopogon  Foto: © Paulo Brito

 

 

 

 

 

 

 

Beobachtungsbericht

 

 

20.5.- 22.5.2004  Umgebung von Fortaleza

 

 

 

Der erste Vogel, den ich am frühen Morgen im Garten des Hauses wo ich wohnte gesehen habe war zum Glück nicht der in den urbanen Gebieten weit verbreitete Haussperling... sondern Zuckervogel Coereba flaveola.

 

 

Zuckervogel Coereba flaveola                                 Foto: © Arthur Grosset

 

 Diese Art war selbst in der Stadtmitte von Fortaleza sehr häufig zu sehen und zu hören.

 Bald darauf folgten weitere, häufige und weitverbreitete Arten wie Guirakuckuck Guira guira, Schuppentäubchen Scardafella squamata, Bentevi Pitangus sulphuratus, Rabengeier Coragyps atratus   und Claudiasegler Tachornis squamata. Am Nachmittag ging es nach Lagoa Ronda (eine Süsswasserlagune) in Eusebio. Unterwegs gab es den guten Bekannten aus Europa – Haussperling Passer domesticus . An der Lagune gab es viele Reiher und immer noch einige nordamerikanische Limikolen. Die häufigste Reiherart war Silberreiher Ardea alba was mich sofort an die Lothringischen Seen erinnerte J. Außerdem gab es einige Schmuckreiher Egretta thula und Mangrovereiher Butorides striatus.  Erstaunlicherweise auf der Wasserfläche gab es kaum Wasservögel. Überhaupt keine Enten, stattdessen einige wenige Bindentaucher Podylimbus podiceps. Auf den Schlickflächen waren einige Limikolen zu sehen: Bronzekiebitz Vanellus chilensis, Azara-Regenpfeifer Charadrius collaris, Schwarznacken-Stelzenläufer Himantopus mexicanus ( in der brasilianischen Checkliste von CBRO als Himantopus himantopus geführt) und späte Gäste aus Nordamerika – ca. 20 Kleine Gelbschenkel Tringa flavipes und einige Wiesenstrandläufer Calidris minutilla. Eine Südliche-Karakara* Caracara plancus zeigte sich sehr schön, ebenfalls die lauten Glattschnabelanis Crotophaga ani und ein Truthahngeier Cathartes aura. Danach gingen wir zu einer ruhigen, mit schwimmender Vegetation bedeckten, Bucht wo die ersten   Rotstirnjassanas Jacana jacana ihre laute Vorstellung gaben. Danach hatte ich in kürzester Zeit die Gelegenheit drei Eisvogel-Arten schön zu beobachten: den mächtigen Rotbrustfischer Ceryle torquatus , den Amazonasfischer Chloroceryle amazona und seine kleinere „Version“ den Grünfischer Chloroceryle americana.  Andere dort zu beobachtende Arten waren Teichhuhn Gallinula chloropus J , sehr schöne Cayenneschwalben Tachycineta albiventer, Gelbkehlschlüpfer Certhiaxis cinammomea und Stelzentyrann Machetornis rixosus.   Auf dem Weg nach Hause konnte ich noch Tropenspottdrossel Mimus gilvus, Graubrustschwalbe Progne chalybea und Sperlingstäubchen Columbina passerina zu meiner Tagesliste hinzufügen.

In zirka „netto“ 2 Stunden Beobachtung ohne fachkundige Führung 27 Lifers...

 

Der nächste Tag mit zirka 2 Stunden Birding  im Garten und an der Lagune brachte 8 neue Arten (allesamt Lifers) :   Wegebussard Buteo magnirostris, Rallenkranich Aramus guarauna, Wassertyrann Fluvicola nengeta, Trauertyrann Tyrannus melancholicus, Savannenpieper Anthus lutescens (sehr eigenartige Stimme), Rosttäubchen Columbina talpacoti , Prälattangare Thraupis sayaca und aus Afrika eingeführte Wellenastrild Estrilda astrild.

 

Am 22.05. hatte ich auch sehr wenig Zeit für Birding, eine kurze Exkursion brachte zwei neue Arten : Picuitäubchen  Columbina picui und Blauflügel-Sperlingspapagei  Forpus xanthopterygius. Auf den Palmen im Hausgarten konnte ich zwei Weißbüschelaffen  Callithrix jacchus bewundern. Diese putzigen Tierchen sind in der Region ziemlich häufig.

 

 

Weißbüschelaffe Callithrix jacchus  Foto:© Arthur Grosset

 

 

 

 

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