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Dresden
(ADN). Wenn die Polizei auf Sachsens Straßen blitzt, dann klingeln
bei den Radiosendern die Telefone heiß. Autofahrer greifen zum Handy
oder steuern die nächste Telefonzelle an, um mit Hilfe "ihres" Sender
anderen Fahrern das Bußgeld zu ersparen. Mittlerweile gehört
es bei den Privaten zum stündlichen Service, den Hörern zu verraten,
wo die Polizei mit Radargeräten Jagd auf Temposünder macht. Dabei
ist ein regelrechter Wettbewerb darum entbrannt, wer den schnellsten und
zuverlässigsten "Blitz-Dienst" anbietet.
Am
gewagtesten wirbt derzeit der Senderverbund Fünf für Sachsen
für den Verkehrstip aus Hörermund: Ein Großplakat, auf
dem das fast nackte Hinterteil einer Frau zu sehen ist, soll auf die Hotline
aufmerksam machen. Im Stil von Telefonsex-Werbung lautet der Slogan dazu
"Nummer kostenlos". Es habe bisher aber nur eine Beschwerde über die
Kampagne gegeben, sagt Hermann Hohenberger, Geschäftsführer
von Radio Dresden. Die Nachfrage nach dem Motiv sei im Gegenteil
so groß, daß es jetzt sogar als Poster gedruckt werde. Als
zusätzlichen Anreiz verlost Radio Dresden ein Auto unter den
Anrufern.
"Uns
rufen viele Leute an, die gerade geblitzt wurden", sagt Tom Adams,
Chefredakteur von Antenne Sachsen. Die direkte Betroffenheit der
Hörer sei einer der Gründe, warum der Service angeboten werde,
meint der Programmdirektor von Energy Sachsen, Markus Käkenmeister.
Radarfallen seien für Autofahrer "eine höchst emotionale Sache".
Fast jeder ärgere sich darüber. Deshalb sei der Zuspruch groß.
Radio
Energy und Antenne Sachsen werben in ihren Verkehrsnachrichten
für die "Blitz"-Telefonnummer. Die Service-Nummer bei Radio PSR
bleibt dagegen den meisten Hörern verborgen. Nur die Mitglieder des
"Staumelder-Clubs" kennen sie. Interessenten müssen sich schriftlich
anmelden. "Leute, die sich darum bemüht haben, sind mit größerer
Ernsthaftigkeit bei der Sache", begründet PSR-Programmdirektor Jürgen
Vogel die Prozedur. Mehr als 1.500 "ehrenamtliche" Staumelder sind
in der Kartei.
MDR
1 Radio Sachsen bezweifelt dagegen die Zuverlässigkeit der Radar-Warnungen.
"Viele Blitztips stimmen schon gar nicht mehr, wenn sie gesendet werden",
kritisiert Nachrichtenchef Frank Pawassar. Der öffentlich-rechtliche
Sender verzichtet deshalb auf die Hinweise. "Außerdem wären
die Hörer sauer, wenn sie ausgerechnet an einer Stelle geblitzt werden,
die wir nicht gemeldet haben", befürchtet Pawassar. Seine Kollegen
von MDR life überlegen allerdings gerade, ob sie nicht auch
Blitz-Tips in das Programm aufnehmen. Eine Entscheidung darüber soll
bis zum Früjahr getroffen werden.
Die
Polizei sieht es gelassen, daß vor ihren Kontrollen gewarnt wird.
"Erfreut sind wir nicht darüber, weil der präventive Chrakter
ein wenig verlorengeht", sagt der Dresdner Polizei-Sprecher Karsten Schlinzig.
Aber bislang habe die Zahl der ertappten Raser trotz Warnungen nicht abgenommen.
Sogar einen positiven Effekt der Warnungen sieht der Sprecher des sächsischen
Innenministeriums, Olaf Mager. Die Autofahrer seien über längere
Strecken gezwungen, langsam zu fahren, da nur die Straßennamen, nicht
aber der genaue Standort der Radarfallen durchgegeben würden. Radiosender
und Polizei sind
sich
darüber einig, daß dieser Effekt durchaus positiv ist. Die Sender
geben deshalb keine Details über die Radarfallen heraus.
Offiziell
hilft die Polizei nicht dabei, den Ort ihrer Kontrollen durchzusagen. Aber
unter Umgehung des Dienstweges werden die Radiosender doch gelegentlich
unterstützt, wie Antenne-Chefredakteur Adams erzählt: "Uns haben
schon Polizisten angerufen und Bescheid gesagt, daß sie Feierabend
machen und die Radarfalle abbauen."
Quelle:
ADN/Sascha Klettke
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