Staunen über die Holzgauer Lanze HOLZGAU, INNSBRUCK (sd). Ein archäologischer Fund aus dem Lechtal könnte bisherige Lehrmeinungen zur Urgeschichte vollkommen durcheinanderbringen. Eine bei Holzgau im oberen Lechtal von Reinhold Lumper gefundene bronzene Speerspitze sorgt bei den Experten für Aufregung. Das Objekt tauchte bereits im Jahre 1995 bei Bauarbeiten auf (die AN haben berichtet) und gelangte über den Holzgauer Heimatforscher Mag. Andreas Lumper zu Doz. Walter Leitner vom Institut für Ur- und Frühgeschichte der Universität Innsbruck, der seit längerem im Außerfern Fundplätze sondiert. Leitner schickte Holzreste des Lanzenschaftes zur C14-Datierung nach Groningen und staunte nicht schlecht, als ihm nun das Ergebnis auf den Tisch flatterte: Die kalibrierten, also bereits geeichten, Daten aus dem holländischen Labor zeigen, daß das Holz und somit auch die Lanze aus der Zeit um 2600 v. Chr. stammen, also aus einer Epoche, in der es sie laut Lehrmeinung eigentlich noch nicht geben dürfte. Wenn die Daten stimmen, ist es eine echte Sensation. Walter Leitner: Wir kommen mit diesem Fund in eine Zeit, aus der wir in ganz Europa bisher keine einzige Lanzenspitze kennen, schon gar keine aus Bronze." Bislang war allgemein anerkannte Lehrmeinung, daß die Legierung von Kupfer und Zinn zu Bronze in Europa nicht vor dem ausgehenden 3. Jahrtausend einsetzte. Jetzt ein - noch dazu so formvollendetes - Stück zu finden, das rund ein halbes Jahrtausend älter ist, ist für die Experten nicht leicht zu verkraften. Muß man nun also die Bronzezeit früher beginnen lassen? Leitner: Das wäre wohl die Konsequenz; jedenfalls muß nach diesem Fund manches neu überdacht werden." Leitner weiter: "Wir hatten das G1ück, daß es durch das Holz möglich war, exakt naturwissenschaftlich zu datieren. Von den stilistischen Merkmalen her hätte auch ich die Lanzenspitze 700 bis 800 Jahre jünger geschätzt. Aber es ist ja nicht das erste Mal, daß Laboranalysen große Datierungsirrtümer aufdecken. Das prominenteste Beispiel dafür ist Ötzi." Vielleicht, so vermutet Leitner, ist auch so manches andere archäologische Stück in den Depots und Museen, das bisher nur relativ, nach typologischen Merkmalen, datiert wurde, in Wirklichkeit älter. Ganze urgeschichtliche Chronologiesysteme könnten ins Wanken geraten. Für Leitner einmal mehr ein Beweis für die entscheidende und ständig größer werdende Bedeutung der Naturwissenschaften in der Archäologie. Die Lanzenspitze von Holzgau, die zufällig in 1100 Meter Seehöhe gefunden wurde, ist auch, abgesehen von ihrem unerwartet hohen Alter, ein bemerkenswertes Stück. Leitner: "Die Legierung enthält 14 Prozent Zinn und 86 Prozent Kupfer. Das ist ein ganz außergewöhnlich hoher Zinnanteil." Als nächstes will man versuchen, die Spurenelemente zu bestimmen, um Näheres über Herkunft des Metalles zu erfahren. Hoffnungen macht sich Leitner auch, daß es gelingen wird, die Holzart des Schaftes zu ermitteln. BILD: links Lanzenspitze aus Holzgau, rechts aus Grän.
HOLZGAU/BICHLBACH (rei). Die Fachwelt staunt! Jene Lanzenspitze, die von Mag. Andreas Lumper 1995 in Holzgau gefunden wurde stammt aus der Zeit um 2600 v. Chr. Eine C-14-Datierung nach Groningen hat dies zu Tage gebracht. Eine Sensation, denn laut gängiger Lehrmeinung hat es zu dieser Zeit noch keine Lanzenspitzen gegeben, und schon gar keine aus Bronze. Bisher gingen die Forscher davon aus, daß die Herstellung von Bronze den Menschen erst rund 500 Jahre später möglich war. Der Fund von Holzgau beweist aber anderes. Jetzt soll die Lanzenspitze noch genauer untersucht werden. Die Forscher hoffen die Herkunft des Metalles ergründen zu können und die Holzart des Schaftes bestimmen zu können. Vielleicht bekommen die Forscher in Zukunft noch weitere Funde zu Gesicht. Wachgerüttelt durch die Meldungen über die Lanzenspitze aus Holzgau zeigte jetzt z.B. ein Bichlbacher einen Fund, den er schon vor rund 20 Jahren am Kohlberg gemacht hat.
Beim Bau einer Futterstelle entdeckte er rund 20 cm unter der Oberfläche Aschereste und darin eine Metallspitze. Die weitere Suche des ehemaligen Jagdobmannes blieb erfolglos, die Spitze wanderte in das private Archiv", bis jetzt.
Stand vom 28.2.97