die Bedeutung öffentlicher und privater
transnationaler und supranationaler Regelungen erhöhen
Vor diesem Hintergrund konzentriert sich
das gegenwärtige Forschungsprogramm vor allem auf drei Typen
von Untersuchungen:
1. Die Funktionsweise nationaler
Regelungssysteme und deren Reaktion auf die veränderten
externen Bedingungen werden wir weiterhin international und
intersektoral vergleichend untersuchen. Dabei interessiert
uns im internationalen Vergleich die Frage, ob bisher national
unterschiedliche Systeme auf ein einheitliches (oder
jedenfalls einheitlicheres) Muster konvergieren, oder ob
exogen induzierter Wandel zwar veränderte, aber weiterhin
national unterschiedliche (und insoweit "pfadabhängige")
institutionelle Konfigurationen hervorbringt, die wiederum
entweder wettbewerbsneutrale funktionale Äquivalente
darstellen oder Wettbewerbsvor- bzw. Nachteile begründen
können. Im intersektoralen Vergleich interessieren die
Unterschiede zwischen dem internationalen Wettbewerb
ausgesetzten und weiterhin "geschützten" Sektoren sowie die
Wechselwirkungen zwischen diesen.
In beiden Dimensionen ist weiterhin zu
untersuchen, ob sich Regelungsfunktionen und
Regelungsstrukturen ausmachen lassen, die generell von
exogenen Veränderungen stärker oder weniger stark betroffen
werden. So kann man vermuten, daß die Transformation
nationaler Regelungssysteme in erster Linie deren
umverteilende und marktkorrigierende Funktionen schwächt.
Darüber hinaus gibt es Anzeichen dafür, daß die Verstärkung
des internationalen Wettbewerbs insbesondere die
Leistungsfähigkeit der sektoralen Selbstorganisation
beeinträchtigt, was das relative Gewicht staatlicher Steuerung
erhöhen würde, wenn auch auf insgesamt reduziertem
Regulierungsniveau und innerhalb der von der internationalen
Standortkonkurrenz gezogenen Grenzen.
2. Einen
zweiten Forschungsschwerpunkt bilden Untersuchungen zur
Funktionsweise, Leistungsfähigkeit und demokratischen
Legitimation transnationaler und supranationaler
Regelungssysteme. Diese schränken zwar einerseits die
nationale Handlungsfähigkeit ein, aber zugleich sollen sie
auch Regulierungsfunktionen übernehmen, die national nicht
mehr effektiv erfüllt werden können.
Besondere Aufmerksamkeit werden dabei
Probleme der Interessenvermittlung erfordern. Solange das
Demokratiedefizit transnationaler Institutionen den Übergang
zu Mehrheitsentscheidungen beschränkt, wird deren
Problemlösungsfähigkeit sich im Prinzip auf Aufgaben
beschränken, bei denen ein breiter Konsens der beteiligten
Staaten möglich ist. Zugleich sind die im nationalen Rahmen
einflußreichen nichtstaatlichen Akteure und die von diesen
vertretenen Interessen auf der transnationalen Ebene in höchst
unterschiedlichem Maße organisations- und handlungsfähig. Zu
erwarten ist also eine charakteristische Selektivität der
Interessenvermittlung, die von der Einflußverteilung in
nationalen Governance-Systemen erheblich abweichen kann.
3. Schließlich untersuchen wir das
Zusammenspiel zwischen den Institutionen der
Mehrebenen-Governance-Systeme. Nichts spricht ja dafür,
daß gerade die Aufgaben, die aus ökonomischen Gründen auf der
nationalen Ebene nicht mehr effektiv wahrgenommen werden
können, auf der transnationalen Ebene jedenfalls im Prinzip
erfüllt werden könnten – und das gleiche gilt umgekehrt. Im
Verhältnis zwischen den Ebenen können sich also faktische
Kompetenzlücken ergeben, ebenso aber auch blockierende
Kompetenzkonflikte oder die lähmenden Wirkungen der
"Politikverflechtung". Möglich ist jedoch auch eine
produktive, die Problemlösungsfähigkeit insgesamt steigernde
Komplementarität der Kompetenzen. Ob das eine oder das andere
der Fall ist, könnte insbesondere von den jeweils eingesetzten
Regelungsinstrumenten abhängen. Deshalb wird unsere
theoretische Arbeit auch darauf gerichtet sein, geeignete
Methoden zur Analyse der wechselseitigen Kompatibilität und
Inkompatibilität unterschiedlicher Regelungstypen zu
identifizieren.
Die Herausbildung einer
transnationalen Mehrebenenpolitik betrifft selbstverständlich
nicht nur Staaten, sondern auch die Systeme
(zivil-)gesellschaftlicher Selbstregulierung. Unterschiede der
transnationalen Organisations- und Handlungsfähigkeit haben
Folgen für die Struktur transnationaler Governance-Systeme und
die in ihnen dominierenden Interessen - und diese wirken
wiederum auf Struktur und Funktionsweise der nationalen
Systeme zurück. Zugleich eröffnet die Mehrebenenpolitik den
Akteuren neue Wahlmöglichkeiten zwischen Arenen und
Handlungsebenen, die in unterschiedlicher Weise strategisch
genutzt werden können. So erlaubt die Internationalisierung
von Politikfeldern sowohl Regierungen als auch national
organisierten Interessengruppen, ihren Einfluß auf
internationale Regelungen für die Durchsetzung
innenpolitischer Ziele zu instrumentalisieren - und sie
verschafft den gleichen Akteuren ebenso die Möglichkeit,
Probleme, die sie nicht lösen wollen oder können, "nach oben"
abzugeben und so die Verantwortung inter- oder supranationalen
Instanzen zuzuschieben.
Das Forschungsprogramm der Fakultät
soll deshalb die Bedingungen der komplexen Verzahnung von
staatlicher und vorstaatlicher Innenpolitik, Außenpolitik und
internationaler Politik aufklären und durch empirische und
theoretische Projekte zum besseren Verständnis ihrer Folgen
für die Problemlösungsfähigkeit, die Interessenvermittlung und
die demokratische Legitimation moderner Gesellschaften
beitragen.