Kapitel 1

Sie schrie, doch niemand schien Sie zu hören. Nichteinmal er. Obwohl sein Gesicht nicht weiter als zehn Zentimeter von Ihrem entfernt war und Sie seinen heißen, nach Alkohol stinkendem Atem riechen konnte, reagierte er nicht. „Du Schlampe“ presste er aus zusammengebissenen Zähnen hervor „ ich werde Dir zeigen wer hier der Herr im Haus ist. Mich verlässt man nicht.“ Sie versuchte vor Ihm zurückzuweichen, doch ihr Handgelenk war in seinen Fingern eingeklemmt wie in einem Schraubstock und sie erreicht nur, daß er noch fester zudrückte. Sie glaubte Ihre Knochen unter seinem festen Griff leise knacken zu hören und sie stöhnte vor Schmerz. Ohne Vorwarnung traf sie seine rechte Hand mitten ins Gesicht „wirst du wohl aufhören Dich Deinem Ehemann zu widersetzen“ schrie er um Ihr gleich darauf einen kräftigen Schlag in den Magen zu verpassen. Stöhnend klappte Sie zusammen und presste ihre Hand auf den Bauch. Blut tropfte von Ihrer aufgeplatzten Augenbraue und ihrer wahrscheinlich gebrochenen Nase auf den Teppich. Immerhin ließ er endlich ihre Hand los. Drohend stand er über ihr. Ihr Gesicht war ein einziger Klumpen Schmerz und dort wo er Sie eben getroffen hatte waren weiße Abdrücke seiner Finger zu erkennen. Ihr war übel, der Schmerz war fast unerträglich und Sie rang verzweifelt nach Luft. Doch Ihr Verstand war klar und arbeitete auf Hochtouren. Wie konnte Sie Ihm nur entkommen? Sie musste aus dieser Wohnung heraus. War sie erstmal im Freien, würde er es nicht wagen Sie weiter anzugreifen. Suchend ließ Sie Ihren Blick über die verwüstete Wohnungseinrichtung wandern. Es musste einen Ausweg geben, eine Waffe oder zumindest eine Möglichkeit ihn sich vom Leib zu halten. Doch in diesem Moment packte er Sie an den Haaren „denk nicht mal daran“ zischte er und zog sie grob in die Höhe. Ein weiterer Schmerzenslaut entrang sich ihrer Kehle, dann wurde sie krachend gegen die Wand geschleudert, wo sie benommen auf die Knie sank. Sofort war er wieder über ihr und packte Sie an der Kehle, zog sie so wieder auf die Füße und presste Sie an die Wand. Über seine Schulter hinweg sah sie das Wohnzimmer. Die Stehlampe hatte Sie umgerissen als er sie das erste Mal mit voller Wucht ins Gesicht geschlagen hatte. Der blaue Glasschirm war zerbrochen und die vielen kleinen Scherben glitzerten im Licht der einfallenden Sonnenstrahlen. Die Obstschale und die Papiere an denen er gearbeitet hatte als sie nach Hause gekommen war, lagen verstreut auf dem Boden, nachdem er Sie mit einem kräftigen Stoß gegen den Esstisch geschleudert hatte und sie hilflos wie in einem dieser Slapstickfilme über die Tischplatte gerutscht war. Ihre beiden Lieblingsbilder an der gegenüberliegenden Wand hingen schief und ein weiteres war heruntergefallen und das Glas zerbrochen. Zwei Blumentöpfe waren von der Fensterbank gefallen und die Erde hatte sich über den weichen, beigen Teppich verteilt. Sie sah Fußspuren darin. Ihre oder seine? Sie mussten entstanden sein, als er sie lauernd durch das Wohnzimmer verfolgt hatte und sie noch geglaubt hatte ihn mit gutem Zureden zur Vernunft bringen zu können. Dies alles registrierte Sie in zwei, drei Sekunden und sie fragte sich, wie sie nur so dumm gewesen sein konnte zu glauben, er würde sie einfach gehen lassen. Der Druck seiner Hand an ihrer Kehle riss sie wieder in die Wirklichkeit zurück. Sie spürte wie ihr langsam die Luft abgeschnürt wurde. Sie versuchte etwas zu sagen, ihn anzuflehen, daß sie alles tun würde was er verlangte wenn er sie nur loslassen würde. Aber sie brachte nicht mehr als ein heiseres Flüstern heraus. „Na, wer hat jetzt das sagen hier?“ fragte er mit einem hämischen Grinsen und feine Speicheltropfen benetzten ihr blutiges Gesicht. „Sag mir wer, hä?“ Sie konnte nicht antworten, sie bekam keine Luft mehr und spürte wie sie an den Rand der Bewusstlosigkeit driftete. Ein letztes Mal versuchte sie sich gegen Ihn aufzubäumen. Ihre Finger krallten sich in die Hand die ihr die Luft abschnürt und ... sie erwachte mit einem Ruck und wäre dabei beinahe von der Couch gefallen auf der sie wohl vor dem Fernseher eingeschlafen war. Sie zitterte und rang verzweifelt nach Atem. Sie war nass geschwitzt und hatte sich im Schlaf in ihrer Wolldecke verheddert. Sie versuchte verzweifelt sich aus ihr zu befreien. Ein Ende hatte sich unangenehm fest um Ihren Hals geschlungen und bei dem Versuch sich feizustrampeln fiel sie nun doch von der Couch. Schmerzhaft schlug sie mit der Hüfte auf, doch dieser Schmerz war ihr fast willkommen. Er verscheuchte die letzten Bilder des Traums (Erinnerung?) und sie konnte endlich die lästige Wolldecke los werden. Für einen Moment verharrte sie auf dem Boden, den Rücken gegen die Couch gelehnt und atmete tief durch. „Nur ein Traum“ flüsterte sie leise „nur ein Traum“. Mühsam stemmte sie sich in die Höhe und ging ins Bad. Als sie dabei einen flüchtigen Blick aus dem Fenster warf sah Sie, daß es mittlerweile dunkel geworden war. "Ich muss ganz schön lange geschlafen haben," dachte Sie. Als das Licht im Bad aufflammte sah sie ihr Gesicht im Spiegel. Sie nahm zumindest an, daß es ihres war. Verängstigte blaue Augen blickten ihr aus einem blassen Gesicht entgegen. Ihr Nase mit dem kleine Höcker am Ansatz ragte spitz aus ihm hervor. Ihr blondes, lockiges Haar klebte ihr verschwitzt am Kopf. Die Lippen hatte sie fest aufeinander gepresst und ihr Hals war gerötet vom Kampf mit der Wolldecke (vom Kampf mit Ihm flüsterte eine leise Stimme in ihrem Kopf). Sie brachte die Stimme durch ein Kopfschütteln zum Schweigen und drehte den Wasserhahn auf. Sie spritzte sich eiskaltes Wasser ins Gesicht und gleich ging es ihr ein bisschen besser. „Es war nur ein Alptraum,“ sagte sie laut zu ihrem Spiegelbild „er kann dir nichts mehr tun, daß weißt du. Er sitzt irgendwo in Brasilien oder so und hat dich schon längst vergessen.“ Sie lächelte sich gequält zu und verließ dann das Bad um sich einen Kaffe zu kochen. Als sie die Filtertüten aus dem Küchenschrank nahm zitterten ihre Finger noch ein wenig, doch als sie zwei große Löffel Kaffee in die Maschine tat, hatte sie sich wieder im Griff. Sie ging zurück ins Wohnzimmer und schaltete das Fernsehgerät aus und die Stereoanlage ein. Sie wählte Ihre momentane Lieblings-CD und bei den beruhigenden Klängen von Alicia Keys holte Sie sich Ihren Kaffee und setzte sich an den kleinen Schreibtisch vor den Monitor Ihres Computers. Während sie ihn einschaltete und darauf wartete, daß er hochfuhr nahm sie einen großen Schluck von dem belebenden Gebräu und trommelte dann leise summend mit den Fingern im Takt der Musik auf die Schreibtischplatte. Mit einem leisen Ping meldete sich der Computer betriebsbereit und sie wählte sich ins Internet ein. Nach Eingabe Ihres Passwortes verkündete eine angenehme Frauenstimme "Sie haben Post" und mit dem entsprechenden Klick auf die Maus öffnete sie ihren E-Mail-Briefkasten. "Sieben neue Mails" murmelte sie vor sich hin "da waren meine Lieben aber fleißig". Neugierig überflog sie kurz die Absender und Betreffzeilen. Zwei Werbemails löschte sie gleich, ohne sie zu lesen. Eine Mail war von Ihrem E-Mail-Freund Brian aus Australien, den wollte Sie sich bis zum Schluss aufheben. Mit einem Klicken öffnete sie eine Mail von Ihrer besten Freundin Katrin mit dem ominösen Betreff "Schon gewusst?". "Liebe Sarah" stand da "hast Du schon gewusst, das es Männer gibt, die so perfekt sind, daß man es kaum glauben kann? Mir ist gestern so ein Exemplar begegnet. Da Du, wie so oft, telefonisch nicht erreichbar bist, ich das aber unbedingt los werden will, wähle ich diesen Weg, da ich weiß, daß Dich das hier ganz sicher erreicht :-). Also, nun zu meinem perfekten Mann. Er sieht überdurchschnittlich gut aus (was sonst ;-)) und schafft dies ohne Stunden vor dem Spiegel zu verbringen. Er ist zuvorkommend (stell Dir vor, er hat mir tatsächlich die Tür zu seinem Wagen geöffnet, damit ich einsteigen kann) und höflich. Er hat eine unglaubliche Art von Humor (ich habe mir bei unserem ersten Treffen fast in die Hose gemacht vor lachen) und sensibel. Ich habe ihn beim Einkaufen im Peek und Cloppenburg kennen gelernt. Er hat wohl gemerkt wie verzweifelt ich war,weil ich mich nicht zwischen zwei Oberteilen entscheiden konnte und mich eine geschlagene Stunde beraten. Danach habe ich ihn für seine Mühe zu einem Kaffee eingeladen und er mich dann zu einem schicken Abendessen bei unserem Lieblingsitaliener. Küssen kann er auch sehr gut (Du weißt schon, die perfekte Harmonie zwischen Lippen und Zunge - wirst du rot?). Mich hat es voll erwischt, also bitte, ruf mich dringend an, damit ich Dir noch mehr vorschwärmen kann. Ich hab dich lieb. Ciao Katrin von Wolke sieben." Sarah lächelte und nippte an Ihrem Kaffee. Sie freute sich für Katrin. Sie hatte in letzter Zeit nur Pech mit den Männern gehabt und Sarah gönnte es ihr von Herzen, sollte sich dieser Übermann tatsächlich als solcher herausstellen. Sie nahm sich vor, Katrin gleich anzurufen, wenn sie ihre restlichen Mails durchgesehen hatte. Das nächste Mail war von einem alten Freund aus Kindertagen, mit dem sie ziemlich unregelmäßig hin und her mailte. Bernd und sie waren früher viel zusammen unterwegs gewesen, doch vor vier Jahren war er in ein 600 km entferntes Kaff in der Nähe von Hamburg gezogen und seit dem hatten sie sich nicht mehr gesehen. "Hallo Sarah, endlich finde ich ein bisschen Zeit um Dir ein paar Zeilen zu schreiben. Zuerst die größte Neuigkeit: Andrea und ich werden nächstes Jahr heiraten! Ist das nicht der Hammer. Wer hätte gedacht, das mich Gartenzwerg tatsächlich mal eine Frau heiratet? Schriftliche Einladung folgt natürlich noch :-). Wird Zeit, daß du das schöne Hamburg mal kennen lernst. So, wie angekündigt nur ein paar Zeilen. Muss jetzt schon wieder los ins Hockeytraining. Liebe Grüße auch an Katrin und bis zum nächsten Mal. Bernd" Sarah klickte auf "antworten" und schrieb "Lieber Bernd, freue mich riesig für Euch. Aber wie das bei Männern so ist, hast du natürlich wieder mal die interessanten Details ausgelassen. Also, ich will alles wissen: Hast Du Ihr einen richtigen romantischen Antrag gemacht? Wie hat sie reagiert? Steht schon ein Termin fest? Und was heißt da eigentlich Gartenzwerg? Ich habe nie einen stattlicheren 1,70 m Mann kennen gelernt :-). Werdet Ihr richtig altmodisch in weiß in einer romantischen kleinen Kirche heiraten? Also, schreib mir bald. Grüße auch Andrea von mir und sag Ihr, daß sie den besten Mann von allen heiratet. Liebe Grüße Sarah". Die nächste Mail war von einer Internet-Buchhandlung, bei der sie vorgestern zwei Bücher bestellt hatte. Ihr wurde mitgeteilt, daß die Bestellung heute verschickt worden war. Die letzte Mail kam von einem Ihr unbekannten Absender. Bone69 stand da und als Betreff Greetings from Cincinnati. Als sie die Mail öffnete erschien ein recht langer Brief in englisch. Ihr Vater war Amerikaner gewesen und so war es für sie kein Problem, den Brief zu lesen. "Dear Peter," hier stockte sie etwas. Offensichtlich war der Brief nicht für sie bestimmt. Es kam schon ab und zu vor, daß Sie Post erhielt, die eigentlich für jemand anderen bestimmt war. Die Absender gaben einfach eine falsche Empfängeradresse an. Ihre Adresse lautete Softcake100 und es passierte öfters, daß der Absender aus der 100 eine 10 oder ähnliches machte. Sollte sie ihn trotzdem lesen? Ihre Neugier siegte. Sie zündete sich eine Zigarette an und machte sich daran, die Mail zu lesen. "Liebe Peter, es ist schon eine Weile her, daß ich mich gemeldet habe. Wie immer liegt es daran, daß ich einfach total im Stress bin. Die Tour läuft großartig. Jeden Abend sind die Hallen bis auf den letzten Platz besetzt. Du siehst, was das betrifft, hat sich nichts verändert seit Du weg bist. Tatsächlich ziehen wir jetzt seit einem Monat ohne Dich durch die Staaten, von Halle zu Halle, von Hotel zu Hotel. Du fehlst uns, keiner kann so gut Kaffe kochen wie Du (Scherz). Aber im ernst. Seit du weg bist, läuft es hier nicht mehr ganz so rund. Man kann Randy keinen Vorwurf machen, immerhin hattest Du jahrelange Erfahrung mit der Abstimmung, trotzdem fehlt uns was. Wie geht es Dir denn jetzt so in Deinem Ruhestand? Bestimmt vermisst du den ganzen Ärger und Stress, Nicks Kaugummi mit Fischgeschmack, Kevins altkluge Kommentare zur Lage der Nation und unsere Gespräche über Football und Mädchen. Tja, man kann nicht alles haben, nicht wahr? Mein altes Problem ist leider auch noch das Selbe. Wenn ich auf der Bühne stehe, ist das das tollste Gefühl überhaupt (besser als manchen Sex den ich schon hatte ;-)), aber danach... . Naja, Du weißt ja Bescheid. Ich frage mich manchmal, ob das alles gewesen ist. Mein Leben besteht nur aus der Musik, was grundsätzlich ja nichts schlechtes ist, aber wenn ich morgens mit einem Kater von der letzten Party aufwache und ich mir eigentlich nur die Decke über den Kopf ziehen möchte und von der ganzen Welt in Ruhe gelassen werden will, dann steht bestimmt der nächste Reporter im Foyer und wartet auf mich. Ich weiß nicht wie das die anderen so gut verkraften können. Ich will mich hier nicht beschweren, ich liebe mein Leben, ich kann und ich will nichts anderes machen. Ich bin es schon meinen Brüdern schuldig, hier weiter zu machen. Aber manchmal wäre ich gerne ein ganz normaler Mensch den keiner kennt, mit einem acht Stunden Job und einem gemütlichen Bierchen am Abend mit Freunden in der Kneipe nebenan. Naja, was rede/schreibe ich, Du kennst das ganze ja schon zur Genüge von mir, aber da ich jetzt mein Herz nicht mehr persönlich bei Dir ausschütten kann, nerve ich Dich auf diesem Weg ;-). Meine Mum lässt Dich übrigens herzlich grüßen. Sie ist schon bei der Planung der Europatour für nächstes Jahr. Bin sehr gespannt, was sich in den letzten Jahren dort so getan hat. Erinnerst Du dich noch an die Party im Maritim Hotel in Berlin? Als Sam diese Mädels angeschleppt hat, die sich hinterher als Kerle entpuppt haben? Was haben wir über Howies Gesicht gelacht. So, ich muss jetzt langsam Schluss machen. Die Jungs sitzen hier schon mit Josie und Andre zusammen und warten nur noch auf mich. Das alltägliche Gruppenmeeting steht bevor (gähn). Ich soll Dich von allen grüßen. God bless you. Peace. A.J." Sarah nahm einen Schluck von ihrem Kaffee. Er war mittlerweile eiskalt geworden aber sie merkte es nicht einmal. Ungläubig las sie das Mail nochmal. Aber sie kam wieder zu dem selben Ergebnis. Scheinbar hatte sie da tatsächlich ein Mail von einem Star erhalten. "Du hast es nicht erhalten," schalt sie sich in Gedanken. "Peter sollte es erhalten. Diesem A.J. würde es bestimmt nicht gefallen wenn er wüsste, daß jemand fremdes seine geheimen Gedanken gelesen hat". Trotzdem berührte diese Mail sie, auch wenn sie nicht an sie gerichtet war. Sie kannte das Gefühl morgens aufzuwachen und festzustellen, daß wieder ein Tag auf sie wartete, den sie hassen würde. Ein weiterer Tag voller Demütigungen im günstigsten und im schlimmsten Fall mit Schmerzen. Die Vorstellung, in diesem Moment eine andere zu sein, war ihr sehr vertraut. Sie durchforstete Ihr Gedächtnis, aber sie kam auf keine Band in der ein A.J. mitspielte. Das Wort Europatour ließ sie allerdings vermuten, daß es sich um eine international bekannte Band handelte. Vielleicht hatte ja Katrin eine Idee. Sie verschob die Entscheidung, ob sie auf diese Mail antworten sollte auf später und damit auch das Gefühl der Verbundenheit mit A.J. und widmete sich noch schnell dem Mail von Brian aus Australien. Wie immer berichtete er ausführlich von seinen letzten Erfolgen bei den verschiedenen Surfwettkämpfen, von seiner neuen Freundin Charly, seiner Familie und was sich sonst noch im Land der Kängurus ereignet hatte. Normalerweise verschlang sie seine Briefe immer gierig, aber heute konnte sie sich nicht so recht dafür begeistern. Deshalb beendete sie die Internetverbindung und griff stattdessen zum Telefon um Katrin anzurufen.

"... und dann hat Martin mich in seine Arme gezogen und einfach so geküsst. Ich hatte die weichsten Knie meines Lebens, das kann ich Dir sagen." "Hört sich an als hättest Du die immernoch" antwortete Sarah schmunzelnd. "Davon kannst du ausgehen." Katrin lachte. "Und wie geht es jetzt weiter?" " Ich warte sekündlich auf seinen Anruf." "Dann sollten wir wohl schnell Schluss machen, was? Am Ende probiert er es gerade jetzt." "Und selbst wenn, ich will ja auch nicht den Eindruck erwecken, das ich nur auf seinen Anruf warte," meinte Katrin verschmitzt. "Da hast du natürlich recht. Dann macht es Dir wohl nichts aus, wenn ich Dir noch schnell von einem sehr interessanten Mail erzähle, das ich heute bekommen habe?" "Nein, erzähl schon, klingt nicht so als käme jetzt die übliche Geschichte über Brian und seine Surfstorys." "Nein, diesmal ist es ein echter Hammer," Sarah legte eine dramatische Pause ein "Nun erzähl schon bevor ich platze oder mich doch für Martin entscheide," "O.k., o.k., hör zu. Heute landete mal wieder ein verirrtes Mail mit folgendem Inhalt in meinem Briefkasten," Sarah wiederholte A.J.s Worte so gut sie sie noch in Erinnerung hatte. Wie sie feststellen musste, konnte sie sich fast an jedes einzelne Wort erinnern. Als sie geendet hatte blieb es einen Moment still am anderen Ende der Leitung. "Katrin, bist Du noch da oder schon tot umgefallen?" "Nein, bin noch da, aber das ist wirklich ein riesen Hammer." "Du glaubst also auch, das es sich hier um eine bekannt Band handelt?" "Bekannte Band? Sarah, denk doch mal nach. Nick, Kevin, Howie und A.J. in welcher Band spielen die wohl zusammen?" "Tut mir leid, aber ich kenne mich da wohl nicht so aus wie Du." "Kenne mich nicht so aus, ich glaub es nicht. Hast Du schonmal was von den Backstreet Boys gehört?" erwiderte Katrin ungeduldig "Das ist nicht Dein Ernst, oder?" "Natürlich ist das mein Ernst." Katrin klang ein wenig gekränkt. "Ach Quatsch, wer sagt denn, daß Nick und Kevin nicht Leute von der Crew sind und es gibt bestimmt noch mehr A.J.s die singen. Nein, so eindeutig wie Du sehe ich das nicht." "Glaube es, oder glaube es nicht, aber ich sage Dir, das ist eine Mail von A.J. McLean von den Backstreet Boys." "Mein Gott, du kennst ja sogar seinen Nachnamen, ist ja unheimlich." Jetzt hörte sie Katrin am Ende der Leitung leise lachen "was glaubst Du, wer alle ihre CDs im Schrank stehen hat und wer immer von seinen Gästen angeraunzt wird, wenn er sie auflegt, hm?" "Ich habe Dich noch nie angeraunzt" verteidigte Sarah sich "mir gefällt die Musik ja auch ganz gut. Trotzdem bin ich der Meinung, das es noch zu früh ist, sich auf die Jungs festzulegen. Stell Dir mal vor, das ist nur ein Scherz von irgend so einem Witzbold. Dann stehe ich aber dumm da." " Das heißt, Du wirst ihm zurück schreiben?" Sarah hielt verblüfft inne. Bis jetzt hatte sie sich noch keine wirklichen Gedanken darüber gemacht, ob sie A.J. antworten sollte. Aber in diesem Moment wußte sie, das es für sie nie eine andere Wahl gegeben hatte. Sie wollte mehr von ihm und seinem Leben erfahren, er hatte sie mit seiner Offenheit und sensiblen Art beeindruckt. "Sieht wohl so aus," antwortete sie. "Vernünftige Entscheidung," erwiderte Katrin altklug "sag ihm liebe Grüße von mir und er soll Nick mal fragen ob er nicht ne Brieffreundin in Germany gebrauchen kann. Ich wäre zu allem bereit." "Ich denke Du bist gerade mit Deinem Super-Martin zu Gange. Wie soll ich denn das verstehen?" Katrin prustete los. "Super-Martin klingt klasse, das muss ich mir merken. Aber mal im Ernst, natürlich schwebe ich auf Wolke sieben und ich werde keinen Mann auch nur mit dem Hintern anschauen. Trotzdem, ein Star mit viel Geld wäre doch auch nicht schlecht, oder? War nur ein Scherz," fügte sie noch schnell hinzu, als hätte sie Angst, Sarah könnte sie falsch verstehen. "Hab schon verstanden, immer ein Hintertürchen offen halten, nicht wahr?" "Genau, wieso sollten wir Frauen nicht auch mal wie die Männer handeln und denken?" "Da hast du recht, aber ich glaube wir machen jetzt liebe wieder die Leitung frei, damit dich Super-Martin auch erreichen kann. Sonst wird das womöglich nichts mehr mit dem nächsten Date." "Du hast recht, außerdem hast Du ja auch noch so ne Art Date, oder?" Sarah konnte Katrins breites Grinsen direkt vor sich sehen "sowas in der Art, ja. Wahrscheinlich wird er mir garnicht antworten." "Wenn er sich nicht mehr meldet, ist er es sowieso nicht wert." "Hört, hört," Sarah lächelte "na dann, sollten wir uns jetzt wohl unseren Männern widmen. Also machs gut," "Du auch, und viel Spaß beim schreiben. Du musst mir unbedingt später Dein Mail vorlesen. Damit ich beurteilen kann, ob Du Dich zum Deppen gemacht hast oder nicht." "Na vielen Dank, jetzt weiß ich ja, was Du von mir hältst," Sarah lachte "Bis dann," "Ja, bis dann." Sarah legte den Hörer auf und blieb einen Moment reglos auf der Couch sitzen. Ein Popstar also. Sie konnte es immernoch nicht so recht glauben. Dieser Typ bekam am Tag bestimmt hunderte von Briefen und Mails. Warum sollte er ausgerechnet ihres lesen und noch dazu beantworten? "Ach was," sagte sie laut "im Grunde ist er auch ein Mensch wie Du und ich." Entschlossen stand sie auf und legte eine neue CD ein . Kurze Zeit verharrte ihre Hand vor der Backstreet Boys CD aber dann entschied sie sich doch für Madonna. "Man muss es ja nicht gleich übertreiben" dachte sie und als die ersten Töne von "True Blue" erklangen wählte sie sich erneut ins Internet und in ihren Briefkasten ein. Es waren in der kurzen Zeit keine neuen Mails eingegangen.

Kapitel 2