Kapitel 23
Obwohl sie mit Maik noch eine Stunde in einem Café gesessen hatte, dauerte es noch fast zwei Stunden, bis A.J. nach Hause kam. Nachdem Maik seinen üblichen Platz im Auto vor dem Haus eingenommen hatte, räumte Sarah ein wenig auf (obwohl es da nicht viel aufzuräumen gab. Scheinbar war A.J.s Haushälterin da gewesen) und nach einem Blick in den Kühlschrank war sie mit Maik in den nahegelegenen Supermarkt gefahren und hatte für das Picknick eingekauft. In einem Schrank im oberen Stock fand sie einen großen Korb und verstaute darin Teller, Gläser, Besteck, Käse, Schinken, einen Laib Brot, etwas Obst und zwei Flaschen Weißwein. Darüber legte sie eine karierte Wolldecke. Dann hatte sie sich vor den Fernseher gesetzt und lustlos zwischen den Programmen hin und her geschaltet. Endlich hörte sie, wie der Schlüssel im Schloss gedreht wurde. Sie schaltete schnell auf MTV und tat so, als ob sie das Video das gerade lief brennend interessierte. Sie wollte A.J. nicht zeigen, wie sehr sie auf ihn gewartet und sich nach seiner Nähe gesehnt hatte. Er betrat das Wohnzimmer, ließ sich neben sie auf die Couch fallen und zog sie in seine Arme. Hi Baby, Du hast mir gefehlt, flüsterte er ihr ins Ohr und küsste sie sanft auf die Wange. Du mir garnicht, antwortete Sarah und entwand sich seinem Griff. A.J. sah sie verständnislos an und bei seinem Gesichtsausdruck konnte sie nicht länger ernst bleiben. Reingefallen, lachte sie. Na warte, entgegnete A.J. mit funkelnden Augen, packte sie und begann sie zu kitzeln. Kreischend und lachend purzelten sie von der Couch. Atemlos lagen sie dann ineinander verschlungen auf dem weichen Teppich. Es hat mir nicht gefallen, daß Du mich mit Maik so einfach nach Hause geschickt hast, sagte Sarah nach einiger Zeit leise. A.J. rückte ein Stück von ihr ab und stützte den Kopf auf seine Hand. Prüfend sah er sie an. Warum hast Du nicht gleich etwas gesagt? fragte er. Sarah zuckte mit den Schultern Ich glaube, ich wollte Dir nicht das Gefühl geben, wie eine Klette an Dir zu hängen. Ich fühle mich einfach unsicher und weiß manchmal nicht, wie ich mich verhalten soll. Ziemlich blöd, was? Nein, A.J. strich ihr sanft über das Gesicht das ist nicht blöd, ich finde das ganz normal. Ich bin manchmal auch ziemlich unsicher. Das glaube ich nicht, entgegnete Sarah bestimmt Du bist doch der große und allseitsbeliebte A.J. McLean. Du brauchst nichts und niemanden. Ich komme mir manchmal vor wie der kleine Schoßhund, der an Deinem Rockzipfel hängt. Ich hasse das. Normalerweise habe ich mein Leben bestens unter Kontrolle, bin mein eigener Herr. Seit ich hier bin fühle ich mich schwach und unsicher. A.J. sah bestürzt auf sie hinunter und Du glaubst, das liegt an mir? Ich weiß es nicht, soviel ist passiert, das ist hier einfach eine andere Welt. Ich weiß nicht recht, wie ich mich in ihr verhalten soll. Ich habe Angst einen Fehler zu machen. A.J. holte tief Luft und ließ sie langsam entweichen, dann sah er sie wieder ernst an. Ich kann verstehen, daß Du Dich unsicher fühlst, obwohl ich bisher nicht den Eindruck hatte. Das alles ist neu für Dich, o.k., aber momentan sieht es für mich so aus, als wolltest Du dieser Welt und damit auch mir nichtmal eine Chance geben. Warte, sagte er schnell als er sah, daß Sarah zu einer Erwiderung ansetzte Wir hatten wirklich nicht den allerbesten Start. Dieser Markus schleicht Tag und Nacht in unser beider Köpfen herum und wir lassen auch noch zu, daß er Einfluss auf unsere Beziehung nimmt. Ich weiß, daß ich mich in das Mädchen aus dem Netz verliebt habe. In die Frau, die immer für mich da war, wenn es mir schlecht ging, die mir zugehört hat, auch wenn sie nicht körperlich anwesend war, und mir wieder Mut gemacht hat. Ich weiß, daß ich in dem Moment rettungslos verloren war, als Du aus Kathys Wagen gestiegen bist. Du bist hier vielleicht in meiner Welt, aber ich hoffe so sehr, daß es irgendwann auch Deine Welt sein kann. Wenn Du glaubst, daß das nicht möglich ist, kann ich Dich nicht festhalten. Du wärest nur unglücklich. Aber bitte, habe keine Angst davor. Du bist stärker als Du glaubst und zusammen können wir es schaffen. Bitte, gib uns eine Chance. Er nahm ihr Hand und sah sie dabei weiterhin eindringlich an. Sarahs Herz klopfte zum zerspringen. Noch nie hatte jemand so etwas schönes zu ihr gesagt. Ich liebe Dich, sagte sie und diese drei Worte kamen aus den tiefsten Tiefen ihres Herzens. Sie hatte geglaubt, dieses Gefühl für immer verloren zu haben, begraben unter dem Schutt ihrer schmerzlichen Erfahrungen. Aber A.J. hatte sich von diesem riesigen Berg nicht abschrecken lassen und hatte Steinchen für Steinchen beiseite geräumt. Jetzt lag sie hier und war ihm schutzlos ausgeliefert, doch sie hatte keine Angst mehr davor. Langsam zog sie seinen Kopf zu sich hinunter und küsste ihn. Eine Weile genoß sie einfach nur das Gefühl seiner Lippen auf ihrem Mund. Dann strich sie ihm über den Rücken und wie von selbst verschwand ihre Hand unter seinem T-Shirt und sie fühlte seine warme, weiche Haut unter ihren Fingern. Sanft fuhr sie die Linie seines Rückrates entlang. Sein Mund wanderte währenddessen über ihr Gesicht zu ihrem Hals hinunter. Dort wo seine Lippen sie berührten, hinterließ er eine brennende Spur von prickelnder Wärme, die sich über ihren ganzen Körper auszubreiten begann. Vorsichtig öffnete er den ersten Knopf ihrer Bluse und hielt dann inne, als von ihr keine Gegenwehr kam. Mit schräg gelegtem Kopf sah er ihr tief in die Augen und was er dort las lies ihn lächeln. Er richtete sich auf und hob sie mühelos hoch, dann trug er sie durch das Wohnzimmer und die Treppe hinauf . Zu Dir oder zu mir, fragte er verschmitzt grinsend, als sie oben angekommen waren. Zu mir bitte, erwiderte Sarah. A.J. ging noch einige Schritte bis zu ihrer Schlafzimmertür und drückte geschickt mit dem Ellenbogen die Türklinke hinunter. Sanft lies er sie auf das Bett gleiten und schloss dann die Tür. Er drehte sich zu ihr um und blickte zärtlich auf sie hinunter. Noch ist Zeit mich wieder hinaus zu werfen, sagte er. Sarah lächelte nur und streckte die Arme nach ihm aus. Sofort war er bei ihr und streckte sich neben ihr aus. Er zog sie eng an sich und begann sie erst sanft und dann immer leidenschaftlicher zu küssen. Sarah war etwas überrascht, wie heftig sie seine Leidenschaft erwiderte. Diese Gefühle waren ihr völlig fremd, doch sie genoß es in vollen Zügen. Am Rande ihres Blickfeldes nahm sie plötzlich einen kleinen Gegenstand wahr, der an der Tür ihres Kleiderschrankes klebte. Warte, sagte sie atemlos und richtete sich auf. Tut mir leid, sagte A.J. ich war wohl etwas stürmisch, und verlegen grinsend rieb er sich den Nacken. Nein, das ist es nicht, sagte Sarah abwesend, die Augen immernoch auf das kleine Quadrat geheftet, das da vor ihr an der Tür hing. Sie stand auf und näherte sich vorsichtig dem Ding, so als hätte sie Angst es könnte sich urplötzlich in eine rasenden Bestie verwandeln und sie anspringen. Auch A.J. merkte nun, das etwas nicht stimmte. Er erhob sich ebenfalls vom Bett und folgte Sarah. Wie erstarrt blieben sie dann beide vor der Schranktür stehen. Scheiße, sagte A.J. nur, hastete aus dem Zimmer und die Treppe hinunter. Sarah hörte undeutlich, wie er die Haustür aufriss und nach Robert rief. Wie gebannt starrte Sarah auf das Polaroidfoto, das mit gelbem Klebeband an die Tür geheftet war. Es zeigte Sarah wie sie heute morgen neben dem Minivan gestanden hatte und voller Unbehagen den wartenden Fans vor dem Fernsehstudio entgegenblickte. Unter dem Bild prangten die, mit schwarzem Filzstift geschriebenen Worte Tik Tak. Sarah fröstelte und so schlang sie die Arme um ihren Körper. Markus war hier gewesen, dessen war sie sich vollkommen sicher. Tränen der Wut traten ihr in die Augen. Der einzige Ort, an dem sie sich sicher gefühlt hatte war nun entweiht worden. Vielleicht ist er noch hier, flüsterte eine Stimme in ihrem Kopf und sie zuckte zusammen. Und wenn Markus nur auf diesen Moment gewartet hatte um sie alleine zu erwischen? Sie spürte wie Panik in ihr aufstieg und ihre Beine waren plötzlich weich wie Pudding. Langsam drehte sie sich um ihre eigene Achse um sich davon zu überzeugen, daß Markus nicht gerade in diesem Moment hinter ihr stand. Alles wirkte ganz normal. Die Zimmertür war nur angelehnt, die Tagesdecke ein wenig zerknautscht, die Fenster waren alle geschlossen und über einem Stuhl hingen immernoch sauber und ordentlich ihre Kleider von gestern. Als ihr Blick auf die geschlossene Badezimmertür fiel, hielt sie inne. Hatte sie diese nicht heute morgen extra weit offen stehen lassen? Sie hatte geduscht, und da in dem Raum kein Fenster war, hatte sie die Tür offen gelassen, damit der Wasserdampf abziehen konnte. Ihr Atem beschleunigte sich. Zögernd machte sie zwei Schritte auf die Tür zu und blieb dann ängstlich stehen. Was nun? Plötzlich hörte sie Schritte auf der Treppe und gleich darauf betraten Robert und A.J. das Zimmer. Ich verstehe das nicht, sagte A.J. gerade die Alarmanlage war eingeschaltet und alle Fenster geschlossen. Wie ist er bloß hier herein gekommen? Sarah, alles in Ordnung? fragte Robert anstatt einer Antwort und trat neben sie. Sarah schüttelte den Kopf und zeigte dann mit zitternden Fingern auf die Badezimmertür. Ich bin mir sicher, daß ich sie heute morgen offen gelassen habe, hauchte sie. Robert nickte und schob sie sanft aber bestimmt in A.J.s Arme. Geht zur Seite, sagte er dann, griff hinter sich und zog eine Pistole aus seinem Hosenbund. Matt glänzte das schwarze Metall im Licht der untergehenden Sonne. A.J. zog Sarah mit sich und stellte sich dann schützend vor sie. Robert entsicherte die Waffe und legte dann leise eine Hand auf die Klinke. Sarah kam sich vor wie in einem Kriminalfilm, nur das sie hier nicht einfach das Programm wechseln konnte. Mit einem Ruck öffnete Robert die Tür. Mit einem schnellen Schritt trat er in das Badezimmer und hielt dabei die Pistole im Anschlag. Er warf nur einen kurzen Blick in die Runde und lies die Waffe dann sinken. Keiner hier, sagte er und verstaute die Pistole, nach einem weiteren kurzen Blick, wieder in seinem Hosenbund. Dann verließ er das Badezimmer. Zitternd ging Sarah zu der offenen Tür hinüber. Sie wollte sich mit eigenen Augen davon überzeugen, daß Markus nicht doch irgendwo hinter dem Duschvorhang auf sie lauerte. Doch das Bad war leer, wie es Robert gesagt hatte. Der Duschvorhang war zurückgezogen und sie erkannte mit einem Blick, daß sich dahinter keiner verstecken konnte. Mit einem Seufzer lehnte sich sich an die Badezimmerwand und schloss für einen Augenblick die Augen. Wir sollten die Polizei einschalten, sagte A.J. Nein, Sarah riß die Augen auf das kommt garnicht in Frage, sagte sie und verließ ebenfalls das Badezimmer. Wieso nicht? fragte A.J. verständnislos dieser Mistkerl ist in mein Haus eingedrungen und hat uns zu tode erschreckt. Das können wir ihm doch nicht so einfach durchgehen lassen. Sarah schüttelte entschieden den Kopf ich bin nicht bereit, die ganze Geschichte vor irgendeinem Polizeibeamten auszubreiten, der dann doch nichts tun kann. Was ist denn schon passiert? Markus hat ein Polaroidfoto an die Schranktür geklebt, na und? Das ist noch kein Grund ihn einzusperren, wahrscheinlich noch nicht einmal um ihn zu suchen. Sarah hat leider Recht, schlug sich Robert unerwartet auf ihre Seite selbst wenn er ihnen direkt über den Weg laufen würde, würden sie ihm wahrscheinlich nur ein Bußgeld aufbrummen. Das gibt es doch nicht, A.J. raufte sich verzweifelt das Haar. das heißt wir tun garnichts? Erstmal müssen wir rauskriegen, wie er hier herein gekommen ist. Dann sehen wir weiter. Es macht im Moment wirklich keinen Sinn die Polizei einzuschalten. Wiederstrebend gab A.J. nach nagut, aber wehe er gibt auch nur noch einen Mucks von sich, dann rufe ich höchstpersönlich den Polizeipräsidenten an. Ich lasse mich doch hier nicht zum Affen machen. Sarah ging zu ihm hinüber und schlang die Arme um ihn. Es tut mir leid Baby, sagte er ich habe ihn wohl unterschätzt. Aber ich schwöre Dir, das passiert mir kein zweites Mal. Ist o.k., entgegnete Sarah ich hätte es wissen müssen, aber selbst ich hätte nicht geglaubt, daß er hier so einfach reinspaziert und ein Foto an meine Schranktür klebt. Lasst uns nach unten gehen, sagte Robert Es interessiert mich wirklich, wie dieser Bastard hier herein gekommen ist. Sarah und A.J. folgten Robert die Treppe hinunter ins Wohnzimmer. Sarah nahm auf der Couch platz, während Robert und A.J. alle Türen und Fenster kontrollierten. Wenig später gesellten sie sich zu ihr. Nichts, beantwortete A.J. ihren fragenden Blick, durch eine Tür oder ein Fenster ist er jedenfalls nicht herein gekommen. War Maria heute da? fragte Robert. A.J. schlug sich gegen die Stirn ja klar, vielleicht hat sie irgendetwas gesehen oder gehört. Ich rufe sie gleich mal an, schon hatte er den Telefonhörer in der Hand und wählte eine Nummer. Sarah und Robert warteten gespannt. Hi Maria, hier ist A.J. ... nein alles in Ordnung, ich wollte nur mal hören ob Ihnen heute irgendetwas ungewöhnliches aufgefallen ist ... aha, ... mhm, ... was? ... nein, ich hatte keinen ... nein,...aha, verstehe ... nein, machen sie sich keine Gedanken, ist schon in Ordnung... ja, wirklich, vielen Dank Maria. Bis nächste Woche... ja, Sie auch, bis dann. Er legte auf sah dann zu Robert und Sarah hinüber Maria sagt, heute mittag wäre ein Klempner hier gewesen. Er sagte er hätte den Auftrag in einem der oberen Bäder einen Abfluss zu überprüfen. Sie hat sich nichts dabei gedacht und ihn nach oben geschickt. Soviel dazu wie er hier herein gekommen ist, sagte Robert und lehnte sich auf der Couch zurück. Du musst Maria auf jeden Fall bescheid sagen, daß sie niemanden hier herein lassen soll wenn ihr nicht da seit. A.J. nickte. Wo ist eigentlich Maik? fragte Sarah, der etwas verspätet aufgefallen war, das Einer fehlte. Ich habe ihn nach Hause geschickt, entgegnete Robert ab und zu müssen selbst wir mal schlafen. Sarah wurde rot so habe ich das nicht gemeint, ich... Ist schon in Ordnung, Robert klopfte ihr liebevoll auf die Schulter ich habe das schon richtig verstanden. Er erhob sich von der Couch. Ich werde jetzt noch schnell einen Rundgang durch das Haus machen, man weiß ja nie, sagte er, verließ das Wohnzimmer und stieg die Treppe in das obere Stockwerk hinauf. A.J. stand mit gerunzelter Stirn mitten im Wohnzimmer und starrte gedankenverloren vor sich hin. Die Hände hatte er tief in den Hosentaschen vergraben. Was denkst Du? fragte Sarah. Er sah auf und lächelte sie an ist nicht so wichtig. Ich habe vorhin den Picknickkorb gesehen. Du hast Dir ja richtig Mühe gegeben. Ja, leider ist mir jetzt die Lust auf ein Picknick vergangen, entgegnete Sarah. Mir auch, A.J. kam zu ihr herüber und setzte sich neben sie. Sarah kuschelte sich an ihn glaubst Du immernoch, daß es eine gute Idee ist mit mir zusammen zu sein? fragte sie zögernd Ich meine, ich kann verstehen, wenn das alles zu viel für Dich ist und..., A.J. unterbrach sie hör auf damit. Ich liebe Dich und nichts und niemand wird daran etwas ändern. Der kann uns mal, setzte er noch hinzu und Sarah musste gegen ihren Willen lachen. |