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Pressemitteilung Forschungsverbund Berlin e.V., 10.05.2001 Quanten auf verschlungenen Pfaden Von: Joachim Moerke
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Erstmals gelang es, das Verhalten
von Atomen in sehr starken Laserfeldern einfach
zu beschreiben / Deutsch-Französische Expertengruppe
veröffentlicht Ergebnisse in Science / Max-Born-Institut
beteiligt Die Welt der kleinsten Teilchen, der Atome und
Quanten, ist völlig anders als die unsere. Diese
Tatsache ist uns erst vergangenes Jahr, zum hundertsten
Jubiläum der "Quantenmechanik", auf
vielfältige Weise nahe gebracht worden und dennoch fremd
geblieben. Wer hat schon wirklich eine Vorstellung davon,
wie gespenstisch unsere Welt wäre, würden sich Menschen
oder Gegenstände wie Atome oder Quanten verhalten? Solche
"Riesenquanten" hätten kein Problem damit,
durch zwei Türen gleichzeitig zu gehen, könnten aber
bestimmte Punkte im Raum hinter den Türen niemals
erreichen - schlecht, wenn gerade dort das Essen wartet! Ein
Rendez-vous mit einem Quant zu verabreden, wäre völlig
sinnlos, kann man doch niemals seinen Aufenthaltsort
vorhersagen. Lediglich die Wahrscheinlichkeit, nach der
es zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort
zu vermuten wäre. Riesenquanten könnten zwar problemlos
durch Wände gehen, doch eine Reihe von Alleebäumen, die
zufällig im richtigen Abstand stehen, bildete ein
unüberwindliches Hindernis, selbst wenn der Abstand
zwischen ihnen viel größer wäre als der Durchmesser
des Quants! Seltsame Eigenschaften, die die
Physiker achselzuckend als
"Welle-Teilchen-Dualismus" bezeichnen.
Womit gemeint ist, dass sie sie zwar nicht
"verstehen", aber wenigstens mathematisch
beschreiben können. Die Kernaussage lautet: Quanten
bewegen sich nicht auf vorhersagbaren Bahnen wie Sonne,
Mond und Sterne, deren Umläufe auf Jahrhunderttausende
hinaus mit größter Präzision bestimmbar sind. Quanten
verhalten sich diffus, irrlichternd, als Individuum
überhaupt nicht und nur als Kollektiv einigermaßen
berechenbar. Schon vor 50 Jahren hat aber der
amerikanische Physiker Richard Feynman (1918 - 1988)
nachgewiesen, dass das Konzept der klassischen Bahnen
doch auch auf diese Quanten anwendbar ist. Man bezahlt
aber einen hohen Preis: Es ist nicht e i n e
klassische Bahn von A nach B, die man für das einzelne
Quant berechnen muss, sondern es sind a l l e, unendlich
viele, und beliebig verrückte Bahnen, über deren
individuelle Laufwege man ausserdem genau Buch führen
muss (und die sich - je nach Laufzeit - auch
noch gegenseitig auslöschen oder unterstützen können).
Im Endeffekt kommt dasselbe Verhalten heraus: wieder
können Quanten durch zwei Türen gehen und bestimmte
Punkte dahinter niemals erreichen. Der Vorteil ist, dass
man den seit Jahrhunderten bekannten mathematischen
Apparat der Newton'schen Punktmechanik (der auch die Bahn
von Sonne, Mond und Sternen beschreibt) anwenden kann,
ohne auf das unanschauliche Konzept des
Welle-Teilchen-Dualismus ausweichen zu müssen. Eine
Gruppe von Theoretikern und Experimentatoren aus
Frankreich und Deutschland, darunter vom
Max-Born-Institut in Berlin, hat jetzt gezeigt (Science
292, 4. Mai 2001, p. 902), dass es einen wichtigen Fall
gibt, wo dieser Preis ganz niedrig ist, man also mit
einer Handvoll solcher Bahnen auskommt: bei der
Beschreibung des Verhaltens von Atomen in sehr starken
Laserfeldern. Das Problem wurde bisher als
außerordentlich schwierig angesehen. Man erhält eine
Vorstellung von der Stärke eines solchen Feldes, wenn
man sich die gesamte auf die Erde einfallende
Sonnenstrahlung auf einen Fingernagel fokussiert denkt.
Ein Feld von dieser Stärke reißt Quanten (Elektronen)
aus dem Atom oder bringt es zum Leuchten. Diese Prozesse
können jetzt im Detail auf das Verhalten von ganz
wenigen Elektronenbahnen zurückgeführt werden, oft sind
es nur zwei. Ein sehr kompliziertes Problem hat damit
eine einfache Lösung gefunden. Ansprechpartner im Max-Born-Institut: Prof. Dr. Wolfgang Sandner, Tel.: (030)6392-1300, e-mail sandner@mbi-berlin.de; Dr. Wilhelm Becker, Tel.: (030)6392-1372, e-mailwbecker@mbi-berlin.de Weitere Informationen finden Sie unter: http://www.mbi-berlin.de |