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Altamerikanische Kalender
Die Tempel-Pyramide in Chichen Itza -
ein Kalenderbau?
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I. Die Tempel-Pyramide in Chichen Itza - ein Kalenderbau?
(überarbeitete Fassung, März 1998)
© 1998, Walther HEINRICH
In Chichen Itza, einer alten Maya-Metropole, steht einer der
bekanntesten Pyramidenbauten aus der Mayazeit. Die von den Spaniern
als castillo (Burg) bezeichnete, 30m hohe Stufenpyramide
erhebt sich auf einer Grundfläche von 55x55 m. (Siehe
FOTO DER PYRAMIDE, ca. 55 K).
Auf die Mitte ihrer vier, in je 9 grosse Abstufungen unterteilten
Seitenflächen ist jeweils eine Treppe aufgesetzt, deren 91
Stufen vom Boden bis auf eine Plattform führen, auf der ein
quadratischer Tempel errichtet ist. Die Wangen der nach Norden
liegenden Treppe sind unten mit dem aufgerissenen Rachen der
Gefiederten Schlange geziert, die bei den Maya Quetzalcoatl genannt
wurde und als fliegende Herrscherin über den Himmel wie
über die Erde das Wahrzeichen ihres obersten Gottes, Kukulcan,
war. Die Pyramide mit dem auf ihr gebauten Tempel gilt deshalb als
Heiligtum dieses Gottes.
Man hat die Eigenart der Pyramide bisher so ausgelegt, dass die 4
x 91 = 364 Stufen der vier Treppen, zusammen mit der Stufe, die auf
der Plattform in den Tempel führt, die 365 Tage des Jahres
repräsentieren sollten. Aber abgesehen davon, dass auf jeder
Seite eine Stufe in den Tempel führt, kann diese Auslegung nicht
überzeugen, weil sie voraussetzt, dass die Priester Kukulcans,
die, wie man weiss, hervorragende Astronomen waren, einen enormen
Arbeitsaufwand verlangt hätten, um einen recht ungenauen
Kalenderbau zu errichten. Es bietet sich jedoch die Möglichkeit,
die Pyramide auf einen Kalender zu beziehen, der primär das
siderische Jahr berücksichtigt und sich aus Produkten von
Primzahlen berechnen lässt.
Kalenderberechnung mit Primzahlen
Unser Zahlensystem, das sich aus Primzahlen und ihren Mehrfachen
zusammensetzt, ist in auffallender Weise mit dem siderischen Jahr
verbunden. Dies wird vor allem dadurch deutlich, dass in einem auf
Basis des siderischen Jahrs berechneten Sonnenkalender alle
Zeitpunkte, an denen sich Unterschiede zum Rundjahr bzw. zum
tropischen Jahr durch ganze Tage ausgleichen lassen, als Produkte von
Primzahlen berechnet werden können. Es ist deshalb anzunehmen,
dass die leichte Berechenbarkeit eines solchen Kalenders nicht nur im
Alten Ägypten, sondern auch in anderen Kulturkreisen schon
früh erkannt worden ist.
Die zum Erstellen eines solchen Kalenders erforderlichen
Beobachtungen und Ruckschlusse konnten etwa wie folgt abgelaufen
sein:
1) Bei der Beobachtung des Sonnenaufgangs im
Zusammenhang mit dem Erstaufgang eines bestimmten Fixsterns konnte
man erkennen, dass nach Ablauf von 39 Jahren 14.245 Tage vergangen
waren. Diese Zeit entspricht einer durchschnittlichen Jahreslange von
365d,25641025641. (Mit der heutigen Lange von 365d,25636356 machen 39
sid.Jahre 14.244d,99818 aus.)
2) Es ist sicher bemerkt worden, dass 14.245 dem Produkt der
Primzahlen 5, 7, 11 und 37 (und damit 2035 Wochen) entsprechen und um
10d langer sind als 39 Rundjahre mit je 365d. Deshalb bot es sich an,
14.245d durch 5 zu teilen und 2849d (= 7x11x37d=407 Wochen) als
kleinste Kalendereinheit zu betrachten. In jedem achten Rundjahr
konnte dann durch Zuschaltung von 2d zu 7,8 Rundjahren (=2847d) auf
leichte Weise eine Anpassung an das siderische Jahr erfolgen.
3) Nach 5 x 2849d = 39 Jahren war auch zu erkennen, dass der
Unterschied zu dem die Jahreszeiten bestimmenden tropischen Jahr
bereits mehr als einen halben Tag ausmachte. Es lag deshalb nahe,
nach einem Zeitpunkt zu suchen, an dem die Abweichung durch Abzug
eines Tages ausgeglichen werden konnte. Dazu boten sich 9 x 2849d =
25.641d an, die sich aus 3x3x7x11x37d = 3663 Wochen berechnen lassen
und 70,2 sid.Jahren entsprechen.
Dass der Unterschied zwischen sid. und trop. Jahr auf die
Präzession der Sonne auf der Ekliptik zuruckzufuhren ist, war
den frühen Astronomen wohl sicher nicht bekannt. Wenn sie aber
von 25.641d 1 Tag abzogen, taten sie genau das Richtige, denn mit
25.640d ergibt sich für 70,2 trop.Jahre eine durchschnittliche
Jahreslange von 365d,2421652421652. Die durch die Präzession
verursachte, hier "pd" genannte, Differenz lässt sich dabei aus
1 : 70,2 mit=0,014245014245 berechnen.
Da deshalb 1 : 0,014245014245 = 70,2 ist, ergeben alle Mehrfachen
von 1 bei der Teilung durch 1pd entsprechende Mehrfache von 70,2. Bei
5 und seinen Mehrfachen ist das Resultat jeweils eine ganze Zahl.
Ungewöhnlich und entscheidend aber ist, dass sich auch die
Bruchteile eines Tages, um die das Sonnenjahr langer ist als 365d,
durch pd in ganze Zahlen (nämlich in 18 bzw.17) teilen lassen.
Deshalb wandeln sich die Langen des sid. und des trop. Jahrs bei der
Teilung durch 1pd in 25.641d bzw. 25640d = 70,2 sid. bzw. trop.
Jahre. Nach 5 x 70,2 = 351 Jahren ergeben sich ganztägige
Unterschiede auch für eine ganze Summe von Jahren.
Die Erkenntnis, dass vom Sonnenkalender aus eine ganztägige
Verbindung auch zum Mondkalender hergestellt werden kann, scheint ein
besonderes Verdienst der Maya-Astronomen zu sein. Wie weiter unten
erläutert, glaubten sie nämlich, dass 819 (=3x273) Tage von
einem Gott K(Kauil) verwaltet wurden. Zahlt man zu 70,2 trop.Jahren
(=25.640d) 273d hinzu, stellen 25.913d eine Summe von Tagen dar, die
bei einer Teilung durch 70,2 mit 369d,1310541310541 einem "Mondjahr"
entspricht, in dem 50 Mondphasen, d.h.12,5 synodische Monate zu je
29d.53048433 zusammengefasst sind. Auch 369d,1310541310541 lässt
sich durch 1pd in eine ganzzahlige Summe von Tagen, nämlich
25.913d = 70,2 Mondjahre teilen. Damit zeigt es sich, dass 1pd
gemeinsamer Nenner aller drei Jahresarten ist, wodurch ihre
gegenseitige Abhängigkeit deutlich wird. Vielleicht können
deshalb die sich bei diesen Berechnungen ergebenden Jahreslangen als
Standardwerte betrachtet werden; von den heutigen (ohnehin
schwankenden) Langen weichen sie jedenfalls nur sehr geringfügig
ab.
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Der Gott K(Kauil) und die Tempel-Pyramide Kukulcans
Wie die Maya glaubten, wurden in den vier Quadranten, in die sie
den Himmel und die Zeit einteilten, 819 Tage von dem Gott K(Kauil)
verwaltet. Da eine solche Zahl von Tagen sich ohne weiteres weder im
Rundjahr, noch im siderischen oder im tropischen Jahr, und auch nicht
im Mondjahr unterbringen lässt, ist ihre Bedeutung bisher ohne
Erklärung geblieben. Ein Hinweis auf das Venusjahr findet sich
zwar im sogenannten Dresdner Codex, einer der wenigen erhalten
gebliebenen Bilderhandschriften der Maya, in der Gott K in Verbindung
mit dem Venuskalender zweimal abgebildet ist; worin aber seine
Beziehung zum Venuskalender bestehen sollte, konnte bisher auch
hieraus nicht abgeleitet werden. Eine Zerlegung der Zahl 819 bietet
jedoch die Möglichkeit, ihren Zusammenhang mit der Pyramide zu
erkennen und diese als Kalenderbau zu deuten.
819 ergibt sich, wenn man die Zahl der 91 Stufen jeder Treppe mit
der Zahl der 9 terrassenformigen Abstufungen auf den Seiten der
Pyramide multipliziert; ein astronomisch relevantes Ergebnis stellt
sich jedoch erst ein, wenn jede Stufe mit einer besonderen, für
alle Stufen einer Treppe jeweils gleichen Zahl von Tagen belegt wird.
Hierbei ist zu bedenken, dass die Zahl der Stufen, 91, das Produkt
der Primzahlen 7 und 13 ist und deshalb eine entsprechende Aufteilung
der Stufen naheliegt. Wenn man deshalb jede Stufe mit 11x37d=407d
belegt, wird nach 7 Stufen die erste der 13 Schaltstationen erreicht,
an denen zu je 2847d jeweils 2d einzuschalten sind. 5x7=35 Stufen
fuhren dann zu den durch die Sonnenbeobachtung ermittelten 14.245d
(=5x7x11x37d) für 39 siderische Jahre, während alle 91
Stufen bei einer Belegung mit je 407d mit 37.037d dann 101,4(=13x7,8)
siderischen entsprechen.
Da die Seiten der Pyramide nicht zufällig in je 9 Abstufungen
unterteilt sein durften, kann man annehmen, dass sie als Faktoren der
auf den Treppenstufen zu addierenden Summen von Tagen zu betrachten
sind. Werden die auf 7 Stufen gezählten 2849d auf die unterste
der terrassenformigen Abstufungen übertragen, ergeben alle 9,
zum Tempel führenden Terrassen mit 25.641d die kalendarisch
wichtige Schaltstation, an der 1d abzuziehen ist, damit sie 70,2
tropischen Jahren entsprechen. Diese Umschaltmöglichkeit vom
siderischen zum tropischen Jahr konnte ein wesentlicher Grund
für die Aufteilung der Seiten in 9 Terrassen gewesen sein.
Die Aufteilung der Seiten in 9 Terrassen erklärt sich nicht
zuletzt auch daraus, als 70,2 Mondjahre (25.913d) erreicht
werden, wenn wie oben erwähnt, zu 25.640d noch 273d
hinzugezahlt werden, die 3 x 91d und 819d : 3 entsprechen. Bei einer
Multiplikation der auf 91 Treppenstufen errechneten 37.037d mit allen
9 Abstufungen ergeben sich als Aussage einer Pyramidenseite 333.333d.
Das sind 819 x 407d und 13 x 25.641d = 13 x 70,2 siderische Jahre,
während 13 x70,2 tropische Jahre = 333.320d als 333.333d - 13d
berechnet werden können. Werden die von 35 Stufen
repräsentierten 14.245d mit 9 multipliziert, ergeben sich
128.205d = 351 siderische Jahre, die um 5d langer sind als 351
tropische Jahre.
Eine weitere Auslegungsmöglichkeit besteht z.B. darin, die 91
Stufen einer Treppe mit je 1001d zu belegen; für 7 Stufen ergibt
sich dann eine Zeit von 7007d, die um 1d kurzer ist als 12 (mit je
584d berechnete) Venus-Rundjahre, die 7008d ausmachen. 7007d stellen
ihrerseits 12 x 583d,91666666 dar, die als V` bezeichnet werden
können, weil ihre Differenz zum richtig berechneten Venusjahr
(583d,92) nur 0d,0033333 betragt und in 300 Venusjahren auf genau 1
Tag anwachst. 91x1001d =91.091d entsprechen dann 156 V`, und 9 x 91
(= 819) Stufen stellen mit 819.819d eine Zeit dar, die 1404 x
583d,91666666 entspricht und damit 20 x 70,2 V`. So kommt auch in
Bezug auf das Venusjahr der für das geschilderte Kalendersystem
massgebende Faktor 70.2 zum Tragen. Werden die auf 91 Treppenstufen!
errechneten 37.037d mit 7 Abstufungen multipliziert, zeigt es sich,
dass 259.259d nicht nur 709,8 sid. Jahren entsprechen, sondern auch
37 x 7007d = 37 x 12 V` = 444 V`, woraus die engen Verbindungen
zwischen dem Venusjahr und dem Sonnenjahr zu erkennen sind.
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Der Tempel Kukulcans
Der für eine Pyramidenseite berechenbare Gesamtwert von
333.333d kann im Prinzip für alle vier Seiten angenommen werden.
Der Grundriss des Tempels legt es jedoch nahe, der nach Norden
gelegenen Pyramidenseite eine besondere Bedeutung beizumessen, denn
die mit den Schlangenköpfen gekennzeichnete Treppe fuhrt direkt
zum Hauptteil des Tempels, dessen Eingang durch zwei Säulen
dreigeteilt ist, die Gefiederte Schlangen darstellen. Man gelangt
zunächst in einen Vorraum, in dessen Ruckwand sich der Eingang
zu der genau in der Mitte des Tempels liegenden cella befindet. Die
drei anderen Eingänge zum Tempel, zu denen die übrigen
Treppen fuhren, gewahren lediglich Zutritt zu einen Raum, der die
cella ganz umschliesst, ohne sich ihr zu öffnen (siehe Grundriss
- in der gedruckten Fassung).
Der Grundriss des Tempels und die Anordnung seiner Zugänge
lassen darauf schliessen, dass die nach Norden liegende Seite als
Frontseite der Pyramide anzusehen ist, auf der die Aussagen der drei
anderen Seiten zusammengefasst sind. Da man wohl annehmen kann, dass
die vier Seiten der Pyramide die oben erwähnten vier
Himmelsquadranten verkörpern sollen, deuten vielleicht auch die
Farben der Kleidung Kauils auf die Bedeutung dieser Pyramidenseite
hin. Kauil wurde nämlich -je nach Himmelsrichtung, in der er
wirkte- in roter, schwarzer oder gelber, im Norden jedoch in weisser
Bekleidung dargestellt. Folgt man diesen Überlegungen, kann
angenommen werden, dass die Treppe mit den Schlangenköpfen 3 x
37.037d =.111.111d repräsentiert, so dass sich für jede
ihrer 91 Stufen eine Bewertung mit 3 x407 = 1221d ergibt. 1221 ist
eine Zahl, die auch 3x11x37 =11x111 darstellt, was daran erinnert,
dass im Alten Agypten die Zahl 111 als Massstab für die
Zeitberechnung galt. 7 x 1221d. = 8547d entsprechen auf dieser Treppe
dann 23,4 sid.Jahren, die bei einer Multiplikation mit 9 Terrassen
76.923d ergeben, die sich von 210,6 tropischen Jahren um 3d
unterscheiden. Addiert man hierzu 3x273= 819d, ergeben sich 77.739d,
die 210,6 Mondjahren entsprechen. Die Multiplikation der
Gesamtaussage dieser Treppe (111.111d) mit den 9 Abstufungen ergibt
für diese Frontseite 999.999d, die 2737,8 = 39 x 70,2
siderischen Jahren = 39 x 25.641d entsprechen. Da dies 819 x 1221d
sind, zeigt sich auch hierbei die Bedeutung der Zahl 819.
Mit der Zahl von 999.999 Tagen (=11x111x819) hat es eine besondere
Bewandtnis, denn sie ist um 1Tag kleiner als 1 Million Tage, also
ihres Einmillionfachen. Es muss dabei auffallen, dass der Eins in dem
geschilderten Kalendersystem auch an anderen Kalenderstationen eine
besondere Aufgabe zukommt: Während 12 Venusrundjahre (=7008d) um
1d langer sind als 12 V*, unterscheiden sich 300 Venusjahre
(=175.176) um 1d von 300 V* (=175.175d), und 70,2 sid.Jahre (25.641d)
müssen um 1d gekürzt werden, um 70,2 trop. Jahren zu
entsprechen. Addiert man deshalb 25.641d zu 999.999d (= 2737,8 sid.
Jahre), ergibt es sich, dass die dann erreichten 1.025.640d
einerseits =2808 (78x36) sid. Jahre ausmachen und andererseits um
25.640d (70,2 trop.Jahre) langer sind als 1 Million Tage, die hier
gewissermassen die Position einer Null einnehmen. Diese in mehrerer
Hinsicht entscheidende Eins ist es auch, die als Rest bleibt, wenn
man 1.000.000d durch 39x70,2sid.Jahre (=999.999d) teilt, und sie
muss, wenn man ein genaueres Ergebnis erzielen will, wieder durch
999.999 geteilt werden, wobei erneut eine Eins als Rest bleibt. So
ergibt sich eine unendliche Reihe von Teilungen, bei denen es sich
immer wieder um die Einheit Eins dreht.
Ein denkbares Motiv für den Bau des Tempels auf der Spitze
der Pyramide konnte gewesen sein, dort im Gott Kukulcan die Einheit
zu verehren, die auch in anderen Religionen als Wesen Gottes
angesehen wird, und von der Agrippa von Nettesheim (1486 - 1535)
schrieb, ... dass "jeder kleinste Teil der Einheit immer wieder sie
selbst in ihrer Ganzheit ist".
END
© 1998,
Walther HEINRICH
Luxemburgerstr. 29
D - 54294 Trier
(Germany)
Foto der Pyramide
"El Castillo": Henri Stierlin, entnommen der Seite "Calendario"
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1998