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Programm und Konzept:

Um es vorneweg zu sagen: Wer denkt, die hiesigen Parlamente seien der einzig richtige Ort, um politisch aktiv zu werden, oder der Ort, an dem Entscheidungen getroffen werden, die das Leben zahlreicher Menschen betreffen, sollte uns nicht unterstützen, geschweige denn wählen. Wir halten Parlamente keineswegs für die alleinige Instanz, in der Entscheidungsprozesse entwickelt und Entscheidungen getroffen werden sollten.
Alle AktivistInnen des WAF handeln "außerparlamentarisch" und treten für eine aktive "Politik der Ersten Person" ein. Das heißt, wir halten nichts von einer StellvertreterInnenpolitik, da wir es uns nicht anmaßen wollen, für Menschen, die wir nicht einmal kennen, zu sprechen bzw. Entscheidungen in deren Namen zu treffen. Wir können ausschließlich Positionen vertreten, die wir in eigenen Diskussionsprozessen entwickelt haben.
"Politik der Ersten Person" bedeutet für uns aber auch Hoffnung und Forderung zugleich: Dass Menschen beginnen, ihre eigenen Interessen und Bedürfnisse selbst in die Hand zu nehmen. Das Bewusstsein, dass ein Leben auch eine politische Angelegenheit ist, scheint uns in Zeiten wie diesen doch sehr verdrängt.
Die Vorstellung, mensch könne seine Interessen und Bedürfnisse an "Andere" delegieren, lehnen wir ab. Das Delegiertenprinzip mag vielleicht in kleinen, überschaubaren Gruppen möglich sein, wird aber spätestens, wenn es das eigene soziale Umfeld übersteigt, unmöglich. In erster Linie geht es uns darum, im Rahmen des stattfindenden Wahlkampfes auf unser Anliegen, den Weitererhalt der Alten Feuerwache als soziales, kulturelles und politisches Zentrum in Saarbrücken, aufmerksam zu machen. Die im November 2003 ausgesprochene Kündigung des Nutzungsvertrages für die Alte Feuerwache zwischen dem Trägerverein Alter Feuerdrache e. V. und der Stadt Saarbrücken ist für uns völlig inakzeptabel. Der propagierte Sparzwang ist lediglich eine Prioritätenfrage, was mensch zum Beispiel daran erkennt, dass allein für die Planungsidee zur Neugestaltung des Landwehrplatzes 60.000 Euro bereitgestellt werden. Bis zum 31.12.04 sollen alle Gruppen und Initiativen die Alte Feuerwache geräumt haben. - Eine für uns nicht hinnehmbare Forderung, der wir mit verschiedenen Mitteln, unter anderem auch der Öffentlichkeitsarbeit im Wahlkampf, entgegentreten.

Warum treten wir an?
Wir treten dennoch zur Saarbrücker Kommunalwahl an, da sich im Zuge des Wahlkampfes eine Plattform bietet, eigene Positionen öffentlich transparent zu machen. Gerade im Zusammenhang mit dem Wahlkampf ist es notwendig reaktionären Inhalten fortschrittliche Positionen entgegenzusetzen und auf unsere Anliegen, einer geänderten Stadtpolitik, aufmerksam zu machen.
Die für den 13. Juni angesetzten Kommunalwahlen stellen für uns ein Medium dar, eigene Ideen und Vorstellungen an die Öffentlichkeit zu bringen und alternative Formen der Politik und der Entscheidungsfindung zu diskutieren. Sollte wider Erwarten jemand des WAF in eines der Kommunalparlamente einziehen, werden wir auch dort für unsere Politikform eintreten. Finanzielle Zuwendungen für Abgeordnete des WAF werden zu 100% an soziale oder kulturelle Projekte gehen.

Für eine andere Kommunalpolitik
Mit dem Begriff der Kommunalpolitik ist für uns ganz eng der Begriff der Stadtteilpolitik verknüpft. Das heißt für uns, dass die Basis der Kommunalpolitik die jeweilige Stadteilpolitik ist. Besonders wichtig ist hierbei, dass Entscheidungen, die den jeweiligen Stadtteil betreffen, auch von den Menschen, die im betreffenden Stadtteil leben, getroffen werden. Die Frage, was es an Lebensmittelgeschäften, sozialen Einrichtungen, öffentlichen Plätzen, kulturellen Einrichtungen etc. geben soll, kann nur von den Betroffenen im Stadtteil beantwortet werden. Dies setzt voraus, dass es in den jeweiligen Stadtteilen funktionierende Stadtteilplena gibt, an denen alle Betroffenen mitreden können und Entscheidungen gemeinsam getroffen werden. Die derzeitigen Versuche der Stadt, Bürger in sogenannten Stadtteilforen mitarbeiten zu lassen und in Entscheidungsprozesse einzubinden, ist recht zynisch. Es soll den Menschen vorgegaukelt werden, dass sie an den Entscheidungen partizipieren, indem man ihnen ein Mitspracherecht zubilligt, aber die Entscheidungskompetenz liegt schlussendlich doch bei der Stadtverwaltung bzw. dem Stadtrat. Nach unserer Vorstellung liegt die endgültige Entscheidungskompetenz bei den Menschen, die in einem bestimmten Stadtteil leben.
Unsere Positionierungen diskutieren, entwickeln und formulieren wir unabhängig von der Frage, wie sie bei eventuellen WählerInnen ankommen. Es ist nicht entscheidend, ob wir für eine unserer Positionen eine Mehrheit erlangen. Wichtiger ist, einen Diskurs in Gang zu bringen, der für den/die Einzelnen/Einzelne möglicherweise neue Aspekte und Anregungen eröffnet. Damit unterscheiden wir und grundlegend von anderen Wahlbündnissen oder Parteien.
Die Wahl stellt nur einen Teilbereich unserer politischen Aktivität dar. Sie ist eingebettet in ein größtenteils außerparlamentarisches Konzept.

...von Sparen und Logik
Wer den Reden der politischen Führung, speziell in Deutschland, aber auch Europa- und weltweit, einmal zugehört hat, weiß, wie furchtbar schlimm es um den "Standort Deutschland" steht: die Wirtschaft ist am Ende, der Staat bankrott und der Gürtel muss enger geschnallt werden. Die permanent geführte Spardebatte behauptet mit Verweis auf vorgeblich leere Kassen, dass der "Sozialstaat" zur Standortbedrohung geworden und nicht mehr finanzierbar sei.
Die Schuldigen an dieser Misere sind schnell ausgemacht: der sog. "Sozialstaat" und diejenigen Menschen, die im kapitalistischen Sinne als nicht verwertbar gelten und daher auf Leistungen des Staates angewiesen sind: EmpfängerInnen von Sozial- und Arbeitslosenhilfe, ebenso "Bummel-StudentInnen" und AsylbewerberInnen ohne Arbeitsgenehmigung. Menschen also, die kein verwertbares Humankapital darstellen und damit den Status eines 'Schmarotzers' zugeteilt bekommen, oder krasser ausgedrückt: "'Wohlstandsmüll' auf Kosten der arbeitenden Volksgemeinschaft".
Eine herausragende Rolle bei der gegenwärtigen Brutalisierung der Lebensbedingungen spielt dabei die Verknüpfung von Sozialabbau mit einer Schlankheits- und Fitnessrhetorik, worin soziale Mindestleistungen des Staates mit 'Verfettung' und Verweichlichung konnotiert, Maßnahmen zum Sozialabbau dagegen als heilsame Medizin präsentiert werden. Diese Schlankheits-Rhetorik ist nur einer von vielen Zynismen, in denen Menschen allein unter dem Aspekt ihrer ökonomischen Verwertbarkeit vorkommen und die eine völlige Gleichgültigkeit gegenüber der Not anderer propagieren, wie beispielsweise in Form der Parole: Wer Sozialhilfe bezieht, ist nicht arm. Die Frage, was es eigentlich bedeutet, von den erbärmlich niedrigen Sozialhilfesätzen leben zu müssen, taucht nicht auf, während sogar im offiziellen Verständnis Sozialhilfeleistungen nur das Existenzminimum abzudecken haben. Wer bestreitet, dass es sich hierbei um einen Zustand des Armseins handelt, scheint offenbar Armut mit Verhungern zu verwechseln.

Die gesellschaftlich weitgehend akzeptierte Begründung für diese Verwertungspolitik ist eine Kulisse aus drohendem Staatsbankrott, wirtschaftlicher Flaute, Verlustängsten und der weit verbreiteten Auffassung, Arbeitslose, SozialhilfeempfängerInnen, AsylbewerberInnen u.a. lebten als EmpfängerInnen von "Almosen", schmarotzend auf Kosten der arbeitenden Bevölkerung; die heraufprophezeite Gefahr für den "Standort Deutschland" scheint eine schichtenübergreifende Akzeptanz der menschenfeindlichen und kapitalfreundlichen Politik zu bewirken, so dass Angriffe und Anfeindungen auf den sozialen und existenzsichernden Bereich, auf sich selbst und andere als notwendige Übel ertragen werden.
Einer Prüfung auf ihren Wahrheitsgehalt halten diese Katastrophendiagnosen jedoch nicht stand. Die Rede vom "Staatsbankrott" ist eine Lüge, denn Kapital und Kapitalismus beruhen auf Kredit; von einer Zahlungsunfähigkeit ist Deutschland meilenweit entfernt, vielmehr gilt der Staat bei Banken als erstklassiger Schuldner. Ein Blick auf die aktuellen Export-Werte zeigt: nach den USA ist die BRD weltweit führend, was Exporte angeht, Banken und Konzerne machen riesige Gewinne und sind in den letzten Jahren immer wieder steuerlich entlastet worden. Die geschickte Rhetorik vom Standort erlaubt jedoch die Aufrechterhaltung eines Mangel- und Bankrottszenarios, das den Armen klarmachen soll, dass es ihnen besser gehen wird, wenn sie den Reichen auch noch etwas abgeben.

Die Story vom "Sparzwang" ist eine Lebenslüge des neoliberalen Kapitalismus. Es stimmt nicht, dass kein Geld da ist, vielmehr führt eine immer ungleicher werdende Einkommens- und Vermögensverteilung zu sozialen Schieflagen und breiter Armut.
Die "Sparlogik" muss abgelehnt werden! Wer sich darauf einlässt, stimmt Angriffen auf die soziale Lage aller Menschen zu.

Existenzgeld
800 Euro plus Warmmiete für ALLE. Das Konzept "Existenzgeld für ALLE" ist ein gesamtgesellschaftliches Konzept gegen Armut, welches viel weitergeht als die "bekannten" sozialen Sicherungsmodelle. Während die meisten Konzepte einer kapitalistischen Logik folgen und die vorherrschende Wirtschaftslogik unangetastet lassen und weitere Ungleichheit und Verarmung verschärfen, bedeutet Existenzgeld die Entkoppelung von Lohnarbeit und Einkommen. Gerade diese, unserer Ansicht nach fortschrittliche und notwendige Forderung scheint aus dem politischen Bewusstsein verschwunden zu sein.
Existenzgeld garantiert ein Einkommen von mindestens 800 Euro plus Warmmiete für alle Menschen unabhängig von Alter, Geschlecht, Herkunft und Bildungsstand. Es soll die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben sichern und zu einer fundamentalen Veränderung der Produktions- und Arbeitsweise der Gesellschaft führen.
Als reale Möglichkeit verdeutlicht es, dass Lohnarbeit kein unveränderbares Schicksal, kein Naturgesetz darstellt und auch gegessen werden darf, ohne sich dem kapitalistischen Verwertungsprinzip unterwerfen zu müssen. Dies impliziert auch eine Kritik der realen Lohnarbeit.
In der kapitalistischen Ökonomie, im Besonderen in Deutschland hat sich historisch ein Arbeitsbegriff und ein Arbeitsethos herausgebildet, welcher einer freien Bestimmung von Menschen über ihr Leben diametral im Wege steht!
Arbeit ist zum Ticket geworden, ein menschenwürdiges Dasein führen zu dürfen.
Wir sind mit der Situation konfrontiert, dass Arbeit für die absolute Mehrzahl der Menschen hier identitätsstiftend ist, Lohnarbeit wird nicht als Übel betrachtet, sondern als Selbstzweck verherrlicht : von den Gewerkschaften und den Unternehmerverbänden und der Mehrheit der Bevölkerung zugleich. Infolgedessen richten sich gegen Unproduktive, sogenannte Schmarotzer, jede Menge unreflektierter Aggressionen. Wert und Notwendigkeit von Arbeit werden danach bemessen, in welchem Maß Profit zu erwarten ist. Dies hat aber nichts mit den realen menschlichen Bedürfnissen zu tun.
Unser Anliegen ist unter anderem, den hiesigen Arbeitsethos zu dekonstruieren.
Das Unterfangen, am mindestens-8-Stunden-Lohnarbeitstag festzuhalten und gleichzeitig Menschen, die weniger oder gar nicht für Lohn arbeiten wollen, in den finanziellen und somit existentiellen Ruin zu treiben, ist lächerlich und barbarisch zugleich. Dies wird auch besonders vor dem Hintergrund deutlich, dass durch technischen Fortschritt ein gleicher oder höherer Standart mit weniger Mitteln, also auch mit weniger Arbeit, zu erreichen ist.
Die Forderungen des WAF implizieren Bewusstseinsveränderung und schließen die Notwendigkeit der Umwälzung der alltäglichen Lebensverhältnisse (Konsum, soziale Beziehungen, Akzeptanz verschiedener Lebensentwürfe etc.) ein. Gleichzeitig knüpfen wir an reale soziale Kämpfe an (Erhöhung der Lohnersatzleistungen und der Sozialhilfe, radikale Arbeitszeitverkürzung, Nulltarif für öffentliche Verkehrsmittel sowie Bildungs- und Kultureinrichtungen usw.).
Wir halten an einer Dialektik zwischen Reformprozessen und revolutionären Entwicklungen fest. Nur im Zusammenspiel dieser Faktoren wird es eine soziale Bewegung für eine gesellschaftliche Veränderung geben. Es hat sich historisch allzu klar herausgestellt, dass soziale Bewegungen nicht automatisch emanzipatorische Forderungen und Aktivitäten entwickeln. Die Forderung nach Existenzgeld hat utopischen Charakter und beinhaltet somit eine grundlegende Gesellschaftskritik und das Bestreben nach konkreter gesellschaftlicher Veränderung.

Existenzgeld für ALLE!
In diesem Zusammenhang begreifen wir die internationale Flüchtlings- und Migrationsbewegung nicht nur als erzwungene Flucht, sondern als den Versuch der Durchsetzung eines legitimen Anspruches auf Einkommen und eine menschenwürdige Existenz. Deshalb gilt die Forderung nach Existenzgeld für alle hier lebenden Menschen, egal welcher Nationalität sie angehören und unabhängig vom Aufenthaltsstatus. Wir befürworten, dass existenzsichernde Forderungen auch in anderen Ländern entsprechend ihren regionalen Besonderheiten erhoben werden.
Wir haben den Anspruch, unsere Positionen im weltweiten Kontext zu betrachten und sind bestrebt, die weit verbreiteten nationalen Beschränkungen und Denkblockaden zu bekämpfen.
Statt Lebensmittelpakete, Gutscheine, schlechte oder gar keine Gesundheitsversorgung, miserable Lohn- und Arbeitsbedingungen, fordern wir die Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes, des Asylverfahrensgesetzes und des Ausländerrechts.
Stattdessen treten wir dafür ein, dass Jede/R dort leben soll wo er/sie möchte und das ohne zeitliche Begrenzung.

WAF - Wahlkomitee Alte Feuerwache im Februar 2004














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