Hallenkrypta; geweiht 1174.
Die Hallenkrypta wurde für die Stifterin von Gurk, Gräfin Hemma (gest. 1045) errichtet. 1174 wurden ihre Gebeine aus der ehemaligen Marienkirche des 11. Jahrhunderts in die eben fertiggestellte Krypta übertragen.
Die zur Hälfte in die Erde versenkte quadratische Halle erstreckt sich unter den gesamten presbyterialen Bereich und ist von zwei Abgängen von den Seitenschiffen aus betretbar. Die Stützen der Oberkirche ruhen in der Krypta auf drei rechteckigen Pfeilerpaaren auf, wobei das östlichste Pfeilerpaar vor der zweiten Kirchenbauphase (nach 1180) offensichtlich die durchlaufende Stützenreihe der noch querhauslosen Kirche zu tragen hatte. Vom statischen Konzept her gesehen wäre die Krypta als dreischiffige Halle mit Mittelapsis aufzufassen. Durch die Einfügung von 96 gleichartigen monolithen Säulen mit Würfelkapitellen und Basen mit Eckknollen sowie zwei zusätzliche Doppelsäulen vor der korbbogig geschlossenen Mittelapsis entstand der einzigartige Raumeindruck der "hundertsäuligen Krypta". Über den Säulen setzen hochgestelzte Kreuzgratgewölbe an. Die Belichtung dieses Raumes erfolgte ursprünglich nur im Süden und Westen durch kleine Fensteröffnungen, welchen barocke Durchbrüche an der Süd-, Nord- und Apsiswand folgten.
Mit Ausnahme des Hemma-Altares wurden die romanischen Tischaltäre im Barock umgestaltet und neu aufgestellt. Am südöstlichen Kryptapfeiler befindet sich das Hemma-Grab, das unter seiner Marmorverkleidung durch fensterartige Ausschnitteden Blick auf den romanischen Steinsarg mit drei romanischen Tragsäulen (vor 1174?) freigibt. Die außergewöhnlich große Krypta ist zweifellos mit der schon früh umfangreich einsetzenden Hemma-Verehrung - sie wurde erst 1287 selig- und 1938 heiliggesprochen - erklärbar, dennoch dürfte auch ein gesteigertes Repräsentationsbedürfnis eine ausschlaggebende Rolle gespielt haben. Die Vorbilder für die Hallenkrypta von Gurk liegen einerseits bei den oberitalienischen Krypten in Modena (um 1106), Nonantola (nach 1120) oder Piacenza (nach 1120), andererseits weisen die Einzelformen von Basen und Würfelkapitellen in ihrer monotonen Abfolge und geometrisch-nüchternen Struktur auf hirsauisches Gedankengut hin. Der durch die enge Stützenstellung entstehende Säulenwald mit wechselnden Überschneidungen, vor allem im Gewölbebereich, wird von der Forschung bis in jüngste Zeit (W. Deuer) mit der islamischen bzw. omaijadischen Moscheenarchitektur in Verbindung gebracht, doch konnte dafür bisher keine konkrete historische Beziehung glaubhaft gemacht werden.
Literatur: Ankershofen, Gurk, 1856, 229 f. - Schnerich, Gurk, 1883, 16 - 19. - Schnerich, Gurk, 1925. - Löw, Gurk, 1927. - Ginhart/Grimschitz, Gurk, 1930. - Hartwagner, Gurk, 1969. - Pühringer, Denkmäler, 1931, 22 - 31. - Posch, Gurk, 1963. - Deuer, Kärnten, 1988, 230 - 246. - Deuer/Kallen, Gurk, 1995.
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studiolo 19.06.99 21:39