Über das Verarbeiten von Heilpflanzen
Viele Pflanzen verfügen über Heilkräfte, aber kaum eine Pflanzen kann diese Kräfte im unbearbeiteten Naturzustand entfalten. Um die Wirkstoffe der Pflanzen aufzuschließen und sie dem menschlichen Körper zuführen zu können, bedarf es einer geeigneten Zubereitung. Ich werde hier die Wichtigsten niederschreiben.
Öle
Öle kommen in der Regel äußerlich zum Einsatz. Insbesondere Öle aus entzündungshemmenden und wundheilenden Pflanzen wie Arnika und Johanniskraut sind sehr wirksam. Von den vielen Verfahren zur Herstellung von Pflanzenölen, seien hier die zwei wirksamsten vorgestellt.
Weißweinöl
Um Weißweinöl zu gewinnen, lässt man 500 Gramm frisch geerntetes Kraut drei Tage in einer Mischung aus 100 Mililiter Olivenöl und einem halben Liter Weißwein ziehen. Dann wird das ganze im Dampfbad erhitzt, bis sich der wein verflüchtigt hat. Das Öl wird anschlie0end zum Zweck der Filtrierung durch ein Leinentuch gegossen. Zuletzt wird es auf kleine lichtdichte Fläschchen verteilt, in denen es mehrere monate lang gelagert werden kann. Kräuteröl mit Weißwein zeichnet sich durch seinen angenehm kühlenden Effekt aus.
Standardöl
Das so genannte Standartöl erhält man, idem man 100 Gramm frisch geerntetes Kraut mit 500 Mililiter Olivenöl vermisch und in eine Flasche füllt. Das Glas der Flasche darf nicht gefärbt sein, die Flasche wird 6 Wochen gut verschlossen auf einer Fensterbank aufbewahrt und täglich einmal geschüttelt.Nach Ablauf der sechs Wochen seiht man den Inhalt durch ein Leinentuch oder einen Kaffeefilter ab. Der Kräuterzusatz sollte dabei gut ausgepresst werden. Dann wird das Öl in kleine lichtdichte Flaschen gefüllt.
Pulver
Um Pulver zu erhalten, zerreibt man getrocknete Pflanzenteile in einem Mörser. Pulver wird äußerlich aks Beimischung zu Cremes und Pasten angewandt. Innerlich anwenden sollte man es nur, wenn eine bestimmte Wirkung des Krautes besonders schnell und intensiv erzielt werden soll. Auf die Wirkung anderer Inhaltsstoffe, die der Organismus besser in gelöster oder erhitzer Form verarbeitet werden kann, muss man nämlich bei der innerlichen Anwendung von Pulver weitgehend verzichten. Auch die Lagerfähigkeit von Pulver ist sehr begrenzt. Es trocknet schneller aus als normales getrocknetes Kraut, weil es eine vergleichsweise größere Oberfläche hat.
Tinkturen
Um eine Tinktur zuzubereiten, zerkleinert man 20 Gramm des frischen oder getrockneten Krautes in einem Mörser zu Pulver. Das Pulver lässt man zehn Tage lang in 100 Mililiter 70% Alkohollösung ziehen. Danach wird die Flüssigkeit abgeseiht und in lichtundurchlässige Flaschen mit Dosieraufsatz gefüllt.
Der Zusatz von Alkohol führt dazu, dass die Wirkung des Krautes beim Einnehmen der Tinktur verstärkt wird. Besonders wirksam sind Tinkturen bei Erkrankungen des Verdauungsapparates. Von Alkoholabhängigkeit betroffene oder bedrohte Menschen dürfen allerdings nicht damit behandelt werden. Verdünnt man eine Tinktur mit zwei oder drei Teilen Wasser, so kann sie zum Gurgeln und Spülen eingesetzt werden, beispielsweise bei Entzündungen im Mundraum. Das prominenteste Beispiel dafür ist sicherlich die Salbeitinktur. Auch äußerlich wendet man Tinkturen meist verdünnt an, so etwa zur Behandlung von Hautekzemen, Akne, Hautpilzen und Furunkeln.
Bei stumpfen Verletzungen wie Muskelzerrungen, Verstauchungen oder blauen Flecken können Tinkturen zum Anlegen vom Kompressen eingesetzt werden. Sie dürfen wegen des hohen Alkoholgehaltes aber nicht unverdünnt mit offenen Wunden in Berührung kommen.
Säfte
Saft wird aus einer frischen Pflanze gewonnen und muss daher sofort nach Zubereitung getrunken werden. Die Saftzubereitung empfiehlt sich bei Pflanzen deren Heilkraft in ihrem Vitamingehalt begründet liegt. Denn bei der Zubereitung und Lagerung von Öl, Tinkturen und Tee gehen stehts Vitamine verloren. Beim Saft hingegen ist dies praktisch nicht der Fall. Vitaminreiche Pflanzen oder Pflanzenteile die als Saft verabreicht werden sollten, sind beispielsweise Brennnessel, Löwenzahnblätter, Petersilienblätter, Heidelbeeren, Johannisbeeren, Sanddorn und Himbeeren.
Dosierung und Zubreitung von Säften sind denkbar einfach. Die benötigte Menge der jeweiligen Pflanze richtet sich nur danach, wie viel Saft man herstellen möchte. Bei Beeren wie Holunder und Himbeere genügt es, die Früchte von Hand oder mit einer Saftpressmaschine auszupressen. Grundsätzlich lässt sich aus Wurzeln, Blättern und Stängeln wenig Saft gewinnen. Dieser schmecht dann aber sehr streng und muss mit 5 - 10 Teilen Wasser oder mit anderen Säften verdünnt werden.
Diese Methode empfiehlt sich auch bei den Säften von Kräutern, die in der Regel sehr sauer oder sehr bitter schmecken. Um die Einnahme angenehmer zu machen, können diese Säfte mit schmackhafteren Beimischung von Möhren- oder Tomatensaft an.
Salben
Um eine Salbe zur äußeren Anwendung herzustellen, muss man zunächst ein Kräuteröl nach einem der obigen Rezepte herstellen. Er kann jedoch auch ein fertiges Öl verwendet werden, wie man es in Apotheken, Drogerien und Reformhäusern kaufen kann.
500 Mililiter Käuteröl werden in einem Wasserbad sanft erhitzt. In das Öl werden drei Esslöffel Lanolin (Wollfett) und 50 Gramm Bienenwachs eingerührt. Sobald alles geschmolzen ist, wird der Topf vom Herd genommen und der Inhalt mir dem Schneebesen geschlagen, bis er abgekühlt und zu einer dicken Masse geworden ist. Um die Wirkung der Salbe noch zusätzlich zu erhöhen, kann nach dem Abkühlen noch etwas Kräutertinktur hineingerührt werden.
Tee
Während man für Tinkturen und Öle meist frisch gesammelte Zutaten benutzt, wird Tee in der Regel aus getrockneten Naturprodukten zubereitet. Tee aus Heilkräuter kann innerlich und äußerlich angewendet werden. Man kann ihn trinken oder Auflagen und Wickel damit tränken. diese werden meist zur Behandlung von Hauterkrankungen, verkrusteten Wunden, Muselzerrungen, Prellungen oder Quetschungen eingesetzt.Strebt man mit den Auflagen eine kühlende Wirkung an, sollten die Wickel statt mit Tee eher mit Tinkturen oder Ölen getränkt werden, beispielsweise mit Johanniskrautöl bei stumpfen Sportverletzungen.
Das zum Bereiten von Tee notwendige Erhitzen oder Aufbrühen von Kräutern löst chemische Prozesses aus, die die Wirksamkeit des Krautes verändern. Manche Wirkstoffe werden dadurch besonders stark zur Geltung gebracht, andere abgeschwächt. Besonders stark reduziert wird der Vitamingehalt. Doch ist beispielsweise auch die entzündungshemmende Wirkung von Kamillentee geringer als die von Kamillentinktur, die ohne Erhitzung hergestellt werden kann. Die Wirkung von Gerbstoffen hingegen wird umso stärker, je länger ein Tee zieht. Weil die Gerbstoffe auf die Schleimhäute von Darm, Bronchien, Mund und Rachenraum wirken, ist für die Anwendung in diesen Bereichen gründlich durchgezogener Tee die ideale Darreichungsform. Länger als 12 Minuten sollte der Tee allerdings nicht ziehen. Bei der Zubereitung von Heiltees sind zwei unterschiedliche Methoden zu unterscheiden.
Aufguss
Beim Aufguss überbrüht man weiche Pflanzenteile, also Blätter, Stängel, Blüten und Früchte. Er eignet sich daher unter anderem für Augentrost, Baldrian, Brennnesselblätter, Cystus, Huflattich, Kamillenblüten, Kornblumen, Johanniskraut, Ringelblumenblüten, Thymian, Weißdorn sowie eine Vielzahl von Früchten. Vor allen aus vielen getrockneten Obstsorten kann man wohltuende und schmackhafte Tees zubereiten. Hierzu werden zwei bis drei Teelöffel der getrockneten Pflanzenteile mit einer großen Tasse kochendem Wasser (200 - 250 Mililiter) übergossen. Man bedeckt das Gefäß mit einem Tuch, damit sich ätherische Öle weniger verflüchtigen, und lässt den Aufguss 10 Minuten lang ziehen. Danach seiht man ihn mit ienem Teesieb, einem Leinentuch oder einem Kaffeefilter ab. Man kann davon ausgehen , dass Teeaufgüsse die am weitesten verbreitete und am häufigsten praktizierte Zubereitungsmethode für Heilpflanzen ist.
Abkochung
Bei der Abkochung übergießt man zwei Teelöffel der getrockneten Pflanzenteile mit einer großen Tasse (200-250 Mililiter) kaltem Wasser und lässt alles gemeinsam in einem Topf aufkochen. Danach lässt man alles 5 - 15 Minuten lang auf kleiner Flamme köcheln. Abkochungen eignen sich für harte Pflanzenteile, also Rinden, Wurzeln und Hölzer. Wirksame Beispiele sind Abkochungen aus Blutwurz, Quecke, Eichenringe, Beinwellwurzeln, Löwenzahnwurzeln und Petersilienwurzeln. Der Baldrian nimmt eine Ausnahmestellung ein: Obwohl Baldriantee aus den Wurzeln zubereitet wird, setzt man keine Abkochung sondedr einen Aufguss. Der Grund: Der Aufguss setzt die ätherischen Öle frei, auf denen die Wirkung des Baldriantees beruht.
Bäder
Vollbäder und Sitzbäder (etwa zur Behandlung von Hämorrhiden und Hautleiden im Gesäßbereich) unterscheiden sich, was die Vorbereitung anbetrifft, vor allem durch die Menge der verwendeten Pflanzen. In jedem Fall bietet es sich an Pflanzenteile nicht lose in Wasser zu geben, sondern in einen Leinensäckchen. Da das Leinengewebe wasserdurchlässig ist, funktioniert es nach dem selben Prinzip wie ein Aufgussbeutel für Tee, der mit heißem Wasser übergossen wird und dadurch seine Aromen und Wirkstoffe freigibt, Be dieser Art der Badvorbereitung ersparen Sie sich nach der Badeprozedur das lästige Abwaschen von Pflanzenrückständen vom Körper.
Vollbad
Für ein Vollbad streut man zweu Hand voll der Pflanzenteile in die Badewanne. Um nach dem Bad den Abfluss nicht zu verstopfen, sollte ein Sieb über den Ausguss gelegt werden. Im Handel erhältliche Kräuterextrakte für Vollbäder sind teurer, haben aber den Vorteil, dass sie dem Badewasser auch Wirkstoffe zusetzen, die beim direkten Einsatz der Pflanzenteile verloren gehen. Die Fertigprodukte sollten allerdings keine unnötigen Duftstoffe enthalten. Vollbäder sollten höchstens 15 Minuten dauern, in Ausnahmefällen 20 Minuten. Idealerweise sollten sie eine Temperatur von 38°C haben. Während Beruhigungsbäder eine Stunde vor dem Schlafengehen stattfinden sollten, ist der beste Zeitpunkt für durchblutungsfördernde und schleimlösende Vollböder am Nachmittag.
Nach einem Vollbad sollten Sie niemals sofort ins Freie gehen. Der erhitzte Körper würde durch einen plötzlichen Temperaturunterschied eine Art Schock erleiden, der der Gesundheit auf keinen Fall zuträglich wäre. Gänzlich ungeeignet sind Vollbäder für Menschen die an Herzschwäche und niedrigen Blutdruck leiden. Wer entzündete Haut hat, muss damit rechnen, dass die betroffenen Stellen je nach Art des Kräuterzuatzes empfindlich reagieren.
Sitzbad
Bei Sitzbädern werden drei Esslöffel Heilkraut auf einen Liter Wasser gegeben. Ein Bad sollte etwa 10 Minuten dauern. Im Gegensatz zu Vollbädern, die den Körper stärker strapazieren, können Sitzbäde mehrmals täglich durchgeführt werden.
Auflagen und Wickel
Diese Praktiken dienen der äußerlichen Anwendung von Heilpflanzen. In der Regel werden sie in Form von Verbänden durchgeführt, die mit Tinkturen, Ölen oder Kräutertees getränkt sind. Die häufigsten Anwendungsbereiche für Auflagen und Wickel sind Hauterkrankungen, verkrustete Wunden, sowie so genannte stumpfe Verletzungen, also Muskelzerrungen, Prellungen oder Quetschungen.
Kapitel 1