Das Spiel von Queerditch Marsch

Unser Wissen über die rauen Anfänge des Quidditch verdanken wir den Aufzeichnungen der Hexe Gertie Keddle, die im 11. Jahrhundert am Rande von Queerditch Marsch lebte. Zum Glück für uns, führte sie ein Tagebuch, das heute im Londoner Quidditch-Museum zu besichtigen ist. Die folgenden Auszüge wurden aus dem stark fehlerhaften Angelsächsisch des Originals übersetzt.

Dienstag. Heiß. Diese Meute von der anderen Seite der Marsch hat es schon wieder getrieben. Dieses dumme Spiel auf Besen. Ein großer Lederball flog mitten in mein Kohlbeet. Hab dem Mann, der ihn holen kam, einen Fluch aufgehalst. Wollte sehen, wie er mit nach hinten verdrehten Knien wieder davonflog, diese große haarige Wildsau.

Dienstag. Nass. War draußen auf der Marsch, um Nesseln zu pflücken. Die Besentrottel waren schon wieder am Spielen. Versteckte mich hinter einem Stein und sah ihnen eine Weile zu. Sie haben einen neuen Ball. Den werfen sie sich gegenseitig zu und dann in die Bäume zu beiden Seiten der Marsch, wo er sich in den Ästen verfangen soll. Sinnloser Unfug.

Dienstag. Windig. Gwenog kam auf einen Nesseltee vorbei, dann meinte sie, ob ich nicht mit nach draußen kommen wolle, da war was ganz Aufregendes zu sehen. Da stand ich nun und sah diesen Hohlköpfen zu, wie sie auf der Marsch spielten. Dieser große schottische Zauberer von oben auf dem Hügel war auch dabei. Jetzt lassen sie auch noch zwei schwere Steine durch die Gegend fliegen, die sie von den Besen hauen sollen. Ist leider nicht passiert, während ich zusah. Gwenog meinte, sie würde selbst öfter spielen. Ging angewidert nach Hause.

Diese Tagebucheintragungen sagen uns viel mehr, als Gertie Keddle geahnt haben konnte, ganz abgesehen von dem Umstand, dass sie nur den Namen eines einzigen Wochentages kannte. Zunächst also war der Ball, der in ihrem Kohl landete, aus Leder; wie der moderne Quaffel - die luftgefüllte Blase, die in anderen Besenspielen dieser Zeit benutzt wurde, war natürlich kaum mit Genauigkeit zu werfen, besonders bei windigem Wetter. Zweitens offenbart uns Gertie, dass die Männer den Quaffel »in die Bäume zu beiden Seiten der Marsch« warfen, wo er sich verfangen sollte - offenbar eine frühe Form des Toreschießens. Drittens gewährt sie uns einen kurzen Blick auf die Vorläufer der Klatscher. Höchst interessant ist, dass ein »großer schottischer Zauberer « dabei war. War er vielleicht ein Creaothceann-Spieler? War es seine Idee, die schweren Steine zu verhexen, damit sie auf gefährliche Weise kreuz und quer über das Spielfeld schössen, wie die Felsbrocken im Spiel aus seiner Heimat?

Erst ein Jahrhundert später finden wir erneut einen Hinweis auf den Sport von Queerditch Marsch, als der Zauberer Goodwin Kneen die Feder zur Hand nahm und an seinen norwegischen Vetter Olaf schrieb. Kneen lebte in Yorkshire, ein Beleg dafür, wie schnell sich der von Gertie Keddle erstmals beschriebene Sport in ganz Britannien ausgebreitet hatte. Kneens Brief wird im Archiv des norwegischen Zaubereiministerium verwahrt.

Lieber Olaf,
wie geht es dir? Mir selbst geht es gut, doch Gunhilda hat einen Anflug von Drachenblattern.
Letzten Samstagabend genossen wir eine schwungvolle Partie Kwidditch, obwohl die arme Gunhilda als Fängerin ausfiel und wir statt ihrer Radulf, den Schmied, nehmen mussten. Die Mannschaft aus Ilkley spielte gut, konnte uns aber nicht das Wasser reichen, hatten wir doch den ganzen Monat eifrig trainiert und trafen Zweiundvierzigmahl. Radulf bekam einen Blooder an den Kopf, weil der gute Ugga nicht schnell genug mit dem Knüppel war. Mit den neuen Zielfässern machten wir gute Erfahrungen. Drei Fässer auf Stelzen zu beiden Seiten, Oona, die Schankwirtin, hat sie uns geschenkt. Sie hat uns auch die ganze Nacht mit Met freigehalten, weil wir gewonnen haben. Gunhilda war ein wenig verärgert, weil ich so spät nach Hause kam. Ich musste vor ein paar tückischen Flüchen Reißaus nehmen, doch inzwischen habe ich meine Finger wieder.
Diesen Brief schicke ich mit meiner besten Eule. Ich hoffe, sie schafft es.
Dein Vetter
Goodwin

Wir sehen, wie weit sich das Spiel im Lauf eines Jahrhunderts entwickelt hatte. Goodwins Gattin sollte eigentlich »Fänger« spielen - vermutlich der alte Ausdruck für Jäger. Der »Blooder« (zweifellos der altenglische Begriff für Klatscher), der Radulf, den Schmied, traf, sollte von Ugga abgewehrt werden, der offenbar den Treiber spielte, da er ja einen Knüppel trug. Nicht mehr Bäume dienen jetzt als Tore, sondern Fässer auf Stelzen. Doch fehlte jedoch ein wichtiges Element des Spiels: der Goldene Schnatz. Erst Mitte des dreizehnten Jahrhunderts kam der vierte Quidditch-Ball hinzu, und dies auf recht merkwürdige Art und Weise.

 

                                                      Inhalt                                    Kapitel 2