Waren die Tochtergesellschaften an ihr Heimatwerk gebunden?
Im Oktober 1938 beschloss der Verwaltungsrat, die deutschen werke zu verselbständigen, indem der Ausschuss der Lonza-Werke GmbH als deren oberstes Organ um einen „uns und den deutschen Behörden genehmen deutschen Vertreter“ zu einem Beirat erweitert werden sollte. Dieser Beirat sollte das Recht erhalten,
„Die Angelegenheiten der Lonza-Werke zu führen und zu entscheiden und den Verwaltungsrat der Lonza hierüber soweit auf dem Laufenden zu halten, als die deutschen Interessen dies zulassen. (...) Die Organisation der deutschen Gesellschaften wird verselbständigt und verdeutscht unter Konzentrierung in Weil a/Rhein.“
Die Geschäftsführung unterstand nun ausschliesslich Assessor Müller und dem Schweizer Lonza-Direktor Ernst Schenker, wobei es durch die formelle Abtrennung von der „nichtarischen“ Lonza AG möglich geworden war, die Lonza-Werke als „arisches“, selbständig auftretendes und damit praktisch deutsches Unternehmen auftreten zu lassen.
Nach Kriegsausbruch schlug Müller vor dem Hintergrund der deutschen Geheimhaltungsvorschriften vor, die deutschen Werke alleine zu leiten. Der Verwaltungsratsausschuss stimmte dem zu. Womit der ein Jahr zuvor eingesetzte Beirat seine Tätigkeit einstellte.
Müller drängte aber noch auf eine weitere Verminderung des Schweizer Einflusses, indem als dessen letztes Überbleibsel auch noch die fünf verbliebenen Schweizer Prokura-Berechtigungen gelöscht werden sollten. Andernfalls, so Müllers wiederkehrende Argumentation, bekämen die Lonza-Werke mit den deutschen Behörden Schwierigkeiten. Der Verwaltungsratsausschuss lehnte eine solche Massnahme anfangs ab, einigte sich jedoch mit Müller schliesslich, „wenn auch mit Bedenken“, darauf, die Prokura der Schweizer zu löschen, sie aber durch die Unterschriftsberechtigung für zwei deutsche Vertrauenspersonen zu ersetzen.
Bergierbericht Band 6:S.148/149/150/160
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