Korrespondenz
Oktober 2006
Betreff:Gewalt
Einige einführende Gedanken zur Entstehung bzw den Gründen für die Entstehung von Gewalt:
Die Arbeitsteilung der ackerbauenden Familie erzeugt Wohlstand und die Einfügung einer oder mehrerer Arbeitskräfte. Es konnte mehr erzeugt als verbraucht werden. Mittel, um mehr Arbeitskräfte einzustellen waren vorhanden. Die Arbeitskraft bekam einen Wert. Das eigene Gemeinwesen hatte keine freien Arbeitskräfte. Der Krieg lieferte sie. Man verspeiste die Gefangen nicht mehr sondern ließ sie am Leben und für sich arbeiten. Die Sklaverei war geboren. „Die Gewalt wurde, statt die Wirtschaftslage zu beherrschen, in den Dienst der Wirtschaft gepresst“. Marx/Engels Ausgewählte Werke Bd.V, S. 199.
Die Sklaverei als herrschende Produktionsform ermöglichte die Teilung der Arbeit zwischen Ackerbau und Industrie. Diese ökonomische Grundlage ermöglicht Griechentum, Römerreich und das moderne Europa. Weiter heißt es:…..“ohne antike Sklaverei kein moderner Sozialismus“. (ebda.)
Hiermit soll verdeutlicht werden, dass „alle politische Gewalt ursprünglich auf einer ökonomisch-gesellschaftlichen Funktion beruht.“ (A.a.O. S.201 f.)
[Zur Frage des Wesens der Moral als - sich historisch verändernde und historisch bedingte - Klassenmoral siehe auch Marx Engels im Anti-Dühring, in MEW Bd 20 Berlin 1972, S.88] Zunehmende Gewalt = Ausdruck des zunehmenden Zerfalls des kapitalistischen Systems und zwar in einer Pattsituation zwischen der Arbeiterklasse und der Bourgeoisie.
Keine Klasse kann derzeit ihre Lösung durchsetzen.
Klassengewalt,
Basis: Kapitalistisches System, beruht auf Ausbeutung:
gesellschaftliche Produktion, private Aneignung, ; auf dieser Grundlage entsteht ein historisch gewachsenes Gewaltverhältnis, das antagonistisch ist , sprich nicht friedlich zu lösen ist.
Die Ablösung der jeweils früheren Klassengesellschaft geschah stets gewaltsam.
Die Geschichte ist eine Geschichte der gewaltsamen Klassenkämpfe.
Die Gewalt spielt aber durchaus auch eine fortschrittliche , revolutionäre Rolle.
Sie ist quasi die Geburtshelferin der neu entstehenden Gesellschaft, sie ist das Werkzeug, womit sich die gesellschaftliche Bewegung durchsetzt und erstarrte, abgestorbene politische Formen zerbricht. (Siehe weiterführende Textgrundlage Marx/Engels Ausgewählte Werke Bd.V, S.179 ff.)
Auch die heute herrschende imperialistische Klasse der Bourgeoisie ist gewaltsam an die Macht gekommen.
Ebenso wie die zuvor herrschende Klasse wird auch die Bourgeoisie ihre Macht nicht freiwillig abgeben, sondern diese mit ihrem Gewaltapparat bis an die Zähne bewaffnet verteidigen. Die Geschichte beweist auf blutigste Art und Weise, wir haben daraus zu lernen.
Die Bourgeoisie baut ihren Gewaltapparat nach innen und außen immer mehr aus:
Außen:
aufgrund der verschärften Konkurrenz und der Tatsache, dass „der Kuchen verteilt ist“, finden insbesondere nach dem Zusammenbruch des Ostblocks und dem Auseinanderbrechen der Blöcke zunehmend bewaffnete imperialistische Auseinandersetzungen und Kriege unter allen nur erdenklichen politischen, religiösen Vorzeichen und Begründungen statt. Deutschland beteiligt sich im Kosovo, Kongo*(1), Libanon.
Millionen Menschen sind auf der Flucht, müssen ihre Länder verlassen oder werden nicht zuletzt auch „demokratisch legitimiert“ abgeschlachtet, ersaufen jämmerlich im Meer…
Innen:
Der Polizei- Staats- und Armeeapparat wird immer mehr aufgerüstet und brutaler gegen die Arbeiter und das Volk weltweit eingesetzt sobald sie sich zur Wehr setzen.
Unter dem Deckmantel des Kampfes gegen den Terrorismus – selber ein gewaltsam gegen die Arbeiterklasse und das Volk bewaffnet agierender Ausdruck des untergehenden Systems- wird die Arbeiterklasse immer lückenloser bespitzelt und werden die Geheimdienste immer perfider eingesetzt.
Die gesetzgebende Gewalt und das Parlament erlauben auf der Grundlage des Schutzes des Eigentums und damit dieses Ausbeutersystems (gesellsch. Produktion – private Aneignung) die Verschärfung des Elends gegenüber jenen, die noch in Arbeit sind bzw. jenen, die immer häufiger in die Arbeitslosigkeit, Armut, Vereinzelung, Krankheit, Prostitution oder Kriminalität getrieben werden. [ „Je größer der gesellschaftliche Reichtum, das funktionierende Kapital und die durch es beschäftigte Arbeitermasse, um so größer auch die vorrätige Schicht der der Arbeitslosen, die Reservearmee; je größer die Reservearmee im Verhältnis zu der beschäftigten Arbeitermasse, um so größer die unterste Schicht der Armut, des Pauperismus, der Kriminalität.“ Aus Rosa Luxemburg: Einführung in die Nationalökonomie, in: Geammelte Werke, Bd 5. Berlin 1981 S. 754.]
Mehrwertsteuererhöhung, Pendlerpauschale, Halbierung des Sparbetrages, Erhöhung des Rentenalters, Einfrieren der Rentenhöhe, Schnüffeleien bei Hartz IV,bzw Alg II Empfängern sind nur einige Beispiele für die verschärften Angriffe durch die Bourgeoisie.
Gewalt in der AK und im Volk
Zwar können wir im Weltmaßstab in einer neuen Qualität zunehmende Kämpfe der Arbeiterklasse gegen die Krise feststellen, ein Ausdruck dafür, dass Teile der Klasse die Notwendigkeit des Kämpfens, sich Zusammenschließens erkennen. Unter diesen kämpfenden Arbeitern, Studenten und Schülern wie z. Bsp. In Frankreich, erinnert man sich an die Werte der Klasse, wie Solidarität, das Vertrauen, den Zusammenschluss, das für einander Eintreten, das sich Öffnen. „Die Arbeiter fangen an, sich als Klasse zu fühlen, sie werden gewahr, dass sie, obwohl einzeln schwach, doch zusammen eine Macht sind.“ Marx/Engels Werke Bd 2, Die Lage der arbeitenden Klasse in England, Berlin 1972, S.349.
Parallel erleben wir aber gehäuft Perspektivlosigkeit, Hilflosigkeit, Elend, Verzweiflung und ohnmächtige Wut in der Klasse, was zu einer Zunahme der gewaltsamen, verzweifelten Auseinandersetzungen führt. (Riots, Unruhen, in den Vorstädten u.a. der USA, und Frankreichs….Bei allem Verständnis für die Wut auf den Staat und seine Organe sind dies rückwärtsgewandte Ausbrüche und wirken einer Bewusstseinsvertiefung in der Klasse entgegen.)
Der Kampf untereinander das „Jeder gegen Jeden“ nimmt zu.
Arbeitslosigkeit, Drogen, Krankheiten sind an der Tagesordnung zu der auch ein ständiger Werteverfall gehört. Es wird oft als normal angesehen, Konflikte untereinander gewaltsam zu lösen. Die Verrohung nimmt gerade bei zunehmend Jüngeren mit der Verarmung zu, Waffenbesitz gilt bei vielen als normal, cool und notwendig. Gangstertum ist angesagt, nur der Stärkere gewinnt, eine Lebenshaltung, die wir in allen Großstädten und Vorstädten mit hohem Armutsanteil antreffen.
Das im Fernsehen und im Internet Erlebte dienen als Vorbild, dem es nachzueifern gilt. Die virtuelle, geschaute Welt wird gelebt und von der Wirklichkeit häufig noch übertroffen.
Wir sehen verzweifelte Gewalt und Verrohung in den Familien, worunter vor allem die Kinder und Frauen, letztendlich aber auch die Männer und die ganze Arbeiterklasse leiden.
Keine dieser Spielarten der Gewalt darf weil/als gesellschaftlich bedingt, „schön geredet“ oder gar entschuldigt werden. Als Kommunisten ist es unsere Pflicht und Aufgabe sie zu brandmarken, von den (Gewalt)-Erscheinungen zu ihrem Wesenskern vorzudringen und eine gesamtgesellschaftliche Alternative aber auch eine ethisch/moralische proletarische Verhaltensalternative aufzuzeigen.
Wir müssen verdeutlichen, dass gerade die Vergesellschaftung der geschichtlich gewachsenen modernen Lohnarbeit die Chance für die Überwindung des Konkurrenzkampfes „jeder gegen jeden“ beinhaltet, an dessen Stelle die alle Spielarten von Spaltung überwindende Solidarität und der internationale Zusammenschluss aufgebaut werden muss. Das Proletariat „müsse selbst aktiv sein sittliches Empfinden schärfen, um den Kampf für den Sozialismus erfolgreich durchführen zu können“ wie es eine Referentin zum Thema „Marxismus und Ethik“ einmal sehr gut unter Bezug auf Rosa Luxemburgs Sozialreform und Revolution ausdrückte.
An den Schulen
ein ähnliches Bild. Schwächere MitschülerInnen, Ausländer werden ausgegrenzt, gemobbt. Verschiedene ethnische Gruppen bekämpfen sich oft hochbewaffnet entweder gegenseitig oder eben sozial Schwächere, Alte und Kranke. Welche Perspektive kann und will diese Gesellschaft ihnen bieten?
Verschiedenartige Kulturen werden nicht als Bereicherung begriffen, sondern als Aus- und Abgrenzungskriterium und dienen als Aufforderung zum nationalistischen, rassistischen Vernichtungsfeldzug, so wie es die Staats-/ Terroristen aller politischen Choleur und Glaubensrichtung vorleben.
Es gipfelt in den kriegerischen Auseinandersetzungen, in die die Bourgeoisie die Arbeiter der verschiedenen Länder jagt, um ihre territorialen oder weltumfassenden, imperialistischen Ziele gegenüber den Konkurrenten zu verfolgen.
Maxime:
-
Internationale Solidarität der Arbeiterklasse gegen die herrschenden Klassen weltweit, Aufnahme des Kampfes gegen die verschärfte Ausbeutung und Unterdrückung,
keine Anwendung von Gewalt innerhalb der AK und zwischen den Geschlechtern und Generationen, da dies die Spaltung und das Misstrauen noch mehr vorantreiben und einem notwendigen Zusammenschluss der Klasse entgegenstehen würde.
Entlarvung und Bekämpfung der ideologischen Gewalt der Bourgeoisie, die uns u.a. in Form des Pazifismus, der Demokratie, des Antifaschismus sowie der verschiedensten theologisch und psych.Sekten und der klassenversöhnlerischen Linie des „wir sitzen alle in einem Boot“ begegnet.
Die Scheidelinie, die Klassengrenze verläuft zwischen oben und unten, zwischen Bourgeoisie und Arbeiterklasse.
Die Interventionen der Bourgeoisie:
Mehr Bürgerwehr, mehr Integration, mehr Sozialpädagogen, mehr Gelder für soziales Training können das grundlegende Problem dieser Gesellschaft nicht lösen. Gewaltprävention kann die wirklichen Probleme nur berühren, da sie nicht an die tatsächlichen Wurzeln der Klassengesellschaft (gesellschaftliche Produktion /private Aneignung) heranreicht.
Die Bourgeoisie brüstet sich mit der „Prävention“, der Vorbeugung von Gewalt, und versucht mit Peitsche und Zuckerbrot „Balsam“ auf die aufbrechenden Wunden zu schmieren, nach dem Motto, „wir tun doch was…“. Sie ist aber nicht in der Lage, auch nur in 1 der zentralen Fragen (Arbeitslosigkeit, Krise und Krieg, Ökologie…) eine Lösung aufzuzeigen, und dies nicht weil sie dumm, böse oder gewalttätig ist, sondern weil es keine Lösung innerhalb dieses kapitalistischen Systems gibt. Dieses Gesellschaftssystem zwingt die Bourgeoisie bei ihrem Untergang die Arbeiterklasse und ihre Werte sowie andere kapitalistische Konkurrenten ökonomisch, politisch und militärisch anzugreifen Es ist die Warenproduktion und die Ausbeutung die in einer auf Gewalt beruhenden kapitalistischen Gesellschaft die Gewaltverhältnisse unter den Menschen schafft. Gewalt ist nicht, wie oft herbeigeredet, ein biologisch- genetisch bedingter, oder ein typischer Menschheitszug, den es ja schon immer gegeben habe nach dem Motto: „Der Mensch ist (sich selbst) der schärfste Wolf…“. Sie ist gesellschaftlich gewachsen und veränderbar.
Die Rolle der Arbeiterklasse
Nur die international kämpfende Arbeiterklasse kann diese kapitalistische Gesellschaft, die für Krieg, Elend, Gewalt und Verderben steht, mit Stumpf und Stil und mit revolutionärer Gewalt ausreißen und eine neue Gesellschaft errichten.
Hierzu muss sie heute schon branchen-, geschlechts-, generations- und kulturübergreifend den Kampf gegen die Krise und die Angriffe der Bourgeoisie aufnehmen oder sie wird vernichtet.
„Inzwischen ist der Gegensatz zwischen Proletariat und Bourgeoisie ein Kampf von Klasse gegen Klasse, ein Kampf, der, auf seinen höchsten Ausdruck gebracht, eine totale Revolution bedeutet. Braucht man sich übrigens zu wundern, dass eine auf den Klassengegensatz begründete Gesellschaft auf den brutalen Widerspruch hinausläuft, auf den Zusammenstoß Mann gegen Mann als letzte Lösung? Marx/Engels Werke Bd 4,Das Elend der Philosophie, Berlin 1971, S. 182
„Kampf oder Tod; Blutiger Krieg oder das Nichts. So ist die Frage unerbittlich gestellt.“ (George Sand , ebda)
In diesem Kontext stehen wir und haben wir uns zu verhalten. Eine Illusion über die zwingende Notwendigkeit der revolutionären Gewalt würde sich für das bewusst agierende, revolutionäre Proletariat verheerend auswirken.
------------------------------------------------------------------------------------------------------
Anmerkungen:
Ohne für diesen Einsatz in erster Linie wirtschaftliche Interessen anführen zu wollen, gibt es doch durchaus eine Reaktion der Wirtschaft auf den deutschen Einsatz im Kongo. „Die ersten Wahlen im Kongo seit 1964 könnten mehr Stabilität für das afrikanische Land mit seinen 60 Millionen Bürgern bringen. Davon sollten die Aktien der im Kongo aktiven Bergbau- und Energieunternehmen profitieren,“…. „Mehr Frieden und Stabilität – ja sogar nur die Aussicht darauf – würde an der Börse den Kursen der vielen im Kongo aktiven Rohstoffgesellschaften gut tun……“
Aus: Deutsches Rohstoff- und Edelmetallportal Goldinvest.de vom 17.7.06
In seinem Entwurf des Weißbuches schreibt Minister Jung: „Vorrangige Interessen deutscher Sicherheitspolitik bestehen darin, die europäische sowie transnationale Sicherheit und Stabilität zu stärken, den Wohlstand des Landes durch einen freien ungehinderten Welthandel zu ermöglichen….
Hierbei gilt es wegen der Export- und Rohstoffabhängigkeit Deutschlands, sich besonders den Regionen, in denen kritische Rohstoffe und Energieträger gefördert werden, zuzuwenden….“
Beide Zitate sind zu finden unter Linksnet.de – Bundeswehr am Kongo.