Referat - Liberalismus oder Keynesianismus - die falschen Alternativen

Politischer Diskussionszirkel Rheinland

Referat II zum Treffen im August 2004

Liberalismus oder Keynesianismus - die falschen Alternativen

Angesichts der allgemeinen Wirtschaftskrise, unter der die arbeitende Bevölkerung besonders leidet und angesichts derer sie nach Auswegen sucht, geistern die Schlagworte "Freihandel" oder, im Gegensatz dazu, "Eingriffe des starken Staates" als Lösungsvorschläge für die Krise umher. Die Antiglobalisierungsbewegung hat den Schuldigen der heutigen Krise schon ausgemacht: Es sei der unmenschliche, marktorientierte "Neoliberalismus". Der erlösende Ritter ist bei ihnen ebenfalls schnell gefunden. Im Sinne Keynes' soll der starke Staat für eine "faire und soziale Wirtschaftspolitik" sorgen. Hinter diesen Losungen verbergen sich zwei Tendenzen von Wirtschaftstheorien - der klassische Liberalismus und der Keynesianismus. Obwohl sie deutliche Unterschiede aufweisen, haben sie eines gemeinsam: Sie bewegen sich innerhalb der kapitalistischen Produktionsweise und stellen diese nicht in Frage.

Ziel dieses Referates ist es, folgenden Fragen auf die Spur zu kommen:

  1. Was steckt eigentlich hinter den Begriffen "Liberalismus" und "Keynesianismus"?
  2. In welchen historischen Perioden sind sie entstanden und warum gerade dann?
  3. Bietet eine der beiden Theorien (oder beide) tatsächlich eine Lösung für "eine bessere Welt", wie es etwa die Antiglobalisierer prophezeien?

Heute werden diese beiden kapitalistischen Wirtschaftstheorien einfach nebeneinander gestellt, als zwei unterschiedliche Antworten auf die heutige Krise. Tatsächlich aber sind der Liberalismus und der Keynesianismus jeweils historische Erscheinungen, die zu unterschiedlichen Zeiten und unter unterschiedlichen Umständen entstanden sind.

Während der klassische Liberalismus im ausgehenden 18. Jahrhundert und im 19. Jahrhundert – also in der aufsteigenden Phase des Kapitalismus - weitgehend vorherrschend war, entwickelllte Keynes seine Theorie in der niedergehenden Phase des Kapitalismus nach dem 1. Weltkrieg als eine Art Notprogramm, um den Kapitalismus zu retten. Nun aber der Reihe nach:


1.Der klassische Liberalismus in der aufsteigenden Phase des Kapitalismus

Der klassische Liberalismus entstand im ausgehenden 18. Jahrhundert in England. Dies war kein Zufall. Als im noch feudalen Frankreich die große bürgerliche Revolution tobte, setzte im bürgerlichen England bereits die industrielle Revolution ein. Dies war das erste Land, in dem der Kapitalismus zur vollen Entfaltung kam. Das Bürgertum lehnte alle Eingriffe des Staates in die Wirtschaft ab. Aber es ist ganz wichtig, sich vor Augen zu führen, dass dieser Staat nicht wie heute ein kapitalistischer Staat war, sondern ein noch feudal geprägter Staat. Die ablehnende Haltung altungHHH gegen diesen Staat war also eine Art Befreiungsbewegung des Bürgertums gegen mittelalterliche, einschnürende Beschränkungen wie Zünfte, Zölle usw.

Die wichtigsten Namen der klassischen bürgerlichen ökonomie sind Adam Smith (1723-1790) und David Ricardo (1772-1823). In ihren Theorien spiegelt sich der grandiose Aufstieg des noch jungen Kapitalismus wider, in dem sich die inneren Widersprüche noch nicht offen entfaltet hatten. Es bestand daher die Zuversicht, dass der Kapitalismus ein ewiges, harmonisches und natürliches System sei.

Die Grundidee ist die, dass jeder seines eigenen Glückes Schmied sei und nur aus Eigeninteresse handle. Doch sahen Ricardo und besonders Smith darin nichts Schlimmes. Im Gegenteil: Durch die freie kapitalistische Konkurrenz, in der jeder versucht, seine Lage zu verbessern, würde schließlich die ganze Gesellschaft daraus einen Vorteil ziehen.

England konnte den Freihandel, also den Handel frei von staatlichen Eingriffen wie Zöllen oder Steuern, damals verkünden, weil es den anderen Ländern technisch und wirtschaftlich weit voraus war und dadurch die ausländische Konkurrenz kaum fürchten musste. Daher brauchte man auch keine protektionistischen Maßnahmen durch den Staat, der sich im Wesentlichen auf nationale Sicherung im Inneren und nach außen konzentrierte.

Doch schon während des 19. Jahrhunderts zeichneten sich dunkle Wolken am Horizont des liberalen Kapitalismus ab. Die inneren Widersprüche des Kapitalismus kamen immer deutlicher zum Vorschein. Zum einen der Gegensatz zwischen den Kapitalisten und der Arbeiterklasse, zum anderen die häufiger auftretenden, zunächst zyklischen Krisen. Zusammengefasst kann man festhalten: Liberalismus bedeutet Maximierung der individuellen Freiheit, Minimierung der feudalen Herrschaft und die Unverletzlichkeit des Eigentums.


2. Der Keynesianismus - die Reaktion auf die permanente Krise des niedergehenden Kapitalismus

Zum Ende des Liberalismus kam es 1914 mit dem Ausbruch des 1. Weltkrieges. Von nun an trat der Kapitalismus in seine Phase der permanenten Krise ein. Es wurde also immer deutlicher, dass die Regierungen nicht mehr darauf hoffen konnten, dass der Markt sich selbst reguliert und die Krisen wieder verschwinden wie im 19. Jahrhundert. Die Weltwirtschaftskrise von 1929 bewies dies auf brutale Weise. Die alte Zuversicht wurde untergraben. In dieser Phase trat John Maynard Keynes (1883-1946) angesichts der permanenten Krise, der dauerhaften überproduktion und der Massenarbeitslosigkeit mit seiner Theorie auf den Plan. Auf den Punkt gebracht, besagt sie: Der Staat muss in die Wirtschaft eingreifen und sie regulieren. Dies war für die herrschende Klasse um so dringlicher, da in der Russischen Revolution 1917 und in der revolutionären Welle in großen Teilen Europas 1918-1923 das Proletariat bewiesen hatte, dass es eine eigene Alternative zu Krieg und Krise hat: den Kommunismus.

Das Ziel von Keynes war es, den Niedergang des Kapitalismus aufzuhalten und - wenn möglich - seinen Zusammenbruch zu verhindern. Er stellte aber nicht das individuelle Eigeninteresse in Frage, meinte aber, dass dieses allein nicht ausreichend sei. Keynes sah das Hauptproblem der Krise in der mangelnden Investition. Daher solle der Staat über Steuermittel und Verschuldung künstlich eine Nachfrage schaffen und so die Wirtschaft ankurbeln sowie Arbeitsplätze schaffen. Letzteres war den Staaten aus Angst vor der proletarischen Revolution ebenfalls sehr wichtig. Doch gerade die steigende Staatsverschuldung zeigt, dass diese Hilfsmaßnahmen auch nur zeitlich begrenzt sind.

Das Ziel des Kapitalismus ist eine stete Vermehrung von Kapital, aber die künstlich geförderte Nachfrage durch den Staat schafft nur eine vergrößerte Produktion auf Pump, die angesichts der allgemeinen überproduktion auch kaum verkauft werden kann. Solche staatlichen Eingriffe mögen vielleicht eine Krise verschieben, aber allein die Notwendigkeit einer solchen Intervention beweist gerade das Ausmaß der Krise des Kapitalismus.

Fazit:

Der Liberalismus ist bereits seit 1914 historisch überholt und der Keynesianismus hat im 20. Jahrhundert mit seiner riesigen staatlichen Verschuldungspolitik lediglich die Sackgasse des Kapitalismus offenbart. Wo liegt also die Lösung für das Proletariat? Im Klassenkampf für eine klassenlose Gesellschaft!

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