Referat - Neoliberalismus

Politischer Diskussionszirkel Rheinland

Referat zum Treffen im August 2004

Neoliberalismus


Fragestellung:

Wie unterscheidet sich der klassische Liberalismus (als bekanntes Beispiel der "Manchester Liberalismus") vom sog. Neoliberalismus?

Auch in Bezug auf den Hintergrund, das sich auf die Kampangen über die kapitalistische "Prosperität" (Entwicklungsfähigkeit) ein gewisses Echo unter Arbeitern findet und dies ein zu überwindendes Hindernis für die Bewusstwerdung der Arbeiterklasse ist.

Das Referat soll nur eine kurze Einleitung (Themenumfassung) darstellen, insbesondere auch deshalb weil ein tieferes Verständnis der wirtschaftlichen Zusammenhänge heute äußerst komplex ist, die "Entwicklung" nicht linear verläuft und es schwierig ist die Begriffe der systemeigenen Wirtschaftswissenschaften in einen zu begreifenden Zusammenhang zu bringen (wir haben für heute leider keine anderen umfangreiche Informationsquellen außer der der Wirtschaftwissenschaften).


1. Geschichtlicher Hintergrund des Manchester Liberalismus:
(Um zu verstehen welche Bedeutung der klassische Liberalismus in der aufsteigenden Phase des Kapitalismus hatte)

Auszüge aus einem Artikel zur Ergänzung der Broschüre "Die Dekadenz des Kapitalismus" und einem Artikel aus dem Internet (Foundation for Economic Education, Inc., March 1993, Vol. 43, No.3.).

Im Feudalismus gab es gegenüber dem Sklavenhaltertum eine Weiterentwicklung der Produktivkräfte. Das Handwerk hatte sich in Bezug auf die sich ausdehnende Landwirtschaft, indem es Arbeitswerkzeuge lieferte und in Bezug auf den Konsum der herrschenden Adelsklasse (hauptsächlich Kleidung und Kriegswerkzeug) herausgebildet.

Der Feudalismus fand in der Unmöglichkeit der Ausdehnung der landwirtschaftlich nutzbaren Flächen durch die ausbeutende, auf den persönlichen Konsum bedachten Adelsklasse seine Begrenzung. "Nur der übergang zur assoziierten Arbeit, in der viele Menschen mittels Arbeitsteilung und den Einsatz von komplexeren Produktionsmitteln zusammenwirkten, konnte unter jenen Bedingungen die notwendige Steigerung der Produktivität ermöglichen" (das war der Beginn der Entwicklung der Arbeiterklasse). Der Feudalismus stützte sich auf die lebenslange Fesselung des Menschen (Bauern) an seine Produktionsmittel, sowie an den Gutsbesitzer, wogegen die Manufaktur eine große Mobilität der Arbeitskraft forderte, damit eine Trennung des Arbeiters von den Produktionsmitteln.

Zudem forderte die Manufaktur ebenso die Mobilität der Rohstoffe und der Ware im allgemeinen, wodurch eine Entwicklung einsetzte, in der sich die Produktion an einem Ort konzentrierte, mit Produkten (Maschinen, Rohstoffe...) die aus allen Himmelsrichtungen kamen und die produzierten Waren wurden ebenso in alle Himmelsrichtungen gesendet (verkauft).
Das war der Zusammenhang in dem sich der sog. Manchester Liberalismus Anfang des 19. J.H. gegenüber Begrenzung durch feudale überbleibsel in England durchsetzten musste.
Die Manufaktur stützte sich auf die Akkumulation und die Konzentration der Profite, um Werkzeuge und die Maschinen besser auszunutzen, zu erneuern und zu erweitern was nur durch eine arbeitsteilige Produktion möglich ist. Sie erfordert die Geisteshaltung der Erfolgssuche, des Gewinnstrebens.

Im gewissen Sinne war die Tendenz zum sog. Manchester Liberalismus Ausdruck des Bestrebens der kapitalistischen Produktionsweise in England, wo die "frühe englische Bourgeoisie" aus den adligen Gutsbesitzern hervorgegangen ist, die letzten feudalen Hemmnisse (Protektionismus: w.z.B. die Korngesetze, die den freien
Handel einschränkten) notwendigerweise zu überwinden. Manchester war schon Anfang des 19. J.H. die Stadt in England in der der größte Reichtum ("Zivilisation") aufgrund der Produktion und des Handels mit der brutalsten Ausbeutung in den am meisten konzentrierten Manufakturen zusammenfiel.

Verbesserte Arbeitsbedingungen steigerten letztendlich die Produktivität im sich ausdehnenden Kapitalismus, die Bourgeoisie konnte den Arbeitern noch verschiede Zugeständnisse machen die letztlich zum Nutzen der Bourgeoisie waren (Abschaffung der Kinderarbeit, Verkürzung der Arbeitszeit, Bildung der Gewerkschaften, Soziale Einrichtungen, Einführung des Wahlrechts...)


2. Neoliberalismus:
(Auszüge aus der Broschüre "Die Dekadenz des Kapitalismus", dem Artikel: "15. Kongress der IKS - Berichte über die Wirtschaftskrise" in der IR Nr. 32 und dem Artikel "Die Krise ist Ausdruck der historischen Sackgasse der kapitalistischen Produktionsweise" in der IR Nr. 33)

Wenn man die Dekadenz des Kapitalismus als Realität erkennt stellt sich der Neoliberalismus damit als eine Ideologie dar, die glauben machen soll, das sich heute die kapitalistischen Gesetzmäßigkeiten des freien Marktes gegenüber der Kontrolle der Wirtschaft durch den Staat durchsetzen müssten damit eine weitere Entwicklung des Kapitalismus möglich ist.

Der Welthandel hat sich im Zeitraum von 1850 bis 1913 mehr als verzehnfacht, danach trat eine Wende ein. Die Expansion der "Spätaufsteiger" USA und Japan von 1919 bis 1929 ging auf Kosten der schon bestehenden Industriemächte, da der Weltmarkt bereits gesättigt (aufgeteilt) war.

Wenn nach dem zweiten Weltkrieg neoliberale und andere Rezepte nichts haben grundlegend lösen können, so ist das darauf zurückzuführen dass die globale Krise nicht Folge einer falschen Wirtschaftspolitik ist, sondern die Grundwidersprüche der kapitalistischen Produktionsweise (Mechanismen) offenbart.

Das Wachstum nach dem zweiten Weltkrieg waren bedingt durch den Wiederaufbau, die Rüstungsproduktion und die bessere Ausbeutung der alten Märkte. Die Siegermacht USA konnte durch Ihre den Markt bestimmende Position noch bis 1967, wo erstmals eine negative Handelsbilanz auftrat, mit positiver Bilanz in den Weltmarkt exportieren.

Seitdem muss der Staat verstärkt eingreifen um die Wirtschaft am Laufen zu halten. Insbesondere zwischen 1960 und 1980 stiegen die Staatsausgaben enorm (OECD- Länder) und Sie steigen weiter bis heute.

Der Grund dafür sind das enorme Anwachsen des unproduktiven Sektors und die Verschuldung zur Wiederankurbelung der Wirtschaft (extremstes Beispiel ist Japan, das sich z.B. 2003 um ca. 150% seines BIP verschuldete um die Wirtschaft wieder anzukurbeln).


In der Dekadenz wird die Leistungsfähigkeit des Kapitalismus durch das immense Anwachsen des unproduktiven Sektors künstlich erhöht.Um die Glaubwürdigkeit an das kapitalistische Gesellschaftssystem zu halten und wohl auch um die Verschuldung weiter allgemein erhöhen zu können wird das BIP künstlich hochgehalten indem z.B. der Wert des unproduktive Sektors (definitiv die Löhne der "Dienstleistenden") dessen Wert schon im Mehrwert des produktiven Sektors enthalten ist einfach noch mal dazugezählt. Ebenso Verhält es sich mit den Kosten für das Militär (Rüstungsproduktion).

Die Arbeitslosigkeit ist nach 1969 bis heute stark angestiegen (die "Reservearmee" die lange Zeit für den Kapitalismus, auch aus Gründen des "inneren Friedens - Ausspielung Arbeiter/Arbeitslose notwendig war ist zum generellen Problem der ansteigenden unproduktiven Kosten geworden und zu viele Arbeitslose gefährden den "inneren Frieden"). Die Zahl der Konkurse ebenso (die übernahme von Konkursunternehmen beinhaltet ebenso unproduktive Kosten).

Weitere unproduktive Kosten wie die Subventionierung insbesondere der Landwirtschaft, die Kosten der Erntezerstörung, das überdimensionale Marketing und die Werbung (aufgrund der "erstickenden" Konkurrenz um kaufkräftige Absatzmärkte)... die Kosten für das Militär (Rüstungsproduktion) sind ebenso wesentlich.

Die Austeritätspolitik und die Lohnsenkungen in den letzten 20 Jahren erlauben eine Wiederherstellung der unternehmerischen Profitrate, jedoch haben die gewachsenen Profite nicht (nur bedingt und kurzfristig) zu einer Erhöhung der Akkumulationsrate (also der Investitionen - zur Verbesserung und Erweiterung der Produktionsmittel) und somit zur Arbeitsproduktivität geführt ( Ausdruck der überproduktionskrise aufgrund des Mangels an kaufkräftigen Absatzmärkten). Kurz gesagt hat die Zurückstutzung der Arbeitskosten die Märkte eingeschränkt und somit zu einem Anwachsen der Finanzerträge und nicht zu einer Reinvestition der Profite geführt (Bedingung für die Akkumulation). Auch durch die Erniedrigung der Realen Zinsen bis in den negativen Bereich (wie aktuell in Japan geschehen) rühren sich der Konsum und die Investitionen nicht in Richtung Aufschwung. In den USA geschah die Zinserniedrigung besonders auch zur Aufrechterhaltung der Nachfrage durch die Haushalte.

Das Aufblähen des Finanzsektors entspricht der Zunahme des nicht mehr profitabel investierbaren Mehrwerts. Der Profit entsteht ausschließlich aus der Ausbeutung der Arbeitskraft, es gibt für die Gesamtheit der Kapitalisten keine Spekulationsprofite (auch wenn der eine oder andere besondere Sektor dabei aus der Spekulation Gewinne ziehen kann).


"New Economy":
So vorzüglich das numerische Wachstum der "new Economy" (schnelle Ausbreitung der neuen Technologie) auch sein mag, es übersetzt sich nicht in ein bedeutendes Wachstum der Produktivität im Produktionsprozess.

Es droht die Gefahr das die Spekulationsblasen wie Anfang der 90er in Japan oder 2000 in den USA geschehen (heute hat die Spekulation im Immobiliensektor der USA einen kritisches Ausmass angenommen) platzen und durch die hohe Verschuldung nicht mehr ausgeglichen werden können.

Die sechs Phasen der Rezession ab 1960 (nach dem zweiten Weltkrieg und dem Wiederaufbau): 1967, 1970-71, 1974-75, 1980-82, 1991-93, 2001-?

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