Referat-über die Organsizationsfrage der Arbeiterklasse

Politischer Diskussionszirkel Rheinland

Gedanken und Fragen zum Thema:

Welche Organisation braucht die Arbeiterklasse? Welche Rolle werden die Organisationen der Linken des Kapitals in den zukünftigen Kämpfen spielen?

Für uns ist es kein Zufall, dass sich die Frage nach der Organisation der Arbeiter heute, in der Zeit zunehmender Kämpfe der Arbeiter stellt. Wir begrüßen es außerordentlich wenn sich suchende Elemente, Arbeiter, Schüler Studenten… zusammenschließen, etwas tun wollen, sich organisieren wollen. Wir schätzen dies als einen Ausdruck zunehmender Bewußtseinsentwicklung in der Klasse ein. Gleichzeitig warnen wir vor übereilten oder prinzipienlosen Schritten zumal Ungeduld ein schlechter Motor ist.

Einerseits laufen den Gewerkschaften in den letzten Jahren zu Tausenden die Kollegen davon. Haben sie doch erkannt und erlebt, dass die Gewerkschaften die Interessen der Herrschenden vertreten, die Arbeiter gespalten und vom selbständigen Kampf abgehalten haben. Andererseits werden Sparten/Einzelgewerkschaften neu gegründet, die zunächst erscheint. Der bittere Nachtisch folgt auf dem Fuße, wie der Abschluss der GdL mit der Bahn zeigt.

Einige setzen auf die neue „Die Linke“,im Glauben, dort würde eine bessere, an Arbeiterinteressen orientierte Politik als bei den anderen bürgerlichen Parteien gemacht. Ein Teil wendet sich angewidert von jeder Art der Politik der Parteien ab, wieder andere rufen zu sofortigen Aktionen auf oder zur Bildung „Roter Räte“ für den „TagX“.

Wir denken, dies alles sind Sackgasse, die die Arbeiter keinen Schritt voran bringen in ihrer Bewusstseinsentwicklung.


Wie vorgehen?

Unserer Meinung nach kommt es darauf an, aus der Geschichte zu lernen und zu begreifen, in welcher Phase des Kapitalismus wir uns befinden und welche Konsequenzen dies auch für die Frage nach der Organisation der Arbeiter hat.

Unserer Einsätzung nach sind heute keine grundlegenden Reformen dieser Gesellschaft mehr möglich. Dieses System ist historisch am Ende, befindet sich in seiner dekadenten Phase des Niederganges und des Zerfalls und bringt aus sich heraus nur noch mehr Kriege, Unterdrückung, Überwachung, Katastrophen, Elend und Perspektivlosigkeit hervor. Es muss eine neue kommunistische Gesellschaft durch den weltweiten Kampf der internationalen Arbeiterklasse geschaffen werden. Dies wird ein langer Prozess von Kämpfen sein, in die die Krise die Arbeiterklasse hineinzwingt. „ Das Proletariat kämpft nicht, weil es den Kampf liebt, sondern weil es keine andere Wahl hat“(Pannekoek 1912). Im Prozess ihrer Bewusstwerdung muss die Arbeiterklasse begreifen, dass ihre früheren Organisationen, die SPD und die Gewerkschaften, auf die andere Seite gewechselt haben, (siehe ihre Haltung in den Weltkriegen, nicht zuletzt heute, wo sie eine in allen Belangen gegen die Arbeiter gerichtete Politik verfechten).

Die Gewerkschaften waren wichtige Kampforgane in einer Periode des Klassenkampfes, in der die Arbeiterklasse zwar um Verbesserungen, nicht aber um die Macht kämpfte.


Was die Arbeiterklasse braucht, sind zwei Organisationen: Die Räte und die Kommunistische Partei

Die Arbeiter müssen begreifen, dass sie ihre Kämpfe nur autonom, d.h. selbständig und gegen die Gewerkschaften führen können, wollen sie erfolgreich sein. Mit erfolgreich meinen wir nicht nur oder in erster Linie den unmittelbaren finanziellen, materiellen Erfolg oder den Sieg gegen Werksschließungen, sondern vor allem auch das Voranschreiten des Bewusstseins, die Verbreiterung und Vertiefung der gemachten Erfahrung, das Erleben der eigenen Klassenstärke, und den Zusammenschluss, das Erleben der eigenen Kraft mit aller Wut, Enttäuschung, Hoffnung und darin auch enthaltenen Niederlagen...

Sie müssen aus ihren Reihen in Vollversammlungen, die allen Interessierten zugänglich sind, Delegierte und Räte wählen, die kontrolliert, rechenschaftspflichtig und jederzeit abwählbar sind. Diese Räte sind aus der Praxis, der Tat entstanden und sind „nicht nur Organe, die die Arbeiter dazu befähigen, die Produktionsmittel selbst zu verwalten, sondern gleichzeitig die Organe, ihres täglichen Kampfes gegen das Kapital. Die Arbeiterräte bilden die unentbehrliche Bedingung ihrer Herrschaft über die Betriebe und sie sind zugleich das Mittel zu ihrer Eroberung“. In ihnen „kommen Willen und Einsicht der aktiv sich beteiligenden Massen zum Ausdruck“(Cajo Brendel: Anton Pannekoek Freiburg 2001, S.165, 126)

Die Arbeiter können und müssen dabei aus dem reichen Schatz der Erfahrungen der Russischen und Deutschen Revolution, aus dem Kämpfen der polnischen Arbeiterklasse, aber auch aus den jüngsten Kämpfen der französischen Studenten lernen.

Damals wie heute ist es wichtig, die Spaltung in allen Punkten zu überwinden und branchen-, Sparten-, geschlechter-, nationen- und generationsübergreifend zu arbeiten. Nach dem Abflauen der Kämpfe werden sich die Räte wieder vorübergehend auflösen. Sie sind keine Dauereinrichtung, werden sich beim erneuten Aufflackern der Kämpfe aber wieder bilden.

Was die Arbeiterklasse darüber hinaus benötigt, ist eine Partei, die das Ziel des Kommunismus klar benennt und aktiv darum kämpft.
Diese Partei muss internationalistisch und zentralistisch ausgerichtet sein. Sie wird sich nicht kurzfristig, sondern über einen längeren Zeitraum bilden. Es bedarf eines beharrlichen und prinzipienfesten Austausches und der Konferenzen der revolutionären Organisationen, die es heute weltweit gibt. Dieser Zusammenschluss wird sich nicht isoliert oder künstlich aus der Parteifrage ergeben, sondern ein wesentlicher Bestandteil des Austausches zwischen den in den Klassenkämpfen aktiv intervenierenden revolutionären Organisationen/Gruppierungen zu den zentralen Fragen sein:
Krieg und Frieden, historischer Kurs, Staatsfrage, geschichtliche Aufarbeitung der Arbeiterbewegung, Ökologie, revolutionäre Theorie......

Wenn es nicht gelingt, sich zu diesen Fragen ernsthaft an einen Tisch zu setzen, zu beraten und dann mit vereinter Stimme an die Öffentlichkeit zu gehen und zu intervenieren, dann wird sich auch in der Parteifrage nicht wirklich etwas bewegen.

Bei aller gebotenen Geduld: Die Zeit drängt.
Wir grüßen in diesem Sinne jeden ernsthaften Versuch der Klärung, Beratung und des Austausches ausdrücklich und fordern die revolutionären Organisationen und Gruppierungen sowie alle revolutionären Elemente auf, ihre Anstrengungen im Rahmen ihrer Möglichkeiten zu verstärken!

Voraussetzung für eine solche Parteigründung ist aber u.E. die Existenz von Klassenß und Massenkämpfen. Wir halten den Zusammenhang von Klassenkampf --> revolutionärer Organisation --> Partei--> Revolution für gültig. Er spiegelt das wieder, was die Arbeiterklasse ausmacht:ihr Bewusstsein und ihre Einheit. Der Klassenkampf wird, wenn er eine bestimmte Intensität erreicht hat, zur Revolution(C. Brendel: Anton Pannekoek a.a. O.S.53).

Da wir davon ausgehen, dass es keinen Sozialismus in einem Land gibt, sondern die Arbeiter die Kommunistische Gesellschaft nur international errichten können, müssen die verschiedenen Kommunistischen Parteien in einer Kommunistischen Weltpartei zentralistisch vereint sein/werden.
Es geht um nichts weniger als die Geschicke der gesamten Menschheit und deren Fragen:Krieg und Frieden, Versorgung, Medizin, Ökologie... und all diese wesentlichen Fragen konnen nicht lokal, regional oder isoliert gelöst werden. Das heißt, die Partei wird in den jeweiligen Ländern arbeiten, aber international als Weltpartei organisiert sein.

Diese Partei wird anders als früher keine Massenpartei sein, sondern sich aus den bewusstesten Teilen der Arbeiterklasse zusammensetzen. Was diese von anderen Arbeitern unterscheidet, ist die Einsicht in die Bedingungen, den Gang und die allgemeinen Resultate der proletarischen Bewegung vor der übrigen Klasse(Marx). Es ist ihre Aufgabe, zur Bewusstseinsentwicklung der Arbeiterklasse beizutragen, ohne dabei eine Stellvertreterpolitik für die Arbeiter zu machen oder deren Diener zu sein.

Die Arbeiterklasse ist ihr eigener Herr der Geschichte!
Sie wird es aber nur sein können, wenn sie sich ihre Kämpfe autonom mit der Perspektive des Kommunismus vor Augen führt und sich klar abgrenzt vom Staat, vom Parlamentarismus, Demokratie, von allen gewerkschaftlichen Organisationen. Eine Arbeiterpartei, die diese Prinzipien nicht vor Augen hat und lebt, verdient den Namen nicht.

Neben der Aufgabe, den Kapitalismus, seine Handlanger und Ideologien zu entlarven, müssen die heute tätigen revolutionären Organisationen die Geschichte der Arbeiterbewegung aufarbeiten, in den Kämpfen intervenieren, die Trennung von ökonomischen und politischen Kämpfen aufheben und sie mit dem Ziel des Kommunismus verbinden. Es ist ihre Aufgabe, die Organisation zu stärken, and den internationalen Diskussionen und Umgruppierungsprozessen der Revolutionäre aktiv mitzuwirken. Hierbei bedient sie sich der lebendigen Methode des Marxismus.


Welche Möglichkeiten haben wir heute?

Wir müssen unsere isolierte Stellung verlassen, mit anderen Arbeitern dort zusammenkommen, wo sie kämpfen, uns austauschen, international voneinander lernen und die Spaltung bewusst überwinden. Eine Möglichkeit sind Zirkel wie dieser, ein für Interessierte offener Ort, an dem wichtige Fragen besprochen werden können.

Eine weitere Möglichkeit ist der Besuch der öffentlichen Veranstaltungen der verschiedenen revolutionären Gruppen in den verschiedenen Ländern, das Lesen, Korrespondieren und Vergleichen der verschiedenen Positionen und Publikationen.
Wir lernen auf diese Art und Weise, uns selber zu äußern, uns solidarlisch wertschätzend schriftlich oder mündlich zu positionieren und somit einen kleine Beitrag zu leisten bei der Bewusstwerdung der Klasse.


Welche Rolle werden die linken Parteien/Organisationen des Kapitals in den kommenden Kämpfen spielen?

sie werden, so unsere bisherige geschichtliche Erfahrung, eine für die Arbeiterklasse sehr schädliche Rolle spielen, die die Arbeiter in ihrem Bewusstwerdungsprozess zurückzerren bzw. in die Irre führen.
Hinter ihren radikalen Worten von „demokratischem Sozialismus“ u.a. verbirgt sich der Versuch, die Arbeiter in die Irre zu führen, sie zu knebeln und an ihre Organisation(en), diesen Staaten, sein Parlament und diese kapitalistische Gesellschaft zu binden.

Welche Erfahrung haben wir mit der SPD bzw. der SED den Vorläufer der „Die Linke“, gemacht?
Sie sind verantwortlich für das Abschlachten von Millionen Arbeitern und ihren führenden Köpfen. Sie haben die Arbeiter mit sozialistischen Worten auf faschistische Art und Weise unterdrückt und eingesperrt. Müssen wir diese Erfahrung erneut machen? Wir denken nicht.

Können wir uns parlamentarisch, demokratisch an solche Parteien binden, oder auch nur mit ihnen in verheerender Volksfrontmanier oder in Aktionsbündnissen zusammenarbeiten, auch nach dem so genannten Linksruck, den manche der SPD bescheinigen, mit jenen Parteien, die für ein System der Ausbeutung, der Unterdrückung und des Kriegs stehen? Wohl nicht.

Können wir etwa jenen Kräften trauen oder uns mit ihnen „kritisch“ verbünden, die uns versuchen, an die Gewerkschaften zu binden, jene Gewerkschaften, die selber einer der Hauptverfechter dieses Ausbeutungssystems sind, die nichts unversucht lassen, um die Arbeiter von ihrem selbständigen Kampf und ihrer Bewusstwerdung abzubringen.

Der Kampf der Arbeiter muss ihr eigener Kampf sein.
Sie müssen sich untereinander zusammenschließen, austauschen, schauen, was gibt es heute an revolutionären Organisationen, sich mit diesen kritisch austauschen und sich mit ihnen zusammenschließen. Schritt für Schritt, von der Klasse an sich zur Klasse für sich, im Kampf gegen die Abwälzung der Krise auf ihren Schultern. Eine andere Chance haben wir nicht.

In diesem Sinne wünschen wir allen eine lebendige, solidarische, in die Tiefe gehende und nach vorne gerichtete Diskussion.

Bemisch




Weiterführende Literatur:

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