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Politischer Diskussionszirkel Rheinland

Referat zum Thema:

Erziehung und Kommunismus


Diskussionszirkel am 20.12.08

Erziehung ist Beispiel und Liebe, sonst nichts.
- Friedrich Fröbel

Jede menschliche gesunde Gesellschaft hat die Aufgabe, ihr Weiterbestehen zu sichern (oder sollte es haben). Dies geschieht durch die optimale Teilnahme aller Mitglieder der Gemeinschaft – jeder gibt, was er kann und bekommt, was er braucht. So ist gewährleistet, dass sich die Fähigkeiten der einzelnen durch gegenseitige geistige und soziale Befruchtung potenzieren (das Ganze ist mehr als die Summe der einzelnen) und dass sich die Gattung der Umwelt anpassen kann – was die Bedingung für das Überleben allen Lebens ist.

Das Zusammenspiel der Generation spielt dabei eine wesentliche Rolle. Die Jüngeren bringen ihre Neugier und ihren Enthusiasmus, die Mittleren ihre Kraft, ihr Wissen und ihr Können, die Älteren ihre Lebensweisheit und ihre Erfahrung. Alle sind gleichberechtigt und gleich unerlässlich für das Ganze. Keine Generation kann ohne die anderen ihren Beitrag leisten. Alle leben mit und voneinander.

Deshalb hat jede menschliche Gesellschaft (im Tierreich ebenso) die Verantwortung, für die Mitglieder der verschiedenen Generationen bestens zu sorgen.

Die Gemeinschaft hat die Aufgabe, das Heranwachsen und die Entwicklung der Kinder und Jugendlichen zu sichern und zu fördern. Das ist die Grundlage der Erziehung.

Die Kindheit als vollwertiger Lebensabschnitt

Darum liebe ich die Kinder, weil sie die Welt und sich selbst noch im schönen Zauberspiegel ihrer Phantasie sehen.(Theodor Storm)

Die Kindheit ist nicht lediglich eine Zwischenstufe zum Erwachsenenwerden. Sie ist wie jede Lebensphase in sich vollständig und wertvoll.
Kinder haben ihren eigenen Blick auf die Welt, die Menschen, die Dinge, sie sie umgeben. Sie fordern uns dadurch heraus, unsere Ansichten zu überprüfen und überdenken.
Kinder haben ihre eigene Logik, die alles auf den Kopf stellt, alles neu entdeckt und neu erklärt.
Was uns selbstverständlich erscheint, ist für sie neu. Ihre Neugier ist grenzenlos, ihre Lust zu erforschen, zu entdecken steckt in all ihren Handlungen.
Kinder lernen von uns und lehren uns, von ihnen und mit ihnen zu lernen.
Diese Sicht auf die Kindheit – so selbstverständlich sie scheinen mag – ist in den Klassengesellschaften verloren gegangen. Seit Jahrhunderten werden Kinder und die Kindheit weder ernst genommen, noch wirklich anerkannt (abgesehen von einigen genialen Denkern wie Rousseau) – auch der „aufgeklärte“ Kapitalismus hat nichts Enstcheidendes daran geändert.

Was braucht ein Kind?

"Erzähle mir und ich vergesse.
Zeige mir und ich erinnere.
Lass es mich tun und ich verstehe."
(Konfuzius)

Wenn ein Kind auf die Welt kommt und heranwächst, sorgt die Gemeinschaft für seine bestmögliche Entfaltung in allen wesentlichen Bereichen:

Seinen Platz in der Gemeinschaft


Sein körperliches Gedeihen
Sein seelisches/psychisches Gedeihen
Die Entfaltung und Verwirklichung seiner Talente und Neigungen

Um das in vollem Umfang zu leisten, braucht es eine gesunde, Menschen achtende Gemeinschaft, wie man sie in primitiven Gesellschaftsformen oder im Kommunismus findet.

Die Rolle der Erwachsenen

Das Kind braucht Menschen, die es begleiten und unterstützen und die ihm sowohl Freiheit lassen als ihm auch den Weg zeigen.

Gerade das ist besonders wichtig und wird heute von Eltern oft vernachlässigt: viele überlassen z.B. den Kindern die Entscheidungen und überfordern sie damit. Denn Kinder können es einfach noch nicht wissen – ihnen fehlt die Lebenserfahrung. Sie können entscheiden, ob sie lieber Wurst oder Käse auf ihre Schnitte möchten (das liegt in ihrem Erfahrungsbereich). Sie können nicht entscheiden, ob sie auf diese oder jene Schule gehen möchten – denn die Erfahrung dessen, was sie erwartet, haben sie nicht. Ihre Entscheidung wird dementsprechend nach Kriterien gefällt, die eben ihrer Denkart entsprechen, die objektiv aber nicht haltbar sind. Die Erfahrung nicht nur der Eltern oder Erzieher, sondern die geballte Erfahrung von Generationen ist das, was Kindern hilft, sich sicher im Leben zu bewegen.

Das alles muss mit Behutsamkeit und Liebe geschehen. Heute ist leider die Verbindung zu den älteren Generationen derart abgeschnitten, dass auch die Eltern selbst nicht mehr wissen, was in der Erziehung ihrer Kinder wichtig ist. Keiner hat es ihnen beigebracht, keiner unterstützt sie dabei.

Kinder müssen bis ins Erwachsenenalter entsprechend ihres jeweiligen Alters begleitet werden. Sie dürfen sich nicht selbst überlassen werden – denn diese für sie neue, unheimliche Welt nimmt dann beängstigende Formen an und dies führt letztendlich zu Verhaltensstörungen.

Erwachsene werden aber letztendlich Kinder erst dann wirklich begleiten können, wenn wieder einer menschliche Gemeinschaft möglich ist. Solange die Menschen voneinander isoliert und atomisiert sind – also im Kapitalismus – werden die Kinder mehr oder weniger auch allein sein.

Erziehung im Kapitalismus

Der Mensch ist im Kapitalismus dem Produktionsprozess unterworfen – als Arbeiter, der seine Arbeitskraft verkauft. Die Vermehrung des Profits bestimmt alle Zusammenhänge und ersetzt jede Moral.

Der Zweck der Erziehung ist somit nicht die Entfaltung des Kindes – trotz aller Reden von sog. Bildungsverantwortlichen. Kinder und Jugendliche sind nur als zukünftige Arbeitskräfte (oder auch Erben) relevant.

Der Kapitalismus missbraucht die Kinder seelisch, körperlich und sozial – ebenso auch die Eltern, die oft genug allein gelassen werden und überfordert sind, Die Liebe der Eltern zu ihren Kindern verkommt in Leistungsdruck und Angst um die Zukunft des Kindes oder aber sehen die Eltern aufgrund ihrer Armut ihre Kinder als Einkommensquelle.

Die zunehmende Unfähigkeit des Kapitalismus, Kinder und Jugendliche zu erziehen und zu versorgen, ist ein Ausdruck der Verarmung der Gesellschaft. Armut ist nicht nur eine Frage des Geldes, sondern zeigt sich auch in der (Un-)fähigkeit, für die Kinder und die älteren Menschen zu sorgen. Die zunehmende Gewaltbereitschaft, der Alkohol-, Fernseh- und Drogenkonsum, die „Party- und Feier“-Generation – all das zeigt, wie verloren und haltlos die Jugend ist. Die Jugendlichen, die heute brutal und aggressiv sind, sind nichts als verletzte Kinde, die weder Liebe noch Einfühlungsvermögen erfahren haben – seelische Krüppel.

Das vollständige Scheitern des Kapitalismus zeigt sich natürlich auch in der Erziehung. Nicht einmal im Sinne des Kapitalismus (Kinder als zukünftige Arbeitskräfte auszubilden) funktioniert es: immer mehr Jugendlichen sind eigentliche Analphabeten – gesundheitliche Beeinträchtigungen nehmen zu (Übergewicht, Gehörschäden, Verringerung der Hirntätigkeit aufgrund von zu frühem Fernsehen etc.) – das Sozialverhalten ist zum Teil nicht vorhanden – viele Jugendliche beherrschen nicht einmal das Sprechen.

Es gibt dennoch Lichtblicke – die Jugend fängt an sich zu wehren, nachzudenken, zu diskutieren und ihr Recht auf ein menschenwürdiges Leben einzuklagen – die Jugend von heute muss und wird die Revolution durchführen, denn sie ist nicht bereit, sich für die Interessen des Kapitals aufzugeben.

Auch im Bereich Erziehung/Pädagogik gibt es viel Interessantes, denn das Scheitern der kapitalistischen Erziehung wird immer klarer – auch in diesem Bereich kündigt sich die kommende Revolution an (in dem Sinne, dass es Vorreitergedanken gibt, die nach der Revolution aufgegriffen werden können).

Brauchen Kinder Schule?
Was man einem Kind beibringt, kann es nicht mehr selber entdecken. Aber nur das, was es selber entdeckt, verbessert seine Fähigkeit, Probleme zu verstehen und zu lösen. (Jean Piaget )
Die Einführung der Schulpflicht und der Vorschule in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entsprach
1) der Notwendigkeit einer besseren Bildung der Arbeiter für die zunehmende Technisierung der Produktion
2) der Notwendigkeit, dass Mütter von der Erziehung der Kinder entlastet werden, damit sie ihre Arbeitskraft verkaufen können Kinder, die ab dem 8. Lebensjahr oft in die Manufakturen mussten, einen Grundstock an Wissen (lesen, schreiben) erwerben

Von da an nimmt der Staat Einfluss auf die Erziehung – nicht im Sinne einer Gemeinschaft, sondern im Sinne der Entfremdung und Entmenschlichung.

Die im Kapitalismus notwendige Arbeitsteilung wird auch auf die Bildung der Kinder übertragen. Während bis dahin die Kinder mehr oder weniger beaufsichtigt sich in freier Wildbahn entwickeln konnten, werden sie nach und nach in spezielle Institutionen gesteckt, die sich Schulen, Vorschulen oder Kindergärten nennen. Speziell ausgebildete Leute sollen ihnen alles beibringen, was sie für ihr späteres (Berufs)leben brauchen.

Dies bringt eine ganze Reihe von Widersprüchen mit sich, die hier kurz genannt werden:
- Schule entfremdet sich vom wirklichenn Leben und erreicht dadurch die Kinder nur wenig (es ist untersucht worden, dass am Ende der Schulzeit eine Jugendlicher 20% seines Wissens/Könnens in der Schule erworben hat und 80% außerhalb). Krampfhaft sollen Pädagogen versuchen, alles was das wirkliche Leben und die Natur ausmacht, künstlich wieder in die Schule/Vorschule einzuführen – das ist weitgehend zum Scheitern verurteilt
- Die Spezialisierung auf einige Bereicche zum Zwecke der Berufsausbildung und die Vernachlässigung vieler anderer ist wenig geeignet – wie in allen anderen Bereichen (z.B. Medizin) kann der Kapitalismus seine eigenen Widersprüche nicht lösen (umfassende Bildung wieder immer wichtiger, ist aber nicht zu leisten)
- Weitgehend herrscht die Praxis des  žEintrichterns“, die Auffassung, dass man Kindern (oder Menschen überhaupt) Wissen vermitteln könnte. Ohne hier auf die Einzelheiten einzugehen, sei auf die Neurobiologie hingewiesen, die anschaulich erklärt, dass jeder Mensch sich sein Wissen selbst aneignen muss – man kann das Wissen von anderen nicht übernehmen, man schafft es für sich von Neuem (Siehe auch interessante Reformpädagogen wie Maria Montessori oder die Loris Malaguzzi)
- Die berufliche Ausübung der Erziehunng ist ebenso von Entfremdung behaftet wie andere Berufe. Der Lehrer/Erzieher verliert zunehmend den Bezug zu den Kindern, da er letztendlich vor allem seine Arbeitskraft verkaufen muss.
- Lernen ist das Lebenselixier der Kindder – nichts tun sie so gern wie lernen. Denn sie wollen ihre Neugier befriedigen und Antworten auf ihre vielen Fragen finden. Dafür brauchen sie keine Noten. In der Schule lernen die Kinder aber vor allem das Lernen zu verteufeln – denn lernen wird mit Zwang und Druck gleichgesetzt. Auch in diesem Sinne versagt der Kapitalismus.

Lernen ist wichtig – aber die Schule ist der ungeeignetste Ort des Lernens. Es wird im Kommunismus keine Schule mehr geben und auch keine Lehrer oder Erzieher, sondern eine gesamte Atmosphäre des Lernens, die der Vielfalt der menschlichen Begabungen und Interessen gerecht sein wird.

Wer ist für die Erziehung zuständig?

Um ein Kind zu erziehen, braucht man ein ganzes Dorf. (Afrikanisches Sprichwort)

Im Kapitalismus ist der Staat vor allem für die Erziehung zuständig. Obwohl die Mütter und Väter offiziell als die „naturgegebenen“ Verantwortlichen angesehen werden, verhält es sich ganz anderes.
Elternsein wird im Kapitalismus verunstaltet: keine Zeit, kein Geld, Konkurrenzdenken, alleingelassen und überfordert bis hin zur Gewaltanwendung und Kindestötung, zu große Verantwortung – die Freude an den eigenen Kindern wird oft überschattet.
Elternsein bedeutet im Kapitalismus oft vor allem Sorgen und Angst um die Kinder: um die Schulnoten, um die Ausbildung, um die Unfallgefahren, um die „schlechten“ Freunde, um den Verlust des Kontaktes zu den Jugendlichen etc.

Im Kommunismus haben Mütter und Väter endlich die Möglichkeit, entspannt und mit Freude ihre Kinder aufwachsen zu sehen.
- Sie stehen nicht allein, sondern diee ganze Gemeinschaft achtet auf die Kinder
- Sie sind nicht speziell verantwortlicch und zuständig – alle leisten ihren Beitrag durch die Erledigung verschiedener Aufgaben (Organisation der Mahlzeiten z.B.)
- Die Kinder sind mit anderen Kindern uund Jugendlichen und bringen sich allerlei bei – üppige Bibliotheken, Labors, Kunsträume etc., die der Gemeinschaft zur Verfügung stehen, regen die Kinder an, ihre Neugier und ihr Horizont zu erweitern - man muss sie nicht dazu anhalten, es ist ihnen ein inneres Bedürfnis. Lernen ist ohnehin das Recht aller Menschen von jung bis alt.

Es gäbe selbstverständlich noch vieles zu sagen und zu vertiefen – aber das ist Aufgabe der Diskussionsrunde. Dieser Text soll lediglich Gedanken zu dem Thema anregen. Viel Spaß beim Lesen.

Dez. 08

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