Ein Gentleman sagt leise „good bye!“


Charlton Heston wird 80




     Nur noch gelegentlich erfährt man etwas Neues über Charlton Heston. Er leidet, wie er am 9. August 2002 in einer bewegenden Ansprache (Übersetzung der Ansprache) bekannt gegeben hat, an der tückischen Alzheimer-Krankheit. Zuletzt war er kurz im Fernsehen zu sehen, als ihm am 23. Juli 2003 eine hohe Ehre zuteil wurde: kein geringerer als Präsident Bush höchstpersönlich verlieh ihm die „Presidential Medal of Freedom“. Gewürdigt wurde mit dieser Auszeichnung ein vielschichtiges Lebenswerk, das vielen Menschen geholfen hat und noch mehr Menschen viel Freude bereitet hat.

Gerade an einem runden Geburtstag darf man nicht verschweigen, dass Charlton Hestons Leistungen nicht unumstritten sind. Tatsache ist, dass in letzter Zeit die Kritik an seinen Aktivitäten zugenommen hat. Ein aussagekräftiges Beispiel für die Art und Weise, wie man heute mit ihm umgeht, findet sich in Michael Moores Film „Bowling for Columbine“. Man kann zu Moores Thesen stehen wie man will, sein „Interview“ mit Charlton Heston ist alles andere als anständig. Er hat sich hinterhältig in das Vertrauen des alten Mannes eingeschlichen und hat dann versucht ihn bloßzustellen. Solche rabiaten Methoden dienen weniger der Wahrheitsfindung als vielmehr der Selbstdarstellung des Autors, der sich wie ein „Drachentöter“ vorgekommen sein muss. Über Charlton Hestons Engagement für die National Rifle Association (NRA) ist man naturgemäß geteilter Meinung – aber ihm unlautere Beweggründe zu unterstellen und sogar über eine Mitschuld an Schießereien zu spekulieren, ist unsachlich und ungerecht.

            Charlton Heston ist vor allem für seine Filme bekannt; er ist einer der letzten großen Stars, die Hollywood in seiner Glanzzeit hervorgebracht hat. Jedoch verdient auch sein schriftstellerisches Oeuvre Beachtung. Wer seinen Einsatz für die National Rifle Association besser begreifen will, wird in seinem Buch „The Courage to Be Free“ (2000) diverse Texte finden, die die relevanten Sachverhalte in klarer und allgemein verständlicher Sprache veranschaulichen. Wer sich für den Menschen Charlton Heston interessiert, wird bestimmt die autobiographischen Publikationen gerne lesen, von denen (bezeichnenderweise?) keine ins Deutsche übersetzt worden ist. Neben Auszügen aus seinen persönlichen Tagebüchern, erschienen 1978 in „The Actor’s Life“, und der umfangreichen Autobiographie „In the Arena“ (1995) ist auch das Bändchen „To Be a Man – Letters to my Grandson“ (1997) sehr zu empfehlen. Es ist vielleicht nicht jedem bekannt, dass Charlton Heston in seiner Freizeit gerne und viel zeichnet. Einige Kostproben seiner auch auf diesem Gebiet beachtlichen Kunst sind in „Charlton Heston’s Hollywood – fifty years in American film“ abgedruckt, einem Band, der in Zusammenarbeit mit Jean-Pierre Isbouts 1998 erschienen ist.

            Charlton Hestons filmische Projekte sind ja hinlänglich besprochen, kritisiert und somit auch verbreitet worden. Vieles, was ihn ausmacht, wird jedoch nicht an die große Glocke gehängt. Wohltätigkeit ist für Charlton Heston nicht nur eine Geste, sonder vielmehr ein Privileg. Abseits vom Hollywood-Rummel hat er stets ein offenes Ohr für die Nöte bedürftiger Mitmenschen und steht ihnen mit Rat und Tat bei. Während seiner langjährigen Tätigkeit an der Spitze der Screen Actors Guild kümmerte er sich auf vortreffliche Weise um die Belange seiner Kollegen. In Vorträgen und Briefen hat er seine Zeitgenossen stets zu Zivilcourage ermuntert. Im Gegensatz zu manchen seiner jüngeren Kollegen hat Charlton Heston stets genau gewusst, was er seinem Publikum schuldig ist: zwischen 1956 und 1971 hat er in regelmäßigen Abständen „Newsletters“ verfasst und an seine Fans gesendet, damit sie über den Verlauf seiner Karriere im Bilde waren. Auf die Flut von Zuschriften, die ihn erreicht haben, hat er – im Rahmen des Möglichen – bereitwillig geantwortet. Da es, nach seiner eigenen Aussage, für einen Schauspieler keinen größeren Verlust geben kann, als den Verlust seines Publikums, wollte er seinen Freunden, Kollegen und Fans seine Erkrankung nicht vorenthalten.

            Am 4. Oktober 2003 vollendet Charlton Heston sein 80. Lebensjahr. Wir wünschen ihm alles Gute, trotz der schwierigen Lage, in der er sich momentan befindet.