12. Bedeutung von sekundären Inhaltsstoffen bei den untersuchten Asteraceae

Die folgende Darstellung sekundärer Inhaltsstoffe ist an FROHNE u. JENSEN (1992) angelehnt. Die Compositen (Asteraceae) sind eine artenreiche Pflanzenfamilie mit bemerkenswerter ökologischer Plastizität. Morphologisch ist die Familie durch eine Reihe von abgeleiteten Merkmalen gekennzeichnet. Chemisch sind die Asteraceae durch eine Anhäufung von - bisher über 700 bekannten - Polyacetylen-(Polyin)-Verbindungen charakterisiert. So wurden inzwischen etwa 7000 chemische Verbindungen von etwa 5000 der ca. 25000 Compositen-Arten isoliert und identifiziert. In dieser Hinsicht sind die "Korbblütler" eine der am besten untersuchten Familien. Die systematische Gliederung der Familie, die lange Zeit umstritten war, konnte jüngst durch unabhängig voneinander durchgeführte molekulare, morphologische und chemische Merkmalsvergleiche überarbeitet werden. Zwischen den beiden Unterfamilien der Lactucoideae und Asteroideae gibt es beträchtliche Unterschiede bei den sekundären Inhaltsstoffen.

Zur Unterfamilie der Lactucoideae gehören Vertreter entweder nur mit Zungenblüten oder nur mit Röhrenblüten. Ihr Hauptrespons gegenüber Herbivoren ist ein Milchsaft mit repellent wirksamen Bestandteilen und ihr distelartiger Habitus. Obgleich die meisten Stoffklassen sekundärer Verbindungen in dieser Unterfamilie vorkommen, erscheinen die Vertreter der Lactucoideae als ärmlich im Vergleich zur Fülle der Verbindungen bei den Asteroideae.

Die in der vorliegenden Untersuchung hauptsächlich bearbeiteten Cardueae (dazu zählen die Gattungen Centaurea, Carduus und Cirsium) enthalten verschiedene Polyine und Sequiterpenlactone.

Zur Unterfamilie der Asteroideae gehören Vertreter mit einlippigen Zungenblüten als strahlende Randblüten und zentralen Röhrenblüten. Bei dieser Gruppe gibt es eine Vielzahl von Stoffen, die als Repellentien wirksam sein können, z.B.: Sesquiterpenlactone, Polyine unterschiedlichster Struktur, ungesättigte Amide, Diterpene, p-Hydroxy-acetophenone und die davon abgeleiteten Chromene (=Benzofurane und -pyrane), Cumarine und andere Phenylpropane.

Die große Gruppe der Polyine (=Polyacetylenverbindungen) leitet sich von der Ölsäure (C18)ab. Manche dieser Polyine haben eine fungizide und bakterizide Wirkung. Einige insektizide Polyine entfalten ihre Wirkung erst unter UV-Licht.

Sesquiterpenlactone finden sich vor allem in Blättern und Blüten und wirken wegen ihres Bittergeschmackes als Schutzstoffe gegen pflanzenfressende Tiere. Daneben können diese Stoffe auch cytotoxisch, antiphlogistisch (entzündungshemmend), anthelminthisch, bacterizid und allergen wirken. Die in der Volksheilmedizin als Einreibemittel verwendete Arnica montana gehört hierzu.

Chromene (Benzopyrane) wurden von ISMAN et.al. (1987) darauf getestet inwieweit sie auf die Larvalentwicklung von Peridroma saucia (Lep.: Noctuidae) wirken. Die Autoren konnten eine signifikante Unterdrückung des Larvenwachstums nachweisen und die LD50 Dosen ermitteln.

Aus neueren Untersuchungen geht hervor, daß sogar innerhalb einer Art die chemische Variabilität groß sein kann. So gibt es beispielsweise bei Achillea millefolium agg. sowohl azulenogene und nichtazulenogene Pflanzen (FOHNE u. JENSEN, 1992).

In HEGENAUER (1964) finden sich Hinweise auf sekundäre Inhaltsstoffe von Centaurea scabiosa, Carlina acaulis und Cirsium arvense. Vereinzelte Hinweise auf Toxine, Repellentien, Attractantien und Phagostimulantien auf meist ausländischen Compositen findet man auch in BELL (1987).

Pyrethrine wirken insektizid. Diese Inhaltsstoffe werden aus verschiedenen Chrysanthemum spp., die v.a. in Kenia und Tansania angebaut werden, gewonnen. Ihr Einsatz als Ersatz für synthetische Insektizide ist in letzter Zeit wegen ihrer allergenen Wirkung umstritten (SPEICHERT, 1989).

Zusammenfassend kann festgestellt werden, daß es in den im UG bearbeiteten Asteraceae-Arten eine Vielzahl von sekundären Inhaltsstoffen gibt, die aber gegen die aufgetretenen Insekten nur geringe Wirkung haben. Die Tatsache, daß es relativ wenige monophage oder systematisch oligophage Insekten auf Compositen gibt, hängt wohl eher damit zusammen, daß die Asteraceae in der Evolution noch eine recht junge Gruppe sind.


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(c) Manfred Pfeifer