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Zitat von Anais Nin's Delta der Venus:
Eine nervöse Unruhe hatte sich Lindas bemächtigt. Der Tag kam, da André zehn Tage verreisen musste. Ein Bekannter rief sie an, ein Freund von
André, der Modemacher von Paris und Liebling aller Frauen. Er sagte: "Langweilst du dich denn nicht, Linda? Willst du zu uns kommen? Wir geben eine unserer speziellen Parties. Hast du eine
Maske?" Linda wusste, worauf er anspielte, denn sie und André hatten sich oft über Jacques' Parties im Bois de Boulogne amüsiert...Die Versuchung war gross, denn Linda hatte niemals eine dieser
Parties mitgemacht. André war dagegen gewesen und hatte beiläufig erklrt, die Sache mit der Maskierung gefiele ihm nicht, denn er könnte aus Versehen die falsche Frau erwischen. Linda beschloss, die
Einladung anzunehmen...Sie trug keine Unterwäsche und auch keinen Schmuck, der sie hätte verraten können...Dann band sie sich eine schwarze Maske vor und steckte sich vorsichtshalber das Gummiband mit
einer Haarnadel fest...Dort, wo der Wald am dichtesten war, befand sich eine ideale, moosige Lichtung. Dort liess man sich nieder, schickte die Fahrer weg, und die Champagnerkorken knallten. In den
überfllten Autos, hatten sich die Gäste bereits angeheizt. Die Masken verschafften selbst den vornehmsten und zurückhaltendsten unter ihnen die Illusion der Freiheit, denn sie benahmen sich wie hungrige
Bestien. Hände fuhren unter eleganten Roben und fassten an, was sie berühren wollten, Knie kämpften miteinander, der Atem ging schneller. Zwei Männer hatten es auf Linda abgesehen: Der eine gab sich
grosse Mühe, sie durch Küsse auf Mund und Brüste scharf zu machen. Der andere hatte mehr Erfolg, denn er verstand es gut, unter ihrem langen Kleid die Beine zu streicheln. Als er merkte, wie ihre
Erregung stieg, wollte er sie ins Dunkel schleppen...Sie liess sich von der Gruppe wegführen...In der Nähe erklang die Stimme einer Frau: "Mach's mir, mach's mir, ich kann nicht länger warten,
mach's mir, mach's mir!" Die Orgie war in vollem Gange. Frauen liebkosten einander. Zwei Männer kitzelten ein Frau, bis sie fast den Verstand verlor. Dann hörten sie auf, nur um sich an ihrem
Anblick zu weiden. Ihr Kleid war verrutscht, ein Träger abgerissen, eine Brust entblösst. Verzweifelt versuchte sie, sich zu befriedigen,. Mit einer obszönen Geste presste sie sich gegen die beiden
Männer und rieb sich an ihnen. Linda war verblüfft ber die Wildheit ihres Angreifers. Sie, die bisher nur die wollüstigen Zärtlichkeiten ihres Ehemannes erfahren hatte, befand sich im Griff von etwas
ungleich Mächtigerem, einer Begierde, die so ungestüm war, dass sie sie verzehrte... Seine Hände hatten sich wie Klauen in ihr Fleischgegraben, er hatte ihren Schoss seinem Schwanz entgegengehoben, als
wäre es ihm gleich, ob er ihr dabei die Knochen brach. Wie ein Bock stiess er zu, es war wie ein Horn in ihr, wie ein Aufspiessen, das aber nicht weh tat, sondern sie herausforderte, Gleiches mit
Gleichem zu vergelten...Er stachelte sie an, ihren Heisshunger an ihm zu stillen. Sie fühlte es kaum, als sie ihre Zähne in sein Fleisch schlug. Er stöhnte ihr ins Ohr: "Weiter, mach weiter, ich
kenne euch Frauen, ihr lasst euch niemals richtig gehen, um einen Mann so zu nehmen, wie ihr es wollt." In bisher ungeahnten Tiefen, ja im Kern ihres Wesens loderte ein Feuer, das sich nicht löschen
liess, dem Mund und Zunge des anderen nicht genügten, auch nicht der Schwanz, der in ihr war. Es war ein Fieber, das selbst ein Orgasmus nicht linderte. Sie spürte seine Zähne, die sich in ihre Schulter
vergraben hatten, sie biss ihn in die Kehle. Dann sank sie zurück und verlos die Besinnung. Als sie wieder erwachte, befand sie sich auf einem Messingbett in einem ärmlichen Zimmer. Neben ihr schlief ein
Mann. Sie erkannte den Körper, der sie in der Nacht im Bois fast vergewaltigt hatte. Es war der Körper eines Athleten. Während sie voller Bewunderung auf ihn herabblickte, schlug er die Augen auf und
lächelte. "Ich konnte dich einfach nicht wieder mit den anderen zurückgehen lassen", sagte er. "Wer weiss, ob ich dich jemals wiedergesehen hätte." "Wie hast du mich
hierhergebracht?" "Ich habe dich gestohlen." Und wo sind wir?" "In einem armseligen Hotel. Ich wohne hier." "Gestern abend, als ich von der Arbeit kam, hörte ich wieder
die Stimmen. Ich beobachtete, wie dieser Mann dich küsste. Da habe ich dich ihm einfach ausgespannt. Nun bist du hier, bei mir. Es ist gut möglich, dass du Unannehmlichkeiten haben wirst, aber ich konnte
nicht einfach aufgeben. Du bist eine richtige Frau. Die anderen waren nur Attrappen im Vergleich zu dir. In dir lodert ein Feuer." "Ich muss jetzt gehen", sagte Linda. "Aber nicht,
ehe du mir versprichst, wiederzukommen."
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