Wehr dich, wenn du kannst - Teil 1
by Tia



Die Passagiere des überfüllten Busses begannen fast augenblicklich auf den Ausgang zuzudrängeln, als er anhielt. Thomas Slater und sein Vater drängelten so gut mit wie sie konnten, aber sie wurden trotzdem immer wieder zurückgeschoben. Thomas war zu überrascht und zu müde, um laut vor sich hin zu fluchen, denn in England, wo sie herkamen, standen alle immer eine Reihe und niemand drängelte sich vor, ausser den Touristen. Aber nach einem fast zehnstündigen Flug war ihm das eigentlich auch egal.
Sie kamen ohne Probleme durch die Passkontrolle, liessen ihr Gepäck kontrollieren und gingen in einen grossen Raum, wo sie auf einen gewissen Professor Dirkhoff warten sollten, der von Thomas schon lange vor der Reise den Namen 'Dickkopf' erhalten hatte.
Sein Vater war auch Professor und traf sich hier mit diesem Dickkopf und noch vielen anderen, um zu diskutieren, warum eins und eins zwei gab und auf gar keinen Fall drei.
Seit dem Tod von Thomas' Mutter vor drei Jahren nahm ihn sein Vater auf alle solche Kongresse mit, auch wenn Thomas immer wieder beteuerte, dass er langsam alt genug war, um ein paar Tage alleine zu Hause zu bleiben. Aber sein Vater antwortete darauf immer: "Diese paar Tage sind mehr als eine Woche und du geht noch zur Schule und bist noch nicht volljährig, und vor allem noch nicht reif genug, um solange alleine zu Hause zu bleiben."
Sie beiden wussten, dass das Schwachsinn war, aber Thomas gab trotzdem immer nach und fügte sich seinem Vater.
Klar, natürlich ging er auch gerne mit auf solche Reisen, so dass er mit seinen knappen achtzehn Jahren schon in so vielen Ländern gewesen war, wie andere in ihrem ganzen Leben nicht besuchen würden. Aber es war auch ziemlich lästig, vor allem darum, weil er in dieser Zeit sein Jurastudium verpasste.
Sein Vater redete während des ganzen Aufenthalts nur mit diesen anderen Professoren und Thomas interessierte Mathematik kein bisschen, auch wenn es sein Vater sehr gerne sehen würde.
Bei dieser Reise erlaubte sein Vater ihm nicht einmal, ein bisschen durch Washington zu spazieren, denn die Stadt sei viel zu gross und man könne sich ohne Probleme verirren und die Gewaltenrate sei ziemlich gross, vor allem die Entführung und Morde.
Thomas wusste genau, dass das nicht alles ganz der Wahrheit entsprach, aber er fügte sich, wie immer. Er wollte keinen Stress mit seinem Vater, denn er hatte nur noch ihn.
Seit dem Tod seiner Mutter hatten sie genau zweimal richtigen Streit gehabt und diese Erlebnisse hatten ihm gezeigt, dass man Probleme nicht mit Streiten lösen konnten.
Na ja, jetzt war er auf jeden Fall wieder einmal nicht in der Uni, sondern war mit seinem Vater nach Washington geflogen, wo er fast im Stehen einschlief und hoffte, dass diese Dirkhoff endlich kam und sie endlich zu ihrem Hotel brachte, damit er endlich schlafen konnte.
Sie setzten sich in der überfüllten Halle auf einen Stuhl in der Nähe des Eingangs, damit sie Dirkhoff kommen sahen. Thomas selbst hatte ihn noch nie gesehen, aber sein Vater war ihm schon ein paar Mal begegnet. Er hatte ihn ihm als einen aufgestellten und interessierten jungen Mann beschrieben, mit dem er sich sicher gut würde.
Thomas war pessimistisch geblieben und hatte 'abwarten' gesagt, aber unterdessen war es ihm egal, ob er sich mit ihm verstehen würde oder nicht, solange er nur bald kommen würde, um sie abzuholen.
Jetzt sass er also auf seinem Sessel, verstand kein Wort von den Lautsprechern, wenn sie jemanden oder etwas aufriefen, weil er viel zu sehr damit beschäftigt war, nicht gleich einzuschlafen.
Er beschäftigte sich mit seinem Gameboy, bis sein Vater ihn anstiess und sagte: "Er ist da."
Gähnend stand er auf und folgte ihm zu einem wirklich ziemlich jungen Mann, jedenfalls jung für einen Professor, der ein angenehmes Lächeln hatte.
Zuerst wandte er sich in einer fremden Sprache an seinen Vater und streckte ihm dann die Hand hin.
"Freut mich, dich kennenzulernen, Thomas."
Thomas nahm seine Hand und nickte nur.
"Ich denke, ihr seid ziemlich müde vom langen Flug. Am besten, ich bringe euch jetzt zum Hotel, damit ihr bis zum Abend wieder fit seid."
Er nahm Thomas ein Gepäckstück ab und führte sie zu seinem Auto. Sie machten einen Umweg zum Weissen Haus, aber Thomas war zu müde, um das auch noch anzuschauen. Er hatte sicher später einmal noch Gelegenheit, um es anzuschauen.
Sie holten an der Rezeption des Vier-Sterne-Hotels ihren Schlüssel ab und gingen zu ihrem Zimmer.
"Ich hole euch dann etwa um sieben Uhr ab."
Er nickte ihnen zum Abschied zu und verschwand im Flur. Thomas' Vater warf ihr Gepäck auf den Boden und ging zuerst ins Badezimmer, um sich die Müdigkeit aus dem Gesicht zu waschen. Thomas setzte sich seufzend in einen Sessel und studierte das Fernsehgerät. Er hatte von Kollegen, die schon in Amerika waren, gehört, dass es hier über siebzig verschiedene Fernsehprogramme gab. Er hatte ihnen nicht geglaubt und stellte jetzt auch fest, dass es kaum über zwanzig waren, so viele wie er in England auch empfing. Aber er hatte keine Zeit mehr, um sich über die Angeberei seiner Freunde zu nerven, denn der Sessel war so bequem, dass er in ihm fast augenblicklich einschlief und nicht merkte, wie sein Vater über ihn eine Decke legte und sich ebenfalls schlafen legte.
 

Zwei Stunden später rasselte der Wecker los, den Thomas' Vater gestellt hatte und liess Thomas auffahren. Er atmet flach und schnell und fragte sich, was passiert war. Er erinnerte sich schnell wieder und beruhigte sich langsam. Sein Vater lag noch immer auf dem Bett und atmete langsam und gleichmässig. Er schlief noch immer und war nicht von diesem abscheulichen Geräusch geweckt worden.
Seufzend richtete sich Thomas auf und ging ins Badezimmer, um sich zu waschen. Er liess das kalte Wasser über das Gesicht laufen und betrachtete sich im Spiegel. Er sah aus wie ein nasser Pudel, ein sehr müder, nasser Pudel. Bei diesem Gedanken musste er lächeln und trocknete sich wieder ab. Sorgfältig strählte er sich die Haare und rasierte sich, damit die anderen Professoren keinen schlechten Eindruck von ihm bekamen.
Seinem Vater war es extrem wichtig, dass er gut aussah, da, wie er meinte, der erste Eindruck zählte und das war der Eindruck, wie sein Gegenüber aussah. Wieder einmal fügte er sich seinem Vater, wie er es so viele Male tat und zog sich sorgfältig an, bevor er seinen Vater weckte, der erschreckt hoch sprang und sich so sehr beeilte, dass er noch fast vor Thomas seine Schuhe und Jacke anhatte. Wie auf Kommando stand dann auch Dirkhoff vor der Tür und führte sie mit dem Wagen zu einem noch grösseren Gebäude als ihr Hotel war.
Sie fuhren in den dreiunddreissigsten Stock, den obersten, wo sie eine wunderschöne Aussicht über das Lichtermeer von Washington hatten. Auch für einen Tisch am Fenster war gesorgt und dort warteten schon die übrigen Professoren. Sie sahen so aus, wie man sich Professoren vorstellt: alt, mit grauen Haaren, eine kleinen Brille auf der Nase, ein bisschen fest und zerstreut aussehenden.
Er schüttelte jedem brav die Hände und musste sich an einen Tisch setzen, wo die Kinder dieser Männer auch schon sassen. Es waren vorwiegend Mädchen, die etwa dreizehn oder vierzehn Jahre alt waren. Es waren aber auch zwei Jungs dabei, etwa im gleichen Alter wie er. Sie sprachen alle Englisch, die einen mehr oder weniger gut, aber sie konnten sich verständigen.
Thomas verstand sich auf Anhieb prächtig mit den Jungs, und die Mädchen, na ja, die waren halt ihrem Alter entsprechend und da er sowieso mehr auf ältere Frauen, das heisst, auf reifere Frauen stand, konnte er mit ihnen nicht viel anfangen. Dafür amüsierte er sich köstlich mit den Jungs und vergass bis etwa um zwölf Uhr nachts seine Müdigkeit. Aber von da an musste er immer wieder gähnen und schliesslich kam sein Vater, der meinte, dass es jetzt Zeit für sie wäre, zu gehen. Thomas verabschiedete sich von den Jungs und machte mit ihnen am nächsten Morgen um elf ab, damit er mit ihnen ein bisschen Washington kennen lernen konnte. Erstaunlicher Weise erlaubte ihm sein Vater das, aber vermutlich nur, weil er auch schon müde war und keine Lust mehr hatte, mit seinem Sohn zu diskutieren.
Fast glücklich ging Thomas mit seinem Vater mit und spürte sie Müdigkeit immer stärker werden. Er nahm seine Umgebung kaum noch war und musste sich im Lift zu ihrem Stockwerk sogar gegen die Wand lehnen, um nicht im umzufallen und einzuschlafen. Seinem Vater ging es nicht viel besser. Vielleicht hätte Thomas besser erst um ein oder zwei Uhr am Nachmittag abmachen sollen, damit er ausschlafen konnte. Aber vermutlich war es besser, wenn er sich an die Zeitverschiebung gewöhnte, sonst kam er nie in den Rhythmus.
Er wartete, bis sein Vater die Türe öffnete, zog nur die Schuhe, das Hemd und die Hosen aus und legte sich dann sofort auf sein Bett, wo er augenblicklich einschlief. Wieder deckte ihn sein Vater zu, bevor auch dieser sich hinlegte und schlief.
 

Mitten in der Nacht wachte Thomas plötzlich auf. Er wusste nicht von was - er hatte keinen Alptraum gehabt oder so etwas -, aber er war auf einmal hellwach und lauschte in die dunkle Stille hinaus. Es musste irgend ein ungewohntes Geräusch gewesen sein, etwas, das Thomas nicht kannte, oder es einfach nicht gewohnt war.
Da! Da war es wieder. Es tönte wie ... ein Schrei. Langsam stand er auf und zog sich seine Jeans an. Er hörte seinen Vater leise schnarchen und ging zur Tür. Er öffnete sie und wieder hörte er diesen Schrei, diesmal lauter. Er zog sich sein Hemd über den nackten Oberkörper an und ging mit blossen Füssen hin den Flur hinaus. Er sah sich um, bemerkte aber niemanden. Der Flur war aber trotzdem hell beleuchtet, als wäre er Tag. Er ging langsam dem Geräusch nach, aber irgendwie kam es nicht näher, doch er ging weiter.
Plötzlich stand er vor einer Tür auf der stand, dass sie nur für das Personal sei. Als würde er aus einer Trance erwachen, fragte er sich, was er hier überhaupt machte. Es konnte ihm doch egal sein, wenn jemand Lust hatte zu schreien. Es musste ihn nicht stören. Er konnte sich ja das Kissen über den Kopf ziehen, dann würde er sie sicher nicht mehr hören. Er schüttelte den Kopf, wie um einen Traum abzuschütteln und wandte sich um, damit er zu seinem Zimmer zurückzugehen konnte.
Doch da ertönte der Schrei wieder, lauter, viel lauter als alle anderen Male, aber er kam nicht aus dieser 'Personal' - Tür, sondern von einem der Zimmer, die links und rechts im langen Flur vor ihm waren.
Wieder fragte er sich, was er hier tat. Was wollte er hier tun? Er konnte doch nicht mitten in der Nacht an einem Zimmer anklopfen, in dem sich vielleicht jemand einen Krimi ansah, ein wildfremder Mensch, und fragen: "Entschuldigen Sie bitte, aber haben Sie geschrien?"
Er kam sich total lächerlich vor. Wie ein kleiner Junge, der glaubt, ein Abenteuer entdeckt zu haben. Seufzend rieb er sich die Augen und ging wieder. Er achtete nicht mehr auf den wieder leiseren Schrei.
Plötzlich aber hörte er laute Schritte, die auf ihn zu kamen. Erschrocken drehte er sich um und ein Mann mit schwarzen Haaren und einem Drei-Tage-Bart raste an ihm vorbei. Er stiess Thomas zur Seite und verfluchte ihn in einer fremden Sprache. Thomas stiess sich den Ellbogen an der Wand an und unterdrückte einen erschrockenen Schrei. Er fasste sich mit der Hand an den Ellbogen und versuchte so, den Schmerz zu unterdrücken, aber als er sie wieder wegnahm, spürte er, dass seine Hände nass waren, klebrig und ... rot.
Er hatte Blut an den Händen. Eine Minute lang hatte er das Gefühl, dass er blutete, aber dann merkte er, dass es nicht sein Blut war. Das Blut war von dem Mann gekommen, der ihn angerempelt hat. Wie ein Blitz durchfuhr ihn der Gedanke, dass das einen Zusammenhang mit dem Schrei haben könnte.
Langsam drehte er sich wieder um und ging zum Flur zurück, von dem er vorher die Schreie gehört hatte. Eine der Zimmertüren war offen. Daraus war ein leises Wimmern zu hören.
Thomas blieb das Herz stehen. Vielleicht war er hier gerade Zeuge eines Verbrechens geworden, eines Verbrechens in einem Vier-Sterne-Hotel. Langsam öffnete er die Tür weiter und wieder kamen ihm Zweifel. Er durfte sich doch nicht einfach in fremde Angelegenheiten einmischen. Das konnte ihm doch egal sein, aber seine Neugier und vielleicht auch seine Angst, zwangen ihn dazu, in dieses Zimmer hineinzugehen und zu sehen, was passiert war.
Zum Wimmern kam jetzt noch leise Musik dazu, eine Ballade, die so gar nicht zum ganzen Drum und Dran passt. Er setzte einen Fuss vor den anderen. Eine zerbrochene Blumenvase lag am Boden, das Wasser und die Blumen zerstreut. An der Wand lief ebenfalls das Wasser hinunter; vermutlich hatte sie jemand dorthin geworfen. Ein Bild hing schief an der Wand. Am Boden war ein Blutfleck.
Das Zimmer hatte ungefähr das gleiche Schema wie seines, also sollte er jetzt in den Hauptraum kommen. Er atmete tief ein und sah dann in den Raum hinein.
Auf den ersten Blick sah alles ganz normal aus. Aber auf genaueres Hinsehen, sah man, dass ein Stuhl umgefallen war, die Tischdecke total verzogen, die Bilder schief, die Blumenvasen zerbrochen und ... jemand lag am Boden. Zuckungen gingen durch seines Körper und Thomas wurde beim Anblick von soviel Blut schlecht.
Reis dich zusammen, sagte er zu sich selbst.
Er ging neben dem Menschen in die Hocke und drehte ihn langsam auf den Rücken. Es war eine Frau, eine junge Frau. Ihr Gesicht war vollkommen zerschlagen. Der Mann musste sie geschlagen haben.
Sie atmete nur noch schwach und in unregelmässigen Abständen. Thomas musterte sie einen Augenblick lang nur. Er hatte so etwas noch nie gesehen, nur in Filmen, und dort war es ja nicht echt. Sein Herz pochte ihm bis zum Hals.
Es dauerte eine Weile, bis er wieder klar denken konnte. Schnell, das erste, was er in dieser Nacht schnell tat, zog er sein Hemd aus und tupfte langsam das Blut aus ihrem Gesicht.
Durch die Berührung zuckte sie aber nur noch mehr und wimmerte lauter. Er murmelte beruhigende Worte und hielt die Hand, die ihm vermutlich das Gesicht zerkratzen wollte, von sich weg. Es war die Kraft eines Babys, die da von Nöten war, denn die Frau hatte keine Kraft mehr und versuchte nur noch, ihr Leben zu retten. Sie konnte ja nicht wissen, dass er ihr helfen wollte.
Er stand wieder auf und ging ins Badezimmer, um sein Hemd befeuchten. Ihre Haare waren ebenfalls mit Blut verklebt. Sie hatte eine Verletzung am Kopf. Vermutlich hatte sie sich an einer Wand angestossen.
"Keine falsche Bewegung! Hände auf den Kopf! Sofort!"
Die alles durchdringende Stimme eines Mannes lies Thomas erschrocken das Hemd fallen lassen und erstarren.
Starke Hände fielen ihn von hinten an und zogen seine Arme hinter seinen Rücken und legten ihm Handschellen an. Sie richteten ihn grob auf und da sah er erst, was passierte.
Wahnsinnig viele Polizisten zielten mit ihren Pistolen auf ihn und durchsuchten das Zimmer.
Thomas wollte sagen, dass er nichts getan hatte, dass er nur die Schreie hörte, aber er brachte vor Schreck keinen Ton heraus. Er konnte seine Muskeln noch so spannen wie er wollte, er brachte sich nicht frei. Im Gegenteil, die Hände packten ihn nur noch fester und entlockten ihm einen Schmerzensschrei.
"Sie sind festgenommen. Alles was Sie sagen, kann und wird vor Gericht gegen Sie verwendet werden. Können Sie sich keinen Anwalt leisten, wird Ihnen vom Staat einer gestellt. Haben Sie alles verstanden?"
Die donnernde Stimme las ihm seine Rechte vor und behauptete, dass er festgenommen sei.
"Ich habe nichts getan", konnte er dann endlich sagen, "Lassen Sie mich los! Verdammt noch mal! Ich wollte ihr helfen. Ich habe sie schreien gehört und ..."
Die Polizisten, die ihn hielten, trugen ihn fast aus dem Zimmer.
Durch den Lärm aufgeweckt standen die Bewohner der anderen Zimmer in ihrem Morgenmänteln da und beobachteten, wie Thomas abgeführt wurde.
Er schrie laut, dass er nichts getan habe und schlug um sich, aber es hatte keine grosse Wirkung.
"Spar dir das für den Richter auf, Kleiner", sagte der Polizist nur und lachte mit dem anderen, als wäre es komisch gewesen.
Thomas bemerkte plötzlich seinen Vater, der ebenfalls in der Tür stand und scheinbar gar nicht bemerkt hatte, dass sein Sohn nicht mehr da war.
"Dad! Ich habe nichts getan! Bitte, hilf mir!"
Erschrocken erkannte sein Vater Thomas unter dessen verwirrten Haaren und erbleichte. Er eilte zum Offizier mit der donnernden Stimme und sagte: "Das ist mein Sohn. Was machen Sie mit ihm? Er hat nichts getan."
Der Offizier zuckte nur mit den Schultern.
"Jeder ist jemandes Sohn. Er wird mitkommen aufs Revier, wo wir ihn verhören."
Sein Vater hob verzweifelt die Arme.
"Aber was soll er denn gemacht haben?"
Ein strenger Blick flog auf ihn.
"Er hat eine Frau vergewaltigt."
Das war ein Schlag ins Gesicht. Sein Sohn sollte eine Frau vergewaltigt haben. Das war doch völliger Unsinn!
"Dad, bitte, hilf mir!" hörte er seinen Sohn rufen und er drehte sich blitzartig um, aber in diesem Moment schloss sich die Tür des Liftes und er konnte ihn nicht mehr sehen.
Der Offizier rief seine Männer zurück und ging mit ihnen über die Treppe. Er liess Thomas' Vater einfach stehen, der wie eine Statue stehen blieb, bis er sich von seinem Schock erholt hatte, sich sofort anzog und mit dem Mietwagen, der Dirkhoff ihnen zur Verfügung stellte den Polizeiwagen nachfuhr.
 

Thomas wurde auf den Hintersitz eines der Polizeiwagen gestossen und schlug sich dabei den Kopf an der Decke an. Der Wagen fuhr fast sofort los und raste um die Kurven mit Sirenen und Blaulicht, ohne Rücksicht darauf zu nehmen, dass Thomas vollkommen durchgeschüttelt wurde. Er richtete sich einigermassen auf, soweit das die Handschellen erlaubten und sah hinaus.
Vor ihm waren die Strasse nur so von Blaulichtern erhellt, genauso wie hinter ihm und neben ihm. Er war vollkommen von Polizisten umzingelt, als wäre er ein Schwerverbrecher.
In den Augen der Polizisten war er vermutlich ein gefürchteter Verbrecher, den sie jetzt endlich auf frischer Tat ertappt hatten.
Er wurde genauso unsanft aus dem Wagen gezerrt, wie er hinein gestossen wurde und in ein grosses Gebäude gebracht, dass die Aufschrift 'Staatsgefängnis' hatte.
Sie wollen mich einbuchten, fuhr es ihm durch den Kopf.
Doch bevor er sich wieder wehren konnte, wurde er in einen halb beleuchteten Raum geschoben, dessen Türe schnell verriegelt wurde.
Es war nur ein Tisch und Stuhl im Raum, dazu ein grosses, schwarzes Fenster, hinter dem sicher schon Polizisten sassen und sein Verhalten beobachteten.
Thomas rappelte sich langsam wieder auf und hockte auf den Knie. Es war schwieriger mit den Handschellen aufzustehen, als er es dachte. Mühsam schwenkte er sich hin und her, bis er genug Schwung hatte, um sich aufzurichten. Er versuchte, seine Hände ein bisschen zu lockern, aber die Handschellen waren voll angezogen und statt dass er sie lockerte, verkrampfte er seine Hände nur noch. Er wusste, dass er sich das Handgelenk aufschürfen würde, also liess er es bleiben.
Er setzte sich auf einen Stuhl und schloss die Augen, um sich zu beruhigen. Er würde ihm nichts passieren. Sein Vater kam sicher bald und wenn Thomas erzählte, was passiert war, würden sie ihm glauben. Sie hatten keine Beweise, die sich gegen ihn richteten.
Die Tür ging wieder auf und zwei Männer Mitte vierzig kamen herein. Sie hatten Blöcke in der Hand, auf denen sie sich vermutlich kurze Tatsachen über das Verbrechen, dass Thomas begannen haben soll, notiert hatten.
Thomas musterte sie leicht ängstlich und wartete, bis sie anfingen, zu fragen.
"Ich bin Detective Handson und das ist Detective Pennell. Wir bearbeiten Ihren Fall und wenn Sie mit uns zusammenarbeiten passiert Ihnen nicht viel, obwohl Sie allerdings ziemlich tief in der Scheisse sitzen."
Thomas sagte darauf nichts, wartete nur, bis sie sich setzten.
"Also, wie ist Ihr voller Name?" fragte Handson.
Thomas zögerte, bevor er antwortete, aber schliesslich hatte er ja nichts zu verbergen, darum antwortete: "Thomas Jeremy Slater."
Pennell runzelte erstaunt die Stirn und flüsterte Handson etwas zu. Dieser nickte nur und fragte weiter nach Adresse, Alter, Beruf, Vorstrafen. Alles, was eben dazu gehört.
"Sie behaupten also, dass Sie das Mädchen nicht vergewaltigt haben?"
Thomas nickte.
"Was haben Sie dann in diesem Zimmer gesucht?"
"Ich bin aufgewacht, weil ich glaubte, etwas gehört zu haben, und bin diesem Geräusch gefolgt."
Der Detective sah ihn so an, dass er fast weiter erzähle musste, was geschehen war.
"Ich habe mir aber dann gedacht, als ich schon ziemlich nah war, dass jemand vielleicht auch nur den Fernseher ein bisschen laut gestellt hat oder so und bin wieder umgekehrt. Dann stiess mich so ein Kerl an -"
Handson unterbrach ihn.
"Was für ein Kerl? Könnte er bestätigen, dass Sie vom Zimmer weggingen?"
Thomas ging unwillkürlich ein Lächeln über die Lippen.
"Ich glaube nicht, dass Sie ihn finden werden. Er hatte es ziemlich eilig."
Pennell machte ein Zeichen, dass er weiter fahren sollte.
"Er hat mich gegen die Wand gestossen und einen Moment lang dachte ich, dass ich blute, aber es war nicht mein Blut, sondern das von diesem Kerl, oder das von der Frau. Ich bin dann wieder umgekehrt, da ich dachte, dass vielleicht jemand Hilfe braucht. Na ja, und dann stand eben diese Tür offen und ich fand die Frau am Boden liegen und wollte ihr helfen. Ja, und dann sind die Polizisten gekommen."
Pennell nickte nachdenklich.
"Und Sie glauben fest daran, dass Sie die Frau nicht umgebracht haben?"
Thomas sah ihn entrüstet an.
"Ich bin gestern erst hier angekommen und bin seitdem immer in Begleitung meines Vaters gewesen. Wo hätte ich die Frau kennenlernen können? Was hätte ich für ein Motiv? Fragen Sie doch meinen Vater und nehmen Sie mir bitte endlich diese Dinger ab, die sind nicht gerade bequem."
Pennell zuckte mit den Schultern und stand auf, um ihm die Handschellen zu öffnen. Thomas rieb sich die Handgelenke.
"Wir werden Ihre Aussage überprüfen lassen. Bis dahin müssen Sie aber hier bleiben", sagte Handson und holte zwei Polizisten, die Thomas hinaus brachten.
Er bekam eine typische Kleidung für einen Gefangenen und wurde in eine der Untersuchungszellen gesteckt. Er begann zu zittern.
Bis jetzt stand er immer noch unter Schock, aber jetzt, wo eigentlich das Gröbste überstanden war, verstand er erst, was alles passieren könnte. Wenn man ihm nicht glaubte, könnte er ins Gefängnis, oder ins Zuchthaus kommen, für viele Jahre.
Er wurde in zwei Wochen volljährig, also konnte er keine Minderung erwarten.
Von aussen sah es so aus, als habe er kalt, das hatte er eigentlich auch, aber nur psychisch. Er hatte auf einmal fürchterliche Angst, dass etwas passieren konnte, dass er nie mehr nach England zurück konnte und dass er seine Freundin Libby nie mehr sehen würde. Er könnte durch seine Neugier, seine Suche nach Abenteuern sein ganzes Leben ruiniert haben.
Jemand öffnete die Tür zum Raum vor der Zelle und sein Vater trat mit bleichem Gesicht ein.
Thomas stand sofort auf und trat ans Gitter. Im Gesicht seines Vaters war nur eine Frage zu sehen, und die so viele Male geschrieben, dass Thomas sie nicht zählen konnte. Es verletzte ihn, auf eine unbestimmte Art, dass sein Vater überhaupt daran dachte, dass er es getan haben könnte, aber es war nur eine normale Reaktion. Er schüttelte den Kopf.
"Ich habe sie nicht vergewaltigt, Dad. Glaub' mir. Ich wollte ihr helfen!"
Mr. Slater lächelte schwach.
"Ich weiss, Tom. Ich weiss."
Er nannten Thomas nur selten 'Tom', aber wenn er es tat, dann war es ein besonderer Anlass. Bis jetzt war es, ausser bei der Beerdigung seiner Mutter immer ein glücklicher Anlass gewesen, aber jetzt wieder keiner mehr.
"Ich habe den besten Anwalt angerufen, den mir Dirkhoff empfohlen hat. Er heisst Anthony Turner und hat versprochen, dass er jetzt gleich kommt, um dich, im schlimmsten Fall gegen Kaution, wie er meint, frei zu bekommen."
Thomas sah seinen Vater wieder an. War da nicht etwa ein Zweifel, dass Thomas es wirklich getan haben könnte? Ein winzig kleiner Zweifel? Es war ein schmerzhafter Stich in die Brust, aber er konnte es seinem Vater nicht verübeln. Er hatte, als Mutter noch lebte, mit vielen Jungs geprügelt und hinterher behauptet, er wäre es nicht gewesen. Vielleicht war dadurch seine Glaubwürdigkeit geschädigt worden.
Aber jetzt ging es doch nicht mehr um alberne Prügeleien. Es ging um Vergewaltigung und vielleicht sogar Mord, wenn die Frau nicht weiter lebte.
"Na, wie geht es uns heute morgen?" fragte eine gutgelaunte Stimme.
Ein älterer Mann, vielleicht um die fünfzig, stellte seinen Aktenkoffer auf den Tisch und entnahm ihm ein paar Akten.
"Also, ich habe schon gewisse Information. Sie"; er wandte sich an Thomas, "sollen eine gewisse Libby Taylor vergewaltigt haben. Sie wurden ertappt ..."
Die Worte gehen wie ihm Nebel unter. Libby Taylor. Seine Freundin. Er sollte doch nicht seine Freundin ermordet haben. Es war doch nicht Libby. Es war eine viel ältere Frau gewesen, mit blonden Haaren und Libby hatte braune. Er wusste es doch. Was sollte Libby überhaupt hier machen? Sie war doch in England. In der Schule. Sie konnte doch nicht einfach mit nach Amerika fliegen. Irgend etwas konnte hier nicht stimmen.
"Tom! Was ist mit dir? Tom!"
Er schreckte hoch und bemerkte, ein besorgtes und ein leicht misstrauisch und musterndes Gesicht.
"Haben Sie mir zugehört?" fragte der Anwalt.
Wahrheitsgetreu schüttelte Thomas den Kopf.
"Dad, er hat gesagt, dass ich Libby vergewaltigt haben soll. Libby Taylor!"
Sein Vater schien ihn scheinbar nicht zu verstehen, obwohl er Libby gut kannte. Er fand sie sogar ausgesprochen sympathisch und würde es vermutlich gerne sehen, wenn sein Sohn sie heiraten würde.
"Kennen Sie Libby Taylor?" fragte sein Anwalt.
Thomas wandte ihm sein verwirrtes Gesicht zu und nickte.
"Natürlich. Libby ist meine Freundin. Aber es war nicht Libby. Die Frau, die dort lag, das war jemand anders."
Der Anwalt hob die Brauen und sah ihn seinen Akten nach.
"Doch, sie wurde als Libby Taylor identifiziert. Ihre Mutter hat sie erkannt."
Thomas fragte: "Und wie heisst die Mutter?"
Wieder sah er in den Akten nach, und sagte nach kurzen Zögern: "Sie hat ihren Mädchennamen behalten und heisst Ellen Walsh."
Er atmete erleichtert auf. Libbys Mutter hiess nicht so, sie lebte glücklich verheiratet mit ihrem Mann zusammen und hatte auch seinen Namen angenommen.
Aber warum wusste sein Vater nicht mehr, wer Libby war? Hatte er einen solchen Schock, dass er alles andere vergessen hatte?
Thomas schüttelte den Kopf, um diesen Gedanken abzuschütteln.
"Nein, ich kenne diese Libby Taylor nicht."
Der Anwalt nickte eine 'Aha' - Nicken und las weiter in seinen Akten.
"Also, nach Aussagen der Polizisten haben Sie gerade die Hand gehoben, um zuzuschlagen. Stimmt das?"
Entrüstet schüttelte Thomas den Kopf.
"Nein, ich wollte sie nicht schlagen. Ich wollte ihr helfen verdammt noch mal!"
Er verstand nicht, warum ihn dieser Anwalt immer wieder danach fragte, ob er es getan hatte oder nicht. Er war doch sein Anwalt und sollte ihm helfen, anstatt ihn dazu zu zwingen, etwas zuzugeben, was er nicht getan hatte.
"Hören Sie Thomas, wenn ich Sie verteidigen soll, dann müssen Sie mit mir zusammenarbeiten. Sie müssen mir vertrauen können und ich Ihnen. Und das geht nicht, wenn Sie mich anlügen."
Thomas schlug gegen das Gitter.
"Ich lüge Sie nicht an. Ich habe nichts getan, verdammt!"
Der Anwalt liess sich nicht aus der Ruhe bringen und wandte sich an seinen Vater.
"Würden Sie bitte einen Augenblick mal 'raus gehen? Ich muss mit Ihrem Sohn unter vier Augen reden."
Slater warf einen besorgten Blick auf Thomas und nickte. Er ging zur Tür, die von einem Polizisten, der von draussen wartete, aufgemacht wurde.
Der Anwalt kam nahe zu Thomas ans Gitter und sagte leiser, als er vorher redete. "Wir sind hier in Amerika, junger Mann. Zwanzig Polizisten behaupten, sie haben Sie gesehen, wie Sie die Frau gerade schlagen wollten. Sie haben keine Chance gegen zwanzig. Wenn Sie mir aber die Wahrheit sagen, können wir bei einer Verhandlung auf Totschlag aus Notwehr plädieren. Niemand kann beweisen, dass die Frau Sie nicht angegriffen hat und Sie sich nur verteidigt haben."
Thomas schnaubte und wandte sich von ihm ab.
"Ich kenne meine Rechte, Mister. Ich studiere Jura. Ich brauche hier nur zu warten, bis man die Frau untersucht hat. Die Frau hat sich gewehrt, also wird man wohl Haut oder Kleider oder irgend etwas an ihr finden. Es wird sich herausstellen, dass nichts von mir ist und dann müssen sie mich gehen lassen. Man wird mir glauben müssen."
Der Anwalt schüttelte nur leicht den Kopf.
"Das ist nicht ganz so einfach, Thomas. Wir sind hier nicht in England, wo alles gerecht vor geht. Es kommt manchmal vor, dass Beweismaterial verschwindet, oder falsches hinzugefügt wird, und die Gerichtsmediziner sind auch nicht mehr das, was sie einmal waren. Ausserdem sucht die Polizei Sie, das heisst, diesen Vergewaltiger, schon lange und sie wird jetzt alles tun, damit er hinter Gitter kommt. Es ist ihr egal, wenn es der Falsche ist. Hauptsache, überhaupt einer."
Thomas sieht ihn verwirrt heissen.
"Was soll das heissen? Bringt die Polizei einfach jemanden hinter Gitter, weil dieser helfen wollte? Das kann sie nicht machen. Ich habe Rechte!"
Der Anwalt lächelte wieder. "In England, ja. Aber Sie haben, Sie sollen eine Amerikanerin vergewaltigt haben, das bedeutet, dass das Verfahren hier in Amerika stattfindet. Und hier ist es nicht ganz das gleiche wie in England."
Thomas versuchte, seine Wut unter Kontrolle zu bringen.
"Aber auch hier gilt 'Unschuldig, bis die Schuld bewiesen ist'. Also, sie können mir keine Schuld anhängen. Sie haben die Aussage dieser Polizisten, aber ein Richter wird einsehen müssen, dass ich diese Geste genauso gut machen konnte, um jemandem das Blut aus dem Gesicht zu wischen."
Der Anwalt schüttelte seufzend den Kopf.
"Glauben Sie mir, Thomas. Ich werde Sie in dem verteidigen, was Sie mir sagen, aber Ihre Rechte werden Ihnen nicht viel helfen. Der Präsident der vereinigten Staaten setzt sich persönlich für diesen Fall ein. Er hat an allen öffentlichen Auftritten gesagt, dass er alles tun wird, um den Vergewaltiger und vielleicht Mörder seiner Tochter zu finden."
Erst jetzt verstand Thomas, um wieviel es hier eigentlich ging. Er wurde nicht als Vergewaltiger angeklagt, nicht als einfachen. Dieser Mann, den er sein sollte, hatte bereits die berühmtesten Persönlichkeiten vergewaltigt und einige von ihnen sogar schon umgebracht. Es waren bestimmt schon über zwanzig, bekannte und unbekannte Frauen. Das letzte ihm bekannte Opfer war die Tochter des Präsidenten gewesen.
Das war vor mehreren Wochen gewesen, genau dann, als Thomas von zu Hause abgehauen war. Er wollte mit Freunden auf eine Party gehen und danach in die Ferien, aber sein Vater hatte es ihm nicht erlaubt, darum ging er ohne seine Erlaubnis. Sein Vater hatte sofort die Polizei alarmiert, als er es entdeckte und seine Freunde wurden auch bald gefunden, aber er war nicht da, als sie das Haus stürmten und blieb mehrere Tage verschwunden.
Genug lang, um nach Amerika zu fliegen, das Mädchen zu vergewaltigen und wieder zurückzukommen, ohne dass man etwas gemerkt hätte.
Er erbleichte und ihm wurde schlecht. Er bekam nicht nur ein paar Jahre, wenn man ihn für schuldig anklagte, nein. Er bekam Zuchthaus und das lebenslänglich. Und wenn das stimmte, was sein Anwalt ihm erzählte, dann hatte er nur eine Chance auf Verminderung der Strafe, aber keine auf einen Freispruch.
"Ich ... ich habe nicht gewusst, ... wer ich sein soll", stotterte er langsam.
Er setzte sich langsam auf seine Pritsche und stütze den Kopf mit den Händen. Er war auf einmal unglaublich schwer und schmerzte. Angst und Entsetzen machen sich breit, die Angst, etwas gemacht zu haben, das vielleicht jemandem das Leben gerettet hätte und etwas nicht gemacht hatte, nämlich die Polizei selber alarmiert, was ihm das Leben gerettet hätte.
"Ich glaube Ihnen, Thomas. Ich glaube, dass Sie es nicht getan haben, aber das beruht alleine auf meinen Instinkten. Der Richter wird sich nicht von Instinkten leiten lassen, sondern alleine von Fakten."
Thomas rieb sich über die Augen. Er war müde. Er musste schlafen. Es machte keinen Unterschied mehr, ob er schlief oder wach darauf wartete, das jemand ein Urteil über ihn fiel.
Er legte sich mit steifen Bewegungen auf Bett und schloss die Augen. Turner ging aber nicht.
"Wenn Detective Handson oder Pennell wieder kommt, sagen Sie nichts. Alles, was Sie sowieso schon gesagt haben, ist zuviel. Sie dürfen kein Wort sagen, verstanden?"
Thomas nickte nur. Er hörte, wie Turner seinen Aktenkoffer schloss, die Tür auf und wieder zu ging.
Eigentlich war er nicht sehr religiös und war auch nie viel in die Kirche gegangen, aber er jetzt bereute er es. Er hätte sich mit Gott verbünden sollen, zu ihm beten und ihn verehren. Jetzt tat er etwas, das er seit Jahren nicht mehr getan hatte.
Er betete. Er betete zu Gott, dass er helfen möge, ihn hier raus zu bringen. Er solle machen, dass es die wirklichen Beweise waren, und nicht irgendwelche herein geschmuggelten, dass die Geschworenen ihn freisprechen mussten, auch wenn sie glaubten, er sei schuldig, weil sie keine Beweise gegen ihn hatten.
 

Zitternd schreckte er hoch. Er fiel dabei von seiner schmalen Pritsche und schlug auf den Boden. Er blieb einen Moment lang liegen, bevor er sich langsam aufrichtete und sich umsah.
Nein, er hatte nicht vergessen, wo er war, im Gegenteil. Er wusste es nur zu genau, aber vielleicht hatte er gehofft, dass es nur ein Traum war. Ein böser Traum. Das war es aber nicht, sondern die harte Wirklichkeit.
In der Zelle war es dunkel, nur das Fenster in der Tür war erhellt. Davor sah er den Schatten eines Mannes. Vermutlich der, der den Besuchern die Türen öffnete und dafür sorgte, dass Thomas nicht durch die Türe entfliehen konnte, denn das war der einzige Weg nach draussen.
Es gab keine Fenster oder andere Türen, nur ein grosser Raum, in dem in einer Ecke ein Gitter stand, in dem er war. Er ganz alleine und sonst niemand. Ein fast volljähriger Verbrecher, der nichts getan hatte, aber für den vermutlich schon eine Gefängniszelle im Zuchthaus vorbereitet wurde.
Zögernd stand er auf und ging ein wenig umher, um sich zu beruhigen. Er spürte keine Angst mehr, nur noch Wut.
Immer, wenn etwas beunruhigendes passierte, hatte er zuerst Angst und war nachher so wütend, dass er jeden, dem er begegnete am liebsten umbringen würde.
Meistens liess er seine Wut dann im Fitnessstudio aus, aber hier gab es keines. Es gab nur die Gitter und die Wand. Er schlug unbewusst mit der Hand gegen das Gitter, hämmerte daran, gerade noch so leise, dass es der Mann draussen nicht hören konnte. Das schürte seine Wut noch mehr an, wie wenn man dem Wolf eine Wunde versetzt und dann noch hinein greift.
Er schlug mit den Füssen gegen die Wand und boxte dann plötzlich dagegen. Er spürte den stechenden Schmerz nicht, der seine Hand durchbohrte und er hörte nicht auf, auch nicht, als die Wand schon rot war und zu seinen Händen auch noch seine Knie und Ellbogen kaputt waren.
Zu seinem eigenen Glück machte er genug Lärm, dass die Wache sofort Verstärkung holte und diese Polizisten ihn festhielten. Er schlug wild um sich, traf einige Polizisten, aber nicht genug, um loszukommen. Sie legten ihm wieder Handschellen an und legten ihn auf den Boden. Vier hielten seine Beine, während die anderen drei seinen Oberkörper festhielten. Ein weiterer kam hinzu, der ihm ein Ärmel seiner Kleidung abriss und ihm eine Spritze gab. Leise Müdigkeit kam auf Thomas zu und er wehrte sich weniger.
Bevor er einschlief, spürte er noch, wie sehr seine Hände weh taten, aber gleich darauf, war der Schmerz wieder verschwunden und er tauchte in schwarze Leere ein.
Der Arzt, das heisst, der Mann, der ihm die Spritze verpasst hat, tupfte seine blutigen Knöchel, Knie und Ellbogen mit desinfizierenden Mittel ab und legte ihm Verbände und Pflaster an. Er ordnete an, dass Thomas ans Bett gebunden werden solle, damit er sich das nicht noch einmal antun konnte. Sofort schoben Ärzte in weissen Kittel ein Rollbett hinein, auf das Thomas gelegt und mit breiten Riemen angekettet wurde. Dieses Bett kam in die Zelle, diese wurde abgeschlossen und die Polizisten verliessen den Raum wieder. Das Licht blieb allerdings an und so wachte Thomas nach ein paar Stunden wieder auf.
Er spürte die Schmerzen immer noch nicht, aber nicht mehr wegen seiner Wut, die war er jetzt los, sondern weil das Schlafmittel noch immer seine Wirkung tat, nur nicht mehr so stark.
Er versuchte sich aufzurichten, aber er musste feststellen, dass das für ihn im Moment unmöglich war. Also blieb er liegen, schliesslich hatte er ja keine andere Wahl, und wartete, auf irgend jemanden, egal, ob auch Detective Handson oder Pennell, oder auf Anthony Turner.
Er musste nicht lange warten. Handson, Pennell und Turner wurden von diesem Vorfall unterrichtet und kamen jetzt herein.
Turner beanspruchte sofort eine Unterredung mit seinem Klienten unter vier Augen, aber Handson lehnte ab und meinte, dass sei genau so gut ihr Recht, aber sie ziehen es nicht ein, also hat er das Recht auch nicht.
Wortlos fügte sich Turner, denn er kannte Handson, und wusste, dass dieser die Rechte und Verbote von Amerika so gut kannte, wie er wusste, wann er Geburtstag hatte.
"Also, Mr. Slater, was haben Sie gemacht?" fragte Pennell und stellte sich vor das Gitter.
Thomas drehte den Kopf so auf die Seite, dass er ihn sehen konnte.
"Ich kann mich nicht genau daran erinnern, aber ich denke, dass ich gegen die Wand geschlagen habe."
Pennell nickte.
"Das haben Sie tatsächlich. Sie sollten ihre Hände sehen."
Thomas lächelte leicht.
"Tut mir leid, aber das ist mir im Moment nicht möglich."
Pennell hob die Brauen, über diesen unerwarteten Witz.
Vorher, das heisst, als er verhaftet wurde und sie ihn verhörten, da war er noch total eingeschüchtert und schien sich vor Angst fast in die Hosen zu machen. Jetzt war er total cool und überhaupt nicht eingeschüchtert.
Pennell machte ein paar Schritte vorwärts, so dass er Thomas den Rücken zu wandte und drehte sich dann auf dem Absatz um.
"Hatten Sie solche Anfälle schon öfters?"
Thomas wollte schon antworten, als er Turners warnenden Blick bemerkte. Er erinnerte sich wieder seine Worte. 'Sie dürfen kein Wort sagen, verstanden?'
Er verhärtete seinen Blick noch mehr und antwortete: "Ich will mich mit meinem Anwalt besprechen."
Handson mischte sich ein.
"Sie sind ein staatlich angeklagter Mann und haben die Tochter des Präsidenten der vereinigten Staaten von Amerika vergewaltigt. Glauben Sie, dass Sie da noch Rechte haben?"
Er war wesentlich spontaner und impulsiver als Pennell. Thomas nickte nur.
"Ich habe als Bürger des Vereinigten Königreichs von Grossbritannien sehr wohl Rechte, auch wenn ich ein staatlich angeklagter Mann sein soll, der die Tochter des Präsidenten der vereinigten Staaten von Amerika vergewaltigt hat."
Er sprach extra alle Formen und Titel und was auch immer aus, damit Handson klar wurde, dass er nicht alle einschüchtern konnte. Er wusste, dass jeder, auch ein Bürger von Amerika, die gleichen Rechte hatte wie er, aber es beeindruckte mehr, wenn er betonte, dass er kein Amerikaner war.
Handson schlug gegen das Gitter und hob abwehrend die Hände.
"Okay, Sie haben eine Viertelstunde."
Er ging mit Pennell hinaus und schletzte die Türe hinter sich zu. Turner lächelte leicht. "Das war gut", lobte er.
Thomas zuckte mit den Schultern. "Ich habe in meinem Jurastudium bis jetzt den höchsten Notendurchschnitt des ganzen letzten Jahrzehnts."
Er gab eigentlich nicht an und wollte es auch jetzt nur als Erklärung sagen, aber er wusste, dass es Angeberei war.
"Also hören Sie, ich will jetzt genau wissen, wieso Sie das getan haben, was Sie im Detail getan haben und ob Sie denken, dass das Ihnen helfen wird."
Thomas starrte auf die Decke.
"Man könnte mich als unzurechnungsfähig ansehen."
Turner schüttelte nur den Kopf.
"Das kommt in diesem Fall nicht in Frage. Wenn man Sie als das ansieht, dann bekommen Sie vielleicht ein oder zwei Jahre weniger, aber das kommt bei lebenslänglich auch nicht mehr darauf an. Aber warum haben Sie es getan?"
Thomas lächelte. Es war ihm immer peinlich zu sagen, warum er manchmal wie ein Wilder trainierte, wenn er wieder im Fitnessstudio seine Wut abtrainierte.
"Ich habe eine gewisse Angewohnheit. Wenn so etwas passiert, das heisst, wenn etwas beunruhigendes geschieht, dann habe ich zuerst Angst, und dann werde ich ziemlich wütend. Sonst konnte ich meine Wut immer abtrainieren, in dem ich Krafttraining machte, aber da ich hier weder Platz noch die Geräte hatte, musste ich die Wut auf eine andere Art loswerden, und gegen die Wände zu schlagen", er hebt die Hände, so gut es geht, "war nun mal die einzige Möglichkeit."
Turner zögerte, bevor er sagte: "Wenn sie wieder hereinkommen, sagen Sie kein Wort. Ich werde Sie von Ihren Fesseln befreien lassen, damit wir in einem anständigen Verhörsraum ein Gespräch führen können, wie es uns zusteht."
Thomas nickte. Er wollte nicht noch mehr Schwierigkeiten, obwohl er kaum noch mehr bekommen konnte, aber er wusste, dass Turner ein guter Anwalt war und Turner wusste, dass Mr. Slater genug Geld hatte, um seine Arbeit zu bezahlen.
"Haben die Ärzte schon Blutspuren, oder sonst irgend etwas an dieser Libby Taylor gefunden?"
Turner nickte und sein Gesichtsausdruck verhärtete sich.
"Ja, das haben sie. Leider ist das kein Vorteil für Sie. Der Vergewaltiger hatte Blutgruppe A negativ und Sie auch. Diese Gruppe ist sehr selten und es müsste wahnsinnig grosser Zufall sein, wenn einer mit A negativ eine Frau vergewaltigt und ein anderer mit A negativ ihr helfen will. Die Richter glauben nicht an Zufälle, sie glauben nur an Fakten und diese Fakten bedeuten nun mal, dass Sie der Vergewaltiger sind."
Thomas schüttelte nur den Kopf, sagte aber nichts. Er hatte keine Angst mehr, spürte auch keine Wut, er war nur traurig und, vielleicht, ein bisschen verzweifelt, aber er hatte keine Angst.
Er konnte ins Gefängnis kommen, na und? Dann kam er eben ins Gefängnis. Wenn er sich gut aufführte konnte er schon Jahre vor Ablauf der Frist wieder raus kommen.
Allerdings, wenn die Frist fünfundzwanzig Jahre betrug, dann waren zwanzig auch nicht viel weniger. Er würde dann als Mann in den besten Jahren wieder raus kommen und hatte noch nicht gelebt.
Vielleicht hatte er doch Angst, irgendwo in seinem Unterbewusstsein, aber er liess es nicht so weit kommen, dass er auf die Frage 'Haben Sie Angst?' nicht mit 'Nein' antworten könnte ohne zu lügen.
"Im Moment werden gerade die Hautspuren überprüft. Irgendwann werden Sie vermutlich noch eine Samenprobe machen müssen. Aber ich verspreche Ihnen, auch wenn sich herausstellen sollte, dass die Frau Ihre Haut unter ihren Fingernägel hat, werde ich Sie immer noch verteidigen und Ihre Strafe so niedrig wie möglich halten. Also, wenn jetzt Pennell und Handson wieder hereinkommen, lassen Sie einfach mich reden, klar?"
Thomas nickte. Turner holte die Männer wieder herein und bestand auf Thomas' Entfesseln.
"Tut mir leid, aber der Arzt hat verordnet, dass Ihr Klient so bleiben muss, damit er sich das nicht noch einmal antun kann."
Turner liess sich nicht von diesem Argument beeinflussen.
"Auch wenn ein Arzt, ein noch so qualifizierter, das verordnet, darf der Betroffene, solange er minderjährig ist, nicht länger als vier Stunden gefesselt sein. Mein Klient ist minderjährig und vor zwanzig Minuten sind vier Stunden vorbei gewesen. Also, meine Herren, darf ich Sie bitten, ihn loszumachen?"
Handson macht den Mund auf, sagt aber nichts. Pennell schloss das Gitter auf, löste die Fesseln und schloss dann sofort wieder das Gitter zu, als hätte er Angst, Thomas könnte entfliehen.
Thomas richtete sich auf und sah jetzt zum ersten Mal seine Wunden. Das heisst, eigentlich sah er die Wunden nicht, sie waren ja eingebunden, aber trotzdem bot es kein schöner Anblick. Das Blut war durch den Verband gedrückt, und wenn er die Finger bog, spürte er einen stechenden Schmerz. Das gleiche galt für die Ellbogen und die Knie.
Er setzte sich ruhig hin und blieb dann in einer bestimmten Position sitzen, damit er sich sowenig wie möglich bewegen musste und damit so wenige wie möglich Schmerzen hatte.
"Also, beginnen wir noch einmal von vorne", fängt Pennell an, "Sie waren heute Nacht um vier Uhr Morgens in diesem Zimmer, in dem Libby Taylor vergewaltigt wurde. Sie behaupten aber fest, dass Sie ihr helfen wollten und nichts mit dem Verbrechen zu tun haben."
Turner stellt sich zwischen Thomas und Pennell.
"Mein Klient behauptet nicht, dass er nichts damit zu tun hat, denn er wollte dem Opfer ja helfen, aber er hat das Verbrechen nicht begangen."
Pennell zuckt die Schultern.
"Was hat Ihr Klient denn in diesem Zimmer zu suchen gehabt? Es war schliesslich mehrere Gänge von seinem entfernt. Oder -"
"Entschuldigen Sie, wenn ich Sie unterbreche, Detective, aber das ist eine Frage, die Sie vor Gericht klären können, wenn Mr. Slater im Zeugenstand ist. Ausserdem halte ich es sowieso für besser, wenn Sie alle Ihre Frage auf das Gericht verschieben. Dort können Sie auch alle Ihre Rechte in Anspruch nehmen, die Sie wollen."
Handson wirft Pennell einen Blick zu, der 'Nein' sagt, aber dieser nickt nur.
"Okay, dann sehen wir uns im Gerichtssaal wieder."
Er zieht Handson am Ärmel mit hinaus. Thomas wirft Turner eine verwirrten Blick zu.
"Das war kein besonders guter Zug. Jetzt kommt es sicher zur Verhandlung. Vor ein paar Minuten konnte ich noch hoffen, dass man mich auf Kaution frei bekommt."
Turner schüttelt seufzend den Kopf.
"Tut mir leid, aber ich kenne diese beiden. Vor Gericht sind sie lange nicht so gut, wie wenn sie in einem solchen Raum ihre Fragen stellen können. Sie hassen so viele Menschen, die alle ihnen zuhören. Darum haben wir vor Gericht einen psychologischen Vorteil. Und ich kann Ihnen versichern, nachdem festgestellt worden war, dass Sie auch Blutgruppe A negativ haben, werden Sie nicht vor einem Verfahren raus kommen. Wenn überhaupt."
Thomas schüttelte energisch den Kopf.
"Es ist Zufall, purer Zufall, dass ich auch Blutgruppe A negativ habe. Ausserdem wird sie doch sicher den Mann gekratzt oder gebissen oder weiss ich was, gemacht haben. Es kann nicht alles mit mir übereinstimmen."
Turner zuckte mit den Schultern.
"Ausser, wenn Sie es gewesen sind."
"Ich bin es nicht gewesen!"
Thomas sprang auf und bereute es sofort, denn schmerzhafte Stiche gingen durch seine Knie. Er hob beschwichtigend die Hände, denn in Turners Gesicht ging ein so deutlicher Gedanke durch, das Thomas ihn nicht zu fragen brauchte, was er dachte. Die Frage 'Rastet er jetzt wieder aus?' stand so deutlich geschrieben.
"Okay, gehen wir einmal ganz logisch vor. Nehmen wir einmal an, alle Indizien, die bei Libby Taylor gefunden werden, eben Blutgruppe und Haut und so, dass diese alle mit meinen übereinstimmen, ich aber immer noch behaupte, ich sei es nicht gewesen. Was macht man dann?"
Turner antwortete nicht, denn Thomas wollte keine Antwort. Er fuhr gleich weiter.
"Es gibt doch Zeugen. Die Opfer haben ihren Vergewaltiger gesehen, denn ich glaube fest daran, dass ich den Mann ohne Maske gesehen habe, allerdings nicht lange genug, um ihn zu erkennen. Aber diese Frauen müssen ihn gesehen haben. Zeigt ihnen doch einfach ein Bild von mir und wenn sie sagen, dass ich es nicht gewesen sei, dann ist die Sache erledigt."
Sein Anwalt kaute auf seiner Lippe herum.
"So einfach ist das leider nicht. Keine der siebzehn Frauen ist bei Bewusstsein. Sechs von ihnen sind tot, das sind dann noch elf, davon sind vier so schwer verletzt, dass sie vermutlich auch bald sterben. Noch sieben. Fünf sind noch immer noch im Koma, kommen aber vermutlich durch. Die letzten beiden sind schon fast gesund, nur noch in einem leichten Koma, aus dem sie vielleicht bald aufwachen werden, vielleicht aber auch nicht. Die Ärzte sagen, sie könnten noch monatelang in diesem Zustand bleiben."
Thomas liess den Kopf hängen. Langsam gingen ihm die Ideen aus. Vielleicht konnte er jetzt nur noch hoffen, dass nicht alle Hautspuren auf ihn hinwiesen. Vielleicht war das seine letzte Hoffnung, dass man ihn nicht einsperrte.
Turner versuchte es mit einem Lächeln.
"Hören Sie Tom, ich glauben Ihnen, dass Sie es nicht gewesen sind. Und auch wenn die Hautspuren auf Sie zeigen, werde ich Sie verteidigen. Allerdings müssen Sie mir dann wirklich die Wahrheit sagen. Denn wenn ich Sie in etwas verteidige, von dem Sie mich falsch unterrichtet haben, werden wir ganz bestimmt verlieren und für Sie würde das dann lebenslänglich Zuchthaus bedeuteten."
Thomas nickte nur.
"Ich weiss."
Er legte sich wieder auf das Bett zurück. Am liebsten hätte er jetzt geschlafen, aber er hatte keine Lust auf noch mehr Alpträume.
"Ich gehe jetzt zum Gericht, um den Termin für die Verhandlung und all das zu holen. Und ich sage es Ihnen noch einmal. Kein Wort, zu wem auch immer. Wenn Sie mit Ihrem Vater reden, passen Sie auf, dass Sie nichts sagen. Sie wissen ja, was gegen Sie verwendet werden kann."
Thomas nickte wieder. Turner schien noch etwas hinzufügen fügen zu wollen, aber er liess es bleiben und ging hinaus.
Thomas schloss die Augen und begann sich zu beruhigen. Es hatte keinen Sinn, wenn er sich jetzt Sorgen machte. Das würde ihn nicht hier hinaus bringen. Das beste, was er tat, war schlafen, aber nur so fest, dass er nicht träumen konnte.
 
 

! Weiter zu Teil 2 !


Copyright © 2000
by Tia