Nach dem Putsch vom 12. Mai 1926 richtete Marschall Józef Piłsudski, der sich im polnisch-sowjetischen Krieg der Jahre 1919 bis 1922 einen Namen als Heerführer gemacht hatte, in Polen eine autoritäre Diktatur mit militaristischen Zügen ein. Das polnische Parlament (Sejm) blieb zwar bestehen, verlor aber alle Befugnisse. Die Macht lag nun beim Präsidenten Ignacy Mościcki und beim Premierminister Piłsudski. Auch die Oppositionsparteien wurden verdrängt; die regierungsfeindlichen Christlichsozialen (SP) bildeten unter der Leitung von Ignacy Paderewski [1] die sogenannte Morges-Front.
Am 23. April 1935 wurde eine neue Verfassung verabschiedet, die Präsident und Premierminister noch mehr Vollmachten gab und jegliche Opposition verbot. Die im Mai abgehaltenen Parlamentswahlen ergaben eine hundertprozentige Mehrheit für die BBWR [2], die regierende Partei.
Die Politik der Regierung, "Sanierung" genannt, zielte auf völlige Ausschaltung oppositioneller Strömungen und auf Militarisierung ab. Viele politische Gegner wurden verhaftet, und das Volk verlor jeglichen Einfluss auf die Politik. Das Piłsudski-Regime trug alle Anzeichen einer Diktatur, war jedoch kein totalitäres System wie etwa das Dritte Reich.
1) Paderewski war in den Jahren 1919 bis 1926 polnischer Premierminister und Außenminister und emigrierte nach dem Putsch von 1926 in den schweizerischen Ort Morges. [¶]
2) Bezpartyjny Blok Współpracy z Rządem = parteiloser Block für die Zusammenarbeit mit der Regierung [¶]
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