Schon am 29. Juli 1939 begann Hitler, mit Stalin über einen Nichtangriffspakt zu verhandeln, und bereits am 14. August wurde in einer Unterredung zwischen Ribbentrop und Stalin der Abschluss des Pakts und -auf Wunsch Stalins- eines Geheimprotokolls festgelegt. In diesem Protokoll sollte eine Aufteilung Mitteleuropas in zwei Interessensphären vereinbart werden. Nun handelte der deutsche Botschafter Friedrich Werner Graf von der Schulenburg mit Molotow die Einzelheiten aus: Am 18. August stand bereits der Unterzeichnungstermin fest.
In der Nacht vom 23. auf den 24. August 1939 unterzeichneten Ribbentrop, Stalin und Molotow den Nichtangriffspakt und das geheime Zusatzprotokoll, das bereits die Teilung Polens vorsah:
"Aus Anlass der Unterzeichnung des Nichtangriffspakts zwischen dem Deutschen Reich und der UdSSR erörterten die unterzeichneten Bevollmächtigten beider Seiten in streng vertraulichem Satzwechsel die Sache der gegenseitigen Abgrenzung der Interessensphären beider Seiten. Diese Diskussion kam zu folgendem Ergebnis:
[...]
2. Für den Fall einer territorial-politischen Umgestaltung der zum polnischen Staate gehörenden Gebiete werden die Interessensphären Deutschlands und der UdSSR ungefähr durch die Linie der Flüsse Narew, Weichsel und San abgegrenzt.
[...]
4. Dieses Protokoll wird durch beide Seiten strikt geheim gehalten werden.
Es unterschrieben:
Für die Reichsregierung J.J. Ribbentrop
Als Bevollmächtigter der Regierung der UdSSR W. Molotow
Moskau, den 23. August 1939" [1]
Der Hitler-Stalin-Pakt verunsicherte nicht nur kommunistische Parteien in aller Welt, sondern auch die internationale Politik: Man fragte sich, wie zwei völlig verfeindete Staaten sich verbündet haben konnten. Die deutsch-sowjetische Rivalität erklärt sich jedoch nur aus der Ideologie der beiden Diktaturen; in der Praxis hingegen waren in beiden Staaten totalitäre Systeme eingerichtet, die einander sehr ähnelten. Beide Diktatoren strebten nach Hegemonie und Erweiterung ihres Machtbereichs, und die Aussicht auf eine leichte Beute (Polen) ließ sie zusammen gehen. Der sowjetische Botschafter Alexej M. Mierekalow sah die Ideologie nicht als Hindernis für einen Bündnispakt:
"Es besteht für die Sowjetunion kein Grund, warum sie nicht mit Deutschland normale Beziehungen pflegen soll. Aus normalen Beziehungen könnten auch bessere werden. Die Ideologie spielt dabei keine Rolle." [2]
Nicht unbegründet nennt man den Hitler-Stalin-Pakt eine "unheilige Allianz". Das Geheimprotokoll kam erst nach Kriegsende an die Öffentlichkeit, und die sowjetische Regierung leugnete noch bis 1989 dessen Existenz!
1) zit. in: Zbrodnia katyńska, S. 6. Punkt 2 zit. in: Zentner, Illustrierte Geschichte des zweiten Weltkriegs, S. 69. [¶]
2) zit. in: Piekałkiewicz, Der Zweite Weltkrieg, S. 39. [¶]
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