M a b u h a y

Reisebericht aus Laos und Vietnam (Teil 16)

Das Raetsel der Ebene der Tonkruege
Vientiane: Mein Fahrer erscheint puenktlich zur abgemachten Zeit vor dem Hoteleingang. Es ist noch dunkel. Die Strassen sind menschenleer. Drei streuende Hunde balgen sich mitten auf der Strasse. Es waere gar nicht so einfach gewesen, um diese Zeit ein Taxi oder ein Motorrad aufzutreiben, das mich zum Flughafen faehrt. Dies ist offensichtlich auch meinem Fahrer bewusst, der mir einen entsprechend hohen Preis abverlangt. Es ist kuehl. Ohne Jacke wuerde ich frieren. Als wir den Flughafen erreichen, daemmert es. Die Schalter sind noch geschlossen. Auf die Frage wohin ich will, kann ich gar nicht antworten! Ich weiss nur, dass es Richtung Norden zur Ebene der Tonkruege gehen soll. Auf dem Flugbillet ist als Destination zwar Xien Khouang angegeben, doch auch nach intensivem Suchen konnte ich diesen Ort auf der Landkarte nirgends ausfindig machen. Allmaehlich fuelllt sich die kleine Abflughalle. Ich bin der einzige Auslaender. Zwei einheimische Geschaeftsfrauen klaeren mich auf, dass der Flug nach Phonsavan geht. Der Flughafen soll sich einige Kilometer ausserhalb der Stadt befinden und nach dem Namen der Provinz Xien Khouang benannt sein. Als der Flug aufgerufen wird, kommt Bewegung in die Menge. Die Leute draengen zum Ausgang als ob es nicht genuegend Sitzplaetze fuer alle haette. Auch eine Gruppe franzoesicher Touristen ist eingetroffen. Zusammen mit gackernden Huehnern, die im Handgepaeck mitgefuehrt werden, besteige ich das Flugzeug der Lao Aviation. Es ist eine ATR 72, ein mittelgrosses Propellerflugzeug. Zwei Reihen vor mir sitzt ein aelterer Auslaender mit seiner jungen laotischen Frau oder Freundin. Nervoes rutscht sie auf ihrem Platz hin und her. Ihr Blick ist aengstlich. Sie scheint das erste Mal zu fliegen. Liebevoll halten sich die beiden die Haendchen. Hinter mir schreit ein kleines Kind. Mit einer Viertelstunde Verspaetung heben wir ab. Nach zwanzig Minuten ueberfliegen wir endlose, dichte Bergwaelder. Mit rund 19 Einwohner pro km2 weist Laos mit Abstand die duennste Bevoelkerungsdichte aller Suedostasiatischen Staaten auf. Je weiter wir nach Norden fliegen, umso hoeher werden die Bergkaemme. Die Taeler liegen unter der Wolkendecke. Die bergige Landschaft ist wunderschoen. Von weitem kann man ein riesiges von Bergen umringtes Wolkenmeer erkennen: die Ebene der Tonkruege. Am Suedrand des auf 1200 m u.M. gelegenen Plateaus ueberragt ein Gebirgszug alle anderen. Das wird der Phu Bia sein, mit seinen 2850 Metern der hoechste Berg von Laos. Der Kapitaen kuendigt die Landung an. Langsam verlieren wir an Hoehe und naehern uns der Wolkendecke. Gemaess meinem Reisebuch soll die Ebene der Tonkruege aus der Vogelperspektive durch die tausenden im Vietnamkrieg entstandenen Bombentrichter wie eine Mondlandschaft aussehen. Da der Ho Chi Minh-Pfad durch dieses Gebiet fuehrte, wurden hier insgesamt mehr Bomben abgeworfen, als waehrend des ganzen zweiten Weltkrieges auf Europa! Wegen der Wolkendecke kann ich davon nichts erkennen. Als wir in das weisse Meer eintauchen, wird es mir fuer eine kurze Zeit Bange. Wie hoch wir wohl noch fliegen? Funktioniert der Hoehenmesser auch richtig? Nach 30 Sekunden sind wir durch. Aufatmen. Wir sind noch immer etwa 300 Meter ueber dem Boden. Die Landung auf der kleinen Piste ist perfekt. Das Flugzeug rollt aus und parkt auf einem kleinen unasphaltierten Feld. Da mein Weiterflug nach Luang Prabang in Vientiane nicht bestaetigt werden konnte, muss ich mich bei der Ankunft im Flughafengebaeude bei Miss Phout melden. Ich ueberlege mir, was ich bis zum morgigen Abflug in diesem "Kaff" ueberhaupt machen soll. Am liebsten wuerde ich gleich heute Nachmittag weiterfliegen. Ein Besuch der wichtigsten Fundstaette wird doch sicher nicht mehr als einige Stunden in Anspruch nehmen. Ich habe Glueck. Ein Platz im Nachmittagsflug nach Luang Prabang ist noch frei. Ich buche um. Es ist 09.00 Uhr morgens. Um 14.00 Uhr muss ich wieder im Flughafen sein. Fuenf Stunden stehen mir zur Verfuegung um diese geheimnisumwitterte Ebene der Tonkruege zu entdecken. Tai, ein 19jaehriger, gut englischsprechender Bursche stellt sich mir als Fuehrer vor und bietet an, mich fuer 40 US $ zu den zwei wichtigsten Fundstaetten zu fuehren. Die Strasse vom Flughafen nach Phonsavan ist ganz neu. Ich bin von den vielen schoenen, grossen, neuen Haeusern ueberrascht. Sie sollen chinesischen und vietnamesichen Geschaeftsleuten gehoeren. Bei der Vorbeifahrt an einer besonders grossen Villa bemerkt der Fahrer schmunzelnd, dass diese der Drogen-Mafia gehoere. Die Haeuser liegen weit auseinandergezogen. Die Stadt wirkt wie eine Pionierstadt. Auf engem Raum leben hier Gruppen der Lao Lum (Tieflandbewohner) und Lao Theung (Hochlandbewohner). Als Sehenswuerdigkeit zeigt man mir wie die Laoten kreativ mit dem Kriegsschrott umgehen, welcher einst von der amerikanischen Luftwaffe abgeworfen wurde. Aus Bomben- und Granathuellen sind Zaeune fuer Haeuser, Schulgongs, Blumenkaesten und Schweinetroege entstanden. Bei einem Kaffee und den traditionellen knusprigen Baguettes lerne ich Khamseng, so heisst der Fahrer unseres Minibusses, kennen. Die mit Abstand imponierenste und interessanteste der rund 52 Fundstaetten liegt einige Kilometer suedoestlich von Phonsavan. Auf einer Flaeche von 25 Hektaren befinden sich hier 307 der raetselhaften Kruege. Die Strasse fuehrt durch eine huegelige baumlose Landschaft. Das seinerzeit von den Amerikanern verspruehte Entlaubungsmittel Agent Orange verhindert noch heute, mehr als 30 Jahre nach dem Krieg, einen normalen Baumwuchs. Der Eintritt zur Fundstaette Nr. 1 kostet 4'000 Kip. Auf einer Anhoehe befinden sich einige der groessten Kruege. Der "King Jar", der Koenigskrug, ist der groesste. Er weist einen Durchmesser von 2 1/2 Meter auf und ist 2,57 Meter hoch. Die Bombardierungen waehrend des Krieges haben etliche Kruege zerstoert. Auch die Bombentrichter sind nicht zu uebersehen. Der Anblick auf die in einem weiten Umkreis des Huegels verstreuten Kruege ist faszinierend. Ich kann es fast nicht glauben, selbst an diesem geheimnisvollen Ort zu stehen. Manche Kruege scheinen in Gruppen angeordnet, andere stehen in unregelmaessigen Abstaenden in der Landschaft herum. Die Kruege weisen erhebliche Unterschiede bezueglich Groesse und Form auf. Es gibt die grossen, die ganz grossen und eine grosse Menge kleinere. Die grossen sind zwischen 1 und 1 1/2 Meter hoch, die kleinen sind kaum groesser als 50 Zentimeter. Zahlreiche sind rechteckig, andere sind oval oder zylindrisch. Einzelne Deckel liegen verstreut herum. Wer diese Kruege geschaffen hat und vor allem zu welchem Zweck sie verwendet wurden, bleibt eines der ungeloesten Raetsel dieser Welt. Obwohl die Wissenschaft heutzutage ueber die modernsten Methoden zur Analyse von Materialien verfuegt, ueberrascht es sehr, dass sich die Experten nicht einmal ueber das verwendete Material einig sind. Nach einer Theorie franzoesischer Forscher sollen die Kruege aus Granit, Schiefergestein oder Kalkstein gemeisselt worden sein. Da dieses Gestein in der Gegend nicht vorkommt, bleibt gleich die Frage offen, wie denn diese 1 bis 6 Tonnen schweren Brocken hierher gebracht wurden. Die oertliche Sage behauptet, dass der Rohstoff aus einem Zement von Bueffelhaut, Zuckerrohr, Sand und Wasser bestehe und in einer der naheliegenden Kalksteinhoehle mit Rauchabzug gebrannt wurden, was zur der Bezeichnung "Tonkruege" fuehrte. Der Legende nach sollen die Gefaesse von einem chinesischen General erstellt worden sein, um Reiswein fuer eine Siegesfeier zu keltern. Das Gelage soll im 6. Jahrhundert stattgefunden haben. Die Geschichte wird gerne von den Einheimischen erzaehlt, ist aber nicht ernst zu nehmen, denn die Archaeologen schaetzen das Alter der Kruege auf rund 2000 Jahre. Eine andere Theorie besagt, dass die Kruege Vorratsbehaelter fuer Reis und andere Produkte waren. Auch diese Erklaerung scheint kaum glaubwuerdig. Weshalb wuerde man dazu solch massive Kruege erstellt haben? Die Archaeologen halten die Kruege eher fuer Begraebnisurnen bzw. Urnen fuer Grabbeigaben eines megalitischen Volkes. Was wohl Erich von Daeniken dazu meint? Egal welche der Hypothesen zuletzt zutrifft, das Raetsel um die Ebene der Tonkruege wird noch viele Jahre weiter bestehen. Die zweite Fundstaette liegt etwa 25 Km in oestlicher Richtung entfernt. Auf zwei Huegeln liegen dort etwa 60 Kruege. Mittlerweile ist es Mittag geworden. Der Hunger macht sich langsam spuerbar. Es ist Zeit nach Phonsavan zurueckzufahren. Der Fahrer fuehrt mich in sein Guesthouse zum Mittagessen. Er stellt mir seine beiden Toechter vor. Die Zeit geht rasch vorbei. Schon ist es Zeit sich zum Flughafen zu begeben. Es war zwar ein kurzer Besuch, gelohnt hat er sich aber auf jeden Fall. Mein Abflug ist um 15.30 Uhr. Waehrend laengerer Zeit bin ich der einzige wartende Passagier. Gegen 15.00 Uhr treffen noch drei weitere ein, alle wollen jedoch nach Vientiane. Es sollen heute noch zwei Maschinen ankommen: eine groessere aus Vientiane und eine kleinere aus Luang Prabang. Eine Maschine ist gelandet. Es ist die kleinere, also meine. Zwoelf Touristen steigen aus. Bin ich wirklich der einzige Passagier? Es scheint so. Gemeinsam mit dem Co-Pilot und Pilot marschieren wir zum Flugzeug. Ich spreche einen der Piloten an um ihn scherzhaft zu fragen wieviele Air-Hostessen mich auf dem Flug betreuen. Da er anscheinend nur wenig Englisch versteht, nehme ich an, dass es sich um den Co-Piloten handelt. Eine Alkoholfahne weht mir bei seiner Antwort entgegen. Oha, das war wohl nicht Coca-Cola! Beim naeherkommen der Maschine begreife ich weshalb sich die Piloten vor dem Abflug Mut antrinken muessen. Es ist eine Y12, eine alte chinesische Maschine. Die Kabine ist gerade 12 m3 gross. 12 Passagiere haben darin Platz. Das maximale Ladegewicht ist mit 1'700 Kg angegeben. Ich sitze neben dem Notausgang. Vielleicht besser so. Der Griff zum Oeffnen der Tuere ist mit einem Klebesteifen fixiert! Wir starten. Die Maschine zieht hoch. In einem weiten Kreis drehen wir ueber das Flughafengebaeude hinweg. Wir fliegen wiederum ueber unzaehlige, von dichtem Wald bewachsene Bergzuege. Laos besitzt enorme Ressourcen an Nutz- und Edelholz. Der Holzhandel hat dem Staat auch erhebliche Einnahmen gebracht. Doch die Fortswirtschaft und die Aufforstung konnten nicht miteinander Schritt halten. Jedes Jahr gehen schaetzungweise ueber 300'000 Ha Bergwald durch Holzeinschlag verloren. Die Rodung ist aus der Luft gut erkennbar. Die kahlen Landstreifen inmitten des dunkelgruenen Waldmeeres wirken wie ein Flickwerk. Der Flug ist ruhig. Die Motoren toenen vertrauenswuerdig. Ein echtes Erlebnis ist der Anflug von Luang Prabang. Zunaechst fliegen wir dem Mekong-Fluss entlang. Auf der linken Seite kommen die ersten Haeuser der Stadt in Sicht. Ich einer 180Grad Schlaufe ueberfliegen wir den Fluss und setzen zur Landung an. Wir fliegen dabei am Berg Phou Si vorbei, der sich in der Mitte der Stadt erhebt. Weich wie ein Adler setzt der Pilot die Maschine auf der Piste auf. Ein ereignisreicher Tag geht damit zu Ende.
Amerikanischer Kriegsschrott als Dekoration

Luang Prabang, die koenigliche Hauptstadt
Der Himmel ist stark bewoelkt. Gestern Nachmittag war es bei meiner Ankunft doch noch so sonnig. Ich bin enttaeuscht, wollte ich doch heute fotografieren. Dazu brauche ich einfach Sonne. Schon einige Male hat mir das Wetter einen Strich durch die Rechnung gemacht. Wird dies nun auch wieder in Luang Prabang der Fall sein? So gehe ich vorerst mit dem Fahrrad auf Erkundungstour. Die Zeit in Luang Prabang scheint still zu stehen. Bis 1975 war die Stadt am Oberlauf des Mekongs die Hauptstadt von Laos. Die 30'000 Einwohner zaehlende Stadt steht seit 1995 auf der UNESCO-Liste des Weltkulturerbes. Die Sehenswuerdigkeit sind die zahlreichen Tempel, einer schoener als der andere. Der Beruehmteste ist der Wat Xieng, der 1656 von Koenig Setthathirat erbaut wurde. Das meistbesuchte Gebaeude ist der Koengispalast der bis 1975 von der Koeniglichen Familie bewohnt wurde. Am Giebel ueber dem Eingang ist das alte Emblem des Landes zu sehen, Erawan, der dreikoepfige weisse Elefant, der die drei laotischen Reiche des Lane Xang (das Reiche der Millionen Elefanten) symbolisiert. Im Innern des Palastes koennen der Audienzsaal mit dem Thron, der Empfangsraum fuer Privataudienzen sowie die Privatraeume der koeniglichen Familie besichtigt werden. Der Palast beherbergt auch Geschenke zahlreicher Koenige und Staatsoberhaeupter, so ein Tee Service aus Porzellan von General de Gaulle und Fragmente von Mondgestein von US-Praesident Richard Nixon. Die eigentliche Sehenswuerdigkeit ist aber eine kleine, 83 cm hohe, 54 Kg schwere, aus Gold, Silber und Bronze geschaffene Buddha-Statue, den Phra Bang. Auch dieser Buddha wurde einst von den Siamesen nach Bangkok entfuehrt, im Gegensatz zum Emerald-Buddha, wurde der Phra Bang spaeter dem Koenig von Luang Prabang wieder zurueckgegeben. Die beste Aussicht auf die Stadt geniesst man vom Berg Phou Si. 382 Stufen fuehren durch Frangipanibaeume auf den Huegel zum Wat Choum Si. Nach 80 Stufen bin ich bereits dermassen ausser Atem, dass ich eine mehrminuetige Pause einschalten muss. Ich komme mir vor wie ein Bergsteiger am Everest. Zehn Stufen hoch, verschnaufen, wieder zehn Stufen hoch, verschnaufen. Der Schweiss rinnt nur so aus meinen Poren. Auf halber Hoehe verkaufen zwei Frauen das Eintrittsbillet. Als sie mich sehen, lachen sie verschmitzt. "Bin halt schon ein alter Man, keine Kraft mehr" rufe ich ihnen zu. Die Frauen "gigelen". Die Sicht auf die inmitten von Koskospalmen und Bananenbaeumen liegende Stadt ist die Anstrengung alleweil wert. Sehr gut erkennt man von hier oben, wie der untere Stadtteil zwischen Mekong und der Muendung des Nebenfluss Nam Khan auf einer Halbinsel liegt, fast wie die Altstadt von Bern. Gegen 10 Uhr scheint sich die Wolkendecke aufzuloesen. Die blauen Himmelflecken werde immer groesser. Tatsaechlich, eine Stunde spaeter herrscht schoenstes Wetter. Also, sofort ins Hotel zurueck um die Fotoausruestung zu holen. Die Tour beginnt nochmals von vorne. Wunderschoen ist auch der Wat Sene mit seinen auf rotem Grund verzierten Gold-Dekor. Doch der schoenste aller Tempel ist ohne Zweifel der Koengistempel neben dem Koenigspalast. In der nachmittaeglichen Sonne glizzert die mit herrlich vergoldeten Holzschnitzereien verzierte Front des Tempels besonders schoen. Etwas vorsichtiger als am Vormittag nehme ich die 382 Treppen zum Wat Choum Si erneut in Angriff. Die beiden Frauen haben Freude als sie mich wieder sehen. Sie lassen mich sogar hinauf ohne nochmals den Eintritt bezahlen zu muessen. Schade, dass abends in der Stadt nicht viel los ist. Im Touristenviertel in der Umgebung des Koenigspalastes gibt es zahlreiche Restaurants. Cafe des Artistes, Au Potiron, Restaurant Indochine wie sie alle heissen. Auch Internetanschluesse gibt es in Huelle und Fuelle fuer 200 Kip die Minute (etwa Fr. 2.- pro Stunde).
Luang Prabang

Zu den Pak Ou-Hoehlen
Jeden Morgen um 05.00 Uhr bereitet die Frau neben meinem Guesthouse Klebreis fuer die Moenche zu. Sie schlaegt mir vor, am naechsten Morgen zwischen 06.15 und 06.30 Uhr bei der taeglichen Gabe an die rund 300 Moenche beizuwohnen. Das Aufstehen ist recht muehsam. Ich verspuere in den Oberschenkeln ein schmerzender Muskelkater. Tja, diese Treppen! Puenktlich um 06.15 Uhr kommen die Moenche in ihren safrangelben Roben in der Morgendaemmerung in einer scheinbar endlosen Kolonne daher gelaufen. Lautlos marschieren sie barfuss die Strasse entlang und sammeln die Spenden ein. Nach einer Viertelstunde ist der ganze Spuk vorbei. Die Moenche sind in ihre Tempel zurueckgekehrt. Fuer den heutigen Tag ist ein Ausflug mit dem Boot zu den Pak Ou-Hoehlen, etwa 30 km Mekongaufwaerts, geplant. Der Himmel ist auch heute wieder bedeckt. Ich habe diesbezueglich jedoch keine Bedenken mehr. Das Boot tuckert stromaufwaerts dem rechten Ufer entlang. Durch den niedrigen Wasserstand haben die Bewohner an den von Fluss freigegebenen Ufern Gemuesegaerten angelegt. Die Erosion durch das Hochwasser waehrend der Regenzeit ist deutlich sichtbar. Grosse Erdmassen werden jedes Jahr dadurch weggeschwemmt. Der Fluss fuehrt durch eine huegelige Landschaft. Bizarre Berge versperren scheinbar den Lauf des Flusses. Mehrmals muss das Boot Stromschnellen ausweichen. Einige schwerbeladene Boote mit Einheimischen kommen uns entgegen. Man kann uebrigens auch von Luang Prabang mit Schnellbooten nach Chiang Khon, an die thailaendische Grenze fahren, resp. von dort nach Luang Prabang gelangen. Wie erwartet haben sich auch heute die Wolken im Verlaufe des Vormittags verzogen. In der Zwischenzeit hat das Boot auf die linke Uferseite gewechselt. Nach kurzer Zeit steuert mein Bootsfuehrer wieder auf die rechte Uferseite zu, wo die Haeuser eines Dorfes sichtbar werden. Wir legen an. Das Dorf heisst Xang Hai. Die Leute leben von der Destillation von Branntwein und vom Souvenirsverkauf an Touristen. Ich komme ins Gespraech mit dem Abt des Tempels. Er moechte gerne fotografiert werden. Na, noch so gerne. Ich zaehle auf thailaendisch "eins, zwei, vier!" und druecke ab. Er laechelt und belehrt mich, dass ich die "drei" vergessen habe. Nein, nein, diese Kamera hat keine "drei" antworte ich ihm. Daraufhin bricht er in einen Lachkrampf aus. Wir verabschieden uns freundlich. Ich verspreche ihm die Foto per Post zuzustellen. Nach zwei Stunden erreichen wir den grossen Kalksteinfelsen in dem sich die bekannte Hoehle mit den vielen Buddhas befindet. Von der Anlegestelle fuehrt eine kleine Treppe zur unteren Tam Tong-Hoehle. Der Anblick der rund 4000 kleinen Buddha-Skulpturen ist ueberwaeltigend. Die meisten sind aus Holz geschnitzt oder aus einem Baumharz geformt, mit rotem oder schwarzem Lack bemalt und mit Goldplaettchen bedeckt. Einige der Skulpturen stammen aus dem 18. Jahrhundert. Bis 1975 pilgerte der Koenig und das Volk von Luang Prabang einmal im Jahr zu den Hoehlen um neue Buddha-Skulpturen zu offerien. Die obere Hoehle, die Tam Phum-Hoehle fuhert zwar viel tiefer in den Berg hinein, ist aber weit weniger spektakulaer. Der Blick hinunter zum Mekong und auf die gegenueberliegende Berge laesst einem fuer eine kurze Zeit in Traeume versinken. Der ohrenbetaeubende Laerm eines Schnellbootes, das mit bis zu 80 km / Std. den Fluss abwaerts donnert reisst mich in die Wirklichkeit zurueck. Es ist Zeit nach Luang Prabang zurueckzukehren.
Pak Ou-Hoehlen

Zurueck nach Vientiane
Gerne waere ich noch einige Tage laenger in Luang Prabang geblieben oder, haette ich mich jemanden anschliessen koennen, auch noch einige Tage in Vang Vien verbracht. Doch wie gewoehnlich bin ich alleine und beschliesse deshalb nach Vientiane zurueckzufahren. Obwohl die Strasse in gutem Zustand ist, kommen wir wegen des regen Verkehrs von Ziegen, Bueffeln, Schweinen, Enten, Hunden und Kuehen nur schleppend voran. Die Strasse fuehrt weiter ueber unzaehlige hohe Bergzuege. Ein staendiges auf und ab. Grosse feuerrote Buesche von Weihnachtssternen sowie gelbe Buesche von Margueriten zieren den Strassenrand. Je hoeher wir kommen, desto dichter wird der Bambuswald. Auf den Passhoehen werden wir jeweils in Nebelschwanden gehuellt. Unverhofft bekomme ich unterwegs Gesellschaft. Eine Heuschrecke hat sich am Aussenfenster festgesetzt und starrt mich mit ihren kleinen runden Augen an. Sie scheint die Fahrt zu geniessen. Ihre beiden Antennen biegen sich im Fahrtwind. Waehrend einer laengeren Zeit schauen wir uns Auge in Auge an. Als sie abspringt, bin ich fast ein wenig enttaeuscht. Fuer eine kurze Zeit fuehlte ich mich nicht so alleine. Bon voyage und danke fuer die Gesellschaft. Vor dem Dorf Kasi wird die Landschaft endlich etwas flacher. Erstmals seit unserer Abfahrt verlaeuft die Strasse 100 Meter gerade aus. Karststeinfelsen mit bizarren Formen praegen nun die Landschaft. In Vang Vien, steigen zwei Busspassagiere aus. 90 km vor Vientiane erreichen wir das schimmernde Wasser des Nam Ngum Staudammes. Laos verfuegt auch ueber ein riesiges Potential an Wasserkraft, welches mittlerweile durch grosse Staudaemme und Elektrizitaetswerke genutzt wird. Im Zuge eines internationalen Mekong-Projektes wurden zwischen 1972 und 1975 der Ngu-Staudamm errichtet und ein Wasserwerk gebaut. Der erzeugte Strom wird groesstenteils in das benachbarte Thailand exportiert. Um 17.00 Uhr bin ich wieder in Vientiane zurueck. Vier Tage ohne Zeitungen und Fernsehen, war das eine Erholung. Diese staendigen Meldungen von Anschlaegen und Vergeltungsschlaegen in Israel mag ich bald nicht mehr hoeren. Auch die Taliban sind noch nicht gestuerzt und der Bin Laden ist noch immer nicht gefunden worden. Der laeuft doch frei in den USA herum und lacht sich ins Faeustchen. Meine Reiseplanung hat sich einmal mehr als gut erwiesen. Das Visum fuer Vietnam ist ab morgen gueltig. In unmittelbarer Naehe des Hotel Paris werden in einer Imbissbude Busbillette nach Hue verkauft. Die Fahrt kostet 25 $. Das trifft sich ja gut, die Reise nach Vietnam scheint demnach doch mehr frequentiert zu werden, als angenommen. Der Grenzuebergang nach Lao Bao (Vietnam) ist erst seit 1994 fuer auslaendische Touristen offen. Die Auskunft ueber die Abfahrt der Busse ist aber sehr vage. Also doch nicht so einfach. Was mich vor allem stoert ist, dass der Preis fuer die Fahrt nach Hue teurer ist als nach Hanoi! Das ist doch absolut unlogisch, denn Hanoi liegt ja einige Hundert Kilometer noerdlich von Hue. Eine Rueckfrage bei der Busstation bestaetigt den Preis. Eine zweite Nachfrage ergibt, dass die Busse ueber Hanoi nach Hue fahren und daher nicht ueber den Grenzuebergang von Lao Bao in Zentralvietnam fahren. Oha, das scheint wohl komplizierter zu werden. Was soll ich nun machen? Ich beschliesse in den naechsten Tagen mit dem Lokalbus vorerst nach Savannakhet zu fahren. Von dort wird es sicher eine Menge Busse nach Vietnam geben. Ich bin relativ frueh wach. Auf der Hauptpost kaufe ich mir die neuesten laotischen Briefmarken. Da der Busbahnhof gleich daneben liegt, erkundige ich mich wo und wann die Busse nach Savannakhet eigentlich abfahren. Der naechste Bus faehrt um 09.30 Uhr, in einer halben Stunde. Warum eigentlich nicht schon heute abreisen? Ich habe ja hier nichts mehr verloren. Ich beschliesse kurzfristig nach Savannakhet zu fahren. Ich muss jedoch noch meinen Rucksack packen und gefruehstueckt habe ich auch noch nicht. Also nichts wie ins Hotel zurueck. Eilig packe ich meine Sachen zusammen und bezahle das Zimmer.
Begegnungen

Die Grenze von Lao Bao
Die Fahrt mit dem oeffentlichen Bus kostet 24'000 Kip, etwa 2 1/2 $. Die Ankunft ist gegen 17.00 Uhr vorgesehen. Als Fruehstueck gibt es ein Baguette mit Pate und eine Flasche Mineralwasser. Puenktlich fahren wir ab. Es geht eine laengere Zeit Richtung Norden. Weshalb nach Norden? Wir sollten doch dem noerdlichen Ufer des Mekongs entlang nach Osten fahren! Nach einer halben Stunde kommen wir zu einer Strasssengabelung. Der Bus zweigt nach rechts ab. Na also. Die Strecke fuehrt nach Muang Pakxan nach Sueden, Richtung kambodschanische Grenze. Nach acht Stunden erreiche ich mein Ziel. Savannakhet, Hauptstadt der gleichnamigen Provinz, ist die viertgroesste Stadt von Laos. Der Grenzuebergang von Mukdahan (Thailand) nach Savannakhet ist neben Nong Khai, der wichtigste Uebergang fuer Handel nach Laos. Die Exporte sind von 1,6 Bio Baht (1994) letztes Jahr auf 5,1 Bio Baht angestiegen. Motorraeder sowie Ersatzteile, elektrische Geraete und Nahrungsmittel fuehren die Liste an. Der Grund dieser massiven Zunahme ist aber nicht etwa einer gedeihenden laotischen Wirtschaft zuzuschreiben, sondern vielmehr der zunehmenden Beliebtheit thailaendischer Waren in Vietnam. Rund 80% aller Waren gehen nach Vietnam. Durch den kuerzlichen Beschluss hier eine Bruecke ueber den Mekong sowie eine neue Strasse an die vietnamesische Kueste zu bauen, wird in den naechsten Jahren ein Wirtschaftsboom erwartet. Thailand erhofft dadurch seine Exporte nach Vietnam noch mehr zu steigern. Die Vietnamesen hoffen dagegen auf ein gutes Geschaeft mit der Einnahme von Gebuehren fuer die Benuetzung des Tiefseehafens von Danang durch thailaendische Haendler. Und die Laoten? Als einziges Binnenland Suedostasiens wuerde die neue Strasse ihnen das Tor zur See oeffnen. Die 1,6 Km lange Bruecke ueber den Mekong soll im Jahr 2006 fertig sein. Doch das ist noch Zukunftsmusik. Vorerst muessen die 210 Km an die vietnamesische Grenze noch auf einer miserablen Strasse zurueckgelegt werden. Die erste Ueberraschung ist perfekt. Es soll heute kein Bus nach Hue fahren! Diese sollen nur am Montag und Donnerstag fahren. Heute ist Dienstag. Zwei Tage hier verbringen, das kommt gar nicht in Frage. Dann fahre ich lieber nach Bangkok und fliege nach Hue oder direkt nach Manila. Ich will ja im Prinzip so schnell wie moeglich auf die Philippinen! Auf einer grossen Tafel ist der Fahrplan der Busse angegeben. Nach Hue faehrt ein Bus effektiv nur am Montag und Donnerstag. Am Dienstag, Mittwoch und Samstag gibt es aber ein Bus nach Danang. Na also! Hue liegt ja auf dem Weg nach Danang, weshalb sollte ich nicht mit dem heutigen Bus fahren koennen? Um von der Landschaft etwas zu sehen, waere ich lieber tagsueber gefahren. Doch anscheinend gibt es nur Nachtbusse. Nach langem Palaver kaufe ich das Billett bis Hue. 83'000 Kip, ca. 9 $. Mit dem Kauf des Billet wird auch gleich eine Unfallversicherung abgeschlossen: 1,1 Mio Kip fuer Spitalbehandlungskosten, 35 Mio bei Todesfall. Die Strecke muss ja Lebensgefaehrlich sein! Die Abfahrt ist um 22.00 Uhr. Die Ankunft in Hue ist gegen 14.00 Uhr vorgesehen. 16 Stunden! Auch das wird sicher zu schaffen sein. Bis zur Abfahrt sind es noch 4 1/2 Stunden. Genug Zeit um endlich auch mal etwas zu essen. Seit dem Fruehstueck gab es nichts mehr. Ich plaudere mit den Leuten. Die Zeit geht dadurch auch ein wenig schneller vorbei. Sie haben auch Freude daran und fragen mich allerlei. Ich komme ins Gespraech mit dem jungen Maedchen, das an einem der zahlreichen Staende Pouletschenkel auf Holzkohle grilliert. Als ich ihr erzaehle, dass ich nach Vietnam fahre, moechte sie mitkommen. Sie ist 18, recht huebsch. Tja, so eine Begleitung waere mal etwas anderes! Als Proviant kaufe ich mir 2 "gai yaan" - Pouletschenkel, 2 Baguettes und eine Flasche Mineralwasser ein. Man kann ja nie wissen, was fuer Ueberraschungen noch auf mich zukommen werden. Der vietnamesische Bus ist eingetroffen. Es scheint ein moderner, konfortabler Bus zu sein. Wir sind nur ein Dutzend Passagiere, darunter ein australisches Geschwisterpaar. Ich bin froh nicht der einzige Auslaender zu sein. So kann ich wenigsten mit jemanden sprechen, obwohl ich dieses "Australisch" nur schlecht verstehe. Als wir den Bus durch die Hintertuer besteigen, kriege ich fast einen Schock. Der ganze Bus ist vollgestopft mit Kartons. Der Gang, die Gepaeckfaecher, unter den Stuehlen, ja sogar der Raum fuer die Fuesse ist mit Waren gefuellt! Ist das eigentlich ein Passagierbus oder ein Warentransport? Wie soll man denn so sitzen? Etwa im Schneidersitz? Ich habe sonst schon Muehe in meinen zu engen Jeans. Dazu trage ich noch meine Bauchtasche mit dem Pass. Wenigstens hat man zwei Sitzplaetze zur Verfuegung. Um nicht allzufest eingeengt zu sein muss ich meinen Guertel lockern und den Reisverschluss meines Hosenladens oeffnen. Mensch, das wird ja wieder eine Fahrt werden. Als sich alle einigermassen konfortabel eingerichtet haben, fahren wir los. Die Strasse ist sehr schlecht. An Schlafen ist nicht zu denken. Der Mond leuchtet hell, so kann man von der Landschaft doch noch etwas mitbekommen. So fahren wir die ganze Nacht hindurch. Die Zeit vergeht ueberraschend schnell. Eine halbe Stunde streckt man die Fuesse nach rechts, eine halbe Stunde nach links, eine halbe Stunde zum Fenster hinauf. Bald einmal ist es 03.00 Uhr morgens. Gegen 05.00 Uhr wird es hell. Eine Stunde spaeter erreichen wir die Grenze. Die Ausreiseformalitaeten auf laotischer Seite sind rasch erledigt. Zum vietnamesischen Posten geht es etwa 200 Meter weiter. Die Strasse ist durch die Regenfaelle in einem schrecklichen Zustand. In der knoecheltiefen rotbraunen Erde kaempfen wir uns zum Gebaeude mit der roten Flagge mit gelbem Stern durch. Wir sind zu frueh. Die Grenze hier oeffnet erst um 07.00 Uhr. Geduldig warten wir. Auch die Einreise ist problemlos. Der junge vietnamesische Beamte ist sehr freundlich. Wir waeren eigentlich bereit zum weiterfahren. Der Grenzuebertritt war ja gar nicht so schlimm wie so manche erzaehlten. Wo ist aber unser Bus? Waehrend wir auf den Bus warten, lasse ich mir von einer Geldwechslerin einen ganz schlechten Kurs andrehen. Schon bei der Ausreise von Laos bin ich erwischt worden als ich meine uebriggebliebenen 16'000 Kip in vietnamesische Dongs wechselte. Mit den verschiedenen Waehrungen, Kip, Baht, Dong, Dollar gibt es manchmal schon einen kleinen Salat, aber so kompliziert ist es ja auch wieder nicht, vor allem wenn man so Reiseerfahren ist, wie ich es sein sollte. 10'000 Kip sind 1 US $ = 15'000 Dong. Also muesste ich fuer meine 16'000 Kip etwa 22'000 Dong erhalten und nicht 10'000! Wie mich die Geldwechslerin beim Wechseln von 1'000 Baht erwischt hat, aergert mich aber. Dabei waere es doch so einfach gewesen. Haette ich nur vorher ein wenig ueberlegt: 1'000 Baht sind etwa 23 US $ x 15'000 Dong = 345'000 Dong. Erhalten habe ich 145'000 weniger! Der Verlust von 10 $ ist zu verkraften, aber ich habe mich als daemlicher Tourist verkauft, der nicht zaehlen kann. Nach 3/4 Stunde kommt unser Bus angefahren. Ach ja, den Zoll haette ich beinahe vergessen. Das Gepaeck der Passagiere wird ausgeladen und auf dem Boden ausgebreitet. Ein halbes Dutzend Zoellner stehen bereit um jedes einzelne Gepaeckstueck zu kontrollieren. Sogar ein Drogenhund kreuzt auf! Im ersten Moment stockt mir den Atem. Verdammt nochmal, ich wollte nach meiner Rueckkehr von Luang Prabang doch noch mein Rucksack kontrollieren. Ich habe zwar ein ruhiges Gewissen, aber was wuerde geschehen, wenn ich Opfer einer Bande geworden waere, die mir Drogen darin versteckt haette? Weshalb nur habe ich diese Vorsichtsmassnahme vergessen? Der Gedanke, dass mir jemand etwas im Rucksack versteckt haben koennte, verfolgt mich. Nein, nein, so etwas darf nicht sein, das ist unmoeglich. Der Hund beschnuppert die Taschen und Kartons. Als er sich meinem Rucksack naehert, ist es mir ehrlich gesagt nicht ganz wohl. Ich versuche mich auesserlich hin entspannt zu geben, doch ich habe den "Gagg" in den Hosen. Er laeuft ueber meinen Rucksack hinweg und stuerzt sich auf eine danebenliegende Tasche. Er schnueffelt wie wild an der Tasche herum und will sich mit seinen Pfoten oeffen. Alle schauen gespannt zu. Hat er etwas gefunden? Der Zoellner oeffnet die Tasche und der Hund reisst ein Hemd und einen Schuh heraus. Sein Schwanz wedelt wild hin und her. Er will noch mehr Kleidungsstuecke aus der Tasche reissen, doch der Zoellner hindert ihn daran. Offensichtlich will er nur spielen. Die Suche ist beendet. Ich bin sichtlich erleichtert, als der Hund wieder verschwindet. Doch nun wollen die Zoellner auch noch unser Gepaeck durchsuchen. Man hat ja Zeit, viel Zeit. Zwei Zoellner nehmen sich meinem Rucksack an. Der eine interessiert sich speziell fuer die Apotheke. Peinlichst genau begutachtet er jede Medikamenteschachtel, als ob er davon etwas verstehen wuerde. Bei der Schachtel mit dem Pflastern zur Vorbeugung von Blasen muss ich ihn aufklaeren was es ist. Der andere wuehlt in meinem Necessaire. Seine Aufmerksamkheit stoest auf eine kleine rote Packung mit Erdbeeren drauf. Mehrmals dreht er sie in der Hand und schaut sie mit ernster Miene an. Hat er noch nie eine Schachtel Kondome mit Erdbeergeschmack gesehen? Als sie auf meine Fotos von Pakistan stossen, wird die Stimmung lockerer. Sofort erkennt einer Bin Laden. Alle wollen das Foto sehen. "Aber nein, der Bin Laden hat doch einen viel groesseren Bart" erwidere ich und zeige ihnen die Foto von Bin Laden auf einem T-shirt, das in Nong Khai auf dem Markt verkauft wurde. Alle lachen. Die Durchsuchung ist zu Ende. Doch an eine Weiterfahrt ist nach wie vor nicht zu denken. Nun wird der Bus ausgeladen, Karton um Karton. So langsam aber sicher hege ich Zweifel, ob wir heute um 14.00 Uhr in Hue ankommen werden. Eine Stunde ist vergangen. Noch immer wird ausgeladen. Inzwischen stapeln sich Berge von Schachteln und Kartons neben dem Bus. Alles thailaendische Waren. Baby Shampoo, Ovaltine, Milo, Mama Nudeln, Nestle Kondesmilch und Schokolademuenzen. So gerne wir eigentlich weitergefahren waeren, so interessant und unterhaltsam ist es zuzusehen, welche Unmengen von Waren in diesem Bus verstaut sind. Die Zoellner zaehlen die Kartons und listen sie auf. Nach drei Stunden ist alles wieder eingeladen. Doch jetzt kommt die Ladung auf dem Dach dran. Endlich, nach vier Stunden ist die ganze Prozedur beendet. Der Bus kann weiterfahren. Wir sind nur noch zu fuenft. Das australische Geschwisterpaar und die beiden vietnamesischen Haendlerinnen, welche die ganze Ware importieren. Die anderen Passagiere sind verschwunden. Nach knapp 300 m stoppt der Bus bei einer Imbissbude an. Der Fahrer wird wohl Mittagessen wollen. Wir warten geduldig. Als er nach einer Stunde nicht zurueck ist, wundern wir uns ein wenig. Normalerweise dauert eine Mittagspause etwa eine halbe Stunde. Wann soll es denn weitergehen? Niemand sagt uns etwas. Fragen wir, koennen die Leute entweder kein Englisch oder dann wissen sie es selbst nicht. "Meine" Geldwechslerin kommt daher. Strahlend und ungeniert fragt sie mich ob ich nicht nochmals 1000 Baht wechseln will. Nein, nein Maedchen, der bloede Tourist ist doch nicht so bloede. Sie meint, dass der Bus um 14.00 Uhr weiterfaehren wird. Tja, um diese Zeit wollten wir ja in Hue ankommen! Auf der Strasse herrscht reger Verkehr mit Motorradtaxis. Wo die wohl alle hinfahren? Sicher ins naechste Dorf. Wie weit es bis dorthin? Ich halte einen Motorradfahrer an und frage ihn, ob er eine Ahnung habe, weshalb unser Bus nicht weiterfaehrt. Er meint, dass dieser manchmal erst um 16.00 Uhr, manchmal erst um 18.00 Uhr oder sogar noch spaeter startet. Er raet mir, mit dem Motorrad ins naechste Dorf nach Lao Bao zu fahren wo es regelmaessige Busverbindungen nach Hue geben soll. Das australische Geschwisterpaar traut der Sache nicht so ganz und moechte lieber beim Bus warten. Die Fahrkarte habe ich zwar bis Hue bezahlt, doch einfach bis in alle Ewigkeit hier zu warten macht ja auch keinen Sinn. Also was entscheide ich? Man muss im Leben manchmal rasch Entscheide faellen und etwas riskieren koennen. Ich hole mein Rucksack aus dem Bus und verabschiede mich von den beiden. Wer wird wohl zuerst in Hue ankommen?

Fortsetzung folgt
27.12.2001