952 oder wenn man nichts wagt…
Eigentlich haette ich am 4. September mit der All Nippon Airways nach Neu-Delhi fliegen sollen. Da sich die Thai International trotz Mails und Fax-Mitteilungen wegen meinen Meilen nicht meldete, konnte ich nicht mehr laenger warten und war gezwungen, das Ticket nach New Delhi fuer 8'500 Baht (370.-) zu kaufen. Fuenf Tage vor dem Abflug kam per E-Mail ganz unverhofft die Mitteilung, wonach die Meilen meines Dezemberfluges von Zuerich nach Manila gutgeschrieben worden waren. Die Aussicht, meinen Gratisflug nun doch noch zu bekommen, aenderte meine Ausgangslage vollends. In der Zwischenzeit hatte sich naemlich auch meine Schwester entschieden, mich in Kathmandu zu besuchen. Umgehend stellte ich den Antrag fuer einen Freiflug nach Kathmandu und annullierte meinen Flug nach Indien. Zugegeben, mein Abstecher nach Indien war mir total zuwider, auch wenn der Reiz, hinauf zur heiligen Quelle des Ganges und zur Tapovan-Wiese am Fusse des 6543 Meter hohen Shivlings zu trekken, noch so reizvoll war. Spuerte ich nach acht Monaten eventuell schon erste Anzeichen von Reisemuedigkeit? Oder war es nur pure Faulheit, nach 3 1/2 Monaten Swimming-Pool wieder etwas Anstrengendes tun zu muessen? Die Tatsache, wiederum alleine reisen zu muessen und dazu noch in Indien, wo alles sowieso viel muehsamer ist, war der Hauptgrund, weshalb ich mich so schwer tat. Aergerlich war zudem, dass ich dadurch die Olympischen Spiele komplett verpassen wuerde. So feierte ich meinen 52. Geburtstag am 5. September in Thailand. 9 fuer September, 52 fuer das Alter, das waren auch die Gewinnzahlen der Landeslotterie. Die Wett- und Spielleidenschaft der Thais ist, wie bereits in meinem Bericht ueber Euro 2000 erwaehnt, grenzenlos. Fuer die alle 14 Tage stattfindende Ziehung werden landesweit Milliarden ausgegeben. Ab und zu spiele ich auch mit, meistens Geburtstage. Eigentlich wollte ich am Vortag der Ziehung das Doppellos mit der Endzahl 952 kaufen. Da ich schon eins hatte, reute mich der Einsatz. Pech gehabt, denn erstmals haette ich etwas gewonnen, 3000 Baht, immerhin 130 Sfr. ! Wie heisst es so schoen: wer nichts wagt, gewinnt nichts…
Gold - Sparbuch der Thais
Bleiben wir noch ein wenig beim Geld, denn das Verhaeltnis der meisten Thais zum Geld ist von ganz besonderer Art. Geld ist ALLES. Nur mit Geld ist man hier jemand (wo nicht ?). Wer mit Geld grosszuegig umgeht, hat ein gutes Herz, wer hingegen mit seinem Geld eher sparsam umgeht und etwas fuer die Zukunft spart, wird sofort als Geizhals bezeichnet. Sparsamkeit ist keine ausgepraegte Eigenschaft der Thais. Geld ist dazu da, um es auszugeben. Wichtig ist, dass man heute Geld hat. Was fuer einen Sinn hat es, sich um das zu sorgen, was in zehn oder zwanzig Jahren sein wird. Sobald die Thais, obwohl die meisten sehr arm sind, etwas Geld in die Finger bekommen, wird dies gleich ausgegeben. Wird aber tatsaechlich gespart, dann nicht auf der Bank. Nach einer Studie der Thai Farmer Research legen die wenigsten Thais ihr Geld auf einem Sparbuch an, obwohl bis vor kurzem dafuer noch zweistellige Zinssaetze gewaehrt wurden. Diese Zeiten sind aber vorbei. Offenbar auf Druck der Weltbank (um die Schulden zurueckbezahlen zu koennen) wurden diese auf 2 1/4 % heruntergesetzt. Das Sparbuch der Thais ist das Thai-Gold (96% Feingold, 4% Unreinigkeiten. Gold wird in Thailand nicht als Schmuck getragen. Wird dringend Geld benoetigt, kann die goldene Halskette oder das Armband jederzeit praktisch zum Ankaufspreis wieder verkauft oder im Pfandhaus versetzt werden. Der Goldpreis wird per Gewichtseinheit BAHT angegeben. Ein Baht (15,2 Gramm) kostet derzeit 5'500 Baht ( 239 Sfr.) Die zahlreichen Goldlaeden gehoeren praktisch zum Landschaftsbild von Thailand (siehe Foto Tafel 1/1).
Somtam, phet phet!
Das Essen gehoert zu den Spitzenleistungen Thailands. Es gibt wohl kein Urlaubsland auf der ganzen Welt, in dem man so gut und vor allem so preiswert essen kann wie in Thailand. Hunderte von Restaurants bieten europaeische Kueche an. Die Thailaendische Kueche ist inzwischen auch weltweit ein Begriff. Beweis dafuer sind die zahlreichen Restaurants im Ausland. Das Thai-Essen ist vor allem durch seine Schaerfe "phet" bekannt. Ursache dafür sind die kleinen Chilis, welche man ueberall auf dem Markt, entweder frisch oder in getrockneter Form, findet (siehe Foto Tafel 1/2). Wer das scharfe Essen nicht vertraegt, sollte beim Bestellen stets "mai phet - nicht scharf" erwaehnen. Das Angebot ist so vielfaeltig, dass ich hier nicht naeher darauf eingehen kann. Auch in den kleinen Restaurants und Garkuechen, in denen man angeblich den Durchfall holen soll, kann man ohne Probleme essen (siehe Foto Tafel 1-3). Am besten versucht man einfach alles. Fuer den Nichtkenner waere es jedoch sinnvoller, jemanden beizuziehen, der weiss, was er bestellt. Nationalgericht der Thais ist das Somtam, ein Gericht aus geraffelten gruenen Papayas, welche im Moerser mit Zucker, Fischsauce, Zitronensaft, Cherrytomaten, Ajinomoto (Glutamat), Krabben und natuerlich mit einer gehoerigen Portion Chili zusammengebraut werden (siehe Foto Tafel 4+5). Das Ganze wird mit Klebreis, rohen weissen Chabisblaettern und gruenen Bohnen gegessen.
Land der Freien
Um sich als Thai-Kenner zu bezeichnen, genuegt es nicht, bahtschwere Buddha-Anhaenger zu tragen, wie viele meinen. Dabei sind sie nicht einmal faehig, einen Satz korrekt in der Landessprache zu sprechen. Nur wer laengere Zeit in Thailand lebt, dabei Einblick in die verschiedenen Thai-Gesellschaften erhält und sich damit auch intensiv auseinandergesetzt hat, wird die Charakterzuege und die Denkweise der Thais eventuell begreifen. Um das Denken und Handeln der Thais verstehen zu koennen, muss man auch ein wenig die Geschichte kennen. Das Volk der Thais hat es verstanden, in seiner mehr als 800jaehrigen Geschichte seine Unabhaengigkeit zu bewahren. Stolz verweist man darauf, nie eine europaeische Kolonie gewesen zu sein. Die Geschichte Thailands war vor allem gepraegt durch jahrhundertelange Kriege gegen die Burmesen und Khmers. Zwischen 1350 und 1767 wurde Ayutthaya, die fruehere Hauptstadt von Siam (bis 1939 Landesbezeichnung fuer Thailand), nicht weniger als 24mal in Kriege gegen den Erzfeind Burma verwickelt. Die Thais wanderten ab dem 10. Jahrhundert nach und nach aus dem suedlichen China entlang der grossen Stroeme in die von den Mon und Khmers bewohnten Gebiete. Ab dem 13. Jahrhundert spielte das Volk der Thais bereits eine dominante Rolle, und als 1238 die Khmer aus der Stadt Sukhothai vertrieben wurden, entstand das erste unabhaengige Thai-Koenigreich (siehe Foto Sukothai). Zahlreiche weitere Fuerstentuemer folgten: Chiang-Mai, Chiang-Rai, Nan und Chiang-Saen. Unter Koenig Rama Kamhaeng wurde Sukhothai zu einem wichtigen Kultur- und Handelszentrum. Die Macht des Fuerstentums erstreckte sich von Annam bis zur malayischen Halbinsel. Nach dem Tode des Koenigs verlor das Reich seine Macht an Ayutthaya (siehe Foto Sukothai). Man besiegte in der Folge die Khmers und eroberte deren Hauptstadt, Angkor (Kambodscha). Ayutthaya blieb waehrend mehr als 400 Jahren die Hauptstadt. Glaubhaften Berichten zur Folge war Ayutthaya um das 17. Jahrhundert eine der prachtvollsten Staedte des Ostens. Die Herrscher von Ayutthaya versuchten aber nicht nur durch Beutezuege, sondern auch durch internationalen Handel zum Wohlstand zu gelangen. Im 16. Jahrhundert kamen die ersten Europäer nach Siam. Alfonso de Albuquerque von Portugal eroberte 1511 Malacca und kam wenig spaeter mit seinen Schiffen auch nach Ayutthaya. Die Thais gewaehrten den Portugiesen das Recht, sich im Koenigreich niederzulassen und Handel zu treiben. Als Gegenleistung mussten sie Waffen und Munition bereitstellen und den Thais den Umgang mit Kanonen und Musketen beibringen. Spaeter folgten Hollaender, Japaner und Englaender. In der zweiten Haelfte des 17. Jahrhunderts versuchte auch das Frankreich von Louis XIV, in Thailand einzudringen. Unter dem Deckmantel Handel zu treiben, stand jedoch die Vision, Thailand zum christlichen Glauben zu bekehren. Mit Mithilfe des griechischen Kanzlers Constans Phaulkorn, der als Vertrauter von Koenig Narai galt, wurden Gesandtschaften ausgetauscht. Nachdem Louis XIV 1688 sechshundert Soldaten nach Ayutthaya sandte, wurde den Thais klar, dass die Franzosen auf die Eroberung ihres Landes abzielten. Unmittelbar nach dem Tode Koenig Narais gab es eine Palastrevolte. Phaulkorn wurde hingerichtet, und die Franzosen mussten ihre Positionen raeumen. Der Handel wurde danach eingeschraenkt, das Land blieb fuer Europäer waehrend rund 130 Jahren verschlossen. Nach einer laengeren ruhigen Zeit fiel Burma 1766 in einen Eroberungsrausch ohnegleichen. Das Ziel war wiederum Ayutthaya. Die Burmesen fielen gleich an drei Fronten gleichzeitig ein. Nach 15monatiger Belagerung fiel die Stadt. Ayutthaya wurde gepluendert, niedergebrannt und total verwuestet. Unersetzliche Kulturschaetze gigen damit fuer immer verloren. Kurz vor der Vernichtung war es General Taksin gelungen, mit 500 Getreuen aus der belagerten Stadt zu fliehen. Nach nur sieben Monaten kehrte er zurueck und verjagte die Burmesen. Aus strategischen Gruenden (naeher am Meer) verlegte er die neue Hauptstadt an den Unterlauf des Flusses Chao Phraya nach Thonburi (gegenueber dem heutigen Bangkok). Noch einmal wurde Siam mit der Expansionspolitik der Europäer konfrontiert. Frankreich eroberte 1893 Vietnam, die Briten setzten sich 1886 in Burma fest. Siam war ploetzlich von zwei Grossmaechten eingekreist. Grenzkonflikte und Seeblockaden zwangen Siam, sich Frankreich zu fuegen und die Landansprueche auf Laos und Kambodscha fallenzulassen. Aehnlich ging es mit einigen Gebieten der malayischen Halbinsel, die Siam an die Briten abtreten musste. Nur dank dieser Kompromisse durch Koenig Chulalongkorn (Rama V) konnte das Land seine Unabhaengigkeit bewahren.
Zittern um Freiflug
Wenn ich nun schon direkt nach Kathmandu und zurueck fliegen wollte, war es mein grosser Wunsch, am 21. Oktober zusammen mit meiner Schwester zurueck nach Bangkok zu fliegen (ihr Flug nach Zürich fuehrt ueber BKK), um ihr einige Sehenswuerdigkeiten zeigen zu koennen. Da ich fuer Nepal nur eine Aufenthaltsbewilligung von 30 Tagen erhielt, durfte ich einerseits nicht vor dem 21. September in Kathmandu ankommen, andererseits, da mein Thai-Visa am 23. September auslief, durfte ich im Prinzip nicht nach diesem Datum ausreisen. Da gegen Ende September in Nepal wieder die Trekking-Saison beginnt, ist es ratsam, die Fluege fruehzeitig zu buchen. Durch das lange Warten auf die Antwort der Thai ging wertvolle Zeit verloren. Der Hinflug konnte schlussendlich mit Ach und Krach auf den 25. September gebucht werden, fuer den Rueckflug vom 21. Oktober stand ich aber nur auf der Warteliste. Bloed, denn fuer die Ausstellung eines Freifluges muessen Hin und Rueckflug den Status OK haben. So vergingen die Tage, und ich war immer noch auf der Warteliste. Die Zeit begann zu draengen und ich wurde von Tag zu Tag nervoeser. Um nicht ploetzlich zwischen Stuehlen und Baenken dazustehen, buchte ich sicherheitshalber wiederum meinen Flug nach New Delhi mit der All Nippon. Ausser dem 22. September war schon alles ausgebucht. Damit war ich wenigstens sicher, ausreisen zu koennen. Eine Woche vor dem Abflug war ich noch immer auf der Warteliste. Ich war halb am Verzweifeln, ehe mir Rene Muehlheim, Inhaber des Reisebueros Flugexpress in Solothurn - ein Profi in Sachen Beratung - ( HYPERLINK "http://www.flugexpress.ch" www.flugexpress.ch ) einen goldenen Tipp gab: ich teilte der Thai mit, dass, solange ich auf der Warteliste stehe, meine Schwester ihren Rueckflug von Bangkok nach Zuerich nicht buchen koenne! Und siehe da, keine halbe Stunde spaeter kam dann auch schon das OK! Welch eine Erleichterung. Alle meine Probleme und Sorgen waren auf einmal geloest. Das Einzige, was mir nun noch zu tun uebrig blieb, war den gebuchten Flug nach Indien zum zweiten Mal zu annullieren und den Antrag auf die Rueckerstattung des Tickets zu stellen (dies dauert ca. 3 Monate mit Abzug von 10% des Kaufpreises). Somit hätte ich die letzten Tage eigentlich unbeschwert an der Beach verbringen koennen. Die ganze Angelegenheit hatte mich scheinbar aber doch mehr mitgenommen. Ich verspuerte einen riesigen Druck in den Augen. Diese schwollen so stark an und wurden so rot, dass ich das Bangkok Pattaya Spital aufsuchen musste. Als allererstes wurde der Blutdruck gemessen: 180/110 ! Dies sei viel zu hoch. Da ich meistens zu Beginn eines Spital- oder Arztbesuches angespannt bin, schlug ich vor, es ein wenig spaeter nochmals zu versuchen. Zehn Minuten spaeter kam eine neue Krankenschwester. Mensch! Ich fiel fast vom “Stuehli”. Eine Figur, mmmh! Sie mass nochmals, ein erstes Mal, ein zweites Mal. Resultat: 190/110!! Ich werde wohl bei der Nachkontrolle Ende Oktober einen Pfleger verlangen muessen. Der Augenarzt stellte eine virale Conjunctivitis fest.
Zurueck in Kathmandu
Bis zum Abflug nach Kathmandu hatte ich Gelegenheit, auch ein wenig die Olympiade am Fernsehen mitzuverfolgen. Abgesehen von den Finals in der Leichtathletik uebertrugen die nationalen Sender verstaendlicherweise die Sportarten, in welchen ihre Landsleute vertreten waren. So musste ich mir vermehrt Frauen-Gewichtheben (Bronce fuer Thailand) sowie die Vorrundenkaempfe im Boxen anschauen. Fuer die zwei Tage, welche ich mich länger als der erlaubten Aufenthaltsbewilligung in Thailand aufhielt, dem sog. Overstay, musste ich bei der Immigration am Flughaben ein Busse von 400 Baht bezahlen. Erstmals hatte sich das Verlangen nach einem Fensterplatz auf der rechten Seite gelohnt. Das Wetter war so klar, dass man kurz vor der Landung in Kathmandu die ganze Himalajakette vom Makalu bis zum Melungste ganz klar sehen konnte. Die Regenzeit in Nepal schien vorueber zu sein. Ich war ueberrascht, wie heiss es Ende September noch war. Der Ansturm der Taxi-Fahrer und Trekking-Agenten beim Flughafenausgang war noch immer derselbe. Am liebsten wuerden sie dich mitsamt Gepaeck und ohne Verschnaufpause direkt ins Trekking-Office fahren. Ich fuehlte mich richtiggehend bedraengt. Das Gedraenge und Treiben in den Strassen und Gassen, welches mich vergangenen Fruehling noch so begeistert hatte, liess mich diesmal eher "kuehl". Der Laerm und die Abgase waren so schrecklich, dass es mir richtig abloeschte. Man kann in den Gassen von Thamel und Chetrapati kaum flanieren, ohne staendig Gefahr zu laufen, von Motorraedern, Taxis oder Rikschas angefahren zu werden. Und alle wollen etwas von Dir. "Sir, do you want taxi", "Sir, do you want chess", "Sir, do you want Rikscha", "Sir, do you want shoe polish", "Sir, have a look inside", "Sir, change money", und hundert mal "Sir, do you want tiger balm". Herrgott, kann man denn keine zwanzig Meter laufen, ohne angequatscht zu werden! Thamel war wiederum ueberfuellt von Touristen. Es schien einem als ob halb Kathmandu von Isrealis eingenommen wurde! Die Wartezeit bis zur Ankunft meiner Schwester verbrachte ich mit der Organisation unseres Trekkings. Ich traf auch die Gruppe der Porter Vintage Association (siehe Reisebericht Teil 3 Kapitel – auf den Spuren des Yeti -), welche beabsichtigte, den im Jahre 1960 anlaesslich der Schweizer Dhaulagiri-Expedition abgestuerzten Pilatus-Porter "Yeti" zu bergen und das Wrack in die Schweiz zurueckzubringen. Natuerlich liess ich es mir auch nicht nehmen, die Olympiade und vor allem den 800 m-Final der Maenner mit Bucher im nepalesischen und indischen Fernsehen zu verfolgen.
Mountainflight
Die Ankunft meiner Schwester in Kathmandu war ein emotionaler Augenblick. Da mailt man sich regelmaessig seit bald einem Jahr, und ploetzlich steht sie einfach da. Ohne Zweifel, zu zweit etwas zu unternehmen ist einfach viel kurzweiliger. Ich bekam auch wieder Freude, in Kathmandu zu sein. Die Besichtigungen der naheliegenden Tempel- und Palastanlagen (Durbar Square) sowie der Zwillingsstadt Patan, die Ausfluege mit dem Mountainbike zum Stupa von Swayambunath, einem der heiligsten Orte des Kathmandu-Tales (siehe Fotofafel 2), und zum Stupa von Bodnath, dem wichtigsten buddhistischen Heiligtum Nepals und zudem eines der groessten buddhistischen Bauwerke der Welt, waren jeweils kleine, lustige, erlebnisreiche Ausfluege. Eine echte Sensation war der einstuendige Mountainflight zum Everest. Obwohl das Flugzeug wegen der Grenze zu China und der geringen Flughoehe nur etwa in 20 Km Entfernung an den 8000ern vorbeiflog, war dieser Flug ein eindrueckliches Erlebnis. Wegen dichtem Morgennebel war der Flugplatz in Kathmandu vorerst fuer zwei Stunden geschlossen. Gegen 9 Uhr hob der 27-sitzige Saab der Cosmic-Airline zu einem unvergesslichen Flug ab. Da wir als einzige auf dem Hinflug auf der "falschen" rechten Seite sassen, durften wir fuer einen Moment ins Cockpit. Welch eine Aussicht da vorne! Ein grandioses Panorama, geradeaus am fernen Horizont der 8586 m hohe Kanchenchunga. Auf der Hoehe des Chamlang (7319 m) drehte der Pilot in einer weiten Schleife nach links ueber Bergkaemme, die zum Greifen nahe waren. Zurueck auf unseren Fensterplaetzen kam das maechtige Massiv des 8463 m hohen Makalu (Fototafel 3/1) ins Bild, und ploetzlich "standen" wir dem Nuptse/Lhotse/Everest gegenueber (Fototafel 3/2). Auf dem Rueckflueg nach Kathmandu auf der Suedseite von Ama Dablang (6856 m), Kang Taiga (6809 m) und Karyolung (6511 m) kam mit dem 8201 m hohen Cho Oyu der naechste Achttausender in Sicht (Fototafel 3/3). Jede Minute aenderte sich der Ausblick auf diese fantastische Bergwelt. Unzaehlige Gipfel, die ich nicht erkennen konnte, zogen an uns vorbei. Spektakulaer, wie sich der Numbur (6957 m) ploetzlich wie eine gewaltige spitzige Pyramide neben uns praesentierte (Fototafel 4/1). Leicht erkennbar wegen seiner flachen Form der 7181 m hohe Melungste (siehe Fototafel 4/2). Gleich daneben der Gauri Shankar, ein weiterer 7000er (siehe Fototafel 4/3). Als abschliessender Hoehepunkt erkannte ich die Strasse nach Kodari zur chinesischen Grenze sowie die Zizackkehren hinauf nach Zhangmu (siehe Bericht ueber Tibet).
Zurueck im Kali-Gandaki Tal
Zwei Tage spaeter sassen wir wiederum im Flugzeug, diesmal nach Jomoson im oberen Kali Gandaki-Tal. Aufgrund des relativ kurzen Aufenthaltes meiner Schwester (14 Tage) konnten wir kein allzuschwieriges Trekking unternehmen. Zunaechst planten wir, einige Ausfluege um Jomoson herum zu unternehmen und nach Phokara zurueckzufliegen. Da die Fluege infolge der Wetterbedingungen angeblich oftmals annulliert werden muessen und die Passagiere dann oft waehrend Tagen in Jomoson blockiert sind, wollte ich kein Risiko eingehen und schlug vor, nach Beni hinunter zu laufen. Etwas abgeschreckt durch mein Trekking-Tagebuch vom letzten Fruehling, musste ich meine Schwester erst davon ueberzeugen, dass das Ganze ja gar nicht so schlimm war und es ja hinunter gehen wuerde. Dass ich nach einem halben Jahr wiederum "meinen" so gehassten Steintreppen begegnen wuerde, haette ich damals auch nicht gedacht. Wie schon gehabt, konnte ich auch diesmal das Trekking nicht mit den besten Voraussetzungen starten. Die Kondition schien noch mieser als im Fruehling zu sein, denn schon beim Treppensteigen in den 5. Stock des Hotels kam ich ausser Atem. Zudem machte mir mein Fussgelenk seit einiger Zeit wieder Probleme. Einige Tage vor der Ankunft meiner Schwester handelte ich mir auch wieder eine Erkaeltung mit Husten ein, welche mich waehrend des ganzen Trekkings handicapieren sollte. Sage und schreibe zwei Stunden vor unserem Abflug sass ich mit Darmproblemen ploetzlich auf der Toilette. Doch diesmal ging ich mit der Einnahme von zwei Tabletten Imodium radikal vor. Der Flug nach Jomoson begann puenktlich um 07.00 Uhr morgens. Kaum hatten wir Phokara ueberflogen, kam ich mit Fotografieren wieder gewaltig ins Schwitzen. Alles ging so schnell. Waehrenddem das Annapurna-Massiv und der Machapuchare (das Matterhorn Nepals) unguenstig im Gegenlicht standen, glaenzte der Dhaulagiri (8172 m) und sein Gletscher in voller Pracht der Morgensonne. Dann ueberstuerzten sich die Ereignisse. Ploetzlich lag Ghorepani und der Poon Hill unter uns, nur wenige Sekunden spaeter erkannte man tief unten im Schatten Tatopani. Wir hatten kaum die Talkruemmung bei Kokhethanti ueberflogen, schon hiess es, sich anzuschnallen. Nur wenige Minuten spaeter landeten wir in Jomoson (2800 m), Startpunkt unseres 5taegigen Trekkings. Der erste Streckenteil bis nach Tukuche war auch fuer mich Neuland. Das Tal - breit und flach - war ideal, um sich "einzulaufen". Die Farbe der spaehrlichen Laubbaeume verriet, dass es inzwischen Herbst geworden war. Eigentlich hatten wir vorgesehen, die erste Nacht in Marpha zu verbringen. Da wir dort schon um 10 Uhr morgens ankamen und noch so fit waren, beschlossen wir, gleich nach Tukuche weiter zu marschieren, nicht ohne die Attraktion des Dorfes, die Marpha-Aepfel, versucht zu haben. Die Aepfel schmecken absolut koestlich (siehe Fototafel 5/1). Drei Stueck kosteten gerade fuenf Rupien (12 Rappen). Gegen Mittag kam wie erwartet der beruechtigte Suedwind auf. Wir stellten uns jedoch dieser ersten Herausforderung und kaempften uns bis Tukuche durch.
Muskelkater
Bereits um 07.00 Uhr starteten wir zur naechsten Etappe nach Lete. Auf der Hoehe von Khobang kam der Dhaulagiri in Sicht. Mit grosser Spannung erwartete meine Schwester die erste Haengebruecke. Wie schon im Fruehling war die Abendstimmung in Lete fantastisch. Der Nilgiri South sowie die drei Gipfelspitzen des Kangskar Kan, Annapurna I und Baraha Shikar, die sich im Schatten der vorbeiziehenden Wolken rot verfaerbten, war ein starkes Erlebnis. Auch der Sonnenaufgang auf Dhaulagiri und Tukuche Peak am naechsten Morgen war nicht minder grossartig. Hatte ich im Fruehling fuer die Strecke von Lete nach Tatopani zwei Etappen benoetigt (es ging ja aufwaerts), wollten wir das Gleiche in einem Tag bewaeltigen. Dies war offenbar ein wenig zuviel. Bis Ghasa ging alles gut, der nachfolgende beruechtigte Aufstieg resp. Abstieg ging dann aber schoen "in die Knie". Einmal mehr schwor ich, nie wieder ein Trekking zu machen! Mit der fortgeschrittenen Tageszeit wurde es auch unheimlich heiss. Beim Wasserfall in Kabre schalteten wir eine laengere Pause ein, umso muehsamer war das Weitermarschieren. Haette ich nicht mit Jean-Pierre Desjacques, einem ehemaligen Arbeitskollegen, in Tatopani abgemacht, haetten wir wohl in Dana uebernachtet, so mussten wir aber weiter. Als meine Schwester auf einer Tafel las, dass es bis Tatopani noch 1 1/2 Std ging, traf sie fast der Schlag. Ausgerechnet verspuerte ich nun auch noch Blasen an beiden Fuessen. Hatte ich "Loeli" nicht am Morgen neue Socken angezogen...! Der Weg wurde unheimlich muehsam. Durch die Muedigkeit und den zunehmenden Muskelkater wurden wir immer langsamer. Und dieses bloede Tatopani wollte und wollte einfach nicht naeher kommen. Nach zehn Stunden trafen wir schlussendlich, nicht gerade in heroischer Manier, am Ziel ein. Unser Muskelkater war so gross, dass wir kaum mehr gehen konnten. Der eingeplante Reservetag zogen wir als Ruhetag ein. Dass die letzte Etappe nach Beni noch einmal ca. 25 Km betragen wuerde, durfte ich meiner Schwester erst gar nicht sagen. Der Muskelkater war auch nach dem Ruhetag nicht viel besser. In Gharkola verliessen wir den Annapurna-Nationalpark.. Eine interessante Statistik im Police Checkpoint verwies auf die rasante Entwicklung der Trekking-Touristen. Nach dessen Angaben besuchten im Jahr 1989 16 672 Touristen die Region, 1999, zehn Jahre spaeter, waren es bereits 36 594. In Gharkola trennen sich auch die Wege nach Ghorepani und nach Beni. Welch ein schoenes Gefuehl, diesmal nicht den steilen Weg hinauf nach Ghorepani laufen zu muessen. Gluecklicherweise verlief der erste Streckenabschnitt durch die schmale Schlucht im Schatten. Doch dann wurde es wieder heiss, sehr heiss. Stets achteten wir darauf, uns regelmaessig zu verpflegen. Nach halber Distanz war aber unser Proviant, den wir nach Jomoson mitgenommen hatten (800 Gramm Ragusa, dazu 5 Tafeln Schokolade, Ovo Sport, Landjaeger, gedoerrte Aprikosen und Greyerzer-Kaese), aufgegessen. Das Einzige, was uns noch uebrig blieb, waren Coramin-Tabletten. Um nicht noch eine Schwaeche kurz vor Beni einzufangen, lutschten wir fortan diese. Da ich die Strecke von Beni nach Tatopani wegen der zahlreichen Steintreppen so fuerchterlich beschrieben hatte, begann meine Schwester, die Treppen zu zaehlen. Nach der 35. Steintreppe begriff auch sie, weshalb ich diese so "hasste". Der schmale Weg entlang dem Fluss fuehrte ueber unzaehlige steile Kornischen. Vierzig Meter hinauf, vierzig Meter hinunter, dreissig Meter hinauf, dreissig Meter hinunter. Kaum hatte man sich erholt, kam bereits wieder der naechste Aufstieg. So zaehlten wir Treppe Nummer 42, 43, 44, bis endlich im Dorf Galeswor die 45. und letzte Treppe wie die Eigernordwand vor uns stand (siehe Fototafel 5/5). Befluegelt durch die Naehe des Zieles, nahm ich diese letzte Huerde mit relativer Leichtigkeit. Wir hatten es geschafft. Die restlichen Kilometer auf der neuen Naturstrasse, welche eines Tages bis nach Jomoson fuehren soll, waren nur noch eine Formsache. Mit noch schlimmerem Muskelkater als in Tatopani kamen wir nach acht Stunden in "meinem" geliebten Beni an. Obwohl ich diese Strecke nun schon zum dritten Mal zurueckgelegt hatte, war es wiederum ein wunderschoenes Trekking. Es war mir vor allem eine Freude, meiner Schwester dieses schoene Gebiet zwischen Dhaulagiri und Annapurna zeigen zu koennen (siehe Fototafel 5 – Trekking-Impressionen). Ohne dem Tempo einer Trekking-Gruppe folgen zu muessen, genossen wir es, so viele Zwischenhalte einzuschalten, wie uns passte, sei es um zu fotographieren oder Tee mit Apfelstrudel in den zahlreichen Lodges zu geniessen. In Khobang verbrachten wir sogar eine halbe Stunde damit, eine Henne mit ihren Kueken mit Engadiner Nusstorte zu fuettern. Im Gegensatz zum Fruehling war das Wetter wesentlich klarer, und ich war ueberrascht, etliche Gipfel zu sehen, welche scheinbar im Fruehling hinter Wolken oder im Nebel versteckt geblieben waren. Auch die Flora war wiederum sehr schoen. Auf 2000 Meter u.M. bluehten Aster, Zinien, Tagetes, Cosmos, Dahlien, Chrysanthemen und Kapuzinerli. Weiter unten kamen wir in die Bananenstauden, Orangenbäume, Weihnachtssterne, Hibiscus und Bougainvillas. Die Rueckfahrt von Beni nach Pokhara war nochmals eine atemberaubende Angelegenheit, vor allem fuer diejenigen Passagiere, welche auf der Seite des Abgrundes sassen. Pokhara war fuer mich einmal mehr eine grosse Enttaeuschung. Noch gewohnt an die Sauberkeit und Ruhe in den Bergdoerfern, war Pokhara ein laermiger "Dreckhaufen". Dabei koennte die Stadt mit seiner Lage am Phewa-See und dem phänomenalen Panorama auf das Annapurnamassiv einer der schoensten Urlaubsorte der Welt sein.
Winter hat Einzug gehalten
Die Abfertigung am Flughafen verlief diesmal reibungslos. In letzter Zeit kam es bei den Starts vermehrt zu Zusammenstoessen mit Voegeln, welche ueber den Flughafen kreisten. Gemaess international geltenden Bestimmungen muessten Abfalldeponien mindestens 13 Km von einem Flughafen entfernt sein. Da Kathmandu eine einzige Abfalldeponie ist, mussten Spezialisten eingeflogen werden, um dieses Vogelproblem zu loesen. Leider gelang es uns diesmal nicht, einen Fensterplatz auf der Everest-Seite zu ergattern, denn die Sicht schien durch die tiefere Wolkenlage noch besser als beim Hinflug zu sein. Die Luftfeuchtigkeit in Bangkok muss gegen 100% gewesen sein. Kurz vor der Landung hatte es noch geregnet. Waehrend zwei Tagen fuehrte ich meine Schwester mit Sky-train, Tuk-Tuk, Bus und Boot durch Bangkok. Viel Zeit hatten wir nicht zur Verfuegung, wenigstens den Wat Phra Keo musste sie gesehen haben. Schon war es Zeit zum Abschiednehmen. Bis Mitte der ersten Novemberwoche regnete es in Pattaya mehrmals taeglich. Von einem Tag auf den anderen schlug das Wetter um. Ein kuehler Wind zog auf. In der Nacht wurde es recht frisch. Im Norden des Landes sanken die Temperaturen auf 10 – 14 Grad Celsius. Der Winter hat auch in Thailand Einzug gehalten. Tagsueber sind aber noch immer um die 30 Grad.
Fortsetzung folgt
23.11.2000/wb