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(Teil 7)

by Doro   doro-violet@gmx.de

 

Eines Morgens sagte Jimmy: "Heute ist in einem Nachbardorf Markt. Wollen wir da nicht alle zusammen nach dem Frühstück hingehen?"
"Was willst du denn auf dem Markt?" fragte Patricia lahm, die noch müde war.
"Na ja, erst mal gucken, ob ich was für Cherie finde. Und außerdem fände ich es toll, wenn wir uns Hühner kaufen würden!"
"Hühner? So ein Quatsch. Was sollen wir denn damit anfangen?" wollte Kathy wissen.
Jimmy zählte auf: "Sie können Eier legen, dann können wir uns morgens auch mal ein Spiegelei braten. Und sie sind so niedlich."
"Und einen guten Braten geben sie auch!" stimmte Joey zu.
"Du bist eklig!" kreischte Paddy.
"Ihr spinnt doch alle!" sagte Johnny böse. "Wir haben ja nicht mal einen Stall oder Zaun, am Schluß laufen uns die Viecher noch ins Dorf! Nein nein, wir kaufen keine Hühner!"
Jimmy setzte ein böses Gesicht auf. "Jimmy, komm bloß nicht auf dumme Ideen!" warnte Barby ihn. "Johnny versteht im Moment keinen Spaß!"
"Phh! Was der sich einbildet!" blaffte Jimmy. "Bloß weil er älter ist..."
"Sagt mal, wollt ihr noch lange hier rumstehen?" rief Maite. "Sagt's lieber gleich, wir wollten nämlich jetzt losfahren!"
Der Markt war zum größten Teil ein Flohmarkt, aber man konnte auch Essen dort kaufen. Die Kellys schlugen gleich wieder so richtig zu. Jimmy kaufte eine Kette mit einem hellblauen Stein für seine Freundin Cherie. Kathy packte Tüten voll mit Früchten und Gemüse, das es hier zu Spottpreisen gab. Patricia fand ein dunkelblaues Samtkleid, das sie bei den nächsten Konzerten auf der Bühne tragen wollte. Und Johnny kaufte einen riesigen Kleiderschrank, den alle gräßlich fanden und den er allein zum Auto tragen musste.
Paddy schlenderte gedankenverloren über den Markt. Er hatte schon einige Kleinigkeiten gekauft, aber noch nichts hatte sein Herz so richtig höherschlagen lassen. "Paddy, du läufst uns nicht weg, ja?" rief Joey. "Komm doch mal her, wir wollen durchzählen, ob alle noch da sind!"
Paddy gesellte sich zu seinen Geschwistern. Patricia wedelte wichtigtuerisch mit den Händen. "Ich zähle durch! Johnny?"
"Anwesend."
"Paddy?"
"Ja."
"Jimmy?"
Keine Antwort.
"Jimmy ist nicht da," stellte Kathy fest.
"Wo ist der nur wieder hin?" jammerte Barby.
"Bestimmt ist er sich ein Huhn kaufen gegangen," meinte Maite. "Oh, guckt mal da, die süßen Stofftiere!"
Johnny rollte böse mit den Augen. "Der ist doch echt unmöglich! Was sollen wir nur tun?"
"Wir teilen uns auf und suchen ihn," meinte Angelo.
"Gute Idee," meinte Paddy und drehte sich um. Er stand direkt vor einem seltsamen Trödlerstand. Jimmy konnte er nicht entdecken, aber dafür etwas weiter entfernt einen Mann, der einen jungen Esel an der Leine hielt.
Paddy kämpfte sich durch die Menge, bis er direkt vor dem Mann stand. "Das ist aber ein schöner Esel," sagte er atemlos und ließ seine Blicke bewundernd über das Grautier gleiten.
Der Mann, etwa vierzig und mit einem enormen Schnauzbart, nickte. "Das stimmt," sagte er mit französischem Akzent. "Er heißt Burrito."
"Wirklich?" Paddy schrie es fast. "Ich kaufe ihn," sagte er entschlossen und wühlte in seiner Jackentasche nach Geld. Doch plötzlich fühlte er eine kalte Hand auf seiner Schulter. Johnny stand hinter ihm. "Komm jetzt, Paddy. Du musst Joey tragen helfen. Er hat sich ein Rennrad gekauft."
"Aber ich erledige doch gerade ein Geschäft," versuchte Paddy zu erklären. Johnny stöhnte. "Das kann man aber auch noch anders verstehen! Komm jetzt, was willst du denn mit einem Esel."
Paddy warf dem Mann einen entschuldigenden Blick zu und half dann Joey und Johnny, das Rennrad in den Kofferraum zu laden. Kurz darauf kamen die anderen zurück. Jimmy hatten sie nicht gefunden.
"Dann hat er halt Pech gehabt," sagte Johnny. "Lasst uns einsteigen."
Maite klammerte sich an Johnnys Arm. "Du willst einfach ohne ihn losfahren?"
"Er wird schon heimfinden," sagte Kathy. "Außerdem muss er endlich mal lernen, dass wir nicht immer auf seine Spinnereien Rücksicht nehmen."

Zuhause luden Paddy, Joey und John das Fahrrad aus dem Kofferraum und stellten es gegen die Wand. Paddy fühlte sich gar nicht gut. Er hätte den Esel so gerne gekauft. Er hieß Burrito, wie ihr früherer Esel. Das musste doch ein Zeichen sein! Aber nee...
Johnny und Joey gingen zu den anderen, um die Beute anzusehen. Paddy lehnte sich erschöpft gegen die Wand und stieß gegen das Rad. Da kam ihm eine Idee...
Wenig später kam Joey zurück und konnte seinen Augen nicht trauen. "Mein Rennrad ist
weg!"
"Was schreist du da?" brüllte Maite zurück.
"Mein Rennrad ist weg!"
"Das kann nicht sein, irgendwo muss es doch sein!" sagte Patricia.
Aber es war nicht mehr da.

Paddy radelte so schnell er konnte. Zum Glück konnte er sích noch an den Weg erinnern.
Ganz wohl war ihm nicht bei dem Gedanken, Joeys Rennrad zu klauen. Aber er bekam es ja wieder! Und außerdem, jetzt musste Paddy erst einmal den Esel kaufen. Im Moment zählte nichts anderes.
Endlich kam er am Flohmarkt an. Während Paddy das Rad abschloß, flehte er in Gedanken: Er muss noch da sein. Bitte sei noch da.
Er war noch da. Der Mann stand immer noch da mit Burrito und den anderen Sachen. Paddy rannte so schnell wie möglich zu ihm und keuchte: "Ich kaufe den Esel!" Mit einer Hand suchte er schnell das Geld in seiner Jackentasche zusammen und reichte es dem Mann. Der zählte das Geld nach, und schon stand Paddy da mit der Leine des Esels in der Hand. So schnell war das gegangen. Unsicher blickte Paddy in die großen dunklen Augen des Esels. "Na, Burrito!" flüsterte er ihm ins Ohr. "Hauptsache, ich hab' dich erst mal."
"Iiahh!" bekräftigte der Esel.
Paddy nahm die Leine fest in die Hand und bahnte sich einen Weg durch die Menschenmenge. Plötzlich stieß er mit einem Typen zusammen, der zwei weiße Hühner unter den Armen hatte. Es war Jimmy.
"Jimmy!" rief Paddy. "Was hast du denn da?"
Erschrocken drehte Jimmy sich um und sah Paddy mit Burrito. "Und selbst?" fragte er kalt. Johnny macht dich fertig, wenn du mit DEM DA nach Hause kommst!"
Paddy fasste die Leine fester an. "Ach, denkste, von deinen Hühnern ist er mehr begeistert?"
"Wir müssen das doch nicht hier besprechen!" drängte Jimmy, denn eine Traube von Menschen hatte sich schon um die beiden Kellys gebildet. Sie gingen an den Platz, wo Paddy das Rad abgestellt hatte.
Jimy setzte sich auf den Boden und nahm die gackernden Hühner auf den Schoß. "Shit! Johnny killt mich! Und dich auch, Paddy! Einen Esel! Darf ja wohl nicht wahr sein!"
Trotzdem machten sie sich auf den Nachhauseweg. Jimmy nahm Joeys Fahrrad und setzte die Hühner in den Fahrradkorb. Paddy lief mit Burrito neben ihm her. Er traute sich noch nicht, auf ihm zu reiten.

"Was ist denn das?" schrie Kathy ihnen entgegen. "John! Patricia! Kommt mal alle her und schaut euch das an!"
Alle Kellys kamen herbeigerannt und umkreisten Paddy und Jimmy mit den Tieren. Paddy blickte verlegen zu Boden, und Jimmy verschränkte die Arme vor der Brust.
"Was habt ihr da nur gekauft?" fragte Maite fassungslos.
"Doofe Frage! Einen jungen Esel und zwei Hühner haben sie gekauft, das siehste doch!" mischte sich Angelo ein.
Johnny warf böse Blicke auf seine beiden Brüder. "Das darf ja wohl nicht wahr sein! Bringt das Viehzeugs sofort wieder zurück!"
"Nein!" sagte Jimmy entschlossen und legte seine Arme um die beiden Hühner.
"Wir können die Tiere ja doch nicht behalten, denkt doch mal drüber nach," sagte Kathy.
"Nein!" schrien Paddy und Jimmy. "Nein!"
Eine Weile war alles still. Dann meinte Barby zaghaft: "Wir können ja einen ganz kleinen Stall für die Hühner bauen."
"Ja, das würde ja noch gehen," meinte Johnny. "Aber der Esel muss wieder weg!"
Paddy fing an zu heulen. "Ich will ihn aber behalten, buhuuu! Er heißt schließlich Burrito, wie unser Esel damals!"
Sie zögerten wieder eine Weile. Schließlich meinte Johnny zögernd: "Also gut... wenn ich die Tiere nicht misten muss und ihr euch allein um das Futter kümmert... dann könnt ihr die Biester meinetwegen behalten!"
"Hurra!" jubelte Paddy, fiel Johnny um den Hals und drückte ihm einen dicken Kuss auf die Wange. Und Jimmy kündigte an, er werde einen Stall für Burrito und die Hühner bauen.
"Dann ist ja alles in Butter," sagte Angelo erleichtert.
Paddy, Barby, Maite und Patricia gingen dann mit Burrito runter an den Bach, um auf ihm reiten zu lernen. Jimmy feilte an seinem Stall, der direkt neben dem Haus stehen sollte. Und gegen Abend kam sogar Johnny und half ihm. Wer hätte das gedacht!

Anfang des nächsten Monats wurde Barby krank.
Jeden Morgen war ihr schlecht, und Bauchschmerzen hatte sie auch den ganzen Tag lang.
Außerdem hatte sie zu nichts mehr Lust, nicht einmal zum Stricken, und war oft so müde, dass sie noch vor dem Abendessen einschlief. Alle Kellys machten sich Sorgen um ihre Schwester.
"Vielleicht hast du ja Fieber," sagte Kathy. "Zu dumm, dass wir kein Fieberthermometer
haben!"
"Oder unser Essen bekommt dir nicht gut!" meinte Jimmy.
"Niemandem bekommt unser Essen gut!" meinte Paddy. "Morgens trockene Brötchen, mittags Suppe und abends auch Suppe! Ein Wunder, dass wir nicht alle flachliegen!"
"Tun wir aber nicht!" sagte Angelo. "Also kann es nicht daran liegen!"
"Oder fühlt sich einer von euch krank?" fragte Patricia nach. Alle schüttelten den Kopf.
"Vielleicht wird's ja besser," meinte Barby tapfer.
Doch es wurde nicht besser, eher noch schlechter. Zu allem Unglück bekam Barby auch noch fettige Pickel und fühlte sich total schlapp.
"Vielleicht hast du ja eine Hormonstörung!" meinte Kathy. "Das hatte ich auch mal, als
ich 23 war. Du solltest zu einem Arzt gehen."
"Ach, und zu welchem Arzt geht man da?" fragte Barby.
"Am besten zu einem Frauenarzt. Im Nachbardorf gibt es einen. Paddy soll mit dir hingehen."
Also setzten Barby und Paddy sich in den Bus und fuhren ins nächste Dorf. Sie redeten nicht miteinander, bis Paddy den Wagen vor dem Ärztehaus stoppte. "So, da sind wir. Soll ich mit reingehen?"
Barby nickte. "Ja, das wäre mir lieber."
Sie betraten die Praxis, in der gerade nicht viel Betrieb war. Barby wurde gleich drangenommen, und Paddy setzte sich ins Wartezimmer und las eine Zeitschrift. Und dann noch eine. Und noch eine. Langsam wurde Paddy ein bisschen unruhig. Wo Barby nur blieb?
Endlich ging die Tür zum Behandlungszimmer auf und Barby kam heraus. "Und, was war?" fragte Paddy ängstlich. Barby antwortete ihm nicht darauf, sondern forderte ihn im Kommandoton auf, zum Auto zu gehen.
Schweigend gingen sie runter zum Bus. Barby bestand darauf, auf dem Rücksitz zu sitzen. Paddy fuhr also los. Nach einer Weile bemerkte er, dass Barby weinte. Schnell fuhr Paddy an den Straßenrand und kletterte nach hinten zu ihr. "Warum weinst du denn, Babsie? Hat der Arzt irgendwas herausgefunden?"
"Ja," murmelte Barby.
"Hast du etwa Aids?"
"Nein."
"Oder Krebs?"
"Nein?"
"Was denn dann?" fragte Paddy nervös.
"Du weißt es doch sicher," murmelte Barby.
"Nein, gar nichts weiß ich!"
Barby schloß die Augen und lehnte sich im Sitz zurück. "Paddy, ich bin schwanger."
"Was???" kreischte Paddy.
Barby schluchzte leise auf, aber gleichzeitig fing sie auch an zu lachen. "Ich weiß nicht, ob ich mich freuen soll oder nicht!"
"Klar sollst du dich freuen!" rief Paddy und umarmte seine Schwester. "Mann, das ist ja echt Wahnsinn! Klasse!"
"Aber sag Kathy und Johnny nichts!" bat Barby.
"Schon klar!" Paddy nickte eifrig. "Ähmm... von wem bist du schwanger?"
"Was soll die Frage?" fragte Babs leicht entrüstet. "Natürlich von Orry!"
"Wie?" kreischte Paddy. "Ihr habt also schon..."
"Ja, natürlich!" sagte Barby entrüstet. "Schließlich sind wir ein verliebtes Paar!" Sie wurde ein wenig rot und lächelte. "Das mit dem Kind war ja nicht geplant. Es ist da passiert, als Orry uns besuchen gekommen ist und wir im Bus geschlafen haben. Und na ja... ich hatte halt die Pille auf Schloß Gymnich vergessen, und so ist es halt passiert... wir haben wohl nicht gut genug aufgepasst!"
"Aber echt!" murmelte Paddy. "Willst du es Orry gleich sagen?"
"Wie denn, wir haben doch kein Handy!"
"Och, 'ne Telefonzelle finden wir bestimmt."
Barby überlegte kurz. "Nein, es muss noch unter uns bleiben," beschloß sie dann.


© Doro


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