Back to Spain
(Teil 9)
Abends traf sich die ganze Familie zum Abendessen am Lagerfeuer.
"Also, Pablo kommt, Kerstin auch, und auch die meisten anderen Leute aus dem Dorf,"
erzählte Joey kauend.
"Und wir haben noch ein paar Kisten mit Feuerwerk gekauft! Das wird ein Spaß!" freute sich Johnny.
"Und Girlanden müssen wir auch noch in der Stadt aufhängen," erinnerte Maite die anderen. "Essen sollten wir auch noch bestellen. Wir kriegen ja unmöglich das ganze Dorf satt!"
"Was das alles kostet!" jammerte Kathy. Doch sie wurde niedergeschrien.
In der Nacht gingen Jimmy und Joey in die Stadt und hängten Girlanden über die breiteste Straße des Dorfes. Morgens kamen Angelo, Paddy und Johnny und stellten die Biertische auf. Die Leute, die aus den Fenstern sahen, konnten ihren Augen kaum trauen. Ja, so etwas hatte man lange nicht mehr in Belascoain gesehen!
"Wir hatten hier schonmal so ein Fest," sagte Pablo, der natürlich mithalf, zu Paddy und Barby. "Damals, als eure Mutter noch lebte!"
"Ach ja, Mama!" Barby wischte sich die Augen. "Und jetzt werde ich selber Mutter!"
Kurz darauf kamen Orry und Cherie und staunten natürlich auch über die farbenprächtige Vorbereitung. Sogar Dan fing kurz an zu weinen. "Nie hätte ich gedacht, dass dieses Dorf jemals wieder so schön sein wird!"
Die Bewohner liefen aufgeregt tuschelnd durch die Straßen und nahmen bereits Platz an den Biertischen. Viele hatten original spanische Tracht angezogen. Um halb sechs scheuchte Patricia ihre Geschwister nach Hause. "Kommt jetzt, ihr müsst euch auch noch umziehen! Gaffen könnt ihr später!"
"Muss ich wirklich Flamenco - Zeugs anziehen?" jammerte Angelo. "Da genier' ich mich ja vor meiner Freundin!"
"Schluss, du ziehst dich an wie alle anderen auch!" bestimmte Kathy.
Alle drängten sich vor dem großen Spiegel. Ihre Outfits waren ähnlich wie die aus ihrem Video When The Boys Come Into Town.
"Seid ihr alle fertig?" fragte Jimmy. "Habt ihr eure Gitarren und die anderen Instrumente? Dann los!"
Schwatzend liefen die Kellys ins Dorf. Alle warteten schon auf sie. Ein lautes "Ah!" und "Oh!" ertönte, als die Bewohner der Kellys ansichtig wurden.
Patricia wedelte mit dem Armen. "Hallo! Ich bin keine große Rednerin, aber ich möchte, dass ihr euch alle amüsiert! Und jetzt gibt es erst mal Essen!"
Alle machten es sich an den Tischen bequem, und das Essen wurde von den extra engagierten Köchen herbeigetragen. Man ließ es sich schmecken. Doch nach dem Essen wurde ein Ruf immer lauter: "Musik, Musik, Musik!"
Sylvia stieß Maite an. "Hey! Die wollen, dass ihr singt!"
Etwas verlegen standen die Kellys auf. "Was sollen wir denn singen?" fragte Maite doof. Sie standen alle nur dumm rum. Doch dann begannen Joey und Johnny, auf ihren Gitarren den Anfang von I Really Love You zu spielen. Erleichert stimmten die anderen mit ein, und nach den Songs When The Boys Come Into Town, Ares Qui und Leave It To The Spirits war die Nervosität weg. Pablo rannen dicke Tränen über die Wangen.
Barby stürmte aus dem Kreis ihrer Geschwister und tanzte wild herum. Paddy musste schmunzeln. In einigen Monaten würde Barby das nicht mehr so gut gelingen...
Irgendwas fehlte doch noch!
Paddy rückte zu Johnny und flüsterte: "Wo sind Emma und Marija?"
"Weiß ich doch nicht! Dafür hab' ich jetzt keine Zeit," zischte Johnny. Und hart spielte er die ersten Akkorde von Yo Te Quiero an.
"Das ist mein Lied!" jubelte Kathy auf, sang und tanzte total ab. Zum Glück war das Essen bereits abgeräumt, denn plötzlich sprang Kathy auf einen der Biertische und wirbelte dort herum!
Da kamen plötzlich Marija und Emma die Straße entlang. Allen stockte der Atem, als sie die beiden Frauen sahen. Die beiden trugen Flamenco - Kleider und einen Hauch von Make - Up und sahen wunderschön aus. Es war der Auftritt von zwei Königinnen.
"Kommt und tanzt mit mir!" schrie Kathy ihnen zu.
Emma fühlte sich nicht fit genug, setzte sich lieber zwischen Pablo und Kerstin und klatschte im Takt mit. Aber Marija hob ihren Rock an, sprang mit einem Satz auf den Tisch und wirbelte mit Kathy im Square Dance herum. Die anderen Kellys klatschten begeistert mit und sangen laut: "Yo te quiero, yo te esperooo..."
Sie sangen alle spanischen Lieder, die ihnen so einfielen, zum Beispiel Los Peces En El Rio und Santa Maria. Die Dorfbewohner waren alle total begeistert. "Habt ihr immer noch nicht genug?" rief Angelo nach jedem Song. Doch alle riefen nur: "Mehr, mehr!"
Doch jetzt waren die spanischen Songs größtenteils aufgebraucht. Etwas dümmlich standen die Kellys in der Gegend rum.
Schließlich fing Kathy an, rhythmisch in die Hände zu klatschen und zu singen: "Oh oh oh, madre tan hermosa..."
Paddy schluckte. Nein, das wollte er doch nie mehr hören und erst recht nicht singen! Aber seine Geschwister sahen ihn aufmunternd an, und auch die Dorfleute wiegten sich mit geschlossenen Augen im Takt. Da gab Paddy sich einen Ruck. Was sollte daran so schlimm sein, das Lieblingslied seiner Mutter zu singen?
Als die Kellys den Song beendet hatten, brach ein ohrenbetäubender Jubel los. Paddy lächelte. War ja gar nicht so schlimm gewesen. Die Kellys genossen die Freude ihrer Freunde und blickten strahlend um sich. Paddy sah, wie Vater Dan auf seine Uhr blickte und dann hektisch winkte. Die Kinder wussten, was das bedeutete. Es war fast elf.
"Jetzt gibt es noch ein Feuerwerk! Sucht euch einen guten Platz!" rief John und wurde fast von der Menge überrannt.
"Von wo wird denn abgeschossen?" schrie Orry.
"Von Pablos Dach!" rief Joey von irgendwoher. "Am Besten geht ihr in irgendein Haus und guckt aus dem Fenster!"
In Sekundenschnelle war die große Hauptstraße fast leer. Nur noch Jimmy, Paddy und Cherie waren da. Paddy stellte sich auf einen Biertisch und blickte in den nachtschwarzen Himmel. In der Ferne hörte er Johnnys Stimme: "Gleich startet die erste Rakete! Six, five..."
"Jimmy, ist das aufregend!" flüsterte Paddy. Doch Jimmy stand gar nicht neben ihm. Überrascht sah Paddy sich um. Cherie und Jimmy standen in einer Ecke und schienen sich gar nicht für das herannahende Feuerwerk zu interessieren.
"... four, three..."
Paddy lenkte seine Aufmerksamkeit auf Jimmy und Cherie. Jimmy zog hektisch zwei Ringe aus seiner Jackentasche und schob Cherie einen über den Finger. Dabei murmelte er nervös irgendwelche Beschwörungsformeln. Cherie strahlte, dann machte sie das gleiche bei ihm. Das also ist eine echte Verlobung! dachte Paddy.
Johnny brüllte: "Two, one, ZERO!!!! Yeah!"
"Yeah!" schrie Paddy und konnte gerade noch rechtzeitig in den Himmel gucken, als die erste feuerrote Rakete explodierte. Und dann brach ein gewaltiges Feuerwerk los.
Langsam fuhr der Bus durch die dunkle Nacht.
Nach dem Feuerwerk hatten sie sich alle von den Dorfbewohnern verabschiedet, um gleich nach Köln zu fahren.
"Pass gut auf unser Haus auf, Pablo!" hatte Joey noch gebeten.
"Natürlich!" hatte Pablo versichert. "Mal sehen, vielleicht werde ich auch noch einen vernünftigen Stall für Burrito und die Hühner zimmern!"
"Tschüss, bis bald!" hatten alle Dorfbewohner gerufen, und Emma und Marija hatten sogar mit einem Tischtuch gewunken.
Nun lag Paddy auf der Rückbank und versuchte zu schlafen. Überall um ihn herum nur gleichmäßiges Schnarchen, aber Paddy hätte am liebsten geweint. So gerne wäre er noch geblieben.
Plötzlich hörte er Barbys Stimme im Dunkeln. "Paddy?"
"Ja?"
"Wir kommen doch wieder!"
"Ich weiß, aber..." sagte Paddy traurig.
"Aber?" hakte Barby nach.
"Es wird nie wieder so sein wie früher."
"Du redest schon wie Pablo!" schnaubte Barby. "Du hast recht, es wird nie so sein wie früher. Aber es wird besser werden, Paddy! Glaub mir!"
Paddy zögerte kurz. Doch dann musste er doch lachen.
"Glaubst du mir nicht?" fragte Barby.
"Doch, schon. Wahrscheinlich."
"Und warum lachst du dann?" Doch Paddy konnte ihr nicht mehr antworten. Er war schon ins Land der Träume gesegelt. Und überhaupt, wenn alles besser werden würde... dann brauchte er sich ja keine Sorgen zu machen.
© Doro