Nachdem jeder sein Gepäck gefunden
hatte und alles in einem Bus untergebracht war, konnte es weitergehen. Ich saß
wieder neben Paddy, aber nur weil Maite Angelo auf die Rückbank verfrachtet
hatte. So konnte jeder von den zwei sein geliebtes Fenster haben. Die ganze
Fahrt über war Paddy so aufgeregt wie ein kleines Kind. Er klebte fast mit dem
Gesicht am Fenster, klopfte dagegen, hopste auf seinem Sitz herum und schrie
andauernd: „Guck mal, Melli! Da! Siehst du die Schafe dort? Sind die nicht
toll?“ „Jaaaa... gaaaanz toll!“, stieß ich genervt zurück. Ich hatte ja nichts
dagegen, dass er sich freute wieder in Irland zu sein und die Landschaft von
Irland ist ja auch wunderschön, aber dass man wegen ein paar Schafen so einen
Terz machte, war mir doch etwas zu viel. „Melli, Melli, da!!! Ist
die kleine Kirche da nicht süß? Und guck doch mal da, die kleinen Kinder! Ich
hab früher auch am liebsten am Fluss gespielt!“ Er war einfach total süß und
doch noch fast ein Kind. Er schaute mich an und ich sah, wie seine Augen
strahlend blau funkelten und seine Wangen rot glühten. Ja, Irland, das war sein
Land und da gehörte er hin!
Wir fuhren ungefähr zwei Stunden
und kamen an einem kleinen Häuschen auf einem Berg an. „Wo sind wir, Paddy?“,
fragte ich verwirrt, „Ich dachte wir wollten Zelten?!“ „Ja, wollen wir ja
auch“, erklärte er mir, „Aber wir brechen morgen früh erst auf. Hier wohnt
unser Cousin Jeremy. Wir hatten ihm versprochen, dass wir ihn besuchen, wenn
wir mal wieder in Irland sind!“ Inzwischen sind wir alle schon aus dem Bus
gestiegen und da kamen zwei kleine Jungen im Alter von vielleicht acht Jahren
auf uns zugerannt. Es waren Zwillinge, die völlig identisch aussahen und mir
fiel sofort auf, dass sie Paddy vom Aussehen her auffallend ähnlich waren. Sie
hatten sogar lange Haare. „Das sind die Kinder von Jeremy und seiner Frau
Alison.“, flüsterte er mir zu, „Da musst du höllisch aufpassen! Die zwei sind
richtige kleine Wildfänge! Angeblich wären die zwei wie Kopien von mir!“ Ich
grinste und konnte mir richtig gut vorstellen, wie Paddy als kleiner Junge war!
Nun kamen auch, wie ich vermutete, Jeremy und Alison aus dem Haus und begrüßten
die Kellys hocherfreut. „Paddy, mann, hast du dich in den zwei Jahren, wo wir
uns nicht gesehen haben, verändert! Du bist ja richtig erwachsen geworden!“,
begrüßte ihn sein Cousin, „Ist das deine Freundin?“ „Ja, das ist meine Freundin
Melanie.“ „Herzlich willkommen bei uns, Melanie! Jetzt gehörst du auch zur
Familie, also fühl dich wie zu Hause!“ Er war wirklich freundlich. Dann kam
seine Frau dicht gefolgt von ihren zwei Söhnen: „Mensch, Paddy! Bist du aber
groß geworden!“, sie umarmte ihn, „Die zwei Kleinen“, und sie deutete auf die
zwei Jungen, „waren total begeistert von dir gewesen, als wir uns das letzte
mal gesehen haben. Den ganzen Tag lang hatten sie von dir geschwärmt und dann
wollten sie auch unbedingt lange Haare haben und jetzt seht ihr euch noch
ähnlicher!“ Mich begrüßte sie ebenfalls sehr freundlich und wir gingen alle
langsam ins Haus. „Paddy!“, schrieen die zwei Kleinen, umklammerten Patrick und
freuten sich total. „Na, ihr zwei?“, lächelte er sie an, „Wie geht’s euch?“
„Gut!“, riefen die laut. „Spielst du wieder mit uns fangen?“, fragte der, der
rechts von ihm stand. „Und verstecken?“, fragte der, der links stand. Patrick
lachte nur und meinte zu mir: „ Also, der hier“, er zeigte auf den Jungen, der
rechts stand, „Er heißt Michael und er heißt Patrick.“, er zeigte auf den, der
links stand. Mir klappte vor Staunen der Mund auf: „Wie kommt es, dass die zwei
genauso heißen wie du? Und die sehen auch aus wie du!“ Paddy lachte nur und
meinte: „Das wissen wir alle nicht! Aber ich glaube sie heißen so wie ich, weil
sie mir so ähnlich sind! Und weißt du was? Sie haben sogar am gleichen Tag wie
ich Geburtstag!“ Die zwei Kleinen nickten eifrig und ich stand da und konnte
nur noch den Kopf schütteln. „Tja, bei den Kellys ist alles möglich!“, lachte
er verschmitzt und gab mir einen Kuss. „Paddy hat ´ne Freundin! Paddy hat ´ne
Freundin!“, lachten die Jungs und hüpften um uns her. „Michael! Patrick! Jetzt
lasst Paddy und Melanie in Ruhe und kommt alle rein! Es gibt Kuchen!“, rief
Alison, die den Kopf aus der Haustür gestreckt hatte. Michael und Patrick
stürmten unter wildem Geschrei ins Haus. Paddy und ich folgten ihnen.
Der Kuchen war wirklich herrlich!
Es wurde viel gelacht und viel über die Vergangenheit erzählt. Ich fühlte mich
richtig wohl in meiner Haut und es kam mir vor, als hätte ich schon immer zu
der Familie gehört! Nachdem wir alle fertig waren, gingen Paddy und ich wieder
hinaus, um einen Spaziergang zu machen. Die Luft draußen war herrlich frisch
und die Sonne strahlte am blauen Himmel. „Komm, meine Kleine!“, Paddy packte
meinen Arm und zog mich hinter sich mit. Er lief so schnell, dass ich fast
hinfiel. „Wohin gehen wir?“ rief ich und wäre beinahe wieder über einen Stein
gestolpert. „Ich weiß nicht! Ich will nur meine Freiheit genießen!“, bekam ich
als Antwort. Auf einem kleinen Hügel ließen wir uns dann erschöpft und nach
Luft ringend auf das Gras fallen. „Ist Irland nicht klasse?“, strahlte Paddy.
„Oja!“, ich zog ihn näher zu mir heran, „Aber mit dir zusammen ist es überall
auf der Welt klasse!“ Er lächelte mich total lieb an und ich hatte das Gefühl,
als würde ein riesiger Schwarm Schmetterlinge durch meinen Bauch flattern. „Du
bist ein Schatz!“, damit küsste er mich vorsichtig auf den Mund und ich versank
förmlich in seinen himmlisch blauen Augen, als er mich ansah.
„Hallo!“, Paddy und ich schreckten
beide hoch. Jimmy stand direkt vor uns und grinste: „Hab ich euch gestört?“ Und
etwas ironisch fügte er hinzu: „Das tat mir jetzt aber leid!“ „Du hast ganz
genau gewusst, dass wir hier sind!“, schrie Paddy und sprang wie von einer
Tarantel gestochen auf die Beine, „Lass Melli endlich in Ruhe! Sie gehört mir!“
Ich versuchte ihn noch fest zu halten, aber mit einem Satz sprang er auf Jimmy
und drückte ihn nieder. Jimmy ließ sich das natürlich nicht gefallen und schlug
Paddy ins Gesicht. Dieser schlug zurück und sofort war eine wilde Prügelei im
Gange. „Hört auf! Alle beide!“, schrie ich durch das Chaos. Paddy stand auf,
spuckte auf den Boden und ich konnte sehen, dass er stark aus der Nase blutete.
„Komm, gehen wir!“, meinte er zu mir. Ich schaute auf Jimmy, der auf dem Boden
lag und sichtlich Schmerzen hatte: „Aber, Paddy, wir können ihn doch nicht
einfach hier liegen lassen!“ Paddy schaute mich erst finster an und schrie
dann: „Warum schlägst du dich immer auf seine Seite? Warum ist er dir mehr wert
als ich?“ „Paddy, warum bist du immer so schrecklich eifersüchtig? Er ist dein
Bruder und du behandelst ihn wie den letzten Dreck!“ „Was hat er mit mir
gemacht?!“, Paddy hielt sich seine Nase, aus der es nicht aufhören wollte zu
bluten. „Wir können Jimmy doch nicht einfach hier rumliegen lassen?!“ „Weißt du
was, Melli? Werd doch glücklich mit dem Kerl und mach was du willst!“ , giftete
er mich an, bevor er auf dem Absatz kehrt machte und wegrannte. Ich wusste,
dass Paddy dachte, ich würde ihm hinterher laufen, aber ich wollte ihm nicht
das Gefühl geben, dass er über mich bestimmen könnte. Jimmy setzte sich gerade
auf und hielt sich den Kopf. „Jimmy? Alles okay?“, ich kniete mich neben ihn
und legte einen Arm um seine Schulter. „Warum bist du hier geblieben?“, fragte
er mich mit einem Blick, der verriet, wie sehr er litt. Ich schwieg. Ich wusste
es selbst nicht. Er, Jimmy, platzte andauernd in die Beziehung zwischen Paddy
und mir herein und eigentlich hätte ich ihn dafür hassen sollen, dass er unser
kurzes glückliches Miteinander wieder zerbrach, aber dennoch kümmerte ich mich
lieber um ihn als um meinen Paddy. Wir starrten uns eine ganze Weile an und ich
spürte, wie mein Herz anfing wie verrückt zu toben. „Weißt du, Melli, ich bin
in meinem ganzen Leben noch nie jemandem begegnet, zu dem ich mich so angezogen
fühlte wie zu dir. Aber ich weiß, dass das keine Hoffnung hat! Du bist mit
meinem Bruder zusammen und ich Depp muss das endlich akzeptieren! Ich sollte
mich eigentlich für Paddy freuen, dass er einen Engel wie dich hat, der ihn so
liebt, wie er ist, und der sich um ihn kümmert. Aber weißt du, es tut mir
verdammt weh, wenn ich euch beide so glücklich sehe wie vorhin. Ich spüre
tausend Messer in mein Herz bohren und dieser Schmerz scheint mich
aufzufressen...“ Er schaute mich mit seinen glasblauen Augen an. Ich konnte
diesen Blick einfach nicht ertragen und schaute verlegen auf den Boden. „Ich
weiß, es war zu viel! Es tut mir leid!“, murmelte er und nahm meine Hand,
„Kannst du mir bitte helfen aufzustehen? Mir tut alles weh!“ Ich half ihm
wieder auf die Beine und langsam gingen wir schweigend Richtung Haus. „Melli?“,
unterbrach er nach einiger Zeit die Stille. Ich schaute ihn an und er sprach
weiter: „Vergiss einfach, was ich dir vorhin erzählt habe, okay? Ich... ich
will euer Glück nicht zerstören! Ich möchte, dass du glücklich wirst und Paddy
hat es wirklich verdient, dich als Freundin zu haben.“ „Ich weiß nicht, ob ich
mit Paddy wirklich glücklich bin!“, sprudelte es aus mir heraus, bevor ich
wusste, was ich da sagte. Jimmy schaute mich verwundert an: „Aber ich dachte,
bei euch läuft alles klasse! Ihr liebt euch doch!“ „Ja... aber schau dir doch
die Aktion von vorhin an...“ „Melli, das war mein Fehler! Ich hätte euch nicht
folgen sollen! Ich dachte ja nur... Das ist jetzt auch egal! Aber bitte,
kümmere dich gut um Paddy, okay?“ „Ja, okay... aber weißt du, das Problem
ist... Ich finde, er engt mich irgendwie ein und lässt mir keinen Freiraum. Ich
kann nichts machen, ohne dass er gleich wieder ausrastet! Das stört mich so an
ihm!“ „Das macht er nur, weil er Angst hat, dich zu verlieren! Weißt du, Melli,
er hatte nicht besonders viel Glück mit Mädchen. Eine Zeit lang hatte er jede
Woche eine Neue, aber es war nie richtig Liebe! Die Mädchen wollten entweder
nur Geld oder nur Sex von ihm. Andere waren nur mit ihm zusammen, weil er Paddy
Kelly war, seine Person hat niemanden interessiert. Paddy war in der Hinsicht
schon immer etwas naiv und er wurde schon mehr als genug ausgenutzt. Dann hatte
er das erkannt und hat sich nicht mehr getraut, nur irgend jemandem zu
vertrauen, geschweige denn sich zu verlieben. Er wurde einfach zu oft
enttäuscht. Und jetzt hat er dich gefunden und ich kann sehr gut verstehen,
dass er dich nie mehr verlieren will!“ „Jimmy, ich verstehe es schon, aber
weißt du, du bist zum Beispiel nicht so wie er. Dir macht es nichts aus, wenn
ich mich mit jemand anderem unterhalte. Du bist viel lockerer.“ „Vielleicht“,
meinte er und fuhr fort, „Aber jeder Mensch ist anders und dafür solltest du
ihn lieben! Ich verspreche dir, dass ich mich nie wieder in die Sache zwischen euch
einmischen werde, aber du kannst jederzeit zu mir kommen, wenn du ein Problem
hast, okay? Mein Herz ist immer für dich da!“ „Oh, danke Jimmy!“, ich fiel ihm
um den Hals und meine Augen füllten sich mit Tränen. Er war so unendlich lieb
zu mir! „Na, komm!“, er nahm mich an die Hand, „Lasst uns nach Hause gehen!
Mein Kopf tut so weh, als würde er gleich platzen.“
Als wir am Haus ankamen, konnten
wir zu unserem Glück feststellen, dass die anderen nicht da waren, sonst hätte
es womöglich peinliche Fragen gegeben. Jimmy legte sich auf das Sofa und ich
brachte ihm einen Eisbeutel, damit er sich den Kopf kühlen konnte. „Willst du
nicht mal nach Paddy sehen?“, fragte er mich und ich nickte. Ich wollte es
zwar, aber in Wirklichkeit hatte ich Angst zu ihm zu gehen. „Ich komme gleich
wieder!“, meinte ich zu Jimmy worauf er nur meinte: „Lass dir ruhig Zeit und
klär es mit Paddy!“ Ich nickte und ging die Treppen hinauf in das Zimmer, das
für uns beide, Maite und Angelo war.
Als ich die Tür öffnete, stieg mir
schon ein komischer Geruch in die Nase. Zuerst wusste ich nicht, was das war
und ich schaute mich im Zimmer um. Da entdeckte ich Paddy, der auf dem Boden
lag und sein Gesicht in seinen Händen vergrub. Vorsichtig näherte ich mich ihm
und da wusste ich auch, was so komisch roch, es war Alkohol. „Paddy?“,
flüsterte ich leise, denn ich hatte etwas Angst vor ihm. Da er kein Zeichen von
sich gab, zog ich ihm die Hände weg. Paddy starrte mich ausdruckslos an und zu
meiner Erleichterung hatte er kein Blut mehr im Gesicht, aber dafür sah er
total verheult aus. „Wie geht´s dir, mein Schatz?“, ich strich ihm seine
Strähnen aus dem Gesicht, die wegen den Tränen an seiner Wange klebten. Er
antwortete immer noch nicht und seine Tränen flossen weiter über seinen
geröteten Wangen. „Paddy, es tut mir so leid!“, ich strich ihm vorsichtig die
Tränen weg, „Ich liebe dich so!“ „M... mir... ist... s... soooo schlecht!“,
stotterte er und sah dabei tatsächlich total elend aus. „Du hast zu viel
getrunken, Paddy!“ „Isch ´ab gaaaaaar nix getrunken!“, und dann lallte er noch
etwas, das ich nicht verstand. „Komm, leg dich ins Bett!“, ich wollte ihm
helfen aufzustehen, aber er schüttelte den Kopf. „Isch will nischt!“ Plötzlich
lief er etwas grün an und dann fing er auch noch an zu würgen. „Oh, mein Gott,
Paddy!“, ich zerrte ihn hoch und schleppte ihn auf´s Klo und dort übergab er
sich erst einmal richtig. Dann zog ich ihn bis auf die Boxershorts aus und
legte ihn ins Bett. Während ich ihn zudeckte, fragte ich ihn: „Warum hast du so
viel getrunken?“ Er schaute mich an und fing wieder an zu weinen. Ich gab ihm
einen Kuss auf seine Wange und strich ihm durchs Haar, aber er fing nur an,
heftiger zu heulen. „Soll ich bei dir bleiben?“ Er nickte und nahm meine Hand.
Ich blieb bei ihm sitzen und es dauerte nicht lange, da schlief er auch schon
ein. Leise küsste ich ihn noch einmal auf die Wange und ging wieder nach unten
zu Jimmy.
Auch Jimmy schien zu schlafen, aber
er ich vor ihm stand, öffnete er seine Augen. „Und, wie geht´s ihm?“, fragte er
mich besorgt. „Er hat sich betrunken und lag heulend auf dem Boden, als ich
kam. Dann hat er sich übergeben und jetzt schläft er.“, ich setzte mich zu
Jimmy auf die Couch, „Wie geht´s dir? Hast du immer noch Kopfschmerzen?“ „Ja,
ziemlich! Ich bin auf meinen Kopf gelandet, als dein Freund mich auf den Boden
geworfen hat!“, er betonte extra „dein Freund“, aber ich ließ mir nichts
anmerken, da ich der Meinung war, dass es schon genug Ärger gab. „Jimmy, ich
mache mir so Sorgen um Paddy! Warum musste er sich betrinken?“ „Er hat es
gemacht, weil er das Gefühl hatte, dass er dir nichts bedeutet! Verdammt, du
hättest mit ihm gehen sollen und mich da liegen lassen, wo ich war! Ich hätte
es auch überlebt!“, die letzten Worte sagte er etwas ironisch. „Ach, was reden
wir die ganze Zeit um den Brei herum! Es ist jetzt nun mal passiert und man
kann nichts mehr ändern! Ich mach dir einen Tee, okay?“ Gerade als ich aufstand
und Tee kochen wollte, öffnete sich die Haustür und Patricia, Maite, Angelo,
Patrick und Michael kamen herein. „Ah, da seid ihr ja!“, freute sich Patricia
und sprudelte gleich los, „Paddy ist sicher auch bei euch, ne? Die anderen sind
unten im Dorf. Die Jungs wollen mit Jeremy gleich in die Bar was essen und dann
feiern und Barby ist mit Alison irgendwo unterwegs! Ich wollte euch auch
abholen, die Jungs warten auf uns! Maite und Angelo passen auf die zwei Kleinen
auf!“ Mit einem Blick auf Jimmy, fragte sie verwundert: „Was ist denn hier los?
Ist Jimmy krank?“ „So kann man es auch nennen!“, brummte er und setzte sich hin,
den Eisbeutel immer noch an den Kopf gepresst. „Was haben wir jetzt schon
wieder verpasst?“, fragte Maite und schaute Jimmy und mich abwechselnd an. „Das
ist eine längere Geschichte!“, meinte ich, „Aber es wäre keine gute Idee mit
Paddy in die Bar zu gehen!“ „Warum?“, fragte Patricia, „Geht´s ihm nicht gut?“
„Nee, nicht besonders! Er ist schon total besoffen!“ „Paddy ist hacke zu?“,
grinste Maite, „Na, da haben wir ja doch was verpasst! Und was ist mit dir los,
Jimmy? Na, das müsst ihr uns jetzt aber erklären!“ Wir setzten uns hin und ich
erzählte die ganze Geschichte, dabei ließ ich aber Jimmys „Liebeserklärung“
absichtlich weg. „Ihr habt ja auch immer Probleme!“, Angelo verdrehte seine
Augen, „Kommt, ihr zwei, lasst uns lieber draußen noch ´ne Runde Fußball
spielen, bevor es gleich dunkel wird!“ Zusammen mit Michael und Patrick verließ
er das Haus. „Dann sollten wir wirklich nicht weggehen!“, entschied Patricia,
„Ich werde John anrufen und ihm sagen, dass ihr euch alle nicht so gut fühlt,
okay? Was wirklich passiert ist, muss ja nicht jeder wissen!“ „Danke
Patricia!“, ich war sehr froh, dass sie es nicht weiter erzählte. Meiner
Meinung nach ging die Sache niemanden, außer Paddy, Jimmy und mir, was an.
Natürlich hatte ich nichts dagegen, wenn Maite und Patricia davon wussten.
Schließlich mochte ich die zwei sehr gerne und ich war froh, dass sie mich
unterstützten und Angelo schien sich ja für Herzschmerz und ähnliche Sachen
nicht besonders zu interessieren. „Ich mach uns jetzt mal was zu essen, okay?“,
Maite stand auf und wuselte in die Küche. „Was willst du denn, Jimmy?“, ich
sah, dass er aufstand und den Eisbeutel auf die Couch warf. „Rausgehen und mit
den anderen Fußball spielen!“ Bevor ich noch etwas anderes sagen konnte, war er
auch schon weg. „Irgendwie sind die Leute heute alle nicht so ganz dicht im
Kopf!“, meinte Patricia und ich musste grinsen.
Später aßen wir dann noch zu Abend. Danach spielten wir noch etwas mit den zwei Kleinen, die unheimlich süß, aber auch total frech waren. Als die anderen wieder kamen, schickte Alison die Jungs ins Bett und auch Angelo und Jimmy verzogen sich. Wir saßen alle noch gemütlich am Kamin und redeten über alles Mögliche. Jeremy zeigte uns dann auch noch alte Fotos und alle erzählten aus der Vergangenheit. Auch wenn der Abend mir sehr gefiel, musste ich doch andauernd an meinen Paddy denken, der allein in seinem Bett lag. Ich hatte ein ziemlich schlechtes Gewissen. Zwar war Angelo bei ihm, doch dieser schlief bestimmt tief und fest und würde nichts von dem mitbekommen, was Paddy macht. Obwohl ich noch kein bisschen müde war, entschloss ich mich ins Bett zu gehen, um bei Paddy zu sein. Als ich die Treppe nach oben stieg, hörte ich jemanden rufen. „Warte mal“, Maite war mir gefolgt. Ich blieb stehen und sie kam zu mir hochgehetzt. Zusammen gingen wir in unser Zimmer. Es stank immer noch total nach Alkohol und Maite öffnete das Fenster, damit wir etwas frische Luft bekamen. Der Mond warf ein bisschen Licht in das Zimmer und ich konnte Paddy dunkel erkennen. Er schien ganz ruhig zu schlafen und ich spürte wie Erleichterung in mir hochstieg. „Es ist nur noch ein Bett übrig“, meinte Maite, „Du kannst es gerne haben, dann schlaf ich auf dem Boden!“ „Nee, Maite, schlaf du im ruhig im Bett. Ich werde bei Paddy schlafen!“ „Wenn du meinst“, sie schaute mich etwas skeptisch an, „Bist du wirklich müde?“ Ich schüttelte den Kopf und wusste, dass sie mich durchschaut hatte. „Ich auch nicht!“, meinte sie dann, „Ich wusste, dass du dich Sorgen um Paddy machst. Da dachte ich, ich leiste dir etwas Gesellschaft und so können wir ja noch in Ruhe reden.“ Wir machten es uns auf Maites Bett gemütlich und sie fragte mich: „Was läuft eigentlich zwischen Jimmy und dir?“ Ich starrte sie verblüfft an. Nie hätte ich erwartet, dass sie mich das fragt. Ich dachte eigentlich, dass Jimmy und ich die Sache ganz gut geheim hielten. „Gar nichts“, antwortete ich wahrheitsgetreu, „Warum fragst du?“ „Ich dachte nur, weil Jimmy dich immer so komisch anschaut und weil Paddy kein Wort mehr mit ihm redet. Aber Jimmy mag dich sehr, oder?“ Ich nickte stumm und ohne, dass ich es wollte, fing ich an zu schluchzen. Maite bemerkte das sofort und nahm mich ganz lieb in den Arm: „Was ist denn los, Melli? Möchtest du es mir erzählen?“ Sie schaute mich total lieb an und ich erzählte ihr alles über die Sache mit Jimmy und Paddy. „Aber du liebst doch Paddy noch, oder?“, fragte sie mich, als ich fertig war „Ja, schon, aber andererseits will ich Jimmy nicht verletzten.“ „Melli, Jimmy muss es akzeptieren und du willst Paddy doch nicht weh tun, oder? Er liebt dich wirklich und ich glaube, es würde ihm das Herz brechen, wenn du ihn wegen seinem Bruder verlassen würdest“ Das wusste ich natürlich auch und nickte. Wir sprachen noch eine ganze Weile darüber, bis wir beide wirklich müde waren. „Na gut, Maite, ich bin jetzt auch schon so müde! Danke, dass du dir Zeit für mich genommen hast!“ „Ist doch kein Problem!“ Es tat wirklich gut mit ihr darüber zu reden. Sie verstand mich total und ich wusste, dass ich in ihr eine Freundin gefunden hatte, der ich voll vertrauen konnte. Vorsichtig schubste ich Paddy etwas zur Seite und legte mich neben ihn. Er schlummerte friedlich und sah dabei aus, wie ein Baby. Ich rutschte ganz nah an ihn heran und bevor ich selbst einschlief, flüsterte ich ihm ganz leise ins Ohr: „Paddy, ich liebe wirklich nur dich!“
© Jihong 07.01.2002