Träume oder mehr 7

 

 

Nachdem jeder sein Gepäck gefunden hatte und alles in einem Bus untergebracht war, konnte es weitergehen. Ich saß wieder neben Paddy, aber nur weil Maite Angelo auf die Rückbank verfrachtet hatte. So konnte jeder von den zwei sein geliebtes Fenster haben. Die ganze Fahrt über war Paddy so aufgeregt wie ein kleines Kind. Er klebte fast mit dem Gesicht am Fenster, klopfte dagegen, hopste auf seinem Sitz herum und schrie andauernd: „Guck mal, Melli! Da! Siehst du die Schafe dort? Sind die nicht toll?“ „Jaaaa... gaaaanz toll!“, stieß ich genervt zurück. Ich hatte ja nichts dagegen, dass er sich freute wieder in Irland zu sein und die Landschaft von Irland ist ja auch wunderschön, aber dass man wegen ein paar Schafen so einen Terz machte, war mir doch etwas zu viel. „Melli, Melli, da!!! Ist die kleine Kirche da nicht süß? Und guck doch mal da, die kleinen Kinder! Ich hab früher auch am liebsten am Fluss gespielt!“ Er war einfach total süß und doch noch fast ein Kind. Er schaute mich an und ich sah, wie seine Augen strahlend blau funkelten und seine Wangen rot glühten. Ja, Irland, das war sein Land und da gehörte er hin!

Wir fuhren ungefähr zwei Stunden und kamen an einem kleinen Häuschen auf einem Berg an. „Wo sind wir, Paddy?“, fragte ich verwirrt, „Ich dachte wir wollten Zelten?!“ „Ja, wollen wir ja auch“, erklärte er mir, „Aber wir brechen morgen früh erst auf. Hier wohnt unser Cousin Jeremy. Wir hatten ihm versprochen, dass wir ihn besuchen, wenn wir mal wieder in Irland sind!“ Inzwischen sind wir alle schon aus dem Bus gestiegen und da kamen zwei kleine Jungen im Alter von vielleicht acht Jahren auf uns zugerannt. Es waren Zwillinge, die völlig identisch aussahen und mir fiel sofort auf, dass sie Paddy vom Aussehen her auffallend ähnlich waren. Sie hatten sogar lange Haare. „Das sind die Kinder von Jeremy und seiner Frau Alison.“, flüsterte er mir zu, „Da musst du höllisch aufpassen! Die zwei sind richtige kleine Wildfänge! Angeblich wären die zwei wie Kopien von mir!“ Ich grinste und konnte mir richtig gut vorstellen, wie Paddy als kleiner Junge war! Nun kamen auch, wie ich vermutete, Jeremy und Alison aus dem Haus und begrüßten die Kellys hocherfreut. „Paddy, mann, hast du dich in den zwei Jahren, wo wir uns nicht gesehen haben, verändert! Du bist ja richtig erwachsen geworden!“, begrüßte ihn sein Cousin, „Ist das deine Freundin?“ „Ja, das ist meine Freundin Melanie.“ „Herzlich willkommen bei uns, Melanie! Jetzt gehörst du auch zur Familie, also fühl dich wie zu Hause!“ Er war wirklich freundlich. Dann kam seine Frau dicht gefolgt von ihren zwei Söhnen: „Mensch, Paddy! Bist du aber groß geworden!“, sie umarmte ihn, „Die zwei Kleinen“, und sie deutete auf die zwei Jungen, „waren total begeistert von dir gewesen, als wir uns das letzte mal gesehen haben. Den ganzen Tag lang hatten sie von dir geschwärmt und dann wollten sie auch unbedingt lange Haare haben und jetzt seht ihr euch noch ähnlicher!“ Mich begrüßte sie ebenfalls sehr freundlich und wir gingen alle langsam ins Haus. „Paddy!“, schrieen die zwei Kleinen, umklammerten Patrick und freuten sich total. „Na, ihr zwei?“, lächelte er sie an, „Wie geht’s euch?“ „Gut!“, riefen die laut. „Spielst du wieder mit uns fangen?“, fragte der, der rechts von ihm stand. „Und verstecken?“, fragte der, der links stand. Patrick lachte nur und meinte zu mir: „ Also, der hier“, er zeigte auf den Jungen, der rechts stand, „Er heißt Michael und er heißt Patrick.“, er zeigte auf den, der links stand. Mir klappte vor Staunen der Mund auf: „Wie kommt es, dass die zwei genauso heißen wie du? Und die sehen auch aus wie du!“ Paddy lachte nur und meinte: „Das wissen wir alle nicht! Aber ich glaube sie heißen so wie ich, weil sie mir so ähnlich sind! Und weißt du was? Sie haben sogar am gleichen Tag wie ich Geburtstag!“ Die zwei Kleinen nickten eifrig und ich stand da und konnte nur noch den Kopf schütteln. „Tja, bei den Kellys ist alles möglich!“, lachte er verschmitzt und gab mir einen Kuss. „Paddy hat ´ne Freundin! Paddy hat ´ne Freundin!“, lachten die Jungs und hüpften um uns her. „Michael! Patrick! Jetzt lasst Paddy und Melanie in Ruhe und kommt alle rein! Es gibt Kuchen!“, rief Alison, die den Kopf aus der Haustür gestreckt hatte. Michael und Patrick stürmten unter wildem Geschrei ins Haus. Paddy und ich folgten ihnen.

Der Kuchen war wirklich herrlich! Es wurde viel gelacht und viel über die Vergangenheit erzählt. Ich fühlte mich richtig wohl in meiner Haut und es kam mir vor, als hätte ich schon immer zu der Familie gehört! Nachdem wir alle fertig waren, gingen Paddy und ich wieder hinaus, um einen Spaziergang zu machen. Die Luft draußen war herrlich frisch und die Sonne strahlte am blauen Himmel. „Komm, meine Kleine!“, Paddy packte meinen Arm und zog mich hinter sich mit. Er lief so schnell, dass ich fast hinfiel. „Wohin gehen wir?“ rief ich und wäre beinahe wieder über einen Stein gestolpert. „Ich weiß nicht! Ich will nur meine Freiheit genießen!“, bekam ich als Antwort. Auf einem kleinen Hügel ließen wir uns dann erschöpft und nach Luft ringend auf das Gras fallen. „Ist Irland nicht klasse?“, strahlte Paddy. „Oja!“, ich zog ihn näher zu mir heran, „Aber mit dir zusammen ist es überall auf der Welt klasse!“ Er lächelte mich total lieb an und ich hatte das Gefühl, als würde ein riesiger Schwarm Schmetterlinge durch meinen Bauch flattern. „Du bist ein Schatz!“, damit küsste er mich vorsichtig auf den Mund und ich versank förmlich in seinen himmlisch blauen Augen, als er mich ansah.

„Hallo!“, Paddy und ich schreckten beide hoch. Jimmy stand direkt vor uns und grinste: „Hab ich euch gestört?“ Und etwas ironisch fügte er hinzu: „Das tat mir jetzt aber leid!“ „Du hast ganz genau gewusst, dass wir hier sind!“, schrie Paddy und sprang wie von einer Tarantel gestochen auf die Beine, „Lass Melli endlich in Ruhe! Sie gehört mir!“ Ich versuchte ihn noch fest zu halten, aber mit einem Satz sprang er auf Jimmy und drückte ihn nieder. Jimmy ließ sich das natürlich nicht gefallen und schlug Paddy ins Gesicht. Dieser schlug zurück und sofort war eine wilde Prügelei im Gange. „Hört auf! Alle beide!“, schrie ich durch das Chaos. Paddy stand auf, spuckte auf den Boden und ich konnte sehen, dass er stark aus der Nase blutete. „Komm, gehen wir!“, meinte er zu mir. Ich schaute auf Jimmy, der auf dem Boden lag und sichtlich Schmerzen hatte: „Aber, Paddy, wir können ihn doch nicht einfach hier liegen lassen!“ Paddy schaute mich erst finster an und schrie dann: „Warum schlägst du dich immer auf seine Seite? Warum ist er dir mehr wert als ich?“ „Paddy, warum bist du immer so schrecklich eifersüchtig? Er ist dein Bruder und du behandelst ihn wie den letzten Dreck!“ „Was hat er mit mir gemacht?!“, Paddy hielt sich seine Nase, aus der es nicht aufhören wollte zu bluten. „Wir können Jimmy doch nicht einfach hier rumliegen lassen?!“ „Weißt du was, Melli? Werd doch glücklich mit dem Kerl und mach was du willst!“ , giftete er mich an, bevor er auf dem Absatz kehrt machte und wegrannte. Ich wusste, dass Paddy dachte, ich würde ihm hinterher laufen, aber ich wollte ihm nicht das Gefühl geben, dass er über mich bestimmen könnte. Jimmy setzte sich gerade auf und hielt sich den Kopf. „Jimmy? Alles okay?“, ich kniete mich neben ihn und legte einen Arm um seine Schulter. „Warum bist du hier geblieben?“, fragte er mich mit einem Blick, der verriet, wie sehr er litt. Ich schwieg. Ich wusste es selbst nicht. Er, Jimmy, platzte andauernd in die Beziehung zwischen Paddy und mir herein und eigentlich hätte ich ihn dafür hassen sollen, dass er unser kurzes glückliches Miteinander wieder zerbrach, aber dennoch kümmerte ich mich lieber um ihn als um meinen Paddy. Wir starrten uns eine ganze Weile an und ich spürte, wie mein Herz anfing wie verrückt zu toben. „Weißt du, Melli, ich bin in meinem ganzen Leben noch nie jemandem begegnet, zu dem ich mich so angezogen fühlte wie zu dir. Aber ich weiß, dass das keine Hoffnung hat! Du bist mit meinem Bruder zusammen und ich Depp muss das endlich akzeptieren! Ich sollte mich eigentlich für Paddy freuen, dass er einen Engel wie dich hat, der ihn so liebt, wie er ist, und der sich um ihn kümmert. Aber weißt du, es tut mir verdammt weh, wenn ich euch beide so glücklich sehe wie vorhin. Ich spüre tausend Messer in mein Herz bohren und dieser Schmerz scheint mich aufzufressen...“ Er schaute mich mit seinen glasblauen Augen an. Ich konnte diesen Blick einfach nicht ertragen und schaute verlegen auf den Boden. „Ich weiß, es war zu viel! Es tut mir leid!“, murmelte er und nahm meine Hand, „Kannst du mir bitte helfen aufzustehen? Mir tut alles weh!“ Ich half ihm wieder auf die Beine und langsam gingen wir schweigend Richtung Haus. „Melli?“, unterbrach er nach einiger Zeit die Stille. Ich schaute ihn an und er sprach weiter: „Vergiss einfach, was ich dir vorhin erzählt habe, okay? Ich... ich will euer Glück nicht zerstören! Ich möchte, dass du glücklich wirst und Paddy hat es wirklich verdient, dich als Freundin zu haben.“ „Ich weiß nicht, ob ich mit Paddy wirklich glücklich bin!“, sprudelte es aus mir heraus, bevor ich wusste, was ich da sagte. Jimmy schaute mich verwundert an: „Aber ich dachte, bei euch läuft alles klasse! Ihr liebt euch doch!“ „Ja... aber schau dir doch die Aktion von vorhin an...“ „Melli, das war mein Fehler! Ich hätte euch nicht folgen sollen! Ich dachte ja nur... Das ist jetzt auch egal! Aber bitte, kümmere dich gut um Paddy, okay?“ „Ja, okay... aber weißt du, das Problem ist... Ich finde, er engt mich irgendwie ein und lässt mir keinen Freiraum. Ich kann nichts machen, ohne dass er gleich wieder ausrastet! Das stört mich so an ihm!“ „Das macht er nur, weil er Angst hat, dich zu verlieren! Weißt du, Melli, er hatte nicht besonders viel Glück mit Mädchen. Eine Zeit lang hatte er jede Woche eine Neue, aber es war nie richtig Liebe! Die Mädchen wollten entweder nur Geld oder nur Sex von ihm. Andere waren nur mit ihm zusammen, weil er Paddy Kelly war, seine Person hat niemanden interessiert. Paddy war in der Hinsicht schon immer etwas naiv und er wurde schon mehr als genug ausgenutzt. Dann hatte er das erkannt und hat sich nicht mehr getraut, nur irgend jemandem zu vertrauen, geschweige denn sich zu verlieben. Er wurde einfach zu oft enttäuscht. Und jetzt hat er dich gefunden und ich kann sehr gut verstehen, dass er dich nie mehr verlieren will!“ „Jimmy, ich verstehe es schon, aber weißt du, du bist zum Beispiel nicht so wie er. Dir macht es nichts aus, wenn ich mich mit jemand anderem unterhalte. Du bist viel lockerer.“ „Vielleicht“, meinte er und fuhr fort, „Aber jeder Mensch ist anders und dafür solltest du ihn lieben! Ich verspreche dir, dass ich mich nie wieder in die Sache zwischen euch einmischen werde, aber du kannst jederzeit zu mir kommen, wenn du ein Problem hast, okay? Mein Herz ist immer für dich da!“ „Oh, danke Jimmy!“, ich fiel ihm um den Hals und meine Augen füllten sich mit Tränen. Er war so unendlich lieb zu mir! „Na, komm!“, er nahm mich an die Hand, „Lasst uns nach Hause gehen! Mein Kopf tut so weh, als würde er gleich platzen.“

Als wir am Haus ankamen, konnten wir zu unserem Glück feststellen, dass die anderen nicht da waren, sonst hätte es womöglich peinliche Fragen gegeben. Jimmy legte sich auf das Sofa und ich brachte ihm einen Eisbeutel, damit er sich den Kopf kühlen konnte. „Willst du nicht mal nach Paddy sehen?“, fragte er mich und ich nickte. Ich wollte es zwar, aber in Wirklichkeit hatte ich Angst zu ihm zu gehen. „Ich komme gleich wieder!“, meinte ich zu Jimmy worauf er nur meinte: „Lass dir ruhig Zeit und klär es mit Paddy!“ Ich nickte und ging die Treppen hinauf in das Zimmer, das für uns beide, Maite und Angelo war.

Als ich die Tür öffnete, stieg mir schon ein komischer Geruch in die Nase. Zuerst wusste ich nicht, was das war und ich schaute mich im Zimmer um. Da entdeckte ich Paddy, der auf dem Boden lag und sein Gesicht in seinen Händen vergrub. Vorsichtig näherte ich mich ihm und da wusste ich auch, was so komisch roch, es war Alkohol. „Paddy?“, flüsterte ich leise, denn ich hatte etwas Angst vor ihm. Da er kein Zeichen von sich gab, zog ich ihm die Hände weg. Paddy starrte mich ausdruckslos an und zu meiner Erleichterung hatte er kein Blut mehr im Gesicht, aber dafür sah er total verheult aus. „Wie geht´s dir, mein Schatz?“, ich strich ihm seine Strähnen aus dem Gesicht, die wegen den Tränen an seiner Wange klebten. Er antwortete immer noch nicht und seine Tränen flossen weiter über seinen geröteten Wangen. „Paddy, es tut mir so leid!“, ich strich ihm vorsichtig die Tränen weg, „Ich liebe dich so!“ „M... mir... ist... s... soooo schlecht!“, stotterte er und sah dabei tatsächlich total elend aus. „Du hast zu viel getrunken, Paddy!“ „Isch ´ab gaaaaaar nix getrunken!“, und dann lallte er noch etwas, das ich nicht verstand. „Komm, leg dich ins Bett!“, ich wollte ihm helfen aufzustehen, aber er schüttelte den Kopf. „Isch will nischt!“ Plötzlich lief er etwas grün an und dann fing er auch noch an zu würgen. „Oh, mein Gott, Paddy!“, ich zerrte ihn hoch und schleppte ihn auf´s Klo und dort übergab er sich erst einmal richtig. Dann zog ich ihn bis auf die Boxershorts aus und legte ihn ins Bett. Während ich ihn zudeckte, fragte ich ihn: „Warum hast du so viel getrunken?“ Er schaute mich an und fing wieder an zu weinen. Ich gab ihm einen Kuss auf seine Wange und strich ihm durchs Haar, aber er fing nur an, heftiger zu heulen. „Soll ich bei dir bleiben?“ Er nickte und nahm meine Hand. Ich blieb bei ihm sitzen und es dauerte nicht lange, da schlief er auch schon ein. Leise küsste ich ihn noch einmal auf die Wange und ging wieder nach unten zu Jimmy.

Auch Jimmy schien zu schlafen, aber er ich vor ihm stand, öffnete er seine Augen. „Und, wie geht´s ihm?“, fragte er mich besorgt. „Er hat sich betrunken und lag heulend auf dem Boden, als ich kam. Dann hat er sich übergeben und jetzt schläft er.“, ich setzte mich zu Jimmy auf die Couch, „Wie geht´s dir? Hast du immer noch Kopfschmerzen?“ „Ja, ziemlich! Ich bin auf meinen Kopf gelandet, als dein Freund mich auf den Boden geworfen hat!“, er betonte extra „dein Freund“, aber ich ließ mir nichts anmerken, da ich der Meinung war, dass es schon genug Ärger gab. „Jimmy, ich mache mir so Sorgen um Paddy! Warum musste er sich betrinken?“ „Er hat es gemacht, weil er das Gefühl hatte, dass er dir nichts bedeutet! Verdammt, du hättest mit ihm gehen sollen und mich da liegen lassen, wo ich war! Ich hätte es auch überlebt!“, die letzten Worte sagte er etwas ironisch. „Ach, was reden wir die ganze Zeit um den Brei herum! Es ist jetzt nun mal passiert und man kann nichts mehr ändern! Ich mach dir einen Tee, okay?“ Gerade als ich aufstand und Tee kochen wollte, öffnete sich die Haustür und Patricia, Maite, Angelo, Patrick und Michael kamen herein. „Ah, da seid ihr ja!“, freute sich Patricia und sprudelte gleich los, „Paddy ist sicher auch bei euch, ne? Die anderen sind unten im Dorf. Die Jungs wollen mit Jeremy gleich in die Bar was essen und dann feiern und Barby ist mit Alison irgendwo unterwegs! Ich wollte euch auch abholen, die Jungs warten auf uns! Maite und Angelo passen auf die zwei Kleinen auf!“ Mit einem Blick auf Jimmy, fragte sie verwundert: „Was ist denn hier los? Ist Jimmy krank?“ „So kann man es auch nennen!“, brummte er und setzte sich hin, den Eisbeutel immer noch an den Kopf gepresst. „Was haben wir jetzt schon wieder verpasst?“, fragte Maite und schaute Jimmy und mich abwechselnd an. „Das ist eine längere Geschichte!“, meinte ich, „Aber es wäre keine gute Idee mit Paddy in die Bar zu gehen!“ „Warum?“, fragte Patricia, „Geht´s ihm nicht gut?“ „Nee, nicht besonders! Er ist schon total besoffen!“ „Paddy ist hacke zu?“, grinste Maite, „Na, da haben wir ja doch was verpasst! Und was ist mit dir los, Jimmy? Na, das müsst ihr uns jetzt aber erklären!“ Wir setzten uns hin und ich erzählte die ganze Geschichte, dabei ließ ich aber Jimmys „Liebeserklärung“ absichtlich weg. „Ihr habt ja auch immer Probleme!“, Angelo verdrehte seine Augen, „Kommt, ihr zwei, lasst uns lieber draußen noch ´ne Runde Fußball spielen, bevor es gleich dunkel wird!“ Zusammen mit Michael und Patrick verließ er das Haus. „Dann sollten wir wirklich nicht weggehen!“, entschied Patricia, „Ich werde John anrufen und ihm sagen, dass ihr euch alle nicht so gut fühlt, okay? Was wirklich passiert ist, muss ja nicht jeder wissen!“ „Danke Patricia!“, ich war sehr froh, dass sie es nicht weiter erzählte. Meiner Meinung nach ging die Sache niemanden, außer Paddy, Jimmy und mir, was an. Natürlich hatte ich nichts dagegen, wenn Maite und Patricia davon wussten. Schließlich mochte ich die zwei sehr gerne und ich war froh, dass sie mich unterstützten und Angelo schien sich ja für Herzschmerz und ähnliche Sachen nicht besonders zu interessieren. „Ich mach uns jetzt mal was zu essen, okay?“, Maite stand auf und wuselte in die Küche. „Was willst du denn, Jimmy?“, ich sah, dass er aufstand und den Eisbeutel auf die Couch warf. „Rausgehen und mit den anderen Fußball spielen!“ Bevor ich noch etwas anderes sagen konnte, war er auch schon weg. „Irgendwie sind die Leute heute alle nicht so ganz dicht im Kopf!“, meinte Patricia und ich musste grinsen.

Später aßen wir dann noch zu Abend. Danach spielten wir noch etwas mit den zwei Kleinen, die unheimlich süß, aber auch total frech waren. Als die anderen wieder kamen, schickte Alison die Jungs ins Bett und auch Angelo und Jimmy verzogen sich. Wir saßen alle noch gemütlich am Kamin und redeten über alles Mögliche. Jeremy zeigte uns dann auch noch alte Fotos und alle erzählten aus der Vergangenheit. Auch wenn der Abend mir sehr gefiel, musste ich doch andauernd an meinen Paddy denken, der allein in seinem Bett lag. Ich hatte ein ziemlich schlechtes Gewissen. Zwar war Angelo bei ihm, doch dieser schlief bestimmt tief und fest und würde nichts von dem mitbekommen, was Paddy macht. Obwohl ich noch kein bisschen müde war, entschloss ich mich ins Bett zu gehen, um bei Paddy zu sein. Als ich die Treppe nach oben stieg, hörte ich jemanden rufen. „Warte mal“, Maite war mir gefolgt. Ich blieb stehen und sie kam zu mir hochgehetzt. Zusammen gingen wir in unser Zimmer. Es stank immer noch total nach Alkohol und Maite öffnete das Fenster, damit wir etwas frische Luft bekamen. Der Mond warf ein bisschen Licht in das Zimmer und ich konnte Paddy dunkel erkennen. Er schien ganz ruhig zu schlafen und ich spürte wie Erleichterung in mir hochstieg. „Es ist nur noch ein Bett übrig“, meinte Maite, „Du kannst es gerne haben, dann schlaf ich auf dem Boden!“ „Nee, Maite, schlaf du im ruhig im Bett. Ich werde bei Paddy schlafen!“ „Wenn du meinst“, sie schaute mich etwas skeptisch an, „Bist du wirklich müde?“ Ich schüttelte den Kopf und wusste, dass sie mich durchschaut hatte. „Ich auch nicht!“, meinte sie dann, „Ich wusste, dass du dich Sorgen um Paddy machst. Da dachte ich, ich leiste dir etwas Gesellschaft und so können wir ja noch in Ruhe reden.“ Wir machten es uns auf Maites Bett gemütlich und sie fragte mich: „Was läuft eigentlich zwischen Jimmy und dir?“ Ich starrte sie verblüfft an. Nie hätte ich erwartet, dass sie mich das fragt. Ich dachte eigentlich, dass Jimmy und ich die Sache ganz gut geheim hielten. „Gar nichts“, antwortete ich wahrheitsgetreu, „Warum fragst du?“ „Ich dachte nur, weil Jimmy dich immer so komisch anschaut und weil Paddy kein Wort mehr mit ihm redet. Aber Jimmy mag dich sehr, oder?“ Ich nickte stumm und ohne, dass ich es wollte, fing ich an zu schluchzen. Maite bemerkte das sofort und nahm mich ganz lieb in den Arm: „Was ist denn los, Melli? Möchtest du es mir erzählen?“ Sie schaute mich total lieb an und ich erzählte ihr alles über die Sache mit Jimmy und Paddy. „Aber du liebst doch Paddy noch, oder?“, fragte sie mich, als ich fertig war „Ja, schon, aber andererseits will ich Jimmy nicht verletzten.“ „Melli, Jimmy muss es akzeptieren und du willst Paddy doch nicht weh tun, oder? Er liebt dich wirklich und ich glaube, es würde ihm das Herz brechen, wenn du ihn wegen seinem Bruder verlassen würdest“ Das wusste ich natürlich auch und nickte. Wir sprachen noch eine ganze Weile darüber, bis wir beide wirklich müde waren. „Na gut, Maite, ich bin jetzt auch schon so müde! Danke, dass du dir Zeit für mich genommen hast!“ „Ist doch kein Problem!“ Es tat wirklich gut mit ihr darüber zu reden. Sie verstand mich total und ich wusste, dass ich in ihr eine Freundin gefunden hatte, der ich voll vertrauen konnte. Vorsichtig schubste ich Paddy etwas zur Seite und legte mich neben ihn. Er schlummerte friedlich und sah dabei aus, wie ein Baby. Ich rutschte ganz nah an ihn heran und bevor ich selbst einschlief, flüsterte ich ihm ganz leise ins Ohr: „Paddy, ich liebe wirklich nur dich!“

 

 

© Jihong 07.01.2002

 

 

 

 

 

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