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Aktuelle Meldungen bei MM-Physik 31. Oktober 2000 © email:
Krahmer |
Dramatischer
Forscherexodus aus Südosteuropa
Pressemitteilung Alexander von Humboldt-Stiftung,
27.10.2000
Von: Dr. Isabel Kobus
Tagung der Alexander
von Humboldt-Stiftung zu Perspektiven und Potenzialen der
Forschungsförderung auf dem Balkan Nr. 26 / 2000 Nur
mit sofortiger Unterstützung der internationalen
Staaten- gemeinschaft kann die Abwanderung der besten
jungen Wissenschaftler aus den Ländern Südosteuropas
und der rasante Verfall der Bildungs- und
Forschungseinrichtungen in dieser Region gestoppt werden.
Dies wurde während einer Tagung der Alexander von
Humboldt-Stiftung deutlich, zu der 23
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus den Ländern
des Balkans sowie aus Ungarn am 27. Oktober nach Bonn
gekommen waren. Finanziell gefördert wurde das Treffen
auch von der Fritz Thyssen Stiftung. "Diese
massenhafte Abwanderung kann nicht mehr als 'brain
drain', sondern nur noch als Forscheremigration
bezeichnet werden", sagte Professor Wolfgang
Frühwald, der Präsident der Alexander von
Humboldt-Stiftung. So hat Jugoslawien nach Angaben der
Teilnehmer in den vergangenen zehn Jahren 300.000 junge
Leute für seine Hochschulen verloren. In
Bulgarien schätzt man, dass ein Drittel der
wissenschaftlichen Nachwuchsgeneration entweder
ins Ausland oder in andere Berufsfelder abgewandert ist.
Aus Albanien gehen jährlich rund 3.000 Abiturienten
fort, um an Hochschulen im Ausland zu studieren.
"Dieser Prozess hinterläßt Lücken", so
Professor Holm Sundhaussen vom Osteuropa-Institut der
Freien Universität Berlin, "die günstigstenfalls
im Verlauf von zwei bis drei Jahrzehnten gefüllt werden
können." "Der zweite Weltkrieg ist
für die Länder unserer Region erst vor kurzem zuende
gegangen", so der ungarische Chemiker Janos
Fischer in Bonn. "Nun werden wir direkt in den
Prozess der Globalisierung geworfen." Die meisten
Länder im Südosten Europas bildeten heute eine Art
'Dritter Welt' am Rande der 'Ersten Welt',"
erklärte Sundhaussen. Die Ausstattung der staatlichen
Universitäten und zahlreicher Forschungsinstitute sei
desolat. Es fehle an wissenschaftlichen Geräten,
Bibliotheken seien seit einem Jahrzehnt nicht mehr mit
neuer Literatur ausgestattet worden. Die Entwicklung habe
eine Dynamik angenommen, "die alle Dämme zu
sprengen droht und die in negativer Korrelation zu den
aktuellen Herausforderungen steht." Notwendig ist
nach Ansicht der Wissenschaftler die materielle
Unterstützung der Wissenschaftseinrichtungen in der
Region. Die Anschaffung wissenschaftlicher Geräte und
aktueller Forschungsliteratur sei die Basis, um wieder
Anschluss an die internationale Wissenschaft zu gewinnen
und wissenschaftlichen Nachwuchs in der Region zu halten.
Die wissenschaftliche Zusammenarbeit zwischen den
Ländern Südosteuropas solle gestärkt werden, etwa
durch länderübergreifende und interdisziplinäre
Kooperationsprojekte. Die Einrichtung international
finanzierter Stiftungsprofessuren an den Universitäten
des Balkans könnten einen weiteren Beitrag leisten, um
den Nachwuchs an die Wissenschaftseinrichtungen ihrer
Länder zu binden. Sundhaussen forderte die
Wissenschaftler auf, sich auch der eigenen Vergangenheit
zu stellen. "Ohne eine Vergangenheitsbewältigung
und ohne die damit verbundene Auseinandersetzungen
innerhalb der Gesellschaft wird und kann es keine
Demokratisierung geben", so der
Südosteuropa-Experte. Die Wissenschaftler trügen zudem
eine "Mitverantwortung für die Überwindung der
'Grenzen im Kopf' als Voraussetzung für die Überwindung
realexistierender Territorialgrenzen". In den
vergangenen fünf Jahrzehnten hat die Alexander von
Humboldt-Stiftung rund 1.600 Wissenschaftlerinnen und
Wissenschaftler aus Südosteuropa gefördert. Aus Mitteln
der Fritz Thyssen Stiftung und des Stabilitätspaktes
Südosteuropa hat sie kurzfristig ehemaligen
Forschungsstipendiaten wissenschaftliche Geräte und
Bücher für die Ausstattung ihrer Heimatinstitute zur
Verfügung gestellt. Forschungsaufenthalte in Deutschland
sollen dazu beitragen, die internationale
wissenschaftliche Zusammenarbeit in der Region wieder zu
beleben. verantwortlich: Dr. Georg Schütte, Grundsatzabteilung, Tel.: 0228/833-118, Fax: 0228/833-216, E-Mail: sch@avh.de |
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