Die Berliner S-Bahn


Wie ich bereits in meiner Selbstdarstellung erwähnt habe, bin ich ein "Eisenbahnfan". Besonders interessant finde ich die Geschichte und die gegenwärtige Entwicklung der Berliner S-Bahn. Ich hoffe, daß ich Euch mit diesem kleinen Abriß aus Geschichte und Gegenwart auch hierfür interessieren kann. Um es gleich vorneweg zu sagen, ich erhebe keinen Anspruch auf Vollständigkeit der hier vorgetragenen Daten und werde auch nicht umfassend auf technische Details und die einzelnen Baureihen eingehen; das überlasse ich den Profis. Dasselbe gilt auch für die anderen Bahnseiten.

 Eine S-Bahn ist per Definition ein Nahverkehrszug, der speziell in Ballungsräumen
 verkehrt und mit einer dichten Zugfolge ganztätig schnelle Verbindungen herstellt.
 Anders als in in vielen Städten ist die Berliner S-Bahn allerdings betrieblich vom Rest-
 netz der Deutschen Bahn AG getrennt. Sie benutzt zwar dieselbe Spurweite und an
 einigen Stellen im Netz gibt es Weichenverbindungen, allerdings verfügt sie über eine
 gänzlich andere Stromversorgung. Während die "große" Bahn über Oberleitungen mit
 Strom versorgt wird, bezieht die S-Bahn diesen aus einer seitlich angebrachten
 Stromschiene mit 750 V Gleichstrom.

Das Netz der S-Bahn ist relativ einfach aufgebaut. Die in Ost-West-Richtung verlaufende Stadtbahn und der Nord-Süd-Tunnel kreuzen sich im Bahnhof Friedrichstraße. Dieses Kreuz wird von der Ringbahn umrahmt. An den Schnittpunkten der Ringbahn mit den beiden erstgenannten Strecken teilen sich diese in mehrere radiale Außenstrecken auf. Somit besteht von jedem Punkt des Netzes eine Verbindung mit dem Stadtzentrum.

Doch nun ein wenig zur Geschichte:

Durch das stetige Wachstum Berlins am Ende des vorigen Jahrhunderts, nahm der Vorortverkehr erheblich zu. Daher wurden fast alle Strecken bis zum Ersten Weltkrieg mit eigenen, vom Fernverkehr getrennten Gleispaaren für den Vorortverkehr ausgestattet. Auch wurden erste Überlegungen zur Elektrifizierung dieser Strecken getroffen. Nach mehreren vorbereitenden Versuchsbetrieben, wurde am 8. August 1924 der elektrische Betrieb auf der Strecke zwischen Bernau und dem Stettiner Vorortbahnhof aufgenommen.

 Die nachfolgenden Jahre von 1924 bis 1929 sind unter
 dem Namen "Große Elektrisierung" bekannt geworden,
 denn mit Abschluß des Jahres 1929 stand nunmehr ein
 elektrifiziertes Netz von ca. 235 km zur Verfügung. Um
 den Fahrzeugbedarf zu decken, wurden bis zum Jahr
 1931 634 Trieb-, 461 Steuer- und 173 Beiwagen der
 sogenannten Bauart Stadtbahn beschafft. Modernisierte
 Wagen dieser Bauart sind bis heute im täglichen Ein-
 satz. Auf dem Bild sieht man einen erhaltenen Viertel-
 zug, der als S-Bahn-Traditionszug wieder in seinen
 ursprünglichen Zustand gebracht wurde.

Um dem bekannten "U" der U-Bahn eine gleichwertige Kurzbezeichnung entgegenstellen zu können,
wurde ab 1. Dezember 1930 offiziell der Begriff S-Bahn verwendet. Als Symbol diente das heute noch gebräuchliche weiße "S" im grünen Kreis.

1933 beschloß die Reichsbahn, die lange geplante Verbindung der nördlichen und südlichen Vorortstrecken zu bauen. Aufgrund der dichten Bebauung kam jedoch nur eine Tunnelstrecke in Betracht. Um die Baukosten niedrig zu halten, wurde der Tunnel nur für den Betrieb mit S-Bahn-Zügen ausgelegt, d.h. daß die Höhe des Tunnels auf 3,80 m beschränkt wurde. Der durchgehende Betrieb im Nord-Süd-Tunnel wurde am 9. Oktober 1939 aufgenommen.

Im Jahr 1943 erreichte die S-Bahn zwar ihren bis heute unerreichten Verkehrsrekord, doch bereits am 2. Mai 1945 markierten die Sprengung der Tunneldecke des Nord-Süd-Tunnels an der Unterfahrung des Landwehrkanals und die daraus resultierende Überflutung des Tunnels den absoluten Tiefpunkt und das Ende des Krieges für die S-Bahn.

Trotz der Kriegszerstörungen konnte bereits am 6. Juni 1945 der erste elektrische Verkehr auf der Strecke zwischen Wannsee und Schöneberg wiederaufgenommen werden. Es folgten sukzessive alle weiteren Strecken, und inzwischen dachte man auch wieder an Neuelektrifizierungen. Die erste neue Strecke von Mahlsdorf nach Hoppegarten wurde am 23. Dezember 1946 in Betrieb genommen.

Am 21. Mai 1949 begann der erste Eisenbahnerstreik in Berlin (West). Die im Westteil beschäftigten Reichsbahner forderten ihre Bezahlung in Westmark, nachdem die Ostmark nicht als gültiges Zahlungsmittel anerkannt wurde. Der Streik wurde am 28. Juni 1949 blutig beendet. Das Ergebnis: 1400 Mitarbeiter wurden entlassen, den anderen wurden 60% des Lohnes in Westmark gezahlt. Der Magistrat von Berlin verpflichtete sich, die restlichen 40% im Verhältnis 1:1 umzutauschen.

Hier gibt´s die Netzspinne im GroßformatDurch die Inbetriebnahme weiterer Strecken, erreichte das Netz der S-Bahn im Jahr 1956 mit 344 km seine größte Ausdehnung. Wer möchte, kann sich die rechts abgebildete Netzspinne durch Anklicken des Fotos im Großformat (238 KB) ansehen.

Blieb während der Blockade der Berliner West-
sektoren der S-Bahn-Verkehr in vollem Umfang in Betrieb, so erfolgte die Spaltung in zwei Hälften mit dem Bau der Mauer am 13. August 1961. Sämt-
liche Verbindungen zwischen Ost und West wurden gekappt und in den Westsektoren entstand ein Inselbetrieb. Die einzige, aus betrieblichen Grün-
den notwendige Verbindung zwischen den Netzen war auf der Stadtbahn am Bahnhof Friedrichstraße. Eine Besonderheit stellte der Nord-Süd-Tunnel dar, da er zum Teil unter dem Gebiet von Berlin (Ost) verlief. Die Strecke wurde dem Westnetz zugeschlagen, jedoch wurden alle Bahnhöfe mit Ausnahme von Friedrichstraße geschlossen. Somit wurde die Strecke zur "Geister-
bahn". Die gekappten Vorortstrecken wurden entweder durch den Bau von Verbindungsgleisen an das Ostnetz angeschlossen oder stillgelegt.

 Am 17. August 1961 rief der DGB zum Boykott der S-Bahn in Berlin (West)
 mit der Begründung auf, daß kein Westgeld in den Osten fließen solle. Spä-
 ter schloß sich die SPD diesem Boykott an. Der Niedergang der S-Bahn
 bedeutete den Aufstieg der BVG als nunmehr konkurrenzlosem Berliner
 Verkehrsunternehmen. Bald wurden bei der S-Bahn durchschnittlich nur noch
 10.000 Fahrgäste pro Tag gezählt. Dieser Fahrgastschwund verstärkte sich
 zudem durch die Streckenplanungen der BVG und den Ausbau des U-Bahn-
 Netzes, bei denen keine Rücksicht auf bereits bestehende S-Bahn-Strecken
 genommen wurden. Durch den Abbau von Hinweisschildern verschwand die
 S-Bahn fast gänzlich aus dem Stadtbild.

 In Berlin (Ost) nahm die S-Bahn als Nahverkehrsmittel weiterhin die vorran-
 gige Stellung ein. Durch die Entstehung großer Wohngebiete im Osten der
 Stadt und den Ausbau des Flughafen Schönefeld entstanden sogar Neu-
 baustrecken. Während die Reichsbahn in die S-Bahn-Strecken in Berlin
 (West) nahezu nichts investierte, wurden die Bahnhöfe und Strecken in Berlin
 (Ost) und dem Berliner Umland sukzessive erneuert.

Pläne der Reichsbahn, den Betrieb in Berlin (West) auszudünnen und ab 21 Uhr ganz einzustellen, führten vom 17. bis 28. September 1980 zum zweiten Eisenbahnerstreik. Auch dieser Streik wird gewaltsam beendet. Das Ergebnis: Alle Strecken in Berlin (West), die nicht den Bahnhof Friedrichstraße passieren, wurden stillgelegt. Von 145 km Strecke waren somit nur noch 73 km in Betrieb.

Nach massiven Bürgerprotesten, die die Wiederinbetriebnahme von S-Bahn-Strecken forderten, begannen im Oktober 1980 Übernahmeverhandlungen zwischen der Reichsbahn und dem Berliner Senat. Am 9. Januar 1984 war es dann soweit, die Betriebsrechte der S-Bahn in Berlin (West) gingen auf die BVG über. Bis zur Öffnung der Mauer betrieb die BVG insgesamt drei Linien auf den Strecken Frohnau-Lichtenrade (S1), Anhalter Bahnhof-Wannsee (S2) und Friedrichstraße-Wannsee (S3). Die Arbeiten zur Wiederinbetriebnahme des Südrings (S4) wurden am 25. September 1989 aufgenommen.

Nach der Öffnung der Mauer am 9. November 1989 wurden Sofortmaßnahmen zur Bewältigung des enorm gestiegenen Verkehrsaufkommens notwendig. Als erstes wurden Verbindungen zwischen Ost und West durch den Einsatz von diesellok-bespannten Zügen geschaffen. Im S-Bahn-Bereich wurden am 2. Juli 1990 der Bahnhof Oranienburger Straße wiedereröffnet und die Gleise auf dem Bahnhof Friedrichstraße wieder direkt miteinander verbunden. Bis 1992 wurden sukzessive alle stillgelegten Bahnhöfe des Nord-Süd-Tunnels wiedereröffnet. Erste Lückenschlüsse mit dem Umland wurden bereits vorgenommen, jedoch sind bis jetzt noch nicht alle Strecken wiederhergestellt.

Eine Besonderheit stellt die hier
gezeigte S-Bahn dar. Um Städte und Gemeinden im Berliner Umland an die S-Bahn anzubinden und sich die kostenintensive Elektrifizierung der Strecken mit Stromschienen zu er-
sparen, wurde ein sog. Duo-S-Bahn-Zug als Prototyp gefertigt. Dieser kann sowohl mit Stromschiene, als auch mit einem integrierten Diesel-
motor fahren. Auch für Überführungs-
fahrten rechnete man sich hierdurch Vorteile aus. Jedoch wurde bis auf diesen Prototyp bisher kein weiterer Zug gefertigt.

 Das Bild links zeigt den zum Zeitpunkt der Aufnahme noch
 nicht ganz fertigen Bahnhof Hennigsdorf, der am 15. De-
 zember 1998
wieder in Betrieb ging. Die letzten Strek-
 keneröffnungen erfolgten am 30. Dezember 1998 zwi-
 schen den Bahnhöfen Pichelsberg und Spandau, am
 19. Dezember 1999 zwischen den Bahnhöfen Jungfern-
 heide und Beusselstraße und am 17. September 2001 zwischen den Bahn-
 höfen Gesundbrunnen und Schönhauser Allee. Am 15. Juni 2002 wurde die
 letzte Lücke in der Ringbahn geschlossen. Somit sind wieder alle Bezirke an das S-Bahn-Netz angeschlossen und das Streckennetz hat somit schon wieder fast den Vorkriegsstand erreicht.

Damit sind wir in der Gegenwart angekommen. Wie bereits beschrieben, ist der
Wiederaufbauprozeß noch nicht abgeschlossen und um neuentstandene Wohnge-
biete verkehrlich zu erschließen, sind weitere Neubaustrecken geplant. Zudem genießt die Erneuerung des Fahrzeugparks größte Priorität. Durch die vielen Bauar-
beiten und die neue Baureihe 481 in den unterschiedlichsten Farbgebungen (inzwi-
schen hat man sich jedoch auf das traditionelle rot-gelb, wie auf dem Foto zu sehen, geeinigt), ergeben sich andauernde Veränderungen und es ist immer wieder span-
nend, diese mitzuerleben. Inzwischen erhält auch die Baureihe 485 (siehe Duo-S-Bahn) die traditonelle Farbgebung.

 Die letzten Neuerungen im Fahr-
 zeugbestand ist neben dem
 Panoramazug die Baureihe 482.
 Diese ist im Grunde baugleich
 mit der Baureihe 481, allerdings
 sind hier jeweils vier Wagen
 zu einer betrieblichen Einheit zusammengefaßt. Herausragendstes Merkmal des
 Panoramazuges ist die große Fensterfront. Seit dem 6. August 1999 steht er für Sonderfahrten zur Verfügung. Das ist ein, wie ich finde, interessantes Angebot, daß rege in Anspruch genom-men wird.

Auch am Bahnnetz wird wieder gebaut. Zur Zeit wird die Anhalter Bahn zwischen dem Bahnhof Teltow und dem neuen Nord-Süd-Tunnel wieder für die Regional- und Fernbahn aufgebaut. Diese soll planmäßig im Jahr 2006 den Betrieb aufnehmen und dann den aus Süden kommen Bahnverkehr direkt ins Stadtzentrum führen. Als Teil dieser Baumaßnahme entstand auch eine Verlängerung der S-Bahn zum neu gebauten Bahnhof Teltow-Stadt, die am 24. Februar 2005 ihren Betrieb aufgenommen hat.

Als Fazit läßt sich somit sagen, daß die S-Bahn zur Zeit eine Renaissance erlebt und sich in einem spannen-
den Prozeß der Imagebildung befindet. Es bleibt abzuwarten, ob sie zukünftig wieder an ihre Glanzzeiten anknüpfen kann.

Literaturverzeichnis <p><br> <hr> <br> <CENTER><FONT FACE="Arial" SIZE=-1>[<A HREF="http://www.lfi-tir.de/privathome/stein/start.html">Startseite</A>]&nbsp; [<A HREF="ich.html">Ich &uuml;ber mich</A>]&nbsp; [<A HREF="hafenbar.html">Hafenbar</A>]&nbsp; [<A HREF="studienfahrt.html">Studienfahrtfotos</A>]&nbsp; [<A HREF="fotosammlung.html">Fotosammlung</A>]&nbsp; [<A HREF="sache.html">In eigener Sache</A>]&nbsp; [<A HREF="links.html">Links</A>]&nbsp; [<A HREF="mailto:dgstein@hotmail.com">E-Mail</A>]<P> [<U>Berliner S-Bahn</U>]&nbsp; [<A HREF="u-bahn.html">Berliner U-Bahn</A>]&nbsp; [<A HREF="m-bahn.html">Berliner M-Bahn</A>]&nbsp; [<A HREF="regionalbahn.html">Berliner Regionalbahn</A>]&nbsp; [<A HREF="strassenbahn.html">Berliner Stra&szlig;enbahn</A>]</FONT></CENTER>