- 27. Mai 1995 
 
London will Medien neu ordnen

Marktbeherrschung wird eingeschränkt, Beteiligungen erleichtert

    Von REINER GATERMANN London - Die britische Regierung will die Besitzverhältnisse im Medien-Bereich neu ordnen. Dadurch soll die Meinungsvielfalt gesichert und Wettbewerbshindernisse abgebaut werden. Als Endziel wird ein Markt angestrebt, in dem es nur zwei Beschränkungen geben soll: Niemand darf mehr als 10 Prozent aller Leser, Zuschauer und Zuhörer kontrollieren oder mehr als 20 Prozent eines Medien-Sektors.
    Die bisher gültige Regel, daß Medien-Unternehmen sich nur bis zu 20 Prozent an Firmen aus einem anderen Medienbereich beteiligen dürfen, soll aufgehoben werden. Dabei hält London Regulierungen immer noch für erforderlich, da "Fernsehen, Rundfunk und Presse in der freien Äußerung von Ideen und Meinungen und somit im demokratischen Prozeß immer noch eine einmalige Rolle spielen". Jedoch dürfe die Medien-Industrie nicht untergraben werden, weil man "damit auf Dauer die Meinungsvielfalt zerstört würde", erklärte Stephen Dorrell, Minister für das Nationale Erbe.
    In Großbritannien beherrschen derzeit vier Zeitungsgruppen mit 17 Titeln 88 Prozent des überregionalen Zeitungsmarktes. Gut 90 Prozent der Fernsehzuschauer schalten eins der vier britischen terrestrischen Programme ein. Ab 1. Januar 1997 sollen sich nun alle Zeitungsverleger, die weniger als 20 Prozent des britischen Marktes abdecken, frei an TV- und Radiostationen beteiligen können, solange deren Zuhörer oder Zuschauerzahl unter 15 Prozent des Gesamtmarktes liegt. Diese Neuregelung begrenzt vor allem den Expansionsdrang des amerikanisch-australischen Medien-Zaren Rupert Murdoch. Mit seinen fünf Titeln ("Times", "Sunday Times", "News of the World", "Sun" und "Today") kontrolliert er derzeit 37 Prozent der überregionalen Presse und ist außerdem noch mit 40 Prozent an dem Satelliten-Sender BSkyB beteiligt. Das wäre nach der Neuregelung nicht zulässig. Daher droht er nun mit der Einstellung von Verlusttiteln wie "Today" oder "Times", um wieder unter die 20prozentige Auflagenschwelle zu kommen. 
    Auch die Mirror-Gruppe (sieben Titel vom "Daily Mirror" bis zum "Independent") liegt mit 26 Prozent über der Grenze. Im Regionalbereich dürfen Verleger künftig nicht ins Radio- oder TV-Geschäft einsteigen, falls sie dort mehr als 30 Prozent des Zeitungsmarktes beherrschen. Die anvisierte Deregulierung des kommerziellen Rundfunks wird Firmen künftig erlauben, mehrere Radio-Stationen zu besitzen. Umgekehrt dürfen nun auch Radio- und TV-Gesellschaften bei Printmedien einsteigen. 
    Quelle: DIE WELT
 

 
 
 
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