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Aktuelle Meldungen bei MM-Physik 15. Feb..2000 © email:
Krahmer |
Ein merkwürdiger Stern in
unserer Milchstraße
Pressemitteilung
Friedrich-Schiller-Universität Jena, 02.12.1999
Einen Exoten unserer
Milchstraße haben Astrophysiker der
Friedrich-Schiller-Universität nun wesentlich besser
kennenge-lernt. Gemeinsam mit einem internationalen
Forscherteam stellten die Jenaer für das gewaltige
galaktische Doppelstern-System Eta Carinae erstmals
spektroskopische Messungen über die gesamte infrarote
Bandbreite an und erhielten somit wichtige Hinweise auf
die chemische Zusammensetzung des Systems. Außerdem
wiesen sie ein sehr massereiches Torus-Gebilde nach, das
den Stern umgibt. Darüber berichtet das
Wissenschaftsmagazin "Nature" in seiner
aktuellen Ausgabe (2.12.). Eta Carinae ist eines der
hellsten Objekte des Südhimmels und etwa 8000 Lichtjahre
von der Erde entfernt. Das weit entwickelte stellare
System besteht vermutlich aus zwei räumlich nahe
liegenden Einzelsternen. Im 19. Jahrhundert, 1843 und
1890, beobachteten Astronomen mit ihren Teleskopen
erhebliche Lichtemissionen in diesem Areal, die heutige
Wissenschaftler als starke Eruptionen deuten. Mit ihrer
Schwerkraft kamen sich die beiden Sterne offenbar derart
ins Gehege, dass nun ein Materieaustausch zwischen ihnen
stattfindet; genau dafür könnten die beiden Explosionen
die ,Initialzündung' gewesen sein. Daraus entstanden
Staub- und Gaswolken, die nun beide Sterne wie zwei
Hemisphären umgeben. Um das schmale Zentrum des Systems
kreist außerdem eine Staubscheibe. Klar ist den Jenaer
Astrophysikern, dass dieser Materiefluss Eta Carinae
irgendwann aus dem Gleichgewicht stürzen wird. Ob durch
die gewaltige Explosion, die dann einen grellen
Lichtblitz durchs Weltall zucken lässt, eine hell
leuchtende Supernova oder aber zwei Materie
verschlingende Schwarze Löcher entstehen, hängt von der
verbleibenden kritischen Masse ab. "Über die nahe
Zukunft von Eta Carinae, die sich in zehn Minuten oder
erst in 1000 Jahren ereignen wird, können wir im
Augenblick nur spekulieren", bemerkt Prof. Dr.
Thomas Henning, "sicher ist nur, dass unsere Erde
davon weit genug entfernt ist, um irgendetwas
abzubekommen." Das beruhigt, obwohl es sich bei dem
fernen Doppelstern um einen wahrhaft galaktischen Riesen
handelt: Auf das mehr als 50fache Gewicht unserer Sonne
schätzen die Fachleute die Einzelmasse der Sterne, das
entspricht etwa 10 hoch 29 Tonnen (eine Eins mit 29
Nullen). Für ihre Messungen haben die Astrophysiker nun
Daten und Bilder ausgewertet, die mit Hlilfe des
Weltraumteleskops Hubble, den Infrarot-Spektrometern
eines ESA-Satelliten und der Infrarotkamera TIMMI des
3,6m-Teleskops an der Europäischen Südsternwarte auf
dem chilenischen Berg La Silla gemacht wurden. Dabei
wiesen sie an Hand der Infrarot-Aufnahmen erstmals ein
Objekt nach, dessen Existenz die Forscher lange nur
vermuteten: Beide Sterne sind von einem Torus, einem
pfannkuchenähnlichen Gebilde, umgeben, das sich aus dem
,Abfall' des Materiestroms speist. Inzwischen ist dieser
Torus auf über 15 Sonnenmassen angewachsen. Wenn seine
Aufnahmekapazität erschöpft ist, kommt es zu dem
erwarteten Crash des gesamten Systems. Interessant ist
aber auch die chemische Zusammensetzung von Eta Carinae.
"Unsere Messungen im Spektralbereich von 2 bis 200
Mikrometer Wellenlänge haben einen sehr hohen Anteil von
Sulfiden, insbesondere Eisensulfiden ergeben",
berichtet Thomas Henning. "Diese Verbindung kommt in
unserer Galaxie recht selten vor; Eta Carinae ist ein
echter Exot in unserer Milchstraße." Möglich
wurden diese Messungen nur vom Weltall aus, weil die
infrarote Strahlung in diesen Wellenlängenbereichen
vollständig von der Erdatmosphäre absorbiert wird.
Daneben wiesen die Wissenschaftler eine hohe Zahl
"sehr interessanter Festkörperbanden" nach,
deren chemische Zusammensetzung gegenwärtig noch nicht
identifiziert ist. Auch sonst gibt Eta Carinae noch
manches Rätsel auf. So stellten die Forscher zwar die
angesichts des fortgeschrittenen Sternenalters erwarteten
großen Mengen Stickstoff fest, aber keine
Stickstoffverbindungen. "Den Grund dafür kennen wir
noch nicht", nennt Henning Perspektiven für die
weitere Forschung. |
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